Hund "fliegt einem um die Ohren "

  • Ich weiß nicht ob es was mit dieser Formulierung zu Tun hat, aber ich merke Reizüberflutung sehr schnell. Hier wird der Hund dann hibbelig, hüpfend. Um die Ohren fliegend empfinde ich es allerdings nicht. Aber es bedarf Management und Aufsicht in diesen Momenten.

  • Mal ein Extrembeispiel (auch aus dem Forum):


    Bordercollie aus dem Tierheim an Hundeanfängerin.


    Der Hund war mit seinem Leben überfordert (durch den Vorbesitzer? durch die Tierheimkulisse). Entsprechend aufgeregt war er unterwegs, Winselte daheim, lief hin und her. Ruhe hätte jetzt geholfen, damit er sich entspannen kann. Die Besitzerin dachte jedoch, ist ja ein BC, er braucht MEHR. Immer mehr, weil er nur nach viel Unterhaltung auch mal ruhte. Am Ende ging sie jeden Tag 4 Stunden raus, davon auch viel auf die Hundewiese. Der Hund tobte, tobte und tobte. Aber wollte immer, immer mehr. Der Hund flog ihr quasi um die Ohren. Denn ohne seinen Stoff, kam er in der Wohnung nie zur Ruhe.


    Als sie erkannte, da läuft was falsch, führte sie den Entzug durch (viel Ruhe, kurze Gassirunden). Der Hund lag oder stand nur noch hechelnd und sabbern herum. Sie gab das arme Tier dann in erfahrene Hände, damit es dort wieder in ordentliche Bahnen gelenkt werden konnte.

  • ... und so ein Hund bleibt eine Großbaustelle, auch, wenn ab dann alles perfekt läuft.


    Ich habe den Unterschied daheim. Gleicher Hundetyp. Drei bei mir großgeworden. Einer gut beim Züchter, solide Genetik dahinter, bis zweieinhalb Jahre unpassend gelebt. Bei der Arbeit mittlerweile ein Brett. Im Alltag sehr betreuungsintensiv ... Wir kämpfen immerzu gegen alte Muster. Jeden Tag, jede Stunde.

  • Aber woran liegt das denn?

    TS Hunde aus dem Ausland nehme ich jetzt mal aus, damit kenne ich mich kaum aus.

    Hat der Mensch zu hohe Ansprüche an den Hund? Will er zu viel, zu schnell?

    Das Spektrum der Gründe umschließt eigentlich alles, was du schon beschreibst . Genetik, Epigenetik, reizarme Aufzucht der Welpen, Umgang mit dem Hund...


    Achten die Züchter nicht mehr auf ein gutes Nervenkostüm und mehr auf die Optik?


    Bei fast allen Rassen außer echten Arbeitshunden spielt seit dem Beginn der Standardzucht die Optik die wichtigste Rolle bei der Zuchtwahl, darüber muß man sich im klaren sein. Zuchtziel der Hundeschauen ist nun mal der standardgemäße, also optisch schöne Hund. Auch Hunde mit schlechterem Nervenkostüm schaffen diese Hürde. Eine Wesensüberprüfung findet zwar bei einigen, aber längst nicht bei allen Rassen statt. Bei den Pudeln zB ist damit lediglich gemeint, daß der Hund sich vom Schaurichter anfassen lassen muß, ohne zu beißen. :hust:

    Auch ein Hund mit nicht so guten Nerven ist ja in seinem gewohnten Umfeld über kurz oder lang relativ unauffällig. Hund und Halter gewöhnen sich aneinander und dann fällt zB ständiges Nerv-Gekläffe gar nicht mehr so auf. Hunde sind halt so, und lieb ist er ja. Wenn der Hund dann noch hübsch ist, warum nicht mit ihm züchten?

  • Ich habe bei Geri die Redewendung verwendet, wenn er mal zu viele neue Reize in zuwenigen Tagen hatte als Welpe, und dann überaktiv und heulig war und nicht selbst runterkommen konnte. Passierte manchmal, im Leben gibt es halt Zufälle und man kann leider nicht jede neue Erfahrung planen. Gebissen hat oder extrem reaktiv war er da nicht, er hat nur selbst darunter gelitten und brauchte Zeit und Hilfe um aus dem Zustand wieder rauszukommen. Es war aber kein Totalkatastrophenzustand und ich hab den Begriff auch halb scherzhaft verwendet. Ich glaube es ist lediglich eine Redewendung die Zustände beim Hund beschreibt in denen der Hund sich selbst nicht mehr unter Kontrolle hat.

    So ist es bei uns auch. Meine Hündinnen waren nie so, Nando schon. Man merkt aber, wie er sich über die Zeit des erwachsen werdens verändert und diese Phasen weniger werden, bzw, wie er sich schneller wieder sammeln kann.


    Bei Nando äussert es sich in Leinebeissen und/oder im meinen Arm/Ärmel beissen. Manchmal müssen auch noch Schuhe und Hosenbeine dran glauben. Mittlerweile ist das immer nur ganz kurz noch und meist, wenn er sich zu viel zurücknehmen musste. Zu viele Menschen, die er nicht begrüßen darf, zu viele Hunde, zu denen er nicht hin kann. Das ist so der Klassiker. Er ist ja auch erst 9 Monate. So wie ich seine Fortschritte sehe, mache ich mir da aber aktuell keine Sorgen, dass das irgendwann ganz verschwindet.

    Bei fast allen Rassen außer echten Arbeitshunden spielt seit dem Beginn der Standardzucht die Optik die wichtigste Rolle bei der Zuchtwahl, darüber muß man sich im klaren sein. Zuchtziel der Hundeschauen ist nun mal der standardgemäße, also optisch schöne Hund. Auch Hunde mit schlechterem Nervenkostüm schaffen diese Hürde.

    Nicht nur dass, die Ansprüche an unsere Hunde sind enorm. Sie sollen immer funktionieren, alles mitmachen, was wir so machen, egal ob tiefste Pampa, oder Highlife in der Großstadt.


    Ich finde es da nur fair, dem Hund zuzugestehen, dass es ihm auch mal zu viel wird.

    Achten die Züchter nicht mehr auf ein gutes Nervenkostüm und mehr auf die Optik? Passen Hund und Mensch einfach nicht zusammen (respektive falsche Rassewahl?)

    Nando ist nicht mein erster Collie, ich denke nicht, dass die Rasse nicht passend ist und er hat auch kein dünnes Nervenkostüm, im Gegenteil, er ist ziemlich unerschrocken. Den kann man überall mit hin nehmen. Aber als Hütehund ist er sehr reizoffen und tut sich schwerer Reize draussen auszublenden. Daheim legt der sich hin und pennt, draußen geht's (noch) nicht so einfach.

  • Aber woran liegt das denn?

    TS Hunde aus dem Ausland nehme ich jetzt mal aus, damit kenne ich mich kaum aus.

    Achten die Züchter nicht mehr auf ein gutes Nervenkostüm und mehr auf die Optik? Passen Hund und Mensch einfach nicht zusammen (respektive falsche Rassewahl?)

    Hat der Mensch zu hohe Ansprüche an den Hund? Will er zu viel, zu schnell?

    Oder liegt es gar daran, dass Hund einfach mitunter zu viel Aufmerksamkeit bekommt, ständig im Mittelpunkt und unter Beobachtung steht?

    Ich denke, da gibt es viele verschiedene Gründe, die teils auch miteinander kombiniert sind.


    Soo selten passiert es nun nicht - sieht man auch hier im Forum doch immer wieder-, dass Leute sich einen völlig unpassenden Hund holen. Das klassische Beispiel z.B. der Australian Shepherd, angeschafft, weil optisch so attraktiv und man möchte ja einen "sportlichen" Hund. Und dann wird ausgepowert ohne Ende, der Hund wird dauerbespaßt, lebt vielleicht noch in einem sehr reizintensiven Umfeld - und wird zur wandelnden Katastrophe, zum reaktiven, hyperaktiven Stresskeks.


    Auch das "zu viel zu schnell wollen" sieht man recht häufig, meiner Ansicht nach. Wird ja gerne von den Leuten betont, dass der 5 Monate junge Hund schon "perfekt" auf alle Grundkommandos hört, Pfötchengeben und Rolle machen kann... stubenrein natürlich von Tag eins an, super leinenführig, toller Bürohund on top - oft werden die Hunde durch so ein Intensivprogramm und vielleicht auch noch tägliches, ewiges Training überfordert, das zeigt sich aber mitunter erst nach einer ganzen Weile...

  • Ich kenne auch eher diese Deutung von "fliegt um die Ohren"

    Für mich heißt "fliegt einem um die Ohren" hauptsächlich, dass man den Hund bzw. bestimmte Verhaltensweisen früher oder später nicht mehr kontrollieren kann, wenn man nicht zügig daran arbeitet, die in geordnete Bahnen zu lenken. Also nicht nur situativ, sondern grundsätzlich und (auch) im Alltag. Wenn der Schäferhund Herrchens Frau z. B. nicht mehr aufs Sofa oder ins Haus reinlässt usw., weil Herrchen die ersten Verhaltenszüge aus dieser Richtung nicht ernst genommen hat ... dann fliegt einem besagter Hund um die Ohren.

    ... weniger Richtung überdrehtem Hibbel nach Reizüberflutung/Überlastung; mehr unterschätztes Aggressionspotential bei falschem Umgang mit dem Hund.

  • Also ich kenne auch eine Hündin die einem meines Erachtens um die Ohren fliegt. Diese wird jeden Tag mind. 4h ausgeführt. Ständig wird Aktion mit ihr gemacht, seien es Tricks, Ball werfen usw. Während des Gassi. Sonst ist der Hund ja später nicht müde. Ergebnis: völlig überdrehter Hund, schlägt bei allem an was irgendwie Geräusche macht. Wenn man mal zu Besuch ist irgendwo, kommt der Hund nicht zu Ruhe. Läuft ständig rum, langweilt sich, fordert. Fängt dann an zu bellen bei dem kleinsten Geräusch. Balljunkey lässt grüßen. Sobald der Hund einen Ball sieht, ist alles aus. Wenn man ihn wieder wegpackt, geht der Terror los.

    Da wird auch alles geschreddert wo der Ball drin sein könnte.

  • Wenn ich das nutze, dann meine ich fast immer das in dieser Situation die Kontrolle ueber den Hund komplett fehlt und der Hund (in dieser Situation) eine Gefahr darstellt. Fuer sich, fuer andere Hunde, fuer andere Tiere, fuer andere Menschen, fuer den Halter.


    Wenn man das nicht kennt: Prima

    Gibt aber leider genug Faelle/Situationen in denen es anders laeuft..

    Ganz genau SO nutze ich das auch. Um die Ohren fliegen bedeutet bei mir: Kontrollverlust über den Hund und die Situation


    Ist nicht schön, sieht nicht schön aus, erfordert körperlichen und/oder mentalen Kraftaufwand um die Situation wieder unter Kontrolle zu bekommen.

    Wie auch von Murmelchen gesagt: Wer das nicht kennt - toll! :bindafür:


    Ich durfte solche Situationen schon miterleben und stand ebenfalls mittendrin. Und die Ursachen können enorm unterschiedlich sein: Reizüberflutung, falsche Körpersprache, fehlende Führung, fehlender Rückhalt, Überforderung oder auch Kombis von allem ;) Und die Fälle werden nicht weniger.....

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