Angemessenes Verhalten und Moral beim Hund - gibt es das, und was ist das?

  • Nun, woher genau soll der Berner wissen wie doll er bei einer Maßregelung beim Yorkie zulangen darf, wenn er z.B. sonst den Umgang mit Kleinsthunden nicht kennt und nur mit Artgenossen in seiner Gewichtsklasse toben darf? Weil es ihm von Geburt an in die Wiege gelegt wurde?

    Woher weiß eine Hündin, wie stark sie bei ihren Welpen zulangen darf?

    Da Du mich so direkt fragst. Woher soll ich das wissen?


    Aber ich spekuliere einfach mal, Dir zuliebe. Da es einer Mutterhündin um das Wohlergehen ihrer Welpen geht, würde ich vermuten das sie vorsichtig anfängt und steigert - und auch das klappt nicht 100% zuverlässig. In einem Konflikt zwischen Hunden, geht es eher weniger um das Wohlergehen des Kontrahenten.

  • Richtig. Hunde sind ja nicht blöd. Die wissen schon, wieviel Kraft sie im Verhältnis zu anderen haben. Ist ihnen manchmal halt eben egal und manchmal eben nicht.

    • Moderiert

    Richtig. Hunde sind ja nicht blöd. Die wissen schon, wieviel Kraft sie im Verhältnis zu anderen haben. Ist ihnen manchmal halt eben egal und manchmal eben nicht.

    Ich glaube du hast den Kontext nicht verstanden. Aber eine Diskussion mit Dir erfahrungsgemäss anstrengend ist, hast Du natürlich recht :smile:

  • Ich lese so oft, Hunde wissen genau wie sie ihre Kraft/Energie dosieren und was sie einem anderen Hund "zufügen" an Verletzungen. Daran glaube ich halt nur bis zu einem gewissen Grad.

    Ich auch.


    Grundsätzlich ist es mMn - die eben auch auf etlichen kynologischen Studien basiert - aber Fakt, dass Haushunden eine hohe intrinsische Motivation zuzusprechen ist, Kraft/Energie dosieren zu können und zu wollen, und eben auch darüber entscheiden zu können und zu wollen, welchen Grad an Verletzungen sie einem anderen Hund zufügen.


    In welchem Maß das aber individuell - sowohl auf den Hund als auch die Situation bezogen - dann faktisch durchgeführt wird, ist von vielen Faktoren abhängig.


    Eine genetisch veranlagte Artgenossenaggression hat auf diese intrinsische Grundmotivation genauso Einfluss, wie die von dir genannten Beispiele:

    Eine für einen Berner Sennenhund "angemessene" Maßregelung des ihn ständig attackiernden Nachbars Yorkshire Terriers (gerne während beide Halterparteien sich stets darüber amüsierten, weil passiert ja nix, weil der Berner ja so gutmütig ist) kann für den Yorkie tödlich ausfallen wenn dem Berner nach dem xten Mal doch mal der Kragen platzt.

    "Der Kragen platzt" ist eine emotionale Motivation, die die vorherige intrinsische Motivation, nämlich das "gutmütige" Handeln aufgrund der deutlichen Unterlegenheit des Yorkie, beeinflusst, und diese "Gutmütigkeit" verkleinert.

    Wut lässt Handlungen außer Kontrolle geraten - und selbst wenn dann "nur" vergessen wird, dass das undosierte Einsetzen der eigenen körperlichen Überlegenheit zu einem größeren Schaden als beabsichtigt führt ... ist es immer noch ein Schaden.

    Nun, woher genau soll der Berner wissen wie doll er bei einer Maßregelung beim Yorkie zulangen darf, wenn er z.B. sonst den Umgang mit Kleinsthunden nicht kennt und nur mit Artgenossen in seiner Gewichtsklasse toben darf? Weil es ihm von Geburt an in die Wiege gelegt wurde?

    Da es hier um den gleichen Berner geht - nun, er hatte doch einen angemessenen Umgang mit Klein(st)hunden, denn sonst hätte er doch nicht etliche Male "gutmütig" auf die Attacken reagiert?

    Dass er nicht nur keine Hilfe von den beteiligten Menschen bekam, sondern er darüber hinaus immer wieder von seinen Menschen in diese Situation gebracht wurde, kann den gegenüber Klein(st)hunden ansonsten "gutmütig" agierendsten Hund in eine emotionale Lage bringen, in der er sich eben nicht mehr angemessen oder auch moralisch verhält.


    Ein anderer Aspekt ist das "Üben" von angemessenem Umgang mit kleinen/schwächeren Lebewesen.

    Ich bekomme z. B. immer die Krise, wenn ich Bilder von einem Welpen in engem Kontakt mit Säuglingen sehe - wann soll dieser Welpe denn gelernt haben, dass Menschen- und vor Allem Babyhaut unglaublich zart und verletzbar ist, und wann soll er gelernt haben, über die notwendige Körperkontrolle zu verfügen, die verhindert dass er mit seinen Krallen unbeabsichtigt über diese zarte Haut ratscht - und woher soll er wissen, dass man das nicht macht?

    Trotz einer genetisch intrinsisch angelegten Motivation, Schwächere nicht unangemessen zu behandeln, verfügt er doch überhaupt noch nicht über irgendeinen Erfahrungsschatz, der ihm ermöglicht ein Baby als schwaches, hilfloses und besondere Umsicht erforderliches Lebewesen erkennen zu können!


    Diese Erwartungshaltung des Menschen oder auch die Forderung, der Hund wisse oder müsste es wissen, wie er seine Kräfte dosiert und wenn nicht, wenn ein anderer Hund zu Schaden oder gar Tod kommt, ist das "gewollt", geht für mich in die Richtung das Hunde sowas wie eine Art von Moral kennen müssen. Und diese Ansicht teile ich halt nicht.

    Eben genau diese Erwartungshaltung habe ich nicht.

    Eben weil ich weiß, dass auch natürliche Veranlagen gezielt entwickelt werden müssen, damit sie sich im Verhalten zeigen können.

    Dabei spielen viele Faktoren eine Rolle, z. B. andere genetische Motivationen (Aggressionsreaktionsnorm, aber auch Artgenossenaggression z. B.), aber auch Erfahrungen im Umgang mit Schwächeren, und eben auch die Erziehung, die der betreffende Mensch dem eigenen Hund angedeihen lässt.


    Auch gibt es "Grobmotoriker", die einfach nicht in der Lage sind ihre Körpermasse ausreichend zu kontrollieren.


    Da spielen viele Faktoren eine Rolle.

  • Ich denke, dass Hunde meist auf dem Schirm haben, dass sie mit kleineren vorsichtiger sein müssen. Wenn ihnen aber, warum auch immer, die Sicherungen rausfliegen wird es eben gefährlich für die kleinen. Ich sehe da an der Stelle gar keinen Grund über Moral (der Hunde) usw zu reden.

    Wenn mir die Sicherungen rausfliegen sage ich auch schonmal Sachen die jenseits meiner Vorstellung von Angemessenheit liegen. Wenn ich ein sehr sensibles Gegenüber habe passiert mir das weniger leicht, ebenso wenn mir mein Gegenüber besonders am Herzen liegt. Aber um meine ethische Messlatte oder so geht es da eigentlich dann gar nicht, sondern eher darum wie viel Einfühlungsvermögen ich noch aufzubringen im Stande bin oder eben nicht.


    (Ich verfolge die Diskussion nur in diesem Thread und nehme darum auch nur auf das hier geschriebene Bezug.)

  • Ich denke, dass Hunde meist auf dem Schirm haben, dass sie mit kleineren vorsichtiger sein müssen. Wenn ihnen aber, warum auch immer, die Sicherungen rausfliegen wird es eben gefährlich für die kleinen. Ich sehe da an der Stelle gar keinen Grund über Moral (der Hunde) usw zu reden.

    Wenn mir die Sicherungen rausfliegen sage ich auch schonmal Sachen die jenseits meiner Vorstellung von Angemessenheit liegen. Wenn ich ein sehr sensibles Gegenüber habe passiert mir das weniger leicht, ebenso wenn mir mein Gegenüber besonders am Herzen liegt. Aber um meine ethische Messlatte oder so geht es da eigentlich dann gar nicht, sondern eher darum wie viel Einfühlungsvermögen ich noch aufzubringen im Stande bin oder eben nicht.


    (Ich verfolge die Diskussion nur in diesem Thread und nehme darum auch nur auf das hier geschriebene Bezug.)

    Ein schönes Beispiel, danke dafür.

    Wir Menschen sollten uns viel öfter vor Augen führen was wir von unseren Hunden "erwarten und verlangen" was wir noch nicht einmal bei uns selbst mit Sicherheit gewährleisten können.

  • Es ist halt auch ne Typfrage. Es gibt Hunde wenn denen der Geduldsfaden reißt nachdem alles vorher ignoriert wurde wird das ne sehr nachhaltige Lektion für das Gegenüber.


    Meine Hunde konnten und können sehr dosiert ihre Kraft einsetzen, reagieren je nach Gegenüber angepasst an dieses.

    Das gilt aber nicht (unbedingt) für Fremdhunde.

    Muss es auch nicht.

    Ich kann hier jederzeit alles reinsetzen und es wird akzeptiert, aufgenommen, alles tutti. Niemand reagiert unangemessen. Alle sind höflich und sozial miteinander.

    Das ist mir wichtig.

    Fremdhunde haben aus diversen Gründen nix bei uns verloren unterwegs.

  • Ein schönes Beispiel, danke dafür.

    Wir Menschen sollten uns viel öfter vor Augen führen was wir von unseren Hunden "erwarten und verlangen" was wir noch nicht einmal bei uns selbst mit Sicherheit gewährleisten können.

    So geht's mir immer, wenn ich lese 'ein Hund kann seine Zähne ganz fein und kontrolliert einsetzen. Drum passiert da niemals etwas unabsichtlich...'


    Theoretisch kann ich meine Hände auch sehr dosiert kontrollieren und meine Feinmotorik ist vielleicht nicht die allerbeste aber ganz okay.

    Ich hab auch meine Tochter als Baby ohne große Blessuren großbekommen.


    Trotzdem habe ich auch schon als Versehen Kinnhaken verteilt, Käfer die ich eigentlich retten wollte zermatscht, etc.


    Warum sollte ein Hund immer und jederzeit ein soviel besseres Körpergespür haben


    Und dass dann auch noch unter Stress und Hektik und vielleicht dem besagten Größen Ungleichgewicht.


    Darum mag ich diese "immer" und "es darf niemals passieren" Aussagen nicht.

  • Ist doch ganz verschieden.

    Wenn mir jemand fremdes über den Weg liefe, und mit permanent gegen das Schienbein treten würde, wohlmöglich noch beleidigend, sähe meine Reaktion auch nicht milde aus. Zumal ich mich davon ernsthaft bedroht fühlen würde, das ist ja ein völlig unberechenbares und beklopptes Verhalten. Wer weiß, was da grade im Kopf für ein Film gefahren wird.


    Kleinhunde brauchen bei uns eigentlich keine bedenken haben. Kritisch waren bislang immer so distanzlose Frechdachse, die einfach nicht gelernt haben, dass feine Kommunikation auch für sie gilt.

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