Angemessenes Verhalten und Moral beim Hund - gibt es das, und was ist das?

  • mein Pikachu damals (kleiner Terriermix, virlleicht 5 kg) wurde von anderen Hunden getötet als er einen Konflikt um eine läufige Hündin anzettelte (Dorf, alle liefen frei. Pikachu sollte eigentlich nicht frei laufen weil er immer die anderen angiftete aber er entwischte meiner Tante).

    Der Kleinpudel einer Schulfreundin wurde von Strassenhunden getötet als dieser (wie sonst auch jeden anderen Hund) diese angriff.

    Beides Mal waren die Hunde die getötet haben herrenlos und im Rudel lebend. Würde jetzt mal nicht behaupten dass Hunde die im Rudel leben unsozial sind. Denn sonst würden die auch da nicht lange überleben.

    Also ja, ich bin auch der Meinung dass aggressive Kleinsthunde oft einfach nur Glück haben dass die Halter von grossen Hunden einschreiten bevor es eskalieren könnte.


    Und zur Kraft dosieren können in absolut jeder Situation bei einem Tier. Nö das erwarte ich nicht.

    Ich kann das als Mensch ja auch nicht immer. Wieso soll ich das dann von einem Tier erwarten.

  • Du empfindest es also als angemessen, wenn ein großer Hund einem kleineren Hund größeren Schaden zufügt, als der kleinere Hund je anrichten könnte?

    Warum?

    Weil er der Überlegenere ist, und es kann?

    Mal andersrum: "Du empfindest es also als angemessen, wenn ein kleinervHund einen größeren immer wieder ungestraft angreifen und in ihn reinbeißen darf, nur weil er's kann und der Große sich nicht wehren darf?"


    Diese Einstellung begegnet mir öfter: kleiner Hund greift an, Halter meinen, wenn sich der Große wehrt, gibt's ne Anzeige.

    Und genau deswegen trete ich im Zweifel, bevor sich mein Hund wehren muss, ich krieg nämlich dann keine Auflagen.

  • Ich muss ganz ehrlich sagen, dass mir diese ganze Diskussion um "Angemessenheit" (in wessen Augen nun eigentlich?) viel zu moralisch aufgeladen ist. Hunde sind Tiere, die können sehr wohl lernen, wie man sich in unserer Gesellschaft "angemessen" zu verhalten hat, aber ob das nun für den Hund "angemessen", logisch oder gar sinnvoll ist, das wage ich mal zu bezweifeln.

    Ein Hund, der droht und dabei die Stufen der Eskalationsleiter benutzt, der kommuniziert angemessen. Zeigt kein Hund deeskalierendes Verhalten, so kommt es unweigerlich zum Konflikt, wenn von außen nicht rechtzeitig eingegriffen wird. Die Frage, ob ein Konflikt durch deeskalierendes Verhalten versucht wurde zu vermeiden, betrifft also immer beide Hunde. Greift ein Hund trotz eines deeskalierenden Verhaltens des anderen Hundes an, so war das Verhalten nicht angemessen bzw. der Hund zeichnet sich durch eine übersteigerte Aggressivität aus.
    Ob aber ein hündischer Konflikt zwischen zwei Hunden entsteht und mit welcher Ernsthaftigkeit dieser ausgetragen wird, das ist wohl eher eine Frage der Motivation und nicht zuletzt spielen die individuellen Erfahrungen bei der Ausprägung der Aggressionsbereitschaft eine viel größere Rolle als z.B. die Rasse oder die Genetik.

  • Ich frage mich, ob man bei Chihuhua vs Neufundländer überhaupt "angemessenes Verhalten" irgendwie festlegen kann. Es ist ja schon total unnatürlich, dass es innerhalb einer Tierart solche Größen- und Kraftunterschiede gibt.


    Ich denke halt so: Außerhalb von menschlichen Einflüssen ist es für Tiere wichtig, funktional zu handeln. Das beinhaltet, sich nicht unnötig in Gefahr zu bringen und nicht unnötig Energie zu verbrauchen, weswegen Konflikte tendenziell eher vermieden werden. Das trifft aber halt auch nur zu, da normalerweise zwei erwachsene Tiere einer Tierart ungefähr gleich stark sind, sich also gegenseitig verletzen könnten. Natürlich gibts Abstufungen in der Körpergröße, dem Alter, dem Zustand eines Tieres etc. Aber die Abstände sind normalerweise denke ich nicht so groß, dass eins der beiden Tiere quasi kampflos gewinnen würde.


    Bei Kleinsthunden gegen große Hunde ist das aber anders. Der Mensch hat so massiv unterschiedliche Körperformen geschaffen, dass es nun Hunde gibt, die andere Hunde mit einer Pfote zerquetschen können.


    Die Frage nach einer angemessenen Reaktion stellt sich hier also ganz anders. Denn für den großen Hund wäre es ja durchaus funktional, den Kleinen einfach zu erledigen. Vorausgesetzt der Kleine ist nicht Teil der eigenen Gruppe: Dann hat es für den Großen ja nur Vorteile, den Kleinen nachhaltig loszuwerden. Warum auf (menschlich gedachte) Angemessenheit achten? Welchen Mehrwert hätte das für den Großen?

    Wie gesagt, bei anderen Tierarten oder ähnlich starken Hunden ist das anders. Da ist der Mehrwert Konfliktvermeidung/Deeskalation und darüber Selbstschutz. Aber für den deutlich überlegenen Hund spielt das eigentlich keine Rolle.


    Für mich ist die Frage also weniger, was ein Hund angemessen oder moralisch findet. Unter Hunden, ohne menschliche Einflüsse, würde wohl viele Kommunikation ganz anders aussehen. Und könnte man das dann verurteilen? Ich denke nicht. Genausowenig würde ich ein Wildtier für irgendeine Handlung als unmoralisch verurteilen.

    In der ganzen Frage gehts, wie so oft im Leben unserer Hunde, nicht wirklich darum, was sie selbst denken oder wollen. Über dem Ganzen steht der Mensch, mit seinen Moralvorstellungen und seinen Gesetzen.

  • Mich irritiert das hier alles total. :rollsmile:

    Ich probiere mal anders zu antworten.


    Gibt es Angemessenheit aus Sicht (fast) jedes einzelnen Hundes oder auch Menschen?

    Vermutlich.


    Gibt es eine gemeinsame Messlatte für Angemessenheit die alle Menschen/ Hunde teilen?

    Sehr unwahrscheinlich.


    Gibt es sowas innerhalb von Gruppen die miteinander sozialisiert wurden?

    Vermutlich in größerem Ausmaß.

  • dass eine erwähnenswerte Anzahl an Kleinhunden nur deshalb unbeschadet ihr unangemessen agressives Verhalten ausleben kann,

    Hier existiert auf einmal eine Messlatte für unangemessenes Verhalten?

    Für wen ist das unangemessen?

    Für den kleinen Hund?

    Für die beobachtenden Menschen?

    Genau das ist in meinen Augen der Punkt:


    Da ich die Hunde nicht fragen kann, vermute ich, dass der jeweilige Hund in seinen Augen ein angemessenes Verhalten zeigt. Sonst würde er es ja nicht zeigen.


    Ich persönlich finde ein - aus meiner Sicht - grundlos angreifender Kleinhund reagiert unangemessen. Die Reaktion des Besitzers lässt oft darauf schließen, dass dieser einen solchen Angriff als angemessen, lustig betrachtet.


    Ich persönlich fände es angemessen, wenn mein Großhund daraufhin mit Drohgebärden bis hin zu abschnappen reagiert, hindere ihn allerdings daran, da mir da das Kräfteverhältnis zu unausgewogen ist und ich nicht weiß, wann und ob der Aggressor einlenken, sprich deeskalieren wird.


    Der Kleinhundebesitzer mag vielleicht bereits die ersten Drohsignale des Großhundes als nicht mehr angemessen betrachten.


    Also es sind sich ja schon die Menschen oft nicht einig, was noch als angemessenes Verhalten durchgeht und was nicht.

  • Ich persönlich finde ein - aus meiner Sicht - grundlos angreifender Kleinhund reagiert unangemessen

    Natürlich ist das unangemessen, dazu noch unerzogen und wenig sozialkompatibel - kurzum ist er ein prolliges Arsch :nicken:

    Ich persönlich fände es angemessen, wenn mein Großhund daraufhin mit Drohgebärden bis hin zu abschnappen reagiert,

    auch das, da gehe ich voll mit

    Dann gibt der bem Pöbeltier doch jede Chance dieser Welt, sein Verhalten zu ändern, das ist doch soziale Kommunikation, die soll und muss ein Hund doch zeigen dürfen

    Aber nach einer solchen innerartlichen Kommunikation lebt der Zwerg halt noch, hat in der Regel noch nicht einmal einen Kratzer, sondern ist vermutlich nur irgendwo besabbert


    Meine Hündin brauchte für solche Hunde nur eine hochgezogene Augenbraue, dann lagen selbst lebensmüde Terrier auf dem Rücken, sie stellte sich dann drüber und schaute streng, sie hat dafür nie einem anderen Hund ein Haar krümmen müssen

  • Mal andersrum: "Du empfindest es also als angemessen, wenn ein kleinervHund einen größeren immer wieder ungestraft angreifen und in ihn reinbeißen darf, nur weil er's kann und der Große sich nicht wehren darf?"

    Dass er sich nicht wehren darf, habe ich nie irgendwo geschrieben.

    Mir geht es um die Angemessenheit des Sich-Wehrens.

    Diese Einstellung begegnet mir öfter: kleiner Hund greift an, Halter meinen, wenn sich der Große wehrt, gibt's ne Anzeige.

    Eine sehr blöde Einstellung, da bin ich ganz bei dir.

    In der ganzen Frage gehts, wie so oft im Leben unserer Hunde, nicht wirklich darum, was sie selbst denken oder wollen.

    Doch, genau darum geht es mir - nur habe ich da anscheinend eine viel höher Meinung über Hunde hinsichtlich dessen, was sie grundsätzlich wollen.

    Ich persönlich finde ein - aus meiner Sicht - grundlos angreifender Kleinhund reagiert unangemessen.

    Dazu zwei Gedanken:

    1. Möglicherweise hat der Kleinhund ja sehr wohl einen Grund - nur kennen oder erkennen wir diesen möglicherweise nicht.

    2. Mir fehlt hier die Unterscheidung zwischen "Angriff" (mit Beschädigungsabsicht) und "Scheinangriff" (zum Einschüchtern oder als präventive Maßnahme, ohne Beschädigungsabsicht).

    Ich persönlich fände es angemessen, wenn mein Großhund daraufhin mit Drohgebärden bis hin zu abschnappen reagiert,

    Ich auch.

    Nur geht es in der Regel sowohl für den Kleinhund, als auch für den Großhund ohne jegliche Blessuren aus - und genau das halte ich für angemessene, soziale Kommunikation.

  • Aber nach einer solchen innerartlichen Kommunikation lebt der Zwerg halt noch, hat in der Regel noch nicht einmal einen Kratzer, sondern ist vermutlich nur irgendwo besabbert

    Vorausgesetzt, er lenkt ein. Was meiner Erfahrung nach zumindest für viele Terrier nicht unbedingt typisch ist. xD

    Lenkt er nicht ein, kann es dann doch zu schweren Verletzungen aufgrund des Größenverhältnisses kommen.



    1. Möglicherweise hat der Kleinhund ja sehr wohl einen Grund - nur kennen oder erkennen wir diesen möglicherweise nicht.

    2. Mir fehlt hier die Unterscheidung zwischen "Angriff" (mit Beschädigungsabsicht) und "Scheinangriff" (zum Einschüchtern oder als präventive Maßnahme, ohne Beschädigungsabsicht).

    Mag sein. Dennoch werden wohl die allermeisten hier Anwesenden übereinstimmen, dass ein körperlicher Angriff, auch eine Scheinattacke, die 10cm vorm Angegriffenen endet, auf einen angeleinten Hund unangemessen ist - zumindest aus Menschensicht.

    Dass der Angreifer das anders sieht, steht fest, sonst hätte er ja nicht angegriffen.


    Ich bin bei fehlgeleitetem Beutefangverhalten und vom Gutachter festgestellter übersteigerter Aggression, wenn ich an unangemessenes Verhalten denke. Aber das ist wieder meine menschliche Sichtweise. Die blonde Katastrophe hätte hirnloses Reinhacken in andere Hunde wegen deren bloßer Existenz angemessen gefunden, denn er konnte halt kein Hündisch und wollte sich alle Hunde nachhaltig vom Leib halten. Völlig verständlich aus seiner Sicht, aber für den Hund, der verträumt an den Blümchen am Wegesrand schnuppert und plötzlich eine kreischende Blondine, Zähne voran, im Pelz hängen hatte, sähe das ganz anders aus.

    Deshalb finde ich, wenn man die Sicht der Hunde nimmt, können wir gar nicht über angemessen oder nicht diskutieren, denn da ginge die Sichtweise je nach Charakter und Vorerfahrung ziemlich weit auseinander.

  • Mag sein. Dennoch werden wohl die allermeisten hier Anwesenden übereinstimmen, dass ein körperlicher Angriff, auch eine Scheinattacke, die 10cm vorm Angegriffenen endet, auf einen angeleinten Hund unangemessen ist - zumindest aus Menschensicht.

    Dass der Angreifer das anders sieht, steht fest, sonst hätte er ja nicht angegriffen.

    Dennoch werten sehr viele Hunde einen solchen Scheinangriff - selbst wenn er diese 10cm-Distanz noch deutlich unterschreitet - auch als Scheinangriff - und reagieren entsprechend angemessen.

    Wobei diese "Angemessenheitslatte" von ignorierend Abwenden bis hin zu "deutlich Beschädigung androhen, wenn der Scheinangreifende weitermacht", reichen kann - was nicht nur, aber eben auch vom "Charakter" (Typ; Phänotyp) des Hundes abhängen kann.

    Alles "angemessen", solange es die beschädigende Grenze nicht überschreitet.


    Ich bin bei fehlgeleitetem Beutefangverhalten und vom Gutachter festgestellter übersteigerter Aggression, wenn ich an unangemessenes Verhalten denke.

    Ja, durchaus, ich auch.

    Wobei "fehlgeleitet" und "übersteigert" ja eine Bewertung sind, die darauf hinweist dass es sich hier um deutliche Abweichungen zum arttypischen Normalverhalten handelt.

    Nicht nur auf "empfundener Menschensicht", sondern basierend auf wissenschaftlichen Erkenntnissen.


    Deshalb finde ich, wenn man die Sicht der Hunde nimmt, können wir gar nicht über angemessen oder nicht diskutieren, denn da ginge die Sichtweise je nach Charakter und Vorerfahrung ziemlich weit auseinander.

    Siehst du den Widerspruch in deinen eigenen Worten?

    Ein Hund mit fehlgeleitetem Beutefangverhalten handelt aus seiner Sicht sicher nicht fehlgeleitet, und dementsprechend aus seiner Sicht auch nicht unangemessen.

    Seine Sicht ist aber unerheblich bei der Bewertung eines angemessenen Verhaltens, weil die Angemessenheit sich auf arttypische Verhaltensweisen bezieht - und fehlgeleitetes Beutefangverhalten ist nun einmal kein typisches Kennzeichen der Art Canis Lupus Familiaris (Haushund).


    Möglicherweise gibt es Rassen, bei denen die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von fehlgeleitetem Beutefangverhalten größer ist, als es sonst arttypisch wäre.

    Das ist aber dann immer noch kein Hinweis darauf, dass es sich hier um arttypisches Verhalten handelt, sondern eher ein Hinweis, dass hier die menschliche Selektion etwas artuntypisches hervorgerufen hat.

    Wobei fehlgeleitetes Beutefangverhalten nicht nur aufgrund entsprechender Selektion, sondern auch durch entsprechende Erfahrungen bewirkt werden kann.

    Was aber dann auch immer noch artuntypisch ist.


    Das Gleiche gilt für übersteigerte Aggression: Auch hier ist diese Übersteigerung artuntypisch, die Messlatte ist hier wieder die - wissenschaftlich basierte - typische Aggressions-Reaktionsnorm.

    Auch hier gibt es durchaus - durch menschliche Selektion und/oder Erfahrungslernen verursachte - Abweichungen - die aber eben artuntypisch sind.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!