Einschläfern oder nicht - noch einmal die Frage, die an niemandem vorbeigehen wird

  • Nun stehe ich mal wieder vor dieser Frage ... (Pavel ist nicht mein erster Hund.)
    M
    ein Pavel mit seinen 15 Jahren und fast 6 Monaten bewegt sich immer um die "Entscheidungsgrenze" herum:
    Einen Tag denke ich "Ach, wenn er so drauf ist, geht es noch eine kleine Weile ..." und an nächsten Tag, denke ich, es ist an der Zeit.
    Ich hatte gehofft, es geht eindeutiger bergab, sodass die Entscheidung leichter fällt oder dass vielleicht sogar der Hund signalisiert: "Nun ist es genug."
    Es ist eine schwierige Zeit.

    Einst war Pavel klein, vorsichtig, sehr lieb, sehr nett - aber selbstbewusst und stolz, so wie auf diesem Bild als "Navigator": <klick>
    Heute ist er immer noch klein, vorsichtig, sehr lieb, sehr nett - aber alt und gebrechlich und nur noch ein Schaten seiner selbst: <klick>
    Dabei war er noch im Frühjahr '22 "Gipfelstürmer" auf 8.285 dm im Erzgebirge! <klick>
    Da sah ich mich genötigt, im ein "4-Pfoten-Wanderer"-Abzeichen zu kaufen! :smiling_face_with_heart_eyes:

    Eine Woche vor Weihnachten im letzten Jahr legte sich Pavel nach der Arbeit (er darf mich begleiten) auf seine Couch, schlief eine Runde, wachte auf und war ein anderer Hund:
    Das war ein heftiger Arthritis-Schub, wie mir der TA erklärte. Pavel bekam eine heftige, sofort und anhaltend wirkende Spritze, weil der TA meinte, dass die Schmerzen sofort aufhören müssten. Da konnte ich ja nur zustimmen. Da glaubte ich aber nicht mehr, dass Pavel das Neue Jahr erleben würde. Zur Weihnachtsfeier der Firma habe ich ihn in einer Reisetasche getragen. Dann folgte eine 3 oder 4-wöchige Tabletten-Kur und mein Hund war "wie neu" - den Umständen entsprechend.
    Aber seit einigen Wochen geht es rapide bergab. Die Schmerzen nehmen zu und lassen sich nicht mehr vollständig dämpfen, die Hinterläufe sind sehr schwach und ingesamt baut die Muskulatur ab. Seit Jahren arbeiten die Herzklappen nicht mehr 100%tig, das war aber nie ein Problem - da muss man alles eben etwas langsamer angehen. Ich bin auch nicht mehr der Jüngste.
    Nun kommen langsam die Nieren hinzu, die mal ganz gut, mal weniger gut arbeiten.
    Pavel ist fast blind und fast taub. Zum Glück habe ich vor Jahren Klatschsignale trainiert: 2x klatschen: zu mir kommen! Diese Frequentz hört er immer noch., aber die Ortung, aus welcher Richtung fällt immer schwerer. Hinzu kommen Phasen von Demenz, manchmal Minuten, manchmal Stunden.

    Wir fahren mit dem Rad zur Arbeit, Pavel vorn im Korb: <klick>
    Jeden Morgen stellt er sich aus eigenem Antrieb neben das Vorderrad in Position, damit ich ihn in den Korb setzen kann und er genießt die Fahrt wie eh und je.
    Auf einem Rasenstück schnüffelt er "stundenlang" an jedem Grashalm und man hat den Eindruck, er hält das für ein probates "Alters-Hobby" für Hunde.
    Aber ab Mittag baut er ab, wird kraftlos, schläfrig und zuhause füttere ich ihn mit kleinsten Häppchen, denn die Zähne sind nicht mehr die besten und auch die Kaumuskulatur hat abgebaut. Trotzdem Pavel für seine Verhältnisse (er war immer schon ein mäkeliger Esser) jetzt gut frisst, ist er von ehemals 12 kg auf 8,5 kg runter.
    Er genießt meine Nähe mehr denn je. Er durfte immer schon in meinem Bett schlafen und auch das genießt er mehr als früher. Aber wenn Pavel jetzt schläft, ist es wie im Koma, oft bewegt er sich die ganze Nacht nicht und wacht in der Position auf, in der er eingeschlafen ist. Früher hat er sich nur zum Einschafen an mich gekuschelt aber bald wurde es ihm zu warm und zu nah, dann nahm er ~50 cm Abstand oder legte sich ans Fußende.

    Das alles hat ja mit einer würdevollen Lebensqualität nur noch wenig zu tun. Aber ich vermisse irgendein Signal von Pavel, dass er gehen möchte. Vielleicht kommt da der Durchhaltewille des Terriers in ihm durch ...
    Wie ich schon oben schrieb: Es ist eine schwierige Zeit.

  • Welches Signal erhoffst du dir denn?

    Hunde denken nicht abstrakt über den Tod nach, die stehen es halt bis zum Ende durch.

    Rational können die eine Entscheidung, dass es jetzt genug des Leodens ist, doch gar nicht treffen.

    Es ist an uns, zu entscheiden, ob die Lebensqualität noch hinnehmbar ist oder ob der Tag mehr Last als (Lebens-)Lust bedeutet.

    Ich verstehe sehr gut, wie schwer es ist, seinen Lebensnegleiter für so viele Jahre ziehen zu lassen, aber für mich liest es sich so, als wäre Pavel am Ende seines Weges.

    Ich wünsche dir viel Kraft für die richtige Entscheidung.

  • Ich kann Dir leider nur einen Rat geben, setz Dich ruhig neben Pavel und lass ihn einfach eine Weile auf Dich wirken.

    Meine Intuition/Bauchgefühl/Unterbewusstsein... hat bisher immer eine klare Richtung gewiesen... - Zuletzt bei meinem Pferd im Juni. Da "wusste" ich auch schon einige Tage vorher, dass es vorbei ist.

    Vielleicht hilft Dir auch das Bild "wir müssen das Raubtier ersetzen" - wird bei Pferdeleuten gerne zitiert.

    In jedem Fall wünsche ich Euch viel Kraft und ggf. den Mut, für Pavel eine gute Entscheidung zu treffen.

  • Lebensqualität und Schmerzfreiheit stehen über allem.


    Du hast eine grosse Liste an Dingen notiert, die in der Summe für den Hund sehr belastend sind.


    Setz dich in Ruhe hin, sprich mit dem TA.

  • wenn er rapide abbaut, ist das doch ein Signal.
    Aber das Thema ist so schwer und jeder geht damit anders um. Ich hatte schon immer Tiere in meinem Leben und in meiner Familie erlösen wir unsere liebsten Begleiter lieber etwas zu früh, als nur einen Tag zu spät.
    Setzt dich doch nochmal mit deinem Tierarzt zusammen, bespreche alles in Ruhe

  • Ich würde auch dazu raten, sich den Hund mal wirklich genau anzuschauen und um die ehrliche Meinung des Tierarztes bitten.


    Bei unserer Nicky (wurde fast 15) denken meine Mama und ich heute rückwirkend, wir hätten sie schon 1 Jahr vorher gehen lassen sollen.. Wir haben sie leider zu spät gehen lassen, weil mein Papa und mein Bruder sich nicht trennen konnten. Ein Tag später und es wäre noch schlimmer geworden.

  • Mein Mitgefühl für deine schwierige und traurige Situation!

    Ich wünsche euch alles Gute und dass du den richtigen Zeitpunkt findest!

    Es berührt mich, wie zärtlich du über Pavel schreibst. Aus dieser Liebe heraus kannst du die Entscheidung über den Zeitpunkt, ihn zu erlösen, treffen.


    Ich hatte vor 2 J. mit meinem geliebten Terrier-Mix Joy das ähnliche Problem. Sie selbst zeigte immer nur: "Ich kann und ich will noch!" - selbst wenn es offenkundig anders war, sie zB nicht mehr alleine aufs Sofa hochkam, abrutschte, hinfiel.

    Bei uns endete es in einem Notfall. Da waren die Zeichen, dass dies das Ende ist, eindeutig, aber eben auch "notfallmäßig brutal".


    Letzte Woche hab ich es bei einem sehr alten Kater mitbekommen, wie es da war, ihn mit Termin zuhause einschläfern zu lassen. Das war anders, aber es war auch "brutal" im Sinne von: Es ist final, man verliert sein Tier (und weiß das schon Tage vorher ganz konkret durch die Terminierung).


    Meine aktuelle Conclusio: Man bekommt es nicht "fein" hin mit dem Tod.

    Weil wir das geliebte Tier im Grunde noch länger (und dabei am liebsten jünger und gesünder) in unserem Leben wollen - das geht aber nicht.

    Von daher kann man nur eine "Wie ist es am wenigsten schlimm?"-Ausrichtung einnehmen. Darauf gibt es nur sehr persönliche Antworten.

    Für mich ist ein Pflock dabei, dass es das Tier möglichst gut in der Einschläferungssituation haben soll. Das dürfte für die meisten Tiere zuhause sein. Und dafür braucht es dann einen Termin, denn es dürfte kaum möglich sein, eine:n TA/TÄ zu finden, der/die für die Einschläferung spontan nach Hause kommen kann...


    Meine Beobachtung mit Joy war, dass das Lebensende in einer Art Flur abläuft und es nicht mehr auf einzelne Tage ankommt, sondern in diesem Flur jeder Tag der richtige wäre.


    Pavel ist alt und gebrechlich. Die Entscheidung, dass er stirbt, ist schon gefällt - du fällst sie nicht, auch wenn es sich für dich so anfühlt. Du kannst nur bewusst den Zeitpunkt festlegen, aber du bist nicht "Gott", denn das Leben hat sich schon entschieden zu weichen.


    Ich wünsche euch beiden einen friedlichen Abschied.

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