Gewalt als Abbruch bei Rückgerichteter Aggression

  • Letzte Woche habe ich durch Zufall ein Gespräch mitbekommen, bei dem eine Hundehalterin (auch ein Tierschutzhund, evtl. auch mit HSH-Anteil) einen Trainer gefragt hat, was man ganz konkret machen könnte, wenn der Hund an der Leine auf andere reagiert und dann in Richtung Halter zurückschnappt. Sie hat die Situation näher beschrieben (Rüde sieht einen anderen in zu kurzer Distanz, er geht aggressiv in die Leine, Halter berührt den Hund und dieser schappt zurück). Das Stichwort war dann "Rückgerichtete Aggression als Übersprungshandlung".


    Wegen meines Tierheimtiers habe ich mich mit sowas schon beschäftigt, und dabei gelernt, dass Gewalt grundsätzlich keine Lösung ist, insbesondere nicht bei HSH-Mixen. Ich persönlich kann mir auch nicht vorstellen, dass so ein Tritt gesund für die Beziehung zwischen Halterin und Hund ist und hätte Sorge, dass der Hund eher noch mehr eskaliert. Allerdings hat mich diese Aussage "Tritt als Erziehungsmethode" irgendwie wahnsinnig enttäuscht, weil ich davon überzeugt war, dass zumindest dieser Trainer komplett auf Gewalt verzichtet. Ein wenig komme ich mir jetzt naiv vor und ich habe gerade das Bild, dass es scheinbar doch nur zwei große Welten gibt, einmal die "offen gröbere" und die, die Gewalt öffentlich ablehnt, hinter verschlossenen Türen aber in solchen Fällen doch anders handelt. Das geht so weit, dass ich mich nun Frage, ob es vielleicht Fälle gibt, bei denen das die einzige sinnvolle Möglichkeit ist.


    Mal die rechtliche Situation völlig außen vor gelassen, wie sehen das die professionellen Trainer hier, die Erfahrung mit solchen Hunden haben: Haltet ihr das für ein adäquates Mittel bzw. ist sowas früher (vllt. vor Tierschutzgesetz etc.) mal erfolgreich gewesen?

  • Fehlt da ein Stück Text?


    Für mich ist jetzt überhaupt nicht klar, was die Vorgehensweise des Trainers wäre. Also was genau war sein Tipp? Treten? Zur Erziehung? Als Notlösung? Zum Selbstschutz?


    Rückgerichtete Agression als Übersprungshandlung wäre aber eine Situation, wo grundsätzlich noch mehr Druck einen Dampfkochtopf nur noch mehr zum eskalieren bringt.

    Da müsste man vorher ansetzen. Und als Mensch aufhören den Hund auch noch mit anfassen zu bedrängen. So ganz grob.

  • Sorry, ja, der Tritt war zur Erziehung gemeint, so im Sinne eines "bleibenden dauerhaften Eindrucks", damit der Hund so etwas nie wieder tut.

  • Also wenn ich meinen Rüden in so einer Eskalation getreten hätte, hätte ich sicherlich ins Krankenhaus gemusst. Würde ich nicht ausprobieren...

  • Grundsätzlich lernen ja erstmal alle Hunde gleich, sowohl die "härteren" als auch die "leichteren" Fälle. Wobei ich denke, dass gerade die schwierigen Fälle erst recht keine harte Hand brauchen, da es gerade diese Hunde sind, die eh schon massiv unsicher/ Überfordert etc. sind. Da landet man sonst mMn nur in einer Gewaltspirale.


    In einem solchen Fall würde ich wohl erstmal über sinnvolles Management arbeiten (Maulkorb, Geschirr mit Haltegriff .. ) und dann schauen, wo genau die Trigger für diesen Hund liegen und dann ganz kleinschnittig daran arbeiten.


    Strafe kann natürlich dazu führen, dass ein Hund bestimmte Verhaltensweisen nicht mehr zeigt. Aber nicht, weil er diese Situationen plötzlich handhaben kann, sondern weil er schlicht nicht mehr traut seine Emotionen zu zeigen. Und das kann dann an völlig anderer Stelle explodieren.


    Ich liebe ja das Zitat von Dr. Ute Blaschke-Berthold „Gewalt hat ihren Ursprung dort, wo Wissen aufhört und Verzweiflung ihren Anfang nimmt.“

  • Ich würde mir wohl energisch verbitten, irgendwelche Zähne in mir zu finden .... treten wäre allerdings so gar nicht meins

    Danke für die ehrliche Antwort! Wo wäre denn da deine konkrete Grenze, also was würdest du noch machen?

  • Wo wäre denn da deine konkrete Grenze, also was würdest du noch machen?

    es gibt da so ne Stelle am Hund, genannt der Tragegriff, von der der Hund sich nicht umdrehen und packen kann ... diese würde ich mir wohl schnappen und ggf. was rütteln und währenddessen ein ernstes Wort sprechen

  • Treten halte ich in dem Moment für das denkbar Falscheste. Von der Gewaltanwendung mal ganz abgesehen finde ich es auch nicht so clever, sein Gleichgewicht zu gefährden, wenn da gerade der Hund gegen Einen geht |) Wenn die Situation da ist, dann erzieht man in dem Moment nicht, dann gehts darum, eine Eskalation zu vermeiden und die Situation erstmal ohne Verletzungen zu überstehen


    Ich würde mir erstmal genauer anschauen, woher die rückwärtsgerichtete Aggression kommt - wirklich „Übersprung“ in dem Sinn, dass der Hund in der Situation völlig drüber ist und dann wild und hirnlos um sich schnappt, oder ob der Hund tatsächlich versucht, den Halter „zu maßregeln“.


    Im ersten Fall kann man Lernerfolg in der Situation eh vergessen, weil im Hundehirn nichts ankommt. Der Tritt in den Bauch wäre also nicht nur Gewaltanwendung, sondern völlig sinnbefreite und selbstgefährdende Gewaltanwendung. Da muss man lange vorher im Training ansetzen (da gehts ja nicht nur um das Aushalten anderer Hunde, sondern darum, Methoden zur Regulierung von Aufregung zu erarbeiten).


    Wer einen Hund hat, der dazu neigt, weiß das ja in der Regel und hat ihm hoffentlich ein gescheites Geschirr, ggf. + Halsband angezogen, so dass er den Hund packen und möglichst so aus der Situation herausbugsieren kann, dass er nicht verletzt wird.


    Im zweiten Fall gibts hier Leute, die sich deutlich besser auskennen. Da kommts mMn darauf an, welches Standing man hat und wie ernsthaft der Hund ist, ob man das situativ abbrechen kann oder erstmal deeskaliert. Da ist dann schon sehr strikte Arbeit an der Erziehung und Führung angesagt.

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