Erregungskontrolle - das Geheimrezept für den gehorsamen Hund?

  • Wie komme ich auf dieses Thema?

    Eigentlich wurde ich dazu angeregt, als ich heute in diversen Jagdthreads gelesen habe, wo das öfter mal Thema war.

    Da habe ich mir gedacht, dass diese Thematik ziemlich hilfreich sein kann, um gemeinsam mit seinem Hund an bestimmten Baustellen zu arbeiten. Da wäre es doch interessant, hier mal alle Ansichten, Erfahrungen und Fragen zum Thema Erregungskontrolle beim Hund zu bündeln.

    Mit Eregungskontrolle meine ich, zu erkennen, auf welchem Erregungsniveau sich der Hund befindet und dieses regulieren zu können, also den Hund hoch- - und was für die meisten sicher wichtiger ist- auch wieder runterfahren zu können bzw. den Hund dabei anzuleiten, das selbst zu tun.

    Ich würde mich über einen regen Austausch sehr freuen, weil ich persönlich das Thema mega- interessant und sehr facettenreich finde.

  • Für uns war die Verwaltung der Aufregung der Durchbruch. Jede unerwünschte Verhaltensweise resultiert (bei uns) aus einem zu hohen Maß an Aufregung. Egal, ob im Großen oder Kleinen. Ist die Aufregung im Griff, ist er unglaublich einfach zu führen.

    Da der Zwerg aber seeehr gerne nachfragt, sich unfassbar gerne aufregt, einfach nur, weil er kann und gleichzeitig eine SDU hat, die noch nicht optimal eingestellt ist, und halt mit 2,5 Jahren bei einem Retriever auch ab und an noch die Pubertät ein wenig mitspielt (wobei das wirklich zu vernachlässigen ist bei ihm), ist es für uns nicht immer so einfach :sweet: Man merkt allerdings sehr gut, ob er will, aber halt nicht kann (weil z. B. die SDU grad ballert), oder ob er grad sagt: „IcH WiLL mIcH jEtZt AuFrEgEn!!!!!!“

  • Mit Eregungskontrolle meine ich, zu erkennen, auf welchem Erregungsniveau sich der Hund befindet

    Da liebe ich meinen Zwerg ja für, wenn man ihn kennt ist er so unglaublich einfach zu lesen, dass man erkennen kann was er machen wird bevor er dazu ansetzt.


    Bei ihm ist es "ganz einfach" seine rute. Je nachdem wie sie steht, erkennt man bei ihm auf welchem Aufregungs- oder Erregungslevel er ist.


    Beobachtet man dann noch sein Ohrenspiel, erkennt man in welche Richtung es geht


    Erkannt bzw lernen zu lesen hab ich dies einfach durch beobachten im laufe der Zeit.


    Ganz am Anfang, wo er ein hohes Aufregungslevel hatte, hab ich mit ihm gearbeitet, dass er dies auf mich übergibt bzw auf mich richtet. War das Level zb sehr hoch, hab ich mit ihm geübt das er per Berührung dies an mich übergibt und ich ihm weitere Anweisungen gebe. Für den Freilauf haben wir dann später ein Geräusch dazu aufgebaut.


    Wenn da zb ein Hase direkt seinen Weg kreuzt, gibt es von mir die Berührung oder den marker, er gibt an mich ab und erwartet die Reaktion von mir. Bekommt er von mir das Signal das alles gut ist, fährt er runter.

    Das ganze haben wir dann einfach gegenstandsbezogen aufgebaut (unterscheidung halsband und halti)

    Hat er sein halti an und ihn kreuzt ein Hase, Erregung ist im ersten Moment hoch, fährt er selber runter da er weiss das er im halti immer die gleiche Reaktion erhält - er reguliert sich dann selbst


    Hat er ein Halsband an (arbeitsmodus), kennt er die abläufe ebenfalls. Da mussten wir dann daran arbeiten das er sich in der Erregung nicht selbst abschließt sondern so weit runter fährt das er dem task noch nachgeht aber ansprechbar bleibt


    Das einzige wo das beim herunterfahren nicht klappt ist bei seinen hassobjekten. Da muss ich noch über die Berührung gehen. Mittlerweile dauert es da nicht mehr so lange bis er herunterfährt, da hat er echt Schwierigkeiten sich zu regulieren. Da ist auch die einzigen Möglichkeiten ihn schnell aus der Situation zu nehmen

  • Hört sich imteressant an, aber mamches verstehe ich nicht ganz.

    Wie hast du dem Hund gezeigt, dass er sein Aufregungslevel durch Berührung an dich übergibt?

    Warum regelt er sich mit dem Halti selber bzw. anders runter? Wie?

    Wird Lennox jagdlich geführt? Oder welcher Arbeit geht der Hund nach? (Das rein aus Neugier).

  • Und wie hast du erkannt, dass du dann über die Kontrolle der Aufregung gehen solltest?

    Wie schaffst du es, seine Aufregung zu regulieren, schokokekskruemel? Da gibt es ja verschiedene Ansätze.

    Ich selber habe es gar nicht erkannt. Der Zwerg ist unser erster Hund, unsere damalige Trainerin arbeitete ausschließlich mit positiver Verstärkung von erwünschten Verhaltensweisen und dem Ignorieren von unerwünschtem Verhalten. Für mich war das der einzig wahre und richtige Weg, dass es genau null brachte, hielt ich für normal. Er war ja noch ein Welpe, der muss ja alles erst lernen. Dass er vor lauter Aufregung gar nicht lernen konnte, erkannte ich nicht.

    Die Thematik „Aufregung verwalten“ kannte ich bis dahin nur aus dem Forum. Ich verstand diesen Ansatz überhaupt nicht, ich konnte mir nicht einmal ansatzweise vorstellen, wie man die Aufregung regulieren können soll. Dazu kannte ich den Unterschied zwischen tatsächlicher Ruhe und äußerlicher Ruhe, während der Hund innerlich kocht, nicht. Ich wusste nicht einmal, wie ein Hund in der Ruhe überhaupt aussieht. Der Zwerg schlief entweder oder war auf 180.

    Mir wurde schließlich im Forum eine Trainerin empfohlen, die zu uns nach Hause kam und mir sehr lange sehr vieles erklärte. Der Groschen fiel relativ schnell, schwierig war für mich aber, überhaupt zu erkennen, wann der Hund begann, sich aufzuregen. Wie gesagt, bis dahin war dieser Hund im Wachzustand nie ruhig. Regte er sich mal etwas weniger auf, hielt ich das schon für ruhig. Mittlerweile erkenne ich das gut - weil ich nun auch weiß, wie er in Ruhe aussieht und sich verhält.


    Das „Wie“ kann ich dir leider nicht erklären. Nicht, weil dieses Wissen so exklusiv ist oder so schwierig umzusetzen, sondern weil ich es nicht schriftlich in Worte fassen kann. Es ist teilweise ein Druck aufbauen und nehmen, teilweise ein freundliches Ansprechen, teilweise nur ein Blick - es ist einfach ein Gespräch, mal mehr, mal weniger intensiv, mal kürzer, mal länger.

  • schokokekskruemel

    Ich hatte meinen ersten Hund ja lange, ehe diese nur positiv-verstärken - und alles andere ignorieren- Welle so an Fahrt aufnahm und auf dem Dorf ging man zu der Zeit auch nicht in ne Hundeschule.

    Als meine Dsh als Junghund auch öfter steil ging, hab ich mir eben Tipps von Dsh- Haltern geholt, die ich kannte und gut fand.

    Da hiess es als erstes: erlaube ihr nicht, dass sie sich reinsteigert. Das war aber noch mehr intutiv damals.

    Welche Rolle die Erregung bei der Führbarkeit spielt, habe ich verstandesmässig erst so richtig mit meinem langjährigen Ferienhund begriffen. Ein eigentlich sehr weicher, sehr arbeitsfreudiger Labrador- Goldi- Mix. Drinnen quasi unmerkbar, draussen sofort auf 180 mit allem, was dazu gehört: Pöbeln, Ziehen wie Sau, Jagen... Der war draussen fast permanent im Tunnel. Aber für alle Baustellen war bei ihm Erregungskontrolle und ruhiges, konzentriertes Apportieren und Suchen die Lösung.

    Seit der Erfahrung mit Willy halte ich das Thema Erregungskontrolle für einen wesentlichen Schlüssel zum Erfolg.

  • Ich vermute, dass das Geheimrezept zum gehorsamen Hund zwischen den Hundetypen stark variiert.

    Erregungskontrolle mag ein wesentlicher Faktor sein bei kooperativen Jagdhunden, vielen Hütehunden (alles mit viel will-to-please/work), den Deutschen/Belgischen/(...) Schäferhunden.


    Bei anderen Hundetypen sehe ich nicht, wie man über Erregungskontrolle viel ausrichtet.

    Herdenschutzhunde regen sich von Natur aus nicht unnötig auf, die laufen ja eigentlich auf dem Erregungslevel -2, springen blitzschnell auf +100 und dann genauso blitzschnell auf -2 zurück. Ich glaub nicht, dass man da groß versuchen braucht, den Erregungslevel als solches zu kontrollieren.

    Bei unserem Berner Sennenhund früher, den ich als sehr rassetypisch empfand, war ein "Überdrehen" quasi ausgeschlossen. Erregungslevel kein Problem.

    So, wie ich Rottweiler vor 2-3 Jahrzehnten kennengelernt habe (das mag inzwischen sehr anders sein), gab es auch bei diesen Hunden kein "Reinsteigern" in Erregung. Also, kein unnötiges zumindest. ;)

    Die Rassenliste lässt sich fortsetzen.


    Mit Eregungskontrolle meine ich, zu erkennen, auf welchem Erregungsniveau sich der Hund befindet und dieses regulieren zu können, also den Hund hoch- - und was für die meisten sicher wichtiger ist- auch wieder runterfahren zu können bzw. den Hund dabei anzuleiten, das selbst zu tun.

    Das find ich gut, dass du das sagst. Mir fehlt in den Diskussionen zu dem Thema oft das "absichtliche Hochfahren". Einerseits ist das logisch, weil die Leute, die sich um Erregungskontrolle/Impulskontrolle Sorgen machen, keine Probleme damit haben, ihren Hund hochzuputschen. Einmal Ball schmeißen reicht, oder so.

    Andererseits werden in den Diskussionen das Runterfahren und konditionierte Entspannen deshalb so dermaßen betont, dass ich beim Lesen der Diskussion oft das Gefühl bekomme "arme Hunde. geht nur noch darum, die ruhig zu stellen".

    Also, mir ist schon klar, dass das bei den meisten Leuten nicht so ist und dass es nicht so gemeint ist.

    Trotzdem lesen sich manche "wie-bringe-ich-meinem-Hund-Impulskontrolle-bei"-Berichte (so quer durchs Internet) wie Anleitungen zum Deckeln absolut allen Verhaltens, bei dem der Hund womöglich ... lebhaft wirken könnte. :D Gemeinsames Sau-rauslassen: Absolutes Tabu. Spielen: Nur und ausschließlich ruhige Nasenspiele. Bälle sind böse, immer. Jeder Hund wird ein Balljunkie, ein Süchtiger. Ein Süchtiger! Willst du das? JEDES Aufregen des Hundes ist schlecht. Usw.


    Ich vermisse wirklich die Berichte, wie Leute das Hoch- und Runterfahren beides üben. Also z. B. sowas: "Wir zergeln im Moment sehr viel und ich hab festgestellt, ich kann ihn richtig heißmachen, wenn ich dabei quietsche, dann fängt er mit Spielknurren an und schüttelt den Zergel, was das Zeug hält. Und wenn ich dann körperlich ruhig und passiv werde (und xyz mache), dann fährt er wieder runter und schmeißt sich hin und das Zergeln geht im Liegen weiter, eigentlich kaut er dann nur noch drauf rum ..."


    Es gibt immer mal Hunde, wo der Mensch dauernd Bremsklotz sein muss und nie Anheizer sein darf. Hunde mit Vorgeschichte.

    Aber der Normalfall sollte das nicht sein.

    Mich wundert wirklich, dass sich hier im Forum gefühlt die Hilfesuchenden mit ihren überdrehten, völlig zerstressten Hunden häufen.

    Nimmt die Zahl der überdrehten Hunde zu?

    Oder wird nur mehr drüber geredet als früher?

    Oder bilde ich mir das überhaupt nur ein?

  • Filz - die Hütis sind seit einiger Zeit in Mode (der Einfachheit halber nehme ich da auch ursprünglich bzw. früher zum Gebrauch an der Herde genutzten Rassen wie DSH oder Mali mit rein), die Jagdis sowieso (Viszla, Beagles, jaghundartige Auslandsmixe, Weimaraner sieht man finde ich auch fast so viele wie die Klassiker wir den Labi oder GR). Was im Trend liegt wird eben oft gekauft und verursacht dann das Chaos, wenn man was anderes erwartet hatte. Vermute ich zumindest mal.

  • Hier im Revier trifft man überwiegend Kleinhunde, und da habe ich manchmal das Gefühl, es ist ein Geschäftsmodell der nahen Hundeschule, jede Lebensregung als "überdreht" und folglich therapiebedürftig zu verkaufen.


    Ein ganz normaler Westiewelpe zum Beispiel wurde von seiner Besitzerin ständig aus jeder Aktivität rausgerissen, damit er nicht überdreht, und das so lange, bis her beim Spielverderben nach ihr biß. Dann durfte er nicht mehr von der Leine, und es war ein Dauergejammer, dass dieser Hund ja so viel zu wild sei und nie zur Ruhe käme. Mit meinem Jungterrier durften einige dieser Kanidaten eh nicht spielen, weil wirklich jede fröhliche Rennerei "hyperaktiv" war.


    Nur eine kleine Momentaufnahme, und ich will hier keinsfalls dem dauernden Aufdrehen von Hunden das Wort reden - aber manchmal frage ich mich schon, ob die nicht auch oft so überdreht sind, weil sie nirgendwo mehr Hund sein und auch mal über die Stränge schlagen dürfen. Irgendwo muß das angeborene Temperament ja nun mal hin.


    Ruhe halte, konzentrieren und nicht ausflippen ist ja für einen Terrier auch sowas wie ein Lebensthema, aber bei uns klappt das immer am besten, wenn der Hund zwischendurch auch mal richtig aufdrehen darf. Nicht dauernd, aber ab und zu mal. Desto besser klappt das dann auch mit dem Runterfahren.

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