Der "gefährliche" Hund Teil 2

  • Den oben zitierten Passus kenne ich aus unserer TH-Verordnung. Da beschreibt er Richtlinien zum Umgang mit entsprechenden TH-Tieren - das hat allerdings nichts mit dem geltenden Gesetz für TÄ zu tun.


    Aber grundsätzlich hast du schon Recht: Wenn man "darf" als absolute Rechtssicherheit versteht, dann darf ein TA nur nach entsprechenden Gutachten euthanasieren. Weil ohne kann er nunmal nicht zweifelsfrei beweisen, dass es einen "vernünftigen Grund" gab.

    Nichtsdestotrotz ist es nicht prinzipiell verboten (im Sinne von: zieht in jedem Fall eine Strafe nach sich), ein Tier auch ohne entsprechendes Gutachten zu euthanasieren.


    Edit: Das eine ist halt, dass der Gesetzgeber TÄ grundsätzlich die Möglichkeit einräumt, ein Tier (auch ohne Gutachten) zu euthanasieren. Das andere ist, dass der TA, wenn er diese Möglichkeit nutzt, in eine Nachweispflicht gerät, die er ohne entsprechende Gutachten in den seltensten Fällen zweifelsfrei erbringen kann. Theorie vs. Praxis halt...

  • Edit: Das eine ist halt, dass der Gesetzgeber TÄ grundsätzlich die Möglichkeit einräumt, ein Tier (auch ohne Gutachten) zu euthanasieren. Das andere ist, dass der TA, wenn er diese Möglichkeit nutzt, in eine Nachweispflicht gerät, die er ohne entsprechende Gutachten in den seltensten Fällen zweifelsfrei erbringen kann. Theorie vs. Praxis halt...

    Danke, genauso ist es korrekter als von mir formuliert. Die entsprechenden Urteile zeigen, dass dokumentierte Bissverletzung, auch die der Tiermediziner: innen selbst, sich im Verfahren als nicht ausreichend dargestellt haben.

  • Hier nochmal eine Veröffentlichung im Thieme Verlag (neben dem Positionspapier der tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz)


    Zitat

    Eine Euthanasie kommt somit nur als Ultima Ratio in Betracht, wenn die Aggressivität auf eine schwere Verhaltensstörung zurückzuführen ist, eine Therapie aussichtslos oder unzumutbar ist und die von dem nicht therapierbaren Hund ausgehende Gefahr als groß zu bewerten ist. Alle diese Voraussetzungen müssen vorher durch einen unabhängigen Sachverständigen festgestellt worden sein.

    Selbst wenn am Ende ein unabhängiger Sachverständiger die Voraussetzungen für eine Euthanasie bejahen sollte, muss vorrangig der Versuch der Übergabe des Tieres an eine Vereinigung, Institution oder Person unternommen werden, die die Gewähr für eine art- und bedürfnisangemessene und zugleich die Gefahren beherrschende Haltung des Tieres bietet, vgl. Hirt/Maisack/Moritz/Felde TierSchG, § 17, Rn. 77.


    Mögliche Konsequenzen

    Die Hürden für eine gesetzeskonforme Euthanasie eines aggressiven Tieres sind aufgrund der vorangestellten Prüfungsschritte für den Tierarzt hoch angesetzt. Zudem sollte immer bedacht werden, dass die Tötung eines Tieres ohne vernünftigen Grund eine Straftat darstellt. Im schlimmsten Fall droht neben der strafrechtlichen Verurteilung die Einleitung eines berufsgerichtlichen Verfahrens und/oder der Widerruf der Approbation.


    https://vet.thieme.de/team-pra…gressiven-verhaltens-1215

  • Ja, das sind die Empfehlungen, wie der handelnde Tierarzt sich größtmögliche Rechtssicherheit verschaffen kann. Was anderes als striktestmögliche Auslegung ist seitens rechtlicher Beratung auch nicht zu erwarten bzw. wäre fahrlässig. Ist aber nicht gleichzusetzen mit einer rechtlichen Anordnung. Ggf. greift das neue Tierschutzgesetz - so es denn irgendwann mal kommen mag - das noch einmal auf. Aber bis dahin fehlt die rechtliche Klarheit.

  • Was für mich die eigentliche Implikation dabei ist: Dadurch, dass es kein klar definiertes Verbot gibt, gibts auch nicht den klaren Auftrag an den Gesetzgeber, rechtlich eindeutig zu regeln, wer denn unter welchen Voraussetzungen darf (und damit auch in der Pflicht steht), eine verhaltensbedingte Tötung auf Wunsch des Halters anzuordnen. Die Frage wird dadurch als Einzelfallbetrachtung komplett im Verantwortungsbereich von Tierarzt und Halter belassen. Was einerseits irgendwie logisch ist. Es sorgt andererseits aber auch dafür, dass der Halter eines gefährlichen Hunds, für den es keine Tötungsanordnung von Amts wegen gibt, keine Klarheit hat, was er tun muss, um sein Tier rechtssicher einschläfern lassen zu können. Abgesehen davon, dass er sich an einen Tierarzt wenden muss.


    Und für den Tierarzt, wie Du schreibst, Sicherheit nur hergestellt wird, wenn es ein Gutachten gibt (bzw. 100% eigentlich nur bei einer Anordnung von Amts wegen, ein Gutachten könnte auch im Nachhinein auf dem Rechtsweg noch zerpflückt werden. Und es regelt nicht die Frage, ob der Halter alle ihm zumutbare Möglichkeiten ausgeschöpft hat, das Tier anderweitig unterzubringen - und wie sollte ein Tierarzt das letztlich auch prüfen?)


    Die Anordnung wird aber aus Sicht der Gefahrenabwehr zumindest in den mir bekannten Fällen erst - und auch dann nicht immer - erteilt wird, wenn der Hund bereits als eindeutig gefährlich bekannt ist. Kennt jemand eine Konstellation, bei der eine Anordnung auf Verlangen des Halters hin erteilt wurde? Wir hatten die Diskussion im Forum irgendwann mal in recht abstruser Form, da kam aber nichts bei raus.


    Eine Anordnung aus Sicht des Tierwohls wiederum gibts üblicherweise in den Fällen, in denen das Tier sichtbar leidet, der Halter aber nicht in die Tötung einwilligt. Übrigens hat der Tierarzt auch bei gesundheitsbedingten Einschläferungen diese rechtliche Grauzone und kann in die Nachweispflicht geraten, ob er sie tatsächlich als Ultima Ratio genutzt hat.

  • Hinfallen, stolpern etc. ist bei Hunden mit übersteigertem, fehlgeleitetem Beutefangverhalten ein klassischer Auslöser. Gibt auch ein paar Videos bei SinL. Und nein, das betrifft nicht nur diese Bullies, kommt auch öfter bei z.B. Rottweilern und Dobermännern vor.

  • Heute Morgen kam die Klarstellung des Bundesinnenministeriums zur Einfuhr von XL Bullies aus dem Ausland über die Landesministerien in die Ordnungsbehörden.

    Das BMI legt ganz klar fest, dass ein Import der XL Bullies einen Verstoß gegen Par. 2 I HundVerbrEinfG darstellt. Zitat: „Für den Begriff der „Kreuzungen“ im HundVerbrEinfG bedeutet dies, dass ein Hund der einen Genanteil (wie hoch auch immer dieser sein mag) der in dem Gesetz ausgewiesenen Rassen aufweist, ebenfalls unter dieses Gesetz zu subsumieren ist.“

    Bezug genommen wird auf den Beschluss des BVerwG vom 22.12.2004 (Az: 10 B 21.04).

  • Heute Morgen kam die Klarstellung des Bundesinnenministeriums zur Einfuhr von XL Bullies aus dem Ausland über die Landesministerien in die Ordnungsbehörden.

    Das BMI legt ganz klar fest, dass ein Import der XL Bullies einen Verstoß gegen Par. 2 I HundVerbrEinfG darstellt. Zitat: „Für den Begriff der „Kreuzungen“ im HundVerbrEinfG bedeutet dies, dass ein Hund der einen Genanteil (wie hoch auch immer dieser sein mag) der in dem Gesetz ausgewiesenen Rassen aufweist, ebenfalls unter dieses Gesetz zu subsumieren ist.“

    Bezug genommen wird auf den Beschluss des BVerwG vom 22.12.2004 (Az: 10 B 21.04).

    Hast du irgendwie einen Link dazu? Finde es aktuell nicht und verstehe deinen Beitrag so nicht, ist mir zu juristisch und verkürzt.

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