Selbsteinschätzung und Objektivität bei Hundehaltern
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Ein Thema, das mir schon lange im Kopf umgeht, das nach dem gestrigen Tag aber aktueller denn je ist.
Nach den Reaktionen frage ich mich nämlich, fällt es Hundehaltern wirklich so schwer, sich und ihren Hund objektiv einzuschätzen oder warum wird bei berechtigter objektiver und konstruktiver Kritik sofort eine Ausrede gesucht oder beleidigt reagiert?Wir haben gestern auf der Zuchtschau ein "g" bekommen. Gerechtfertig. Klar hatten wir gehofft, mit Training und Präsemtation könnten wir noch das SG erreichen, aber es war uns bewusst, dass es eventuell dennoch nicht reichen wird und hat es eben nicht. Von allen Seiten kommen dann Erklärungsversuche, es wird auf den Richter geschimpft, es werden emotionale Trostworte á la "für dich ist er eh der Schönste gesucht und noch eine ganze Menge mehr eigenartiger Aktionen gestartet.
Die Erklärung für die Wertung ist einfach: Mein Hund hat gemäß Rassestandard einen körperlichen Mangel. Einen der ihn nicht behindert und der in Alltag und Gebrauch keinen Einfluss nimmt, der aber unbestreitbar da ist und den ich sehe.
Wieso sollte ich also beleidigt sein, wenn der Richter den auch sieht?
Und nein, er ist nicht der Schönste für mich, mir fallen aus dem Stegreif ein dutzend Hunde ein (u.a. Ekko) die ich deutlich schöner finde und wenn wir vom persönlichen Geschmack Richtung "näher am Standard" gehen, verdoppelt sich die Zahl nochmal mit Leichtigkeit.Wieso brauchen so viele Hundehalter das, dass man den eigenen Hund nicht einfach objektiv einordnet, sondern in allen Belangen emotional überhöht?
Ich kann es ja noch ansatzweise nachvollziehen, wenn die Leute bei berechtigter Kritik an Ausbildung und Erziehung verstimmt reagieren, denn da wird im Grunde direkt ihre Leistung kritisiert. Aber wieso schafft man es nicht zu erkennen, dass der eigene Hund zu groß, falsch gewinkelt, rasseuntypisch gefärbt, oder oder oder ist bzw. reagiert verstimmt bis aggressiv darauf, wenn es jemand - den man in der Regel gefragt hat - anmerkt?
Hat man Angst, dass der eigene Hund als "minderwertig" (das wort viel durchaus in dem Zusammenhang, ist also keine Unterstellung meinerseits) angesehen wird? Oder brauchen es immer mehr Leute emotional, dass sie sich mit Hilfe der Besonderheit und Perfektion ihres Hundes gut fühen?
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Hmm ich erkläre mir das so, dass es für viele Leute wie bei Kindern ist. Bei den eigenen Kindern können viele Leute auch nicht objektiv bleiben und sehen auch nicht die
Fehler
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Ich glaub erstmal muss man wissen was überhaupt "richtig gewinkelt" usw. ist. Da spielen ja auch wieder alle möglichen Faktoren mit rein. Was man persönlich mag, wie es im Rassestandard steht und wie es andere sehen.
Ich erlebe es oft bei Leuten die häufig gute Bewertungen bekommen und dann mal eine schlechtere, dass dann gern geschimpft wird, anstatt mal zu überlegen ob an der Bewertung vielleicht wirklich was dran ist.
Mir ging es im ersten Moment, als Leo sein letztes SG bekam auch so, dass ich erstmal enttäuscht war, weil für mich Leo natürlich einer der schönsten Curlies überhaupt ist. Aber wenn man objektiv drüber nachdenkt, hat die Richterin die sehr viel Erfahrung mit Curlies hat, auf jeden Fall recht mit ihrer Beurteilung gehabt.
Was ich auch noch bei mir feststelle, dass ich Merkmale von Leo bei anderen Hunden suche und wenn sie da nicht sind, gefällt mir der Hund automatisch nicht mehr so gut. Er ist ja mein erster Curly, der prägt einfach, genauso wie mein erster Hund geprägt hat, was Optik angeht, aber das war halt eine Mischlingshündin, da ist Vergleichbarkeit sowieso wenig gegeben.
Ekko ist aber nicht dein erster Schäfi, oder?Jedenfalls mache ich die gleiche Feststellung wie du, dass die meisten nur schlecht über ihre Hunde objektiv reden können, deshalb halte ich mich auch sehr zurück mit irgendwelchen Kritiken. Finde es aber sehr schade, dass man darüber nicht offener reden kann.
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Ich find's ganz normal, dass man (oder eben viele) da nicht (so ganz) objektiv sein können.
Ja, vielleicht so bisschen wie bei Kindern - das eigene ist das Schönste, Schlauste, Süßeste, Tollste. Einfach das Beste eben.
Und selbst wenn man weiß, es gibt vielleicht doch ein bisschen schlauere oder welche, die dies besser können, jenes besser können - das eigene ist und bleibt halt trotzdem das Beste.Also mir fällt das sehr schwer, bei Mia objektiv zu bleiben. Mein Mausepupskind - wer schlecht über sie redet, hat direkt verschissen.
Ich wüsste aber auch gar nicht, warum ich da groß objektiv sein sollte. Also das ist auch nicht mein Ziel. Ich kann gut damit leben, den Hund mit dem süßesten Blick, mit dem tollsten Charakter und niedlichsten Eigenarten hier sitzen zu haben.Was ich aber nicht verstehe ist, warum man sich bewusst der Kritik anderer aussetzt und DANN beleidigt reagiert, wenn was nicht so Tolles kommt. Also zB eben auf Shows, Prüfungen usw. Ich meine, dann ist doch klar, dass da bewertet wird und nicht jeder der Beste sein kann.
Ich weiß nicht, ob ich da Lust drauf hätte... vielleicht würde ich's dann schaffen, da drüber zu stehen (und das Ganze einfach vernünftig zu betrachten) - aber wenn ich mir da jede negativ angehauchte Sache zu Herzen nehmen würde, ne. Dann sollte man es halt vielleicht lieber sein lassen und für sich mit seinem Hund glücklich sein.
Also da versteh ich, was du meinst. Kapier ich auch nicht, warum Leute bei so was mitmachen, um dann beleidigte Leberwurst zu spielen, wenn negative Kritik kommt.Warum man zwingend Bestätigung von außen braucht bzgl. des Hundes (und dann entsprechend reagiert, wenn die nicht immer kommt), kann ich auch nicht nachvollziehen.
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Unsere ganze D-Welt ist auf Optimierung und Perfektheit trainiert.
Ein Makel?- Ach, wie schrecklich! Oder: Ach wie lustig. Guck mal den Looser...
Vermutlich fällt auch in den Shows der Hundewelt eine nicht so gute Bewertung auf den Hundehalter zurück und dessen Ego ist angekratzt. Aus seiner Sicht, versteht sich.
Er muss den Hund verteidigen, den Richter schlecht reden, etc.
Man geht hin, um den schönsten Hund zu zeigen und damit auch ein erfolgreiches Herrchen/Frauchen.
Natürlich total unreif.LG, Friederike
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Ist das jetzt nur auf Rassehunde bezogen?
Auf Ausstellungen?Denn ich für meinen Teil zumindest finde nicht, dass unsere Hündin 'die beste, tollste, schlauste, hübscheste' überhaupt ist.
Ich bin dafür aber auch einfach nicht der Typ und finde es immer eher anstrengend, wenn Leute mit dem Satz kommen: "Aber natürlich ist sie die tollste, beste... etc. für mich."Und wenn es NICHT so ist - was wäre denn schlimm daran.
Man mag' sie ja trotzdem und kann sie ja am liebsten haben.Ich bin ja dem Ausstellungswesen recht fremd, aber z.B. eine Freundin hat einen Hund, der wohl perfekt dem Rassestandart entspricht und wirklich alles abgeräumt hat, immer nur V-Bewertungen bekommt und da ist dann V3 schon 'schlecht'.
Ich denke, in allem, wo man sich misst, ist man auch enttäuscht, wenn man nicht so gut wegkommt, wie insgeheim erhofft.
Und seinen Hund, für dessen Aussehen man zwar überhaupt nichts 'getan' hat(außer die Stellungen trainieren und der Pflegezustand) - ist dann eben das, was man 'herzeigt' - gehört aber 'einem selbst' - und demnach nimmt es wieder persönlich, was da herauskommt an Bewertung.
Ist für mich nur menschlich... .Aber wie gesagt - wenn man im Ausstellungswesen drinsteckt, sieht man vermutlich viel mehr die Auswüchse, die sowas haben kann.
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Bzgl. Ausstellung:
Ich kann bisher jeden Richterbericht zu meinen Hunden unterschreiben - bis auf einen. Die Berichte passen perfekt. Bewertet wurde mit SG und G (keiner meiner Hunde ist ein V-Hund, Fou koennte es u.U. je nach Richter sein, ist es aber mAn nicht). Sie alle haben Maengel die sie mAn aus dem.V raushauen. Stoert mich aber nicht wirklich. Fuer mich gibts wichtigeres als einen Hund der auf ne Ausstellung abraeumt
Tja und dann gibt es diesen einen Bericht und der ist einfach nur falsch und meine Meinung zu dem Richter und seiner Arbeit verkneife ich mir an dieser Stelle -
Aber wieso schafft man es nicht zu erkennen, dass der eigene Hund zu groß, falsch gewinkelt, rasseuntypisch gefärbt, oder oder oder ist bzw. reagiert verstimmt bis aggressiv darauf, wenn es jemand - den man in der Regel gefragt hat - anmerkt?
Eine Antwort auf deine Frage habe ich leider nicht, nur eine unreife Theorie, allerdings kenne ich das Phänomen der gewünschten Antwort im Bezug auf den eigenen Hund auch. Sowohl als Antwortgeber als auch als Fragesteller. (
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Ganz oft sehe ich Hunde, die ich unschön finde. Das sind sicher traumhaft nette Tiere, aber optisch gefallen sie mir gar nicht. Aber wenn ich gefragt werde, dann antworte ich ausweichend - denn die Aussage: »Leider gefällt mir der (dein) Hund optisch gar nicht« will eben doch keiner hören. Egal wie durchtrittig, überbaut, schief und schepps der Hund ist.
Mit der Aussage schön oder unschön bewerte ich einen Hund, auch wenn ich nur seine Optik bewerte. Und bei einer Bewertung gibt es immer etwas besseres und etwas schlechteres. Da wir in einer Leistungsgesellschaft leben, in der nur die Gewinner zählen, ist es nachvollziehbar, dass niemand zu den Verlierern zählen will. Unsere Gesellschaft ist darüber hinaus extrem auf die Optik fixiert - Menschen, die dem allgemeinen Schönheitsideal nahe kommen, haben es leichter. Ob dumm wie Brot oder schlau wie Einstein, sie müssen damit leben, dass sie zu allererst schön sind. Oder nicht so schön.
Auf Ausstellungen gewinnt der "schönste" Hund - oder jedenfalls der, der am ehesten im Standart steht. Aber da es ein Wettbewerb ist, gibt es Verlierer. Und die meisten von uns wollen nicht verlieren, schon gar nicht im Rahmen ihres Aussehens ...
... sie können es nicht einmal in harmlosen Brettspielen. Wie sollten sie dann verlieren können, wenn es um die bahnbrechend wichtige Schönheit (immerhin tatsächlich das erste Attribut, auf das gemeinhin geschaut wird) des eigenen Hunde-Herzblattes geht?
Und wenn man zugibt, dass der eigene Hund Mängel hat, dann zählt man sich ja direkt freiwillig zu den Verlierern (und beweist vielleicht auch seine Liebe zum Tier nicht genug). Es ist also leichter den Fehler bei anderen zu suchen, als bei einem selbst.
Erlebe ich auch im Beruf immer gerne - die Aufgaben waren viel zu schwer, wenn man sie nicht konnte. Bewahre, dass es daran liegen könnte nicht ausreichend vorbereitet gewesen zu sein. Schuld sind in der Regel die Anderen. *g*
Soviel zur Kaffeetassenpsychologie.
Aber nun ja ... ich höre auch nicht gerne, wenn jemand meinen Hund hässlich findet. Allerdings kann ich trotzdem gut damit leben. Ist ja auch meine Specknackenprinzessin. Da sowieso jeder zweite Boxer/Kurze Nasen grenwertig hässlich findet, legt man sich dahingehend vielleicht auch dickes Fell zu.
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Gerade wenn Emotionen im Spiel sind, gibt es doch häufig eine große Diskrepanz zwischen Eigen- und Fremdwahrnehmung:
Der Narzist hält sich für den tollsten Menschen unter der Sonne, ist in Wirklichkeit aber das größte A****, das rumläuft. Dagegen stellen viele Menschen, die im Leben wirklich viel erreicht haben, regelmäßig ihr Licht unter den Scheffel. Bei manchen Elterngesprächen habe ich mich schon gefragt, ob wir über das gleiche Kind reden?!
Hunde sind für viele Halter heute eben soviel mehr als "nur" Hunde. Da ist man dann schon schnell "angefasst" wenn ein Urteil mal nicht so ausfällt, wie man sich das wünscht. Besonders wenn man selbst eigentlich sehr viel Ahnung von der Thematik hat, und da einfach zwei unterschiedliche Meinungen/Sichtweisen aufeinander prallen.
Ich erinnere mich, wie ich vor einem guten Jahr voller Stolz mit meinem super gehorsamen, gut erzogenen Newton zu einem Ausbilder des DRC gefahren bin. Grundgehorsam war fertig, ich wollte ins Dummy einsteigen... Joah, Ergebnis: Für die Arbeit nicht brauchbar. Top! Jetzt machen wir das halt just for fun. Hat aber lange gebraucht, bis ich das "ok" fand...
Und ich kann mir auch vorstellen, wenn jetzt halt jemand mit der minimalen Erwartung eines V1 zur Ausstellung fährt und sich zusätzlich eventuell noch ein BoB erwartet, ja, der ist halt dann schon enttäuscht, wenn dem dann nicht so ist.
Finde ich jetzt insgesamt alles nicht verwerflich.
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Ich meine, ich könnte bei Emma auch nicht objektiv sein
Mir fällt auch momentan echt nichts ein, was mir an ihr nicht gefällt. Beim Formwert hat sie ja auch bereits ein Vorzüglich bekommen.
Ausgestellt habe ich sie noch nicht, wollte aber nächstes Jahr mal den Versuch wagen. Dieses Wochenende war ich ja bei einer Ausstellung und mir ist immer wieder durch den Kopf gegangen, wie angepisst ich wäre, wenn Emma nicht mindestens ein V1 bekommen würde
Mir wird aber auch ständig von allen Seiten gesagt, wie hübsch Emma wäre und jeder sagt mir ständig, ich solle sie doch mal ausstellen. Vielleicht kommt's daher.
Vermutlich würde ich dem Richter auch mangelnde Kompetenz unterstellen
Oder was ja auch immer gerne gesagt wird: der Richter habe eine Vorliebe für Farbe AB, aber mein Hund hat ja nun Farbe XY, das kann er ja nicht objektiv sein - Vor einem Moment
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