Qualzuchten V
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Hier sollte man sich nochmal vor Augen führen, dass der Gesetzesentwurf nicht auf Hunde spezifiziert ist. Somit auch nicht das Kriterium der „Verringerung der Lebenserwartung.“ Und das sämtliche der gelisteten potenziellen Qualzuchtmerkmale gemäß Entwurfstext explizit in Verbindung mit dem §11b (1) 1. zu lesen und verstehen sind. Ich zitiere mal vollständig:
„(1) Es ist verboten, Wirbeltiere zu züchten oder durch biotechnische Maßnahmen zu verändern, soweit im Falle der Züchtung züchterische Erkenntnisse oder im Falle der Veränderung Erkenntnisse, die Veränderungen durch biotechnische Maßnahmen betreffen, erwarten lassen, dass als Folge Zucht oder Veränderung
1. bei der Nachzucht, den biotechnisch veränderten Tieren selbst oder deren Nachkommen erblich bedingt Körperteile oder Organe für den artgemäßen Gebrauch fehlen oder untauglich oder umgestaltet sind und hierdurch Leiden, Schmerzen oder Schäden auftreten oder
2.
a) mit Leiden verbunden erblich bedingte Verhaltensstörungen auftreten
b) jeder artgemäße Kontakt mit Artgenossen bei ihnen selbst oder einem Artgenossen zu Schmerzen oder zu vermeidbaren Schäden führt oder
c) die Haltung nur unter Schmerzen oder vermeidbaren Leiden möglich ist oder zu Schmerzen führt.“
Es geht also explizit um durch Zucht oder Eingriffe erzeugte Defekte an Organen oder Körperteilen, die dazu führen, dass dieses Körperteil seine Arbeit nicht mehr richtig tun kann. Da falle ich vom Wortlaut her mit meiner Pudeldame von vorneherein weit deutlicher drunter als der Vertreter einer größeren und kürzer lebenden Rasse. Solange die Verringerung der Lebenserwartung nicht auf einen (ggf. mit der Veränderung der Größe einhergehenden) körperlichen Defekt.
Ich kenne mich mit den verschiedenen Tierrassen in der Nutztierhaltung nicht besonders gut aus und auch nicht bei anderen Haustierrassen als Hunden. Daher weiß ich nicht ganz genau (wiewohl schon öfter „gehört“, dass ja), ob es das gibt, dass um des „Ertrags“ willen oder wegen einer ganz besonderen Optik (bei Hund, Katze, Maus, Hamster, Fisch, Kaninchen …) Tiere gezüchtet werden, bei denen absehbar ist, dass sie wegen der Veränderungen durch Zucht deutlich frühzeitiger sterben werden, als es für die Art an sich üblich wäre.
Aber ich halte es weiß Gott nicht - leider nicht !!! - für unvorstellbar. Und finde es deshalb alles andere als doof, dieses Merkmal in einen Gesetzesentwurf mit aufzunehmen. Seit Jahren wird gefordert, dass Tierschutz als im Grundgesetz verankertes Staatsziel (endlich) mal wenigstens im Ansatz ernst genommen wird. Und wenn man es wirklich ernst nehmen wollte, ist auch dieser Gesetzesentwurf nicht viel mehr als ein laues Lüftchen, ehrlich gesagt. Aber es ist schon einmal ein Schritt. Und dass auch ein kleiner Schritt nicht ohne Beschneidungen von bisher geduldeten oder erlaubten Vorgehensweisen geht, das verwundert doch eigentlich nicht wirklich.
Dass das dann in der Umsetzung massiv Fragen aufwirft, die zum gegenwärtigen Stand nicht beantwortet werden können, ist unschön. Dass die Umsetzung erstmal pauschal an die zuständigen Behörden gegeben wird ohne dass wenigstens schon einmal angemerkt wird, dass es hierzu weitere Verordnungen geben wird (man weiß es also nicht), das ist unbefriedigend. Logischerweise. Aber relativ üblich für den Gesetzgebungsprozess.
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Aber es wird doch bei Berner und Dogge und Co BEWUSST auf Masse und Größe und Riesenwuchs gezüchtet, oder nicht?
Und damit einhergehend die Problematiken ...
Ist damit nicht der "Tatbestand" der QZ irgendwo erfüllt?Eben nicht. Nur wenn du nachweisen kannst, dass die Hunde unter der Größe und Masse direkt oder indirekt leiden. Ein direkter Zusammenhang kann maximal bei der Masse, wenn es wirklich zu viel wird, angenommen werden, müsste man sich mal genauer anschauen. Aber kein Hund leidet unter seiner Größe.
Beim indirekten Zusammenhang ist die Frage ob die Krankheiten an denen die Hunde dann tatsächlich sterben (und davor darunter leiden) tatsächlich durch Größe oder Masse verursacht werden. Und zumindest bei der Größe dürfte es wieder ziemlich schlecht aussehen, es gibt ja mehr als genug Rassen in Berner- bis Doggengröße (Vorsteher, Windhunde usw.) gibt die ziemlich gesund und leistungsfähig sind.
Und auch die Ableitung vom Wolf als Urtyp funktioniert hier nicht, denn der Grauwolf bewegt sich ja eben genau in diesem Größenbereich. -
Aber es wird doch bei Berner und Dogge und Co BEWUSST auf Masse und Größe und Riesenwuchs gezüchtet, oder nicht?
Und damit einhergehend die Problematiken ...
Ist damit nicht der "Tatbestand" der QZ irgendwo erfüllt?
Ich meine weiter vorn ging es um einen Doggenzüchter der eben bewusst kleinere Exemplare hervorbringt weil die tatsächlich weniger krank sind (anekdotische Evidenz soweit, I know, natürlich müsste man schauen inwieweit es wirklich mit der Größe korreliert)
Allein dass ein Berner vom Jungalter direkt in die Arthrosephase kommt... sicher wünscht sich das kein Besitzer oder Züchter bewusst, aber die Größe bzw Masse wünscht er sich wiederum schon und die ist doch für das schnelle altern des gesamten Bewegungsapparates mindestens(!) mitverantwortlich?
Ein Frenchie Züchter wünscht sich (Achtung, überspitzt) auch keinen Erstickungsanfall bei seinem Hund, aber die Platte Nase die darfs bitte sein.
Ansonsten stimme ich zu, nur die geringere Lebenserwartung heranzuziehen find ich selbstverständlich auch nicht zielführend. Das wurde hier ja schon sehr gut erläutert warum dem so ist.
Eben das
Bei der Deutschen Dogge ist es gewollt dass sie besonders groß werden...
Beim Bernhardiner züchtet man auf Übergröße und zu hohes Gewicht...
American Bullys sollen möglichst massiv sein...
Bei der Bordeauxdogge hat man zusätzlich zur Körpermasse noch die Brachyzephalie...
Durch sämtliche Molosser Rassen zieht es sich dass das Gewicht entsprechend Auswirkungen auf den Bewegungsapperat hat...
Oder bspw auch wenn ich da an Neufundländer oder Leonberger denke... Da werden einige auch echt groß/massig und bekommen entsprechend Probleme...
Englische Bulldoggen sind davon ab dass der ganze Körper ein Totalschaden ist ebenfalls viel zu massig...
Bassets sind ebenfalls arg schwerfällig gebaut für die Größe Hund...
Bei größeren Windhunden weiß ich nicht was ich mir da für ne Meinung bilden soll, da sind zwar einige sehr groß aber eben deutlich leichter gebaut in Verhältnis zur Größe.
Wenn ich bspw an Berner Sennenhunde denke...
Da gibt's bestimmt Zuchten die die Hunde massiger züchten, mAn hocken die aber einfach in der Scheiße ohne dass es gewollt ist.
Beim Russischen Terrier sehe ich die XXL Vertreter ( bestimmte Rüden ) auch kritisch, die meisten Vertreter allerdings unterscheiden sich von den Maßen nicht großartig von Riesenschnauzern. Wobei bei den Riesen es auch die ein oder anderen 60 kg Rüden gibt... Aber das is eben nicht die Regel und sollte es auch nicht werden.
Sprich es geht nicht einzig und allein un die Lebenserwartung, sondern um bestimmte Merkmale die gewollt sind und deshalb eine Rasse krank machen ( wo eben Übergröße und zu hohes Gewicht eben definitiv drunter fallen ).
Bzgl der Frage wo da der Cavalier einzuordnen ist : Dort ist es doch gewollt dass die Köpfe klein und rund gezüchtet werden, deshalb hat das Gehirn zu wenig Platz und diese Rasse eine hohe Anfälligkeit für Syringomyelie.
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Ich kenne mich mit den verschiedenen Tierrassen in der Nutztierhaltung nicht besonders gut aus und auch nicht bei anderen Haustierrassen als Hunden. Daher weiß ich nicht ganz genau (wiewohl schon öfter „gehört“, dass ja), ob es das gibt, dass um des „Ertrags“ willen oder wegen einer ganz besonderen Optik (bei Hund, Katze, Maus, Hamster, Fisch, Kaninchen …) Tiere gezüchtet werden, bei denen absehbar ist, dass sie wegen der Veränderungen durch Zucht deutlich frühzeitiger sterben werden, als es für die Art an sich üblich wäre.
Wir hatten frueher mal 2 Notschweine. Die Sau wurde geboren, um...keine Ahnung. Vermutlich um fuer viel Nachwuchs zu sorgen (sie kam dann aber zu uns). Die wurde wirklich uralt.
Der Eber war als Spanferkel geplant. Seine Kaeufer haben es aber nicht uebers Herz gebracht ihn zu toeten und nach einiger Zeit auf dem Balkon im Hochhaus (wtf!?), kam er zu uns. Der wurde keine 4 Jahre alt. Der war dann einfach voellig am Ende. Konnte nicht mehr aufstehen usw. Der TA meinte damals, dass Schweine wie er zuechterisch so veraendert wurden, dass sie einfach nicht alt werden koennen. Der Koeper packt das nicht.
Frag mich nicht nach Rassen und ich weiss auch nicht, ob das so stimmt. Aber wundern wuerde es mich nicht! Wenn frueh geschlachtet wird, ist z.B. Langlebigkeit einfach kein Zuchtziel. Unser Eber war auch sehr schnell sehr gross und massig.
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Frag mich nicht nach Rassen und ich weiss auch nicht, ob das so stimmt. Aber wundern wuerde es mich nicht! Wenn frueh geschlachtet wird, ist z.B. Langlebigkeit einfach kein Zuchtziel.
Das hat sogar eine traurige Logik
Aber rund um das Thema Nutztiere sind ja nochmal ganz andere ethische und ökologische Fragen da, die uns in Zukunft beschäftigen werden. Ich bin mal gespannt, was da an Verordnungen kommt (und ob was kommt).
Persönlich halte ich es für wünschenswert, ein Tier auch nicht dann als Wegwerfartikel zu züchten, bei dem gravierende Defekte in Kauf genommen werden, wenn ihm eh ein früher Tod bestimmt ist. Und ihm wenigstens ein bisschen Lebensqualität zu ermöglichen.
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Gerade beim Thema Masse, treffe ich aber auch wirklich häufiger auf Besitzer/Menschen bestimmter Hunderassen, die das wirklich richtig gut finden, wenn ihre Hunde schwer und groß sind. Und - ich kann es auch echt nicht anders sagen, irgendwie so einen komischen "Stolz" dabei haben ...
Der allerallerallertraurigste Fall war mal eine 8-9 Monate alte Mastino Napoletano (?) Hündin (wurde offiziell als Cane Corso angegeben, umso geschockter war ich, als ich diesen Hund sah). Der Hund war wirklich ein unfassbarer Fleischklops, die Haut hing gefühlt lappenweise an dem Tier runter, die Füße waren komisch aufgequollen und die hatte das schlimmste Ektropium, was ich ever ever ever gesehen habe. Die Bindehäute haben rot gestrahlt, der Eiter lief aus den Augen ... ich war so geschockt und es passiert mir echt selten, dass ich einfach "unüberlegt" etwas sage, aber ich konnte nur ein entsetztes "Meine Güte! Was ist denn mit deinen Augen!!!" rausbringen, als ich das arme Geschöpf anblickte.
Die Besitzer, offensichtlich SEHR irritert, schauten mich an, als hätte ich nicht mehr alle Tassen im Schrank. Der Hund konnte kaum laufen, schleppte sich von einer Ecke in die nächste.
"Hahaha, ja, das ist eine ganz Gemütliche!!!" ... aha.
"Der Papa ist doppelt so schwer!" .... aha.
Manchmal fühlt man sich einfach so machtlos.
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Aber es wird doch bei Berner und Dogge und Co BEWUSST auf Masse und Größe und Riesenwuchs gezüchtet, oder nicht?
Und damit einhergehend die Problematiken ...
Der Berner ist doch nicht auf Riesenwuchs gezüchtet?
Maximale Grösse für Rüden ist 70 cm, ideal 66 - 68 cm.... Trend auf Masse ist eher vorhanden, zumindest teilweise. Ich sehe hier (also im Ursprungsgebiet) aber auch noch oft Berner vom alten Schlag, mit durchaus funktionalem Körperbau. Eine gewisse Massigkeit hatten sie schon immer, brauchten sie auch um die Milchkarre zu ziehen.
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Gerade beim Thema Masse, treffe ich aber auch wirklich häufiger auf Besitzer/Menschen bestimmter Hunderassen, die das wirklich richtig gut finden, wenn ihre Hunde schwer und groß sind. Und - ich kann es auch echt nicht anders sagen, irgendwie so einen komischen "Stolz" dabei haben ...
Ja, ist mMn definitiv ein Problem bei vielen großen Rassen. Ich wurde schon einige Male von anderen Besitzern großer Rassen mitleidig angeschaut, dass Reika 'nur' 45 Kilo wiegt. Die konnten gar nicht verstehen, wenn ich gesagt habe, dass ich das richtig gut finde und auch so wollte.
Eine Gewichtsgrenze könnte ich mir als QZ-Merkmal tatsächlich gut vorstellen. Klar, auch da ist es nicht soo einfach, die genaue Grenze festzulegen. Aber dass es keine Hunde braucht, die 100kg wiegen, sollte finde ich eigentlich unstrittig sein, wenn man die Gesundheit in den Vordergrund stellt.
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Woher dieser Wunsch nach Gigantismus kommt, ist mir auch schleierhaft.
Das sind ja auch die Molosser in ihren Ursprüngen nicht zwingend. Große, breiter gebaute Hunde, ja. Aber der 150kg Englische Mastiff, der kann doch nur noch platt drücken oder die Tür verstopfen, damit kein Einbrecher rein kommt.
Wobei ein Teil der Masse ja oft auch Übergewicht zu sein scheint.Das sind dann halt nicht 5kg zuviel, sondern 20, 30, 40kg. Was sich seinerseits noch auf Gesundheit und...ja...Langlebigkeit auswirkt.
Halt ewig schade, es gibt ja durchaus moderate Molosser. Theoretisch auch in den besonders betroffenen Rassen.
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Woher dieser Wunsch nach Gigantismus kommt, ist mir auch schleierhaft.
Das sind ja auch die Molosser in ihren Ursprüngen nicht zwingend. Große, breiter gebaute Hunde, ja. Aber der 150kg Englische Mastiff, der kann doch nur noch platt drücken oder die Tür verstopfen, damit kein Einbrecher rein kommt.
Wobei ein Teil der Masse ja oft auch Übergewicht zu sein scheint.Das sind dann halt nicht 5kg zuviel, sondern 20, 30, 40kg. Was sich seinerseits noch auf Gesundheit und...ja...Langlebigkeit auswirkt.
Halt ewig schade, es gibt ja durchaus moderate Molosser. Theoretisch auch in den besonders betroffenen Rassen.
Definitiv. Das ist wirklich teilweise abartig, was die Leute auf diese degenerierten Körper auch noch künstlich drauffüttern. Und wenn man dann vorsichtig sagt: "Ja, vielleicht wäre etwas weniger Gewicht auch ganz gut für die Gelenke."
"WHAT!!!!! Aber der ist voll im Standard/der MUSS so schwer sein/DAS IST EIN MOLOSSER/das sind alles Muskeln/Mein Züchter sagt das Gewicht ist ok/andere sind noch viel schwerer/aber der frisst doch gar nichts ...."
Machste nix.
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