Erfahrungen Direktimporte

  • Ich hab mittlerweile viel gelesen und zur Kenntnis genommen, dass Direktimporte oft hochgezogene Augenbrauen bis hin zu heftigen Kopfschmerzen auszulösen scheinen. Deswegen dachte ich, vielleicht könnten wir Erfahrungen zusammentragen?

    Egal ob als Endstelle, Pflegestelle oder PSV:

    Woher kam der Hund, wie wurde er vorher beschrieben, inwiefern entsprach das dann der Realität? Was waren eure Sorgen und Bedenken vorher? Was waren die vorherrschenden Probleme und wie gut waren diese händelbar?

    Ich freue mich auf eure Erfahrungsberichte.

  • ich habe 2020 meine Hündin direkt aus Spanien adoptiert. Lief aber über einen deutschen Verein der manchmal auch Tiere auf Pflegestelle hat.

    Von meiner Hündin gab es Videos und ausführliche Berichte. Sie war hier tatsächlich so wie beschrieben. Klar kamen auch noch ein paar Probleme dazu, die waren aber Rassetypisch, damit hatte ich gerechnet. Alles in allem war es eine sehr positive Vermittlung.


    im Mai letzten Jahres habe ich einen Hund von einer deutschen Pflegestelle übernommen (grundsätzlich gesehen kam er auch aus dem Ausland, war erst seit zwei Wochen auf der Pflegestelle) und der ist so gar nicht wie beschrieben und extrem verhaltensauffällig. Da konnte die Pflegestelle aber nichts dafür. Dort hat er sich nicht so benommen und bei mir ganz am Anfang auch nicht.

  • Mein "Labrador-Mix", der als anfängertauglich, freundlich, lieb und aktiv beschrieben wurde, ist aus Rumänien. Er kam auf der Straße zur Welt, hat dann im größten Tierheim dort gelebt und wurde über eine Orga im Massentransport nach Deutschland importiert.


    Er wurde von dieser Orga direkt an eine Familie mit kleine Kindern vermittelt. Bereits nach zwei Wochen hat der Vater der Familie ihn dann wieder zurückgeben wollen, mit der Begründung, dass das mit den Kindern nicht funktioniert hat.


    So kam er ins örtliche Tierheim.


    Von dort habe ich ihn adoptiert. Wir waren sehr gut vorbereitet, und hatten genau beschrieben, was wir wollten, einen Anfängerhund, der alltagskompatibel ist, mit dem man aber auch sehr lange wandern kann. In den ersten Tagen hat er sich extrem zurückgenommen, war sehr ruhig und zurückhaltend. Nach einer Woche taute er dann sehr schnell auf und es zeigte sich, dass er sehr reizoffen, reaktiv und leinenaggressiv war. Ein Gentest hat dann ergeben, dass es sich um eine Mischung aus HSH, Jagdhund und Hütehund handelt.


    Die Belastung für den Alltag - bis hin zur Ehe - war wirklich immens.


    Heute, fast 2 Jahre später, gibt es eine Menge Fortschritte und ein paar wirklich herausragende Talente. Das hat allerdings eine Menge Blut, Schweiß und Tränen (in unterschiedlichen Mengen, sehr wenig Blut, sehr viel Schweiß und sehr viele Tränen) gekostet. Ein einfacher Hund ist er natürlich immer noch nicht und wird es auch nicht werden. Dass sich meine Lebensumstände dadurch komplett verändert haben, war zum Teil ein sehr großer Zugewinn, zum Teil ist es aber auch ein gravierende Einschränkung. Auch wenn ich mit einem anderen Hund nicht in extrem kurzer Zeit so viel gelernt hätte, hätte ich mir manches gerne erspart.


    In Summe kann ich sagen, dass er mein Leben bereichert.


    Die Alternative wäre für ihn aber auch nur ein Leben als Wanderpokal gewesen.

  • meinerseits als Direktimport aus Spanien. Ich wusste vorher nur wie er gefunden wurde, dass er sehr schüchtern sei und hatte 2 Videos geschickt bekommen, nach denen ich mir sicher war, dass er es sein soll. 3 Tage vor abholdatum bekam ich die Infos "sheepdog, no pipi in the House, likes to drive car". Das wars.

    Gerechnet hatte ih dann mit allem und nichts, mein Gefühl war sicher, dass wir keine großen Probleme bekommen werden. Und so war es dann auch.

    Er wurde im Nachhinein selbstbewusster als gedacht und es steckt definitiv ein Arbeitshund und sportskanone drin, der mit nur gassi nicht zufrieden ist.

    Vorherrschende Probleme gab es aber nicht, also keine, die man auf seine Vergangenheit schieben könnte denke ich mal.

    Er hatte anfangs Angst vor Männern und Kindern. Heute meidet er immer noch ne bestimmte Art von Männern und mag es nicht, von fremden angetatscht zu werden. Das seh ich aber nicht als Problem.

    Er neigt bei Aktivität zum hochfahren.

    Also alles in allem eine erfolgreiche dirktimport- Geschichte und ich bin heute sehr froh, da so blauäugig rangegangen zu sein. War aber auch drauf vorbereitet, dass es problematisch werden könnte.

  • Fine kam im Juni letzten Jahres aus Sardinien direkt zu uns. Wir haben uns darauf eingestellt, dass sie Angst haben wird und erstmal Zeit braucht zum Auftauen.


    Die Beschreibung war sehr allgemein gehalten. Jedoch ist sie im Tierheim aufgewachsen und hatte daher immerhin keine schlechten Erfahrungen sondern eher keine Erfahrungen.


    Angekommen ist eine aufgeschlossene, neugierige Hündin, die mutig all ihre Unsicherheiten wie Treppen laufen überwunden hat. Sie ist ein naturtalent im Mantrailen, liebt Agility und wird auf die Begleithundeprüfung vorbereitet. Auch mit den Katzen klappt es prima.


    Ohne Hundeerfahrung würde ich das vermutlich nicht so machen.

  • Jasmin habe ich im Mai 2018 als Direktimport aus Ungarn übernommen. Die Beschreibung von ihr war sehr stimmig. Der Verein hat aber auch transparent kommuniziert, dass Hunde wie sie, die aus einer Beschlagnahmung stammen, einfach vieles noch gar nicht kennen und man daher manches auch nicht einschätzen kann.

    Jasmin war zB nicht stubenrein und kannte halt erstmal nix. Dafür hat sie sich aber erstaunlich schnell gut entwickelt.


    Größtes Thema war hier tatsächlich das Alleinebleiben. Das war der eine Aspekt, mit dem ich nicht so extrem gerechnet hätte, obwohl man da natürlich immer Glück oder Pech haben kann. Mittlerweile geht es beser bzw sieht mein Alltag inzwischen auch einfach so aus, dass ihre Schwierigkeiten damit für mich entspannt händelbar sind.



    Ich würde von einer seriösen Orga tatsächlich jederzeit wieder einen Direktimport aufnehmen.

  • Ich bekam meine Hündin als Direktimport am 03.04.2022, direkt aus dem Trapo, im Alter von 5,5 Monaten.

    Sie ist auf der Straße geboren und kam mit ca. 14 Tagen zusammen mit ihrer Schwester und der Mutter in den Shelter.

    Die Welpenfotos / Videos haben meine Entscheidung für sie treffen lassen. Die Fotos vor dem Transport von Rumänien nach Ungarn (dort wurden alle "Transporttiere" gesammelt) haben mir einen kleinen Schock beschert; boah, was hatte die für einen Schuß gemacht und sich verändert? Es kam ein bißchen Panik bei mir auf.

    Bei den Vorgesprächen und der Vorkontrolle sagte ich eigentlich klipp und klar: keinen HSH !!! Und was bekam ich: eindeutig einen HSH-Mix...allein schon wegen meinem Alter (zur Zeit der Übernahme 59) und aus gesundheitlichen Gründen.


    OK, war nun nicht mehr zu ändern. Eine Mitschuld an dem Umstand kann ich nicht verleugnen, man hätte das auf den Welpenfotos eigentlich schon erkennen können, aber die rosarote Brille und bis dahin keine Ahnung von HSH ...

    Was dann kam, hat mich an meine Grenzen gebracht; Tränen, Erschöpfung, Hilflosigkeit und oft der Gedanke an Abgabe.


    Sie war nicht nur HSH-Mix, sondern auch extrem ängstlich. 4 Wochen waren wir nur im eigenen Garten, bevor wir uns Schritt für Schritt auf die Straße gewagt haben. Noch heute fahre ich mit ihr in ruhige Gebiete ohne viel Hundekontakte oder LKW`s oder Menschen.

    Die berühmte Hundeschule, die natürlich aufgesucht wurde, war nicht nützlich. Zuerst hatten wir Einzelstunden für Gassi gehen und Leinenführigkeit. Dann Gruppentraining. Eine Hundeschule die sich mit HSH-Mixen auskennt :kotz:

    Nachdem ich aber verstanden habe, dass mein Hund nicht wie ein Labrador oder ein Pudel tickt, habe ich das abgebrochen und gehe nur noch in die Freilaufgruppe (anderer Verein) für die notwendigen Sozialkontakte. Dort zeigt sie ein super tolles Sozialverhalten und es tut ihr gut.


    Gern bewegt sie sich im Garten zur Patroille der Grenzen und des Gartentors, schreit jeden "Besucher" wie bekloppt an und würde keine Fremden auf das Grundstück lassen. Lange Runden Gassi gehen müsste sie nicht, macht es aber.

    Beim Allein-Bleib-Training hat sie die Haus- und die Terassentür zerstört, im Garten Büsche und kleine Bäume auseinander genommen. Ach ja ... ist und wird wohl mit diesem Hund immer ein gewisses Management bleiben.


    Ich habe mich mit ihr arrangiert, würde aber NIE wieder einen Direktimport aus dem Ostblock nehmen.

  • Sam unser Gos, war ein Direktimport. Kam aus Spanien aus einem TH das von einer Deutschen Orga betreut wird. Wurde von uns auch direkt am Flughafen MUC abgeholt.


    Da er mit seiner Schwester mit knapp 8 Wochen quasi übern Zaun des THs geworfen wurde und nur 2 Wochen in Spanien im TH war, war die Beschreibung natürlich sehr mager.


    Ein paar Fotos und die ungefähre Altersangabe, "wahrscheinlich mittelgrosswerdender, langhaariger Mixwelpe", geimpft, entwurmt, gechipt, auf MMK soweit möglich getestet und unkastriert" mehr stand da nicht dabei. Natürlich wurde drauf hingewiesen, dass er nicht stubenrein ist, keinerlei "Erziehung" vorhanden ist, dass er höchstwahrscheinlich nichts kennt usw usw.


    Und das war alles dann auch ganz genauso. Wobei sich dann rausstellte, er war ein Gos dAtura und er hatte tatsächlich keinerlei MMKs.


    Da ich aufgrund der Beschreibung auch keinerlei besondere Erwartungen hatte - haben wir einen Traumhund bekommen. Ich muss aber noch hinzufügen, Sam war nicht mein erster Hund - wär er so wie er war damals zu tatsächlichen "Hundeanfängern" gekommen, die eventuell doch bestimmte Erwartungen gehabt hätten, wär es vielleicht auch anders gelaufen.


    Ben, unser aktueller Hund ist ebenfalls ein "Import" aus Spanien, von der gleichen Orga, von der wir damals Sam hatten.


    Allerdings war er bis wir ihn geholt haben, schon 3 Wochen auf Pflegestelle in Nordbayern.


    Da war die Beschreibung natürlich schon ein bisschen ausführlicher. Viele Bilder und ein paar Videos.


    Er wurde als HSH-Mix (was er ja auch ist, die Mutter kam ja mitsamt den Welpen ins spanische TH) beschrieben, wobei auf den HSH-Anteil besonders eingegangen wurde und ausdrücklich Menschen gesucht wurden, die schon etwas Erfahrung mit HSHs haben.


    Ich zitiere aus dem Vermittlungstext: "er verträgt sich sehr gut mit allen anderen Hunden auf der Pflegestelle, hat das Grundprinzip der Stubenreinheit schon fast verstanden, ist neugierig und aufgeweckt, läuft gut an der Leine mit Halsband aber Geschirr muss man noch weiterhin üben, vorallem das anziehen. Alleinebleiben klappt noch nicht und er ist bei fremden Menschen sehr vorsichtig und misstrauisch, taut aber wenn er in seinem Tempo kennenlernen darf, recht schnell auf. Alterstypisch frech und verspielt braucht er noch viel Grunderziehung. Er ist ein kleiner Dickschädel und wartet mit immenser Geduld jede Gelegenheit ab um Unsinn anzustellen"


    Auch das hat alles gestimmt. (Vorallem der letzte Satz!) Auch er ist bisher frei von MMKs und bis auf eine leichte Hausstaubmilbenallergie kerngesund. Bei ihm schlägt allerdings bisher mehr der unbekannte Papa durch (wohl ein Jagdhund - Pointer oder DK oder sowas) als die HSH-Mama. Auch hier hatte ich keinerlei besonderen Erwartungen - und auch er ist auf dem Weg ein Traumhund zu werden.


    Fazit: pure Hundeanfänger oder Menschen, bei denen der Hund bestimmte Kriterien erfüllen muss sollten bitte keine "Direktimporte" oder "BlindeDates" holen. Das geht zwar manchmal sehr gut - aber eben auch oft schief - vorallem dann, wenn die Orga nicht ganz ehrlich ist in der Beschreibung oder zu sehr auf die Mittleidstour vermittelt.


    Ganz deutlich nochmals: egal wie gut die Beschreibung ist, wie schön die Fotos/Videos sind - es sind und bleiben Überraschungspakete. Im guten wie im nicht so guten Sinne. Das muss man wollen und können. Da sollte man sehr ehrlich sich selber gegenüber sein!

  • Wobei man hier bei dem Thema sagen muss, hier im Forum halten sich nur die Hundeverrückten auf, die auch gerne bereit sind, Dinge für den Hund zu opfern und sich auch vermutlich besser informieren, als auch vorbereiten, als so manch anderer. Menschen, bei denen die Vermittlung gescheitert, findet man hier eher nicht.

    Damit will ich nicht sagen, dass Direktimport blöd ist, auf gar keinen Fall! Ich denke nur, dass die Informationen von hier einfach eher einseitig sind.


    Wie oft hatten wie hier schon Threads, bei denen es eben gescheitert ist, weil ein ganz spezieller sehr einfache Hundetyp gefordert wurde, welchem der Hund dann nicht entsprach und der Hund dann leider wieder abgegeben wurde (oder vermutlich)

  • Ich habe Fonzie Dezember 2021 aus Italien "geliefert" bekommen.

    Es wurde schon in der Beschreibung ganz klar beschrieben:
    - mag keine anderen Hunde

    - hat beim Deutschen Vorbesitzer im Haus gelebt

    - anhänglich und verschmust

    - am Anfang im Canile sauer auf die ganze Welt gewesen und hat geknurrt.

    - Hundeplatz/Verein kann man sich sparen


    Bekommen haben wir einen verschmusten Dickschädel, der seine Rasse Beschreibung (Shar Pei) sehr genau gelesen hat.

    Er mag keine anderen Hunde, war im Haus von Tag 1 an stubenrein und ruhig, schmust am liebsten 24 Stunden, hat uns aber am Anfang auch mal angeknurrt, um seinen Standpunkt zu verdeutlichen.


    Wir haben genau den Hund bekommen, den wir gesucht haben:

    Im Haus unauffällig, blieb von Tag 1 an problemlos auch alleine im Haus, er kommt mit auf Seminaren und verschläft die Zeit, wo ich Schulung habe, im Hotelzimmer. Er begleitet mich auf Radreise und ist insgesamt einfach nur ne coole Socke.

    Vor zwei Wochen waren wir in Hamburg auf Seminar und haben Abends die Reeperbahn besichtigt. Mit Fonzie alles kein Problem.

    Ach ja, einen Hundeverein/ Hundeplatz/ Hundefreilauffläche hat Fonzie nie gesehen.

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