Freilauf - absolute Freiheit oder totale Kontrolle?

  • Okay, ich gebe es zu: Der Titel ist etwas polemisch, aber hey, heutzutage muss man die User schließlich irgendwie anlocken. #clickbait :winken:


    Aaaalso, es geht um Freilauf. Und die Freiheiten, die eure Hunde währenddessen genießen dürfen.


    Ausschlag für diesen Thread gab ein Blogeintrag, auf den ich kürzlich gestoßen bin.

    #20 F wie Freilauf - Freilauf bei Hunden | Anne Bucher
    Wie ich mit butterweichen Knien und Schnappatmung auf einer fremden Halde stand und meine Hunde beide im Freilauf waren! Hör rein 🎧!
    annebucher.com

    Anne Bucher interviewte vor einiger Zeit die Verhaltensbiologin Dr. Sandra Foltin zu einer Studie, die diese wohl im Rahmen ihrer Doktorarbeit durchgeführt hat. Kern dieser Studie: Was machen Hunde, wenn sie völlig frei explorieren dürfen, komplett ohne Einwirken des Menschen? Sprich: Mensch läuft einfach weiter, Hund orientiert sich (oder auch nicht). Keine Kommandos, keine Interaktion. Der Hund macht komplett sein Ding und läuft ggf. auch außer Sicht (überwacht durch GPS).

    Kommt der Hund sichtbar in einen Konflikt, wechselt man die Richtung.

    Zitat

    "Unser Hund ist im Freilauf. Und was machen wir jetzt? Wir gehen, rennen nicht zum Hund hin. Sondern eher wir drehen uns in die andere Richtung und gehen zackig weg, damit der Hund quasi ein bisschen in die Entscheidung kommt."

    Das Ganze soll dem Zweck dienen, dass der Hund aufmerksamer wird:

    Zitat

    "Nicht ich, sondern der Hund. Soll mal schauen Oh, wo sind denn die anderen? Sei es der zweite Hund, sei es mein Mensch. Achtsamkeit auch im Sinne von so wie lange kann ich alleine erkunden, bevor mein Mensch weg ist? Auch das zeitliche Parameter, das lernen Hunde auch. Wie finde ich denn zurück auf den Weg? Gehe ich gerade aus, folge ich dem zweiten Hund? Mach ich das selber? Finde ich eine Lösungsmöglichkeit? Das kann ich nur, wenn ich die Möglichkeit habe zu erkunden. Und zwar alleine frei Entscheidungsträger zu sein."

    Und weiter:

    Zitat

    "Und da so die Gratwanderung hinzubekommen, zwischen dem Hund wirklich Freiheiten zu geben, auch den mal vom Weg runter gehen zu lassen, auch mal erkunden zu lassen, auch mal stolpern zu lassen, auch mal drei Sätze hinter der Amsel hergehen zu lassen und dann wieder zu uns zurückfinden zu lassen, das ist ganz, ganz, ganz wichtig, da eben auch diesen Kontrollzwang von uns Menschen hinten anzustellen."


    Ich möchte diese Studie gar nicht bewerten, dazu habe ich mich zu wenig damit beschäftigt (und darum soll es in diesem Thread auch nicht gehen). Aber sie hat mich zum Nachdenken angeregt: Interagiere ich zu viel mit meinem Hund? Ich rufe ihn zu Übungszwecken immer mal ran, lasse ihn warten, kündige Richtungswechsel an, solche Sachen. Ist das vielleicht schon too much?

    Zitat

    "Heißt Freilauf für uns Leine ab. Aber wir halten die ganze Zeit quasi mit Signalen den Hund in der Taktung bei uns. Oder heißt Freilauf für uns? Du hast Freizeit. Du hast Freiheit. Und wenn du was Wichtiges ist, dann kommt von mir das Signal mit “Komm mal bitte zu mir” oder “Geh mit mir an die Seite” oder “Hey, wir gehen hier entlang.” Das möchte ich nicht, weil das ich finde, es ist kein Freilauf für Hunde, wenn man einfach nur ableint, aber sie die ganze Zeit bombardiert."


    Bei meiner weiteren Recherche stieß ich dann auf einen Beitrag der "Hundeerziehungsberaterin" Marion Huber zum Thema Freilauf. https://marionhuber.com/der-mu…-alles-im-freilauf-lernt/

    Hier las ich eher das Kontrastprogramm:

    Zitat

    "Es genügt, wenn du deinen Hund einfach regelmäßig seiner Wege gehen lässt auch wenn er in Sichtweite ist. Dein Hund ist im Alleingang unterwegs. Alle Erfahrungen, die er dann macht, macht er ohne dich. (...) Dabei muss der Hund noch nicht Mals weit weg oder außer Sicht sein. Es genügt, wenn er allein im Gras stöbert. (...) Du spielst keine tragende Rolle und sorgst auch nicht für nötige Sicherheit. Du gibst Verantwortung ab. An deinen Hund."


    Schon klar, das sind nun zwei ziemlich extreme Beispiele. Aber mich interessieren die vielen Graustufen zwischen dem Schwarz und Weiß. Wie handhabt ihr das? Was dürfen eure Hunde im Freilauf und was nicht - und vor allem, warum?

  • Zu dem ganzen fällt mir der Satz ein: "Die Freiheit des einen hört da auf, wo die Freiheit der anderen anfängt".


    Niemand ist im luftleeren Raum unterwegs. Wir teilen uns die Umgebung mit Wildtieren, anderen Hundehaltern, Reitern, Radfahrern, Spaziergängern, Wanderern.... die alle ihre berechtigten Bedürfnisse nach Ruhe, Unbehelligtsein, Sicherheit und eigener Entfaltung haben.



    Wenn ich schon lese "Verantwortung an den Hund abgeben" |) sieht der Gesetzgeber anders :pfeif:

  • Meine Hunde haben von klein an gelernt das sie nach mir gucken müssen wenn sie nicht wollen das ich weg bin und das klappt wunderbar. Sie sind sehr aufmerksam und dadurch haben sie viele Freiheiten.


    Aber ich ruf die auch mal ran und wir machen auch mal Übungen. Mal mit Stimme mal nur mit Sichtzeichen.


    Meine Hündin darf auch mal paar Schritte nem Eichhörnchen hinterher, wenn sie sieht das eines dabei ist auf nen Baum zu klettern. Die hört, der Rückruf sitzt auch im hinterher rennen also ist auch das ok und dadurch hat sie dann auch nochmal mehr Freiheiten.


    Aber an der Straße z.B. wäre mir das alles dennoch zu gefährlich, dieses Risiko gehe ich niemals ein, egal wie sehr ich den Hunden da vertraue.

  • Wer im heutigen Umfeld der Illusion unterliegt das Freilauf frei von Kontrolle sein könnte joa... entweder lügt man sich selbst an oder handelt komplett verantwortungslos, respektlos und ignorant.

    Meine Hunde laufen viel frei, sie haben gelernt oder lernen bitte ansprechbar zu sein und mit Umweltreizen so umzugehen das es vertretbar ist ( hier selbst umorientieren bzw keine Aufmerksamkeit Beimessen je nach Situation) .

    Das ist nicht vorinstalliert und beim Junggemüse kann es durchaus sein das es ne Erinnerung gibt-also durchsetzen , kontrollieren von erwünschten Verhaltensweisen.

    Anders funktioniert es nicht das sie sich frei bewegen dürfen.

    Andernfalls folgen sie natürlich ihren Instinkten und Trieben. Die lassen sich nur so

    schlecht vereinbaren mit Umwelt/Gesetzen.


    Deshalb gängel ich die Hunde aber nicht ständig unterwegs mit Kommandos oder irgendwas. Wir laufen unserer Wege, achten aufeinander und fertig. Ich hab auch nicht das Bedürfnis zwanghaft zu kontrollieren naaaa achten sie dauerhaft auf mich??!!!

    Denn sie tun es , jeder individuell.

  • :lachtot: Hamilton fände es ganz toll wenn er frei entscheiden könnte wo er lang will und wann, den juckt es absolut nicht wo ich bin oder halt auch nicht bin.


    Für mich persönlich bedeutet Freilauf das die Hunde ihr Ding machen können. Ich bleibe auch stehen wenn ich sehe einer schnüffelt intensiver, einfach damit der Hund weiß wir haben Zeit. Hami interessiert das nicht, aber für Arren war das sehr wichtig, für den Zwerg jetzt auch.

    Ich freu mich auch verbal wenn einer einfach so mal ankommt, oder zu mir guckt, aber sonst bin ich ziemlich still wenn ich alleine mit den Hunden unterwegs bin.

    Gassi ist Hundezeit, komplett Hundezeit.

    Ich gehe für die Hunde Gassi, mit ihnen. Ich schlender entspannt durchs Feld, die Hunde schnuppern hier, schnuppern da, rennen kurz, warten mal auf mich, oder traben zurück zu mir. Sie sind meist vorneweg, ich mag das lieber, und manchmal sind sie ein Stück weiter hinten und schließen dann wieder auf.

    Gassi ist für mich Entspannung, ich bleib auch gern einfach stehen und genieße den Wind, oder die Sonne, oder die Aussicht.

    Bei trockenem Wetter setze ich mich auch manchmal mitten auf den Feldweg und mache ne Pause, die Hunde dümpeln dann irgendwo herum.

    Rückruf gibt es wenn irgendwas ist, also jemand kommt, oder wenn Hami zu weit weg ist für meinen Geschmack, oder halt vor Kurven damit wir gemeinsam um die Kurve gehen und nicht die Hunde zig Meter vor mir da um die Ecke flitzen. Oh, und halt am Ende vom Freilauf, da ruf ich sie natürlich zum Anleinen.

    Es gibt Tage wo es nur 2mal einen Rückruf gibt innerhalb der 45 Minute - 1 Stunde Freilauf. Und wenn mal mehr los ist kanns sein das ich sie 5 mal oder mehr zurückrufe. So wie es halt die Situation erfordert.


    Verantwortung gebe ich aber niemals ab. Und meine Hunde wissen immer das ich da bin und sie schütze, egal wie weit sie weg sind.

    Hamilton hat ja nen großen Radius und würde auch alleine einfach stromern oder heimgehen wäre ich plötzlich weg, aber er weiß eben das ich da bin. Und wenn mal was gruselig ist, oder ein Hund irgendwo auftaucht der ihm nicht koscher vorkommt weiß Hamilton immer das er sich auf mich verlassen kann. Da ist mein Großer dann nämlich auch ganz schnell bei mir um sich Rückendeckung zu holen.


    Sie dürfen ihr Ding machen solange sie niemanden belästigen oder gefährden, zum Glück ist unser Freilaufgebiet so das eh fast nie einer da ist wenn wir da sind und so können sich die Hunde echt einfach ausleben.

    Ich mag das so, die Hunde mögen es so. Aber verantwortlich bin immer ich, und das wissen auch meine Hunde.

  • DerFrechdax ich denke, du hast da den absoluten Kern getroffen.

    Allein schon von Gesetzes wegen sind wir als Hundehalter verantwortlich für unseren Hund und dass er während seines Freilaufs keinen Schaden anrichtet. Und zwar eigentlich eben nicht nur materiellen Schaden, indem er den Besitz anderer beschädigt (dazu zähle ich auch beispielsweise landwirtschaftliche Flächen, die ja gern vollgekackt oder niedergetrampelt werden oder auf denen gebuddelt wird), sondern auch den Schaden an Umwelt (Bodenbrüter, Brut- und Setzzeit allgemein) sowie Rücksicht auf andere Gruppen (Reiter, Radfahrer, andere Fußgänger, insbesondere Kleinkinder, andere Hunde und deren Halter usw).


    Wenn man verantwortungsvoll mit seinem Hund unterwegs ist, kann man den Hund nicht einfach machen lassen, wie er will. Dafür wohnen wir hier im europäischen Raum zu eng. Wenn jeder seinen Hund mal paar Meter hinter einem Vogel her rennen lässt, dann ist das für die ganz schöner Stress.


    Ich versuche meine Hunde so zu erziehen, dass sie bestimmte Regeln beim Gassi befolgen und ansonsten ansprechbar bleiben und sie sich schon im Radius an mir orientieren. Dazu gehört nicht viel vom Weg runter, nicht zu anderen durchstarten, Kommandos wie Hier oder Raus da oder Bleib.

    Ansonsten bin ich tatsächlich jemand, der seine Hunde beim Spazieren auch gern im Rahmen dieser Regeln machen lässt, was sie wollen, solange es möglich ist. Wir wohnen ja schon recht ländlich und da kann ich lange gehen, ohne großartig einwirken zu müssen. Ich übe auch nicht sonderlich viele Tricks auf Gassigängen oder beschäftigte die Hunde explizit.


    Fehlverhalten (Buddeln auf Weideland oder Stöbern in die Büsche oder Rennen auf ein bepflanztes Feld) korrigiere ich aber sofort und ich verlange auch den eingeübten Gehorsam und ein Ohr immer bei mir. Sonst gibts eben Konsequenzen.

    Ich denke, ich handhabe ein gutes Mischmasch aus lockerer Erziehung (Erziehung, nicht Kommandos oder den Hund permanent in der Unterordnung halten) und Rücksicht auf andere. Das klappt nicht immer perfekt und manchmal ärgere ich mich über andere, manchmal über einen der Hunde, öfter noch über mich selbst. Aber im Großen und Ganzen habe ich das Gefühl Hunde zu haben, die innerhalb ihres gesetzen Rahmens viele Freiheiten haben und viel frei laufen und ihren Freilauf auch genießen und wir Spaß haben gemeinsam Spazieren zu gehen.

  • Hab nun schon die Zweite Hündin hier, mit der ich Stundenlang Wortlos durch die Natur Spazieren kann. Natürlich an passenden Orten dafür. Trotzdem hält die sich an alle erlernten Regeln.
    Find es aber auch wichtig, die Verbalen Signale immer wieder auf zu frischen und immer wieder mal Anzuwenden, für den Fall der Fälle.

    Wo es bei uns absolute Kontrolle und nahezu 0 Freilauf ist, selbst wenn die Leine ab ist, ist der Stadtpark mit den Riesen Hundefreilaufzonen. Und da würde ich meiner Hündin auch nicht erlauben, mal die Sau raus zu lassen und sich dort auszutoben. Nach dem Motto Hauptsache man geht irgendwann wieder zusammen nach Hause. Ist einfach nicht mein Ding.

    So nach den Eingangstexten kann meine Hündin glaube ich gar keine absolute Freiheit dann mehr haben. Weil sie Kommuniziert ständig mit mir, auch wenn wir Wortlos durch die Landschaft latschen. Das würde ich ihr auch nie verwehren und anfangen sie zu Ignorieren, wenn sie was bei mir anfragt.
    Welche Freiheit soll dass dann noch sein, wenn diese Art Freiheit einen Ausschluss aus der Familie bedeutet?


    Und wie viel Vermenschlichung ist dann auch bei den Argumenten dabei? Früher bei meinem Hunde Pärchen, war es meine Hündin, die mir den Blind werdenden Rüden immer einholte und abfing.
    Der alternde Rüde wurde also nicht nur durch mich eingegrenzt, sondern auch durch die Hündin, damit der nicht verloren geht.

    Meine aktuelle Hündin ist immer in der nähe von meinem Kind. Mir ist auch schon aufgefallen, dass sie mit mir ein Auge auf ihn hat und genauso wie ich immer exakt weiß, wo mein Kind grad im Wald unterwegs ist.
    Also auch sie zeigt deutlich, dass ihr Zusammenhalt wichtiger ist, wie alleine rum zu stromern.

    Und dann gibt es auch noch Solitärjäger, die kommen dann halt zurück, wenn se sich Satt gefressen haben? :lol: 

    Ist mir alles zu Romantisiert, diese Vorstellung von Freiheit, nur wenn der Hund keinen Einfluss durch den Menschen hat.

    Meine Hunde sind alle Familienmitglieder und ich denke die sehen sich auch irgendwo im Familienverband als festes Mitglied. Da Ignoriert man sich nicht.

  • Was darf er? Naja, er darf soviel Freiheit haben wie er verträgt.

    Meine Hündin durfte so weit laufen wie ich sie noch sehen konnte, weil da auch die Bindung gut war und sie von alleine nach mir geschaut hat.

    Mein junger Rüde ist da leider viel selbstständiger, deshalb lasse ich ihn zur Zeit überhaupt nicht von der Leine. Der kann zwar schon Vieles, vergisst es aber, wenn er frei läuft.

  • Mein junger Rüde ist da leider viel selbstständiger, deshalb lasse ich ihn zur Zeit überhaupt nicht von der Leine. Der kann zwar schon Vieles, vergisst es aber, wenn er frei läuft.

    So in etwa ist es auch bei meinen beiden, C1 deutlich selbständiger, C2 deutlich mehr auf mich fixiert. Laufen beide frei (seit diesem Jahr, sie sind jetzt grad 6 geworden), achtet C1 mehr darauf, wo C2 ist als auf mich. Da wir die letzten Jahre immer wieder mal Rückruf trainiert haben, dürfen sie nun stellenweise (wo ich gute Rundumsicht habe) frei laufen. Bei erhöhtem Interesse (Wild oder Passanten) gehts sofort an die Leine. So sicher ist der Rückruf nicht. Aber soweit bin ich schon recht zufrieden - ich kann halt zuwenig Zeit ins Training stecken.

  • Mein junger Rüde ist da leider viel selbstständiger, deshalb lasse ich ihn zur Zeit überhaupt nicht von der Leine. Der kann zwar schon Vieles, vergisst es aber, wenn er frei läuft.

    So in etwa ist es auch bei meinen beiden, C1 deutlich selbständiger, C2 deutlich mehr auf mich fixiert. Laufen beide frei (seit diesem Jahr, sie sind jetzt grad 6 geworden), achtet C1 mehr darauf, wo C2 ist als auf mich. Da wir die letzten Jahre immer wieder mal Rückruf trainiert haben, dürfen sie nun stellenweise (wo ich gute Rundumsicht habe) frei laufen. Bei erhöhtem Interesse (Wild oder Passanten) gehts sofort an die Leine. So sicher ist der Rückruf nicht. Aber soweit bin ich schon recht zufrieden - ich kann halt zuwenig Zeit ins Training stecken.

    6 Monate oder 6 Jahre? Woran hast du festgemacht, dass es jetzt so weit ist, sie freilaufen zu lassen?

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