Freilauf - absolute Freiheit oder totale Kontrolle?

  • 6 Jahre.


    Ich hab mit ganz kurzen Sequenzen angefangen und immer nur einer zur Zeit, der andere blieb an der Leine.

    Dabei hat sich dann gezeigt, dass C2 (eher ruhiges Temperament) eher ein Ohr bei mir hatte als C1 (Hibbel und Stress).

    Abgeleint wurde auf kurzem Spaziergang (rechts und links Wiesen) und ich hab vorher drauf geguckt, ob C2 auf mich geachtet hat und C1 nicht total angespannt war (Zeichen für Reh in der Nähe). Auf dem Hinweg durfte lange Zeit nur C2 frei laufen, weil C1 da nur mit der Nase unterwegs war und zu weit vorgeprescht war (1x probiert), auf dem Rückweg war es dann nicht mehr sooooooo wahnsinnig aufregend, man kannte den Weg ja schon und da durfte dann C1 frei laufen. Hat sich trotzdem lange nicht an mir orientiert, sondern nur an seinem Bruder. Mittlerweile schaut er auch mal nach mir und wenn ich kehrtmache, kommen sie in 90% der Fälle direkt hinterher, sobald sie es merken, bei den restlichen 10% muss ich rufen.


    Die Jungs sind zur falschen Zeit bei uns angekommen. Sie waren ein privater Notfall von Freunden von Freunden. Kurz nachdem sie bei uns eingezogen waren, wurden bei meinem Mann Metastasen gefunden und so blieb nicht mehr viel übrig von dem Plan, dass jeder einen Hund erzieht.

  • Wie alt waren sie denn, als sie zu euch kamen?


    Schön zu hören, dass es Menschen gibt, bei denen Hunde erst im "hohen" Alter in den Freilauf kommen (tut mir sehr leid, welche Umstände bei euch dazu geführt haben).


    Bei meinem Tierschutztier fange ich jetzt (1,5 Jahre bei mir, 2 Jahre alt, davor Tierheim und Straße) gerade erst ernsthafter damit an. Ich habe den Eindruck, dass der fehlende Freilauf hauptsächlich für seine regelmäßigen Zoomies verantwortlich ist. Allerdings lasse ich ihn nur da frei, wo ich den Weg weit einsehen kann. Sobald er in den Wald einbiegt und mit Volldampf abhaut, pfeife ich ihn zurück. Pfeife funktioniert relativ sicher, RückRUF nur, wenn er in Arbeitslaune ist. Wenn das Risiko groß ist, dass wir auf Menschen stoßen könnten, oder gar welche in Sicht sind, lasse ich ihn absolut nie frei.

  • Laufen ohne Leine heißt nicht Laufen ohne Kommunikation - und zwar von beiden Seiten. Weder gehe ich stur gradeaus ohne auf meinen Hund zu achten, noch tut mein Hund dasselbe. Ich stelle mir die Verbindung immer wie ein geistiges Gummiband vor, was man kaum bemerkt, wenn man näher beieinander ist, was sich aber spannt, wenn der Abstand zu groß wird.

    Ich habe immer wenigstens ein Auge am Hund, und mein Hund behält umgekehrt auch mich im Auge. Denn wir sind gemeinsam unterwegs und nicht nur zufällig zur gleichen Zeit am selben Ort.


    Ich habe mal für kurze Zeit den Gegentest gemacht. Da hatte ich ein ähnliches Spiel wie Pokemon Go auf dem Smartphone, (Ingress) und das wird draußen unterwegs gespielt, wobei man sich an bestimmten Orten aufhält und dort Aufgaben erledigt. Ich dachte, das läßt sich gut mit dem Hundespaziergang vereinbaren - falsch gedacht. Denn als ich Cara öfter über Minuten ignoriert habe, weil ich aufs Spiel konzentriert war, quittierte sie mir das umgehend, indem sie sich selbstständig machte und sich von mir entfernte, ohne auf mich zu achten. Kommunizierst du nicht mit mir, dann kommuniziere ich auch nicht mit dir.

    (Ich hätte sie natürlich anleinen können, aber dazu hatte ich keine Lust und habe das Spiel nicht weiter gespielt.)


    Wobei ich Kommunikation nicht ständiges Gängeln und Ranrufen verstehe, sondern die Verständigung mit Blicken und Andeutungen.


    Hier zum Beispiel:



    Cara sucht hier bewußt den Blickkontakt zu mir, um mir mitzuteilen daß sie nach rechts (von ihr aus gesehen) in die höhere Vegetation möchte, um dort nach interessanten Gerüchen zu stöbern.

    Ich kann ihrem Antrag entsprechen, indem ich auf sie zugehe, dann würde sie nach rechts ins Grüne laufen und ich würde ihr folgen. Oder ich lehne ab, gehe weiter geradeaus und ermuntere sie, mir zu folgen.


    (Für alle, die jetzt aufscheien - es handelte sich hier um ein Brachgelände kurz vor der Bebauung, nicht um eine Wiese oder Weide)


    PS: Wenn das alles noch nicht so funktioniert oder nicht verläßlich, zB wegen Wild, dann bleibt die Leine eben dran.

  • Wir haben hier ein paar Grundregeln. Solange man sich an die hält und nicht ins Jagdfieber fällt (Argos), lasse ich dir Hunde meist einfach machen und greife nur ein wenn es nötig ist. Also es gibt hier auch viele Spaziergänge in denen ich keinen Laut von mir gebe.

    Hin und wieder interagiere ich aber auch Mal mehr mit meinen Hunden und baue Übungen ein. Ich habe nicht das Gefühl, dass das die Hunde drangsaliert. Die haben da eher Spaß dran.

  • Ich finde solche Studien und Aussagen immer interessant, aber auch recht einseitig. Ich wurde auch schon von einer Hundesportlerin, die nach eigener Aussage noch nie einen echt jagdlich motivierten Hund hatte, gefragt warum ich nen GPS an meinem Bretonen hab, ein Hund läuft doch nie weit weg von seinem Menschen....(war nicht böse gemeint, nur sehr naiv gedacht)


    Ich denke, dass kommt immer auf das Individuum Hund an. Hier haben beide Hunde eine sehr hohe jagdliche Motivation.

    Ohne Regeln im Freilauf könnte ich statt einem Spaziergang gleich am Auto warten bis sie wieder kommen..

    Apollo hatte schon mit 12 Wochen nichts auf meinen Verbleib gegeben, wenn er draußen eine Spur hatte.


    Es war ein hartes Stück Arbeit den Freilauf zu erarbeiten, und dazu gehören halt Regeln, die eingehalten werden müssen. Inzwischen muss ich nicht mehr aif ihn achten und so kann er im gesteckten Rahmen(fast) alles machen.


    Stella braucht im Freilauf noch viel Support, ist aber auch erst 1 jahr hier.

    Wenn soe dürfte wie soe wollte, würde sie Vögel jagen, Eicheln fressen bis sie platzt oder einfach laufen, laufen, laufen

  • Mit den zwei Hunden, die ich jetzt habe, ist Freilauf hier auf dem Land echt entspannt (Stadtspaziergänge nicht, aber die muss ich auch nicht haben.


    Aktuell humple ich ja mehr, als dass ich laufe und ich bin recht froh, dass die zwei sich so gut zu beschäftigen wissen, ohne die Umgebung zu belästigen, dass sie mir das lahme Tempo nicht krumm nehmen. Und es ist Herbst, heißt, dass hier die Augen geteilt werden: Eins für die Hunde, eins für den Waldrand. Das funktioniert nur, weil sie verlässlich sind, nicht jagen und fremde Menschen und Hunde nicht belästigen. Bei Bekannten muss ich bei Momo schon mal steuern, aber Fremde werden in Ruhe gelassen.


    Trotzdem gibts hier keinen kommunikationslosen Spaziergang. Ein Beutel Leckerchen ist immer dabei, wenn sie Posieren, vorbildlich ausweichen oder Momo mal einen Trick macht, dann gibts Lob und Cash. Außerdem kriegen sie auch immer was, wenn ich Pilze finde. Das steigert natürlich die Motivation, enger bei mir zu bleiben. Und je nach Gegebenheit rufe ich auch ran, wenn sie für meinen Geschmack zu weit weg toben, das ist individuell.


    Und ich hab sie ebenso auf dem Schirm wie sie mich, wir laufen zusammen, nicht nebeneinander.

  • Die Verantwortung an den Hund abgeben und ihn freie Entscheidungen treffen zu lassen, kann darauf hinaus laufen, dass der Hund seinen Halter für schwach hält, ergo dieser weder ihn noch sich selber schützen kann und das kann fatale Konsequenzen haben. Für einen Hund ist es wesentlich angenehmer keinerlei Verantwortung tragen zu müssen, entspannt durchs Leben zu laufen und seinem Besitzer vollstes Vertrauen zu schenken, dass der, auch in seinem Sinne, immer die richtigen Entscheidungen trifft.

    In meinem Fall gibt es keinen Freilauf in ungesichertem Gelände, solange der Rückruf nicht 100 prozentig sitzt.

    Warum das so ist, hat DerFrechdax treffend geschrieben.

  • Wir haben hier ein paar Grundregeln. Solange man sich an die hält und nicht ins Jagdfieber fällt (Argos), lasse ich dir Hunde meist einfach machen und greife nur ein wenn es nötig ist. Also es gibt hier auch viele Spaziergänge in denen ich keinen Laut von mir gebe.

    Hin und wieder interagiere ich aber auch Mal mehr mit meinen Hunden und baue Übungen ein. Ich habe nicht das Gefühl, dass das die Hunde drangsaliert. Die haben da eher Spaß dran.

    So habe ich es, nachdem die Grundregeln der Erziehung saßen, auch gehandhabt. Auch ein Hund muss mal die Seele baumeln lassen, das ist einfach gut fürs Nervensystem.

    Verantwortung gebe ich dennoch nicht ab, die trage ich natürlich!

  • Da wir ja in keinem luftleerem Raum wohnen gibt es ein paar wenige Regeln, die sie einhalten müssen: Auf dem Weg bleiben, sich dort aufhalten, wo ich bin, bei Außenreizen die Bremse reinhauen und zu mir pendeln, niemanden mobben, niemanden anjagen, niemanden pimpern und ansprechbar sein. Das war's eigentlich schon. In dem Rahmen können sie machen, was sie wollen. Ich habe ja praktischerweise Hunde, die darauf selektiert sind vom Mensch gesteuert werden.


    Im Gegenzug bin ich für meine Hunde verlässlich da. Ich renne denen nicht weg, ich verstecke mich auch nicht plötzlich.


    Hier Mal ein Video, wo wir durch einen wildreichen Wald laufen:


    [Externes Medium: https://youtu.be/itxY6YlyZPY]


    (Ich habe gerade mal auf der Homepage vom ersten Link gestöbert. Heidenei, da sind ja zu 80% übergewichtige Hunde zu sehen auf den Bildern. Was die Verfasserin wohl damit sagen möchte?)

  • Bei uns ist es im Freilauf wie an der Leine. Im Freilauf kennt Eros die Regeln, welche im Grunde dieselben sind wie an der Leine. Die hält er auch ein, ohne, dass ich was sagen muss. Die sind ihm sozusagen in Fleisch und Blut übergegangen. Bei unübersichtlichem Gelände bleibt hier die Leine dran. Aber ich gebe zu, übers Feld, wo ich weit gucken kann, darf er machen was er will. Er macht aber nichts, sondern läuft genau so wie an der Leine mit dem Unterschied, dass der Radius weiter ist. Also: schnüffeln, pieseln, Kopf heben, wo Mutti ist, entweder auf sie warten (oft) oder hinterher sausen (seltener), mal nach den Mäusen gucken, aber nie so, dass ich ihn rufen müsste. Wir sprechen auf Gassigängen sowieso eher wenig, im Freilauf eigentlich nie. Wenn, kommunizieren wir über Gesten oder Augenkontakt. Klar, 100% ist das nie. Bin ich mir unsicher, mache ich den Hund an die Leine. Die einzige Freiheit, die Eros also hat und ausnutzt, ist ein größerer Radius und halt doch mal wo länger zu schnüffeln.

    Er war von Anfang an allerdings sehr auf mich fixiert und das macht so einen Umgang natürlich leichter, als wenn man sich ständig bemühen muss die Aufmerksamkeit seines Hundes zu erlangen. Außer wir machen mal gezielt eine Dummysuche im Freilauf natürlich, machen wir keine Übungen etc. Was sitzen soll, sitzt. Alles andere brauchen wir jetzt nicht mehr. Läuft soweit prima, bis auf die unberechenbaren Bewegungsreize eines vielleicht aus dem Busch schießenden Hasens. Hatten wir aber noch nicht, ist aber nicht auszuschließen. Die Gefahr ist aber nun durch die abgeernteten Felder sehr gering. Im Sommer jedoch, hatte ich ihn mehr oder weniger durchgehend an der Leine, auch am Feld. Da gehe ich kein Risiko ein. Insofern, ja, er genießt jetzt wieder mehr Freiheit.


    Was auch praktisch ist: ich gehe oft mit dem Jagdpächter Gassi. Da erfährt man nicht nur, wieviel Rehe es wo gibt, sondern auch wann sie wo sind. Morgens z.b. Leine ich Eros nur an bestimmten Stellen ab. Es bringt halt auch Vorteile, wenn man seit 10 Jahren dieselbe Gassirunde geht. Man kennt jeden Stein mit Namen 😂

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