Wie viel "hinten über fallen" ist noch ok?

  • Ideael sind per definitionem Vorstellungen davon, was der bestmögliche Zustand von etwas wäre. Aber nicht die Realität. Oder überhaupt erreichbar.

    Wenn es jetzt rein darum geht "Ab wann ist etwas zu spät, wann ist es Verwahrlosung, wann...?", dann hilft es leider nicht, die Latte höher zu legen. Es ist nur nach unten definiert, bis wohin es gehen darf, ohne dass rechtliche Schritte möglich wären. Und das auch nicht überall oder sehr klar ausformuliert.

    Wenn es "Mindestanforderungen an die Haltung von Hunden" gibt und ein Tierschutzgesetz, dann ist das der Rahmen, in dem ich eventuell finde, was wann nimmer okay ist.

    Übererfüllen geht immer, aber definiert ist häufig eben nur "Es muss mindestens so sein." (Könnt man auch ewig drüber diskutieren. Gesetze sind letztlich auch beeinflusst von "Wer ist grad politisch am Ruder und wer berät wen?". Ein Tierschutzgesetz kann manchen nicht weit genug gehen und anderen geht es zu weit. Wie auch immer. Es ist zumindest das einzige Konstrukt, das ich habe, zu einer Beurteilung auf deren Basis auch irgendwas passieren würde, wobei die Auslegung im Detail oder die Durchsetzung dann auch nicht mein Job ist.

    Die Latte liegt nicht einfach nicht höher. Hätte ich sie gern höher, mach ich mich vorallem kaputt damit. Es ist eben nicht alles überall und bei allen ideal. Wird es auch nie sein.

    Was strafbar ist und mir gewahr wird, kann ich anzeigen (Gut, ich kann auch einfach so anzeigen was und wen ich will. Es ist nur ziemlich sinnfrei).

    Dinge, die ich anders täte, gerne anders hätte... mein eigenes Empfinden ist nicht automatisch rechtliche Grundlage.

    Und das muss man manchmal aushalten können. Vorallem in der beruflichen Rolle.

    Beraten wo ich es kann und darf und wo es wer hören will: klar. Aber es muss keiner zuhören oder sich daran halten.

    Ich hab weder bei Mensch, noch Tier wirklich die Handhabe, einfach selbst einzugreifen und es zu ändern, wenn mir was bedenklich erscheint, richtig aktiv ja nicht mal dann, wenn es wirklich bedenklich ist.

    Das ist manchmal schwer zu ertragen, sicher. Aber die Latte ist nicht höher.

    Es spricht nichts dagegen, sich mal auskotzen zu wollen. Oder nach anderen Sichtweisen zu fragen. Aber es ist eigentlich völlig egal, welcher Kunde welche Probleme hat oder nicht hat, oder was er macht oder nicht macht oder wo meine persönlichen Grenzen sind, ab wann was problematisch wird. Den Rahmen gibt die rechtliche Situation vor. Juckt es da niemanden, verlier mich doch nur in meinen eigenen, wohlmeinenden Intentionen und land irgendwann im Burn Out.

  • Was genau wundert dich daran, dass hier ausgesprochen wird, was Tatsache ist?
    Interessiert mich, weil ich ja zu jenen gehöre.

    Und ja, es ist meines Erachtens nunmal ein übertriebenes (unrealistisches) Zielbild > viele Hundehalter können und wollen das gar nicht leisten, was viele hier tun. Es scheitert oftmals schon am Interesse sich theoretisches Wissen anzueignen. Ich sage nicht(!) das ich das gut finde, keineswegs, aber so ist es halt.

    Schon alleine deine Reaktion zeigt doch, wie sehr du unterschätzt das hier im DF vieles geleistet wird, was eben nicht selbstverständlich ist für viele Hundehalter „da draußen“.

    Die Frage ist, rhetorisch, da kann sich jeder selbst drüber Gedanken machen, was ist denn die ideale Hundehaltung. Wir in Deutschland meinen ja so oft so gern, daß wir immer Recht haben mit dem, was wir tun und daß unser Standard der einzig wahre ist und damit belehren wir auch gerne die ganze Welt.

    Ich habe letztens einen Podcast mit Sarah Fink (wars glaub ich) gehört über Strassenhunde oder auch Hunde, wo der Deutsche meint, das wären Strassenhunde, die aber ein Zuhause haben. Ja klar, die Hunde leben nicht das deutsche Luxusleben, aber vielleicht ist das für Hunde gar nicht das non plus ultra, dieses überbehütete, getüdelte, überversorgte, alles regelt der Mensch, alles ist gleich angeblich Streß, nur ja nie Kontakt zu anderen Hunden. Mich hat der Podcast ziemlich nachdenklich gemacht und ich finde, was viele hier so betreiben und so gut finden ist in gewisser Weise auch ein "nach hinten über fallen" von Hunden, seelisch, weil auf das viel zu wenig geachtet wird und viel zu viel von menschlicher Wertung her einfach den Hunden übergestülpt wird.

    Die Hundehalter "da draußen", für die der Hund einfach nur Hund ist, die sich kümmern, aber auch ihre Grenzen haben, sind vielleicht manchmal ehrlicher mit dem Hund, und dessen Hund ist vielleicht glücklicher und zufriedener, als der Hund der seltsamen DF-Bubble.

    Muß nicht mit mir diskutiert werden, aber es gibt viele Gesichtspunkte und nicht nur den des DFs

  • Ach wobei. Die Mitarbeitenden im Tierheim hatten schon den Eindruck, dass *es* immer schlimmer wird. Also, dass der Zustand, in dem die Tiere gebracht werden, wirklich extrem ist, dass es teils schon sehr kippelig war, ob man nicht doch besser einschläfert, und teilweise halt auch richtig brutal mit den Hunden umgegangen wurde. Prozentual gesehen halten immer mehr Menschen Hunde, da ist es ja leider vielleicht einfach nur logisch, dass absolut gesehen auch die Zahl der nicht so gut gehaltenen Hunde steigt.
    Plus natürlich, der demografische Wandel - immer weniger Menschen müssen immer mehr Arbeit erledigen, weil die anderen alle iwi in Rente gehen... und dieses "können Sie dann ab gestern bitte das Doppelte an Arbeit in der Hälfte der Zeit erledigen", wer kennt es nicht?

    Wenn man diese beiden Entwicklungen zusammen nimmt, ist es vielleicht auch leider einfach nur logisch, dass Du die Folgen davon natürlich auch mitbekommst?


    Spoiler weil etwas o.t.

    Spoiler anzeigen

    Sammy war mit Sicherheit auch nicht immer top gepflegt. Als er bei mir eingezogen ist, fand ich, dass da gerade so viel über ihn hinein bricht, dass ich ihm nicht noch direkt mit endlosen Bürsten-Sessions auf die Nerven fallen wollte. Ich musste ihn ja überhaupt erst einmal daran gewöhnen - und selbst den Dreh herausfinden. Und hatte noch diese endlos lange Liste von lauter anderen Sachen, mit denen er zurecht kommen musste. Stubenreinheit (wobei das ganz schnell geklappt hat), große Hunde waren ein ziemliches Thema, Dämmerung und Dunkelheit, überhaupt erst einmal lernen, zu lernen, ach, das war so viel... scheren und blowern kann ich ihn bis heute nicht, die Schermaschine findet er genau so gruselig wie den Föhn.
    Das hab ich ganz nach hinten gestellt, für irgendwann mal.
    Schneiden klappt inzwischen gut, trocknen tut er auch von alleine, geduscht werden ist auch ok (naja, mit leicht vorwurfsvollem Blick)
    Dann ist er halt immer schief geschnitten, das ist ihm glaub ich egal.
    Eine halbe Stunde muss ich mich jeden Tag durch sein Fell arbeiten, er hat glaub ich das, was man eine schlechte Fellanlage nennt.
    Über einen Vorgängerpost hier musste ich echt lachen - ja, dieses Fell ist definitiv absurd dysfunktional und ich hab keine Ahnung, warum sich das so zusammen gezüchtet wird.
    Das es dann noch eine unglaubliche Menge an Missinformation über die korrekte Fellpflege von Havanesern gibt,
    hat es nicht einfacher gemacht. Also, nein, dieses Fell ist kein Wunderkonstrukt, das physikalische Gesetze aushebelt und gleichzeitig wärmt und kühlt. Und man löst keine Zombieapokalypse aus, wenn man es schneidet.

  • Pflege ist auch einfach teils persönliche Präferenz. Im Leben würde ich meine Hunde nicht drinnen / auf den Möbeln haben wollen wenn die nicht 1-2x wtl gebürstet und grad bei dem Wetter aktuell 1x im Monat komplett gewaschen werden. Und ich hab bezgl Fellpflege mit Malis wirklich sehr unkomplizierte Kandidaten.

  • Die Hundehalter, mit denen ich zu tun habe ( das sind beruflich sehr viele pro Woche) sind meistens sehr gut informiert, kümmern sich vorbildlich um ihre Hunde, diskutieren mit anderen HH, leiden mit wenn was ist, unterstützen sich gegenseitig und lesen sich auch in Themen ein. Das ist nicht wirklich gross anders als hier im DF.
    Doch, es ist weniger verkopft.
    Und, sie zünden sich gegenseitig an wenn was ist 😃 wehe, einer der Vierbeiner kommt pummelig aus der Sonmerpause. Hui, das hauen die sich direkt um die Ohren. Nett, aber gerade drauf 😂

    So wirklich wie im Forum 🤣

  • Ich wollte gerade nochmal widersprechen, was den Pflegeaufwand des Langhaarhundes angeht. Bis mir dann auffiel, mein erster Hund war ein Pudelmix und alle folgenden langhaarig. Insofern fing die Hunde Haltung direkt mit Pflege an, denn ich hab auch mein Löckchen selbst geschoren. Also kann ich gar nicht beurteilen, ob es mit Kurzhaarhund einfacher ist. Eine Freundin von mir hat nen Dalmatiner, dessen Haare überall drin stecken wie Nadeln. Und auch gerne mal in allen Klamotten. Und es piekt wie die Hölle. Das wäre so gar nicht meins. Bei mir fliegen watteweiche Flusenbälle, die pieken niemand.

    Ja meine Hunde bringen Dreck ins Haus, aber dann fährt mein Herby (Saugroboter meines Vertrauens) durch das Haus und das gröbste ist weg.

  • Ich habe zwei Hunde, beide langhaarig. Werden ein bis zweimal im Monat geduscht. Dauert ungefähr eine Stunde für beide zusammen. Alle zwei Wochen durchbürsten auch nochmal ne halbe Stunde. Krallen schneiden einmal im Monat. Ohren nach Bedarf reinigen und ungefähr zweimal im Jahr richtig Unterwolle rausholen bei der Hündin.


    Also im Schnitt für zwei große Langhaarhunde eine Stunde Fellpflege die Woche.


    Der Rüde (Profilbild) hat so ungefähr 12-15cm langes Fell und das ist so rauh, ich bin nicht sicher, ob der jemals filzen würde.

  • Eine Freundin von mir hat nen Dalmatiner, dessen Haare überall drin stecken wie Nadeln. Und auch gerne mal in allen Klamotten. Und es piekt wie die Hölle. Das wäre so gar nicht meins. Bei mir fliegen watteweiche Flusenbälle, die pieken niemand.

    Mich erinnert der Dalmi auch immer dran warum ich nochmal keinen KH Hund habe. Einmal kurz auf der Couch den Hund begrabbelt, und das eigentlich schwarze T-Shirt is komplett weiß :rolling_on_the_floor_laughing:

    Das hab ich mit meinen einfach nicht dass da nennenswert Haare hängen bleiben. Vielleicht mal vereinzelt paar Einzelne, aber das wars auch.

    Aber dafür braucht der keine nennenswerte Pflege. Nach Bedarf Krallen schneiden und Zähne putzen, ja. Aber bürsten is da ja nur dazu da die losen Haare zu entfernen und nicht um zu verhindern dass da irgendwas verfilzt. Das is ja genau das was die Sache "ab wann ist der Hund dahingehend vernachlässigt" seeeeehr viel weiter hinten liegt, als bei nem Hund mit Scherfell oder Langhaar.

    Bevor man sich für die Rasse entschieden hat war bspw auch der Wolfsspitz im Gespräch, war aber auch von vornherein raus weil zu viel Fell. Deshalb hat man sich die Rasse garnicht erst weiter angeschaut... Und sofern es andere Rassen gibt die passen, die pflegeleichteres Fell haben wenn man das möchte, spricht ja nix dagegen von einer Rasse zurück zu Schrecken wenn die einem zu aufwendig ist.


    Problematisch wird das halt wenn man nach kleinen Begleithundrassen schaut, da passen oft entweder die Wesenszüge der Rasse nicht, einem stört das Fell, oder es handelt sich um QZ Rassen. Bichons in Kurzhaar gibt's halt einfach keine... Ergo muss man, wenn bspw nur Bolonka, Malteser oder Havaneser passen, eben dahingehend nen Abzug machen dass man sich eben um die Fellpflege mehr kümmern muss...

  • Soweit ich es richtig verstanden habe ist der ideale Hundehalter ein fittes Millionärspaar mittleren Alters mit Tagesfreizeit, Haus mit Garten am Waldrand und umfassendem Wissen im Bezug auf (…).

    Du, das klingt auch ohne Hund ziemlich ideal.

    Aber damit es nicht OT wird - natürlich ist das Leben für abhängige Lebewesen potenziell besser, je flexibler man sich auf ihre Bedürfnisse einstellen kann, je mehr Zeit und Geld man zur freien Verfügung hat und je mehr man weiß (Stichwort Fachkenntnis), was man mit diesen Ressourcen machen sollte.

    Ist einfach Fakt. Heißt halt nur nicht - und da sind sich hier alle einig, glaub ich - dass „weniger optimal = schlecht“.

    Aber ebenso gilt „alles suboptimal = schlecht“. Wenn ich weder Zeit für das Lebewesen aufbringen kann oder will, noch das outsourcen kann (mangel an Möglichkeiten oder Mitteln) ist halt ein Punkt erreicht, wo es für das abhängige Lebewesen besser sein kann, es wird abgegeben.

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