Woran erkenne ich, ob mein Hund mich mag?

  • Die Frage klingt vielleicht ein wenig doof, aber ich meine es ernst.


    Seit 6 Monaten lebt Casanova bei mir. Er ist ein rumänischer Mischling. Er kam direkt aus Rumänien zu mir und ist mein erster Hund. Casanova ist irgendwie so gleichgültig mir gegenüber. Er freut sich nie wenn ich heimkomme, er guckt nur doof wenn ich freundlich mit ihm rede und er interessiert sich null für mich oder für das was ich zu sagen habe.


    Wir mussten vom Verein, von dem ich ihm adoptiert habe, aus eine Hundeschule besuchen. Katastrophe. Er hat null mitgemacht, lag einfach nur neben mir und hat sich umgeschaut. Die Trainer dort gingen null auf uns ein, also haben wir nach dem zweiten Mal abgebrochen. Ok, falsche Hundeschule.


    Zweiter Versuch. Andere Hundeschule, schon davor mein Problem geschildert. Jaja, kein Problem. Erste Stunde Deckentraining. Hat er super gemacht. Er hat sich einfach auf die Decke gelegt und ist da eine Stunde lang, trotz allen möglichen Ablenkungen liegen geblieben. Auch hier sind die Trainer nicht auf uns eingegangen, haben sogar noch gelobt, dass das doch ideal wäre.


    Na gut, zweite Stunde. Leinenführigkeit und Rückruf. Nicht mit Casanova. Er hat sich wieder geweigert mitzumachen. Trainer haben mir dieses Mal verschiedene Tipps gegeben, aber nach der Stunde gesagt, dass es keinen Sinn hat.


    Einzeltrainerin gesucht, weil Verein mir auf die Pelle gerückt ist, dass ich ihnen einen abgeschlossenen Kurs präsentieren muss.


    Mit der Einzeltrainerin hat es besser geklappt. Casanova verhält sich draußen halbwegs normal. Er latscht so vor sich hin, sogar brav an der Leine, schnüffelt herum, lässt sich von absolut nichts aus der Ruhe bringen. Egal ob pöbelnde Hunde, schreiende Kinder, Radfahrer usw.


    Sie meinte nach der 5. Pflichtstunde, dass wir eigentlich keinen Trainer brauchen, sondern mehr Bindung zueinander aufbauen müssen.


    Und hier kommt mein Problem ins Spiel. Wie? Woran merke ich ob mein Hund mich mag? Casanova ist total desinteressiert an allem. Er nimmt keine Leckerlies, keine Wurst, keinen Käse. Er spielt nicht, er will nicht toben, er will einfach nur schlafen und in der Gegend herumschauen. Am liebsten liegt er stundenlang im Garten und glotzt.


    Man könnte meinen er ist 15 Jahre alt, aber er ist ca. 4 Jahre alt.


    Er orientiert sich null an mir. Draußen bin ich quasi nicht existent und selbst drinnen bin ich wie Luft für ihn. Er begrüßt mich nicht, er freut sich nicht, er kommt nicht kuscheln, er mag keine Tricks lernen.


    Ich war mit ihm bereits beim Tierarzt, weil ich dachte er ist schwer krank. Aber die Untersuchungen haben nichts ergeben.


    Gibt es solche Hunde?


    Woran merke ich ob so ein Hund mich mag? Kann es sein, dass er mich einfach unsympathisch findet und deshalb nicht mit mir zusammen arbeiten möchte?


    Wie kann ich bei so einem Exemplar Bindung aufbauen?


    Ich kann mich ja nicht einmal über ihn beklagen. Er ist super brav. Döst den halben Tag, geht brav an der Leine, ignoriert Hunde und Menschen und alles andere. Aber ist er glücklich?


    Kennt ihr solche Hunde? habt oder hattet ihr vielleicht sogar solche Hunde? Wie habt ihr es geschafft eine Beziehung zu ihnen aufzubauen?

  • Hallo,


    kannst du bitte mal ein Foto von ihm einstellen?


    Es kann gut sein, dass in deinem Hund ein "Stückchen" Herdenschutzhund drin steckt.

    Deiner Beschreibung nach würde das zumindest passen.


    Sollte es so sein, hast du eben ein Exemplar erwischt, der nichts anderes wie das, was er eben macht, zum Leben braucht :ka:


    Zum Thema Orga äußere ich mich hier lieber nicht ... :pouting_face:

  • Man könnte meinen er ist 15 Jahre alt, aber er ist ca. 4 Jahre alt.

    Man kann beim ausgewachsenen Hund das Alter nicht mehr sicher schätzen. Also, auch wenn dir der Hund als 4-jährig verkauft wurde, kann er durchaus auch schon 10 Jahre alt sein. Oder auch erst 2 Jahre.



    Wie kann ich bei so einem Exemplar Bindung aufbauen?

    In dem du schaust, was ihn interessiert und seine Interessen mit ihm teilst.


    Am liebsten liegt er stundenlang im Garten und glotzt.

    Also hockst du dich mit ihm in den Garten und ihr bewacht zusammen euer Reich - das wird das Rumliegen und Glotzen nämlich sein.


    Ansonsten fördert auch Sozialverhalten die Bindung: also Pflegemaßnahmen und streicheln - allerdings muss bei beidem der Hund das entweder von sich aus genießen oder gelernt haben es zu genießen. Manche Hunde mögen auch einfach nur Kontaktliegen (wobei das auch einfach nahes beieinander Ruhen sein kann - körperliche Berührung muss dabei nicht vor kommen) - meine große Whippethündin ist so. Gestreichelt werden ist schon ok, aber meistens möchte sie einfach nur bei mir liegen.



    Grundsätzlich muss man, wenn man sich einen Direktimport zulegt, eben mit den gekauften Eigenschaften leben. Wenn man bestimmte Anforderungen hat, dann muss man sich entweder einen TS-Hund aus Deutschland (also ein Hund, der sich hier im TH oder auf einer Pflegestelle befindet - ursprüngliche Herkunft ist zweitrangig), den man vorher kennen lernen und sein Verhalten erleben kann oder einen Hund vom Züchter kaufen.

  • Wir haben im Büro einen "Casanova". Vor einem Jahr zeigte er genau dieses Verhalten. Null Aggression, aber auch null Interesse. Heute ist er immer noch zurückhaltend, aber begrüsst jeden Mitarbeiter feierlich. Und hängt seehr an seinen Besitzern, was man am besten sehen kann, wenn sie nicht da sind. Er wartet nämlich unablässig auf ihr Wiederkommen, wenn sie einen Termin wahrnehmen. Dann werden sie feierlich begrüsst, er will durchaus auch gestreichelt werden, und die Welt ist wieder in Ordnung. Er ist nie stürmisch, nie aufdringlich, nicht das, was man temperamentvoll nennt. Er ist kein Kuschler, kein ewiger Welpe. Aber jeder merkt, dass dieser Hund seinen Platz gefunden hat und zufrieden ist.


    Was ich damit sagen will: jeder Hund drückt seine Zuneigung und Bindung anders aus, manche offensiv, andere fast unmerklich. Vielleicht ist Dein Hund auch einer von denen, die erst mit der Zeit lernen, ihre Zuneigung zu zeigen.

  • Hmmm ... Gegenfrage: Magst du deinen Hund?

    Ja. Ich bin manchmal etwas enttäuscht. Aber ich freue mich jeden Tag ihn zu sehen. ich habe solange vom eigenen Hund geträumt. Natürlich bin ich traurig, dass es nicht so läuft wie erhofft, aber ich mag ihn trotzdem.

    kannst du bitte mal ein Foto von ihm einstellen?

    Wie mache ich das? Irgendwie klappt es nicht.

    Man kann beim ausgewachsenen Hund das Alter nicht mehr sicher schätzen. Also, auch wenn dir der Hund als 4-jährig verkauft wurde, kann er durchaus auch schon 10 Jahre alt sein. Oder auch erst 2 Jahre.

    Er war kein Straßenhund. Er hat auf einem Bauernhof gelebt und wurde den Leuten abgenommen, weil sie sich nicht mehr kümmern konnten oder wollten. Daher stammt auch die Info über sein Alter. Sonst hätte ich definitiv gesagt dass er mindestens 10 Jahre alt ist.

  • Ich kann mich ja nicht einmal über ihn beklagen. Er ist super brav. Döst den halben Tag, geht brav an der Leine, ignoriert Hunde und Menschen und alles andere.


    Manch einer wäre froh *zu Lucifer schiel* xD


    Ne, Spaß, ich verstehe schon, was Du meinst. Meine Hunde sind zwar das genaue Gegenteil, sehr reizoffen und alles geht sie was an, aber dafür bin ich auch sehr wichtig für die beiden und hier wird täglich viel gekuschelt und das fordern die auch aktiv ein.


    Meine alte Hündin war ein TS-Hund. Als sie kam war sie etwa 2 Jahre und kannte weder gestreichelt werden, noch spielen. Gab es in ihrer Welt vorher nicht. Sie ließ sich anfassen, aber gebraucht hat sie das nicht. Aber das hat sich entwickelt. Ich hab sie halt nicht bedrängt, aber wenn sie in der Nähe lag (nicht im Körbchen, da hab ich sie in Ruhe gelassen), dann hab ich mit ihr gesprochen und sie gekrault, oder auch mal gebürstet. Aus aufstehen und weggehen (was sie durfte) wurde ein liegen bleiben und hinnehmen und irgendwann kam sie dann von sich aus. Sie war später ein sehr verschmuster Hund. Das Konzept "Spiel" hat sie nie so richtig verstanden. Was sie verstanden hat, war das Suchen von versteckten Käsestücken in Baumrinde. Aber sie hat auch gerne gefressen. Wenn deiner das nicht tut, kannst du ihn da natürlich nicht mit kriegen.


    Aber ich schließe mich an. Guck was ihm gefällt und baue es aus.

  • Irgendwie kriege ich es direkt nicht hin, also mal extern.


    Das ist Casanova. Angeblich ein Schäfer/Labrador Mischling.



    Zum Thema das tun was er mag. Naja, das ist nicht viel. Klar, ich setze mich öfter mal zu ihm in den Garten und wir schauen einfach nur in der Gegend rum. Ich störe ihn auch nicht. Wenn er auf dem Sofa ist und ich mich dazu setze ist es ihm egal, er geht nicht weg oder so. Aber er wendet sich mir auch nicht zu. Er lässt sich auch anfassen, aber genießt es nicht. Er lässt sich bürsten, abtrocknen, sauber machen, alles. Er ist einfach total... passiv.


    Spazierengehen ist auch nicht seine Lieblingsbeschäftigung. Ich habe manchmal das Gefühl er macht es nur weil er eben muss.


    Ich habe vor dem Einzug so viele Dinge gekauft. Klickerbox, Plüschtiere, Schnüffelbuch, Schnüffelteppich. Für nichts davon lässt er sich begeistern.

  • Mich würde ja sehr interessieren, was du von seiner Vorgeschichte weißt. Auch ein Bild wäre schön, dann könnte man vielleicht erkennen, was für ein Hundeschlag er ist. Wie groß ist Casanova?


    Hunde, die als Welpen ohne intensiveren Menschenkontakt aufwuchsen, kennen es natürlich nicht, daß Menschen interessante Sozialpartner sind, mit denen man etwas gemeinsam unternehmen und Spaß haben kann.


    Zuim Beispiel, daß Menschen manchmal bestimmte Worte aussprechen und daß es sich für den Hund lohnen kann, darauf zu achten wegen Belohnung, das ist keine Selbstverständlichkeit für einen Hund, der das Prinzip nicht von frühauf kennt..


    Dein Hund ist aber offensichtlich zumindest zahm und scheint dir zu vertrauen, denn er läßt sich ja anfassen führen usw. Du erwähnst auch nichts von Ängstlichkeit, das finde ich sehr positiv.


    Du schreibst, er mag keine Leckerchen. Was für Futter bekommt er denn und frißt er das gerne? Wenn ja, kannst du etwas davon als Leckechen abteilen und als Belohnung verwenden.

    Es kann verschiedene Gründe haben, warum er keine Leckerchen nimmt. Zum einen, wenn er sich in einer Situation nicht wohl fühlt und innerlich zu angespannt ist, um zu fressen. Oder wenn er die Leckerchen nicht kennt. nach dem Motto: was der Bauer nicht kennt, das frißt er nicht.

    Hast du schon mal andere Sachen als gekaufte Leckerli, Wurst und Käse ausprobiert? Sowas wie trocken Brot zum Beispiel?


    Es gibt für Hunde (auch für andere Lebewesen inclusive Menschen) vier grundsätzliche Arten, mit Bedrohung und Konflikt umzugehen:


    Angriff (Fight)

    Flucht (Flight)

    Beschwichtigen (Fiddle)

    Erstarren (Freeze)


    nach den englischen Begriffen werden sie auch die 4 F's genannt.

    Von diesen vier Möglichkeiten sind Flucht und Angriff leicht erkennbar, das Beschwichtigen wird oft mit Spiel verwechselt und die vierte Reaktion, das Erstarren wird oft gar nicht erkannt. Deine Beschreibung läßt mich daran denken, daß das auch bei deinem Hund eine Rolle spielen könnte. Ein Hund der "einfriert" bewegt sich langsam oder gar nicht, scheint reaktionslos, störrisch, uninteressiert. In Wirklichkeit ist er aber nur von der Situation überfordert.


    Wenn Casanova aus einem Shelter in Rumänien kommt und als nächstes in einem Hundeschulkurs "funktionieren" soll, finde ich das absolut verständlich, wenn er überfordert ist.


    War er von Anfang an bei dir so wie jetzt oder hat sich da was verändert? Auch zum Guten hin?


    Gibt es Dinge, die er gerne tut?


    Du schreibst zB, daß er gerne im Garten liegt und seine Umwelt beobachtet. Das ist eine Lieblingsbeschäftigung vieler Hunde, besonders von Wachhunden. Das ist auch kein sinnloses Glotzen, sondern solche Hunde behalten aufmerksam ihre Umgebung im Auge.

  • Ich habe gerade so einen Charakterhund, dem ich was beibringen soll. Ist auch auf einem Bauernhof groß geworden und jetzt fast zwei Jahre jahre alt. Hat nie gelernt, dass Interaktion mit einem Menschen Spaß machen kann und lief ihr Leben lang bisher einfach nur so nebenher. Ich kann gerade gut nachvollziehen was du meinst. Ich habe das Gefühl, der Hund lebt irgendwie in einer Blase. Null Interesse an egal was ich versuche und eine Aufmerksamkeitsspanne, die ein schlechter Witz ist. Aber jetzt nach 5 Monaten merke ich langsam eine gewisse Freude (?) wenn sie mich nach Abwesenheit sieht. Von Interaktion kann keine Rede sein, aber anscheinend weiß sie wer ich bin und findet das auch in Ordnung und ganz angenehm. 😅


    Was ich sagen will - gib Euch mehr Zeit. Irgendwann wirst Du kleine Erfolge oder Veränderungen in der Kommunikation bemerken. Vielleicht wirds nie ein Feuerwerk an Emotionen, aber ganz bestimmt wirds kleine positive Rückmeldungen geben. Finde raus, was Euch Spaß macht, was ihr zusammen unternehmen könnt und freu Dich darüber, dass er entspannen kann - ist ja längst nicht selbstverständlich.

    Vielleicht ist er auch noch überfordert gewesen (oder ist es noch immer) von den ganzen neuen Eindrücken und noch nicht ganz angekommen. Eine völlig neue Umgebung, viele fremde Menschen. Dann kann so eine Hundeschule und irgendwelche Forderungen einfach zu viel sein. 🍀

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!