Hund überdreht ständig!

  • Sie würde am liebsten über den Tag verteilt nur ein paar Pinkelrunden einplanen und das längere Zeit so durchziehen

    Das macht man nur bei Hunden, die massiv aufgrund gewisser Umweltreize so derart überfordert sind, dass sie völlig überreizt unter Dauerstress stehen. Z.B. bei läufigen Hündinnen oder weil man direkt vor dem Haus ne Baustelle hat, dann gehts ne Woche halt nur in den Garten oder man fährt mit dem Auto ganz weit raus. Für eine oder zwei Wochen wohlgemerkt - nicht über Monate.


    Seit etwa 3 Monaten reduzieren wir langsam und seit ca. 1 Monat machen wir jetzt dieses Sparprogramm.

    Der Hund ist also seit seinem 5. Lebensmonat (und seit 4 Monaten) völlig gebremst, ist das korrekt?


    Na wenn da nicht der Hund begraben liegt, weiß ich auch nicht. Bedenklich, dass die Trainerin euch das empfiehlt...

  • Hallo Anna, willkommen im Forum!


    Ich hoffe ich bin hier im richtigen Bereich, meine Erfahrung mit Foren ist eher mau :tropf:

    Du bist genau richtig gelandet! :bindafür: Und zu der Erfahrung in Foren: Du wirst es mit der Zeit selbst erleben, sammel alles feedback, das Du kriegen kannst, versuche wenn möglich, ein bisschen einzuschätzen, welchen Hintergrund diejenigen haben, die zu Deinen Themen was schreiben, besprichs mit Deinen Trainern vor Ort, und zieh Dir aus allem das raus, was Euch hilft.


    Fly ist dabei Deine beste Rückmeldung, Du schreibst selbst:

    Ja, aber wenn ich mehr mache ist er so drüber, dass er sich selbst anknabbert und kommt überhaupt nicht mehr zur Ruhe.

    Also ist mehr Programm momentan zuviel für ihn. ;)



    Ich picke mir mal drei Dinge raus, die Du im ersten Post geschrieben hast:

    Es kann nicht an Überforderung liegen.

    Wir machen in der Hundeschule Obedience für Junghunde

    Mein damaliger BC-Rüde Leo kam erst als 5jähriger Hund zu mir. Dennoch wäre er bereits mit einmal in der Woche Obedience in einer Gruppe vor allem in den ersten 1-2 Jahren völlig überreizt gewesen. Leo hat das erste Jahr bei Menschen gelebt, danach 4 Jahre im Tierheim, bevor er zu mir gekommen ist. Was er gar nicht konnte, war zur Ruhe kommen, den ganz normalen Alltag ruhig wahrnehmen, ohne aus jedem bisschen eine Aufgabe zu basteln.

    Genau das haben wir anfangs geübt, und zwar nichts anderes. Keine Kommandos, keine Tricks, kein Dummy, kein Besuch, usw. Stattdessen wie geht runterfahren im Haus, wie geht runterfahren draußen in der Pampas im Stehen, wie geht gechillt eine Pfote vor die andere setzen, muss ich Vögel am Himmel hüten/anglotzen, ist Wind aufregend, der Blätter bewegt, usw. Für Leo war Dein derzeitiges Gassipensum mehr als ausreichend, er brauchte jedes Fünkchen Konzentration für diesen so "harmlosen" Alltag, und er brauchte jede Menge Zeit, um diesen Alltag anschließend zu verarbeiten.

    Jahre später, als wir schon ganz viel etabliert hatten, hab ich ihm mal Dummytraining in einer Gruppe angeboten - Leo war überfordert. Alleine für uns, wohldosiert, kein Problem.


    Das kann sich bei Euch auch viel besser entwickeln! Ich will nur einfach unterstreichen, dass das:

    weil wir nach Absprache mit einer Trainerin den Alltag immer langweiliger gestaltet haben

    für Fly deswegen noch lange nicht langweilig ist. Er hat sooo viel damit zu tun, Alltag zu lernen! Und es kann total spannend für Dich sein, ihn genau dabei zu begleiten. Ihn immer besser lesen zu lernen, was er draußen eigentlich genau tut. Ihn zu bestätigen für Ruhe, weil das für ihn eine besondere Leistung ist! (Machst Du das eigentlich schon? Gezielt Ruhe bestätigen?) Meiner Erfahrung nach hat das wirklich gar nichts mit erzwungener Ruhe zu tun, sondern mit einer Basis, die ihm so viele Freiheiten überhaupt erst ermöglicht, weil er sich eben nicht ständig stressen und pushen muss.

  • Ja, das Gefühl habe ich auch. Dabei ist es ein deutliches Signal, dass ich so in der Hundeschule gelernt habe. Aber er ignoriert es völlig. Was könnte ich denn stattdessen versuchen? Hier wurde vorgeschlagen ein Ritual einzuführen, denkst du das würde mehr helfen?

    Was immer dazu führt, die Erwartungshaltung auszuknipsen, ist richtig. Wie konkret du das erreichen kannst (speziell du bei speziell diesem Hund) kann man dir per Ferndiagnose wahrscheinlich nicht sagen. Und ich selber kenne mich mit Border Collies nicht aus.

    Warte mal, bis flying-paws sich einloggt. Die ist selber Hundetrainerin und arbeitet mit Borders an Schafen. Ich drück die Daumen, dass die einen Kontakt bei Regensburg hat.

  • Ich würde den Beitrag von tassut gerne aufgreifen, denn es ist im Prinzip auch das, was ich damit meinte, als ich sagte, dass geistige Auslastung derzeit zu viel sein kann, er aber dringend körperliche Auslastung braucht, auch als Ventil, um Stress abzubauen.


    Deswegen: Bewegung ganz dringend wieder hochfahren, aber in ruhigen, wenig frequentierten Gebieten, damit er da in Ruhe die Welt entdecken und Stress abbauen kann. Ist da zufällig ein Baumstamm, über den man klettern kann: prima, nutze das, um den Spaziergang spannend zu machen, lass ihn hochklettern und drauf balancieren. Ist da ein Bach mit Brücke, die er etwas spooky findet: prima, zeig ihm behutsam, dass man da drüber kann. Das ist genug geistige Auslastung, es stärkt eure Bindung (wodurch er besser auf dich und deine Ruhesignale reagieren kann) und er kann diese ganzen Stresshormone durch körperliche Betätigung abbauen.


    Ich bin mir sehr sicher, dass sich dadurch vieles positiv verbessert. Die Stunden in der Hundeschule würde ich auch aussetzen, die waren bzw. sind für meinen (etwas älter als ein Jahr jetzt) pures Gift. Wir üben zuhause und draußen, ohne 20 andere Mensch-Hund-Teams und fahren damit sehr, sehr gut.


    Ich empfehle dir mal das Buch "Spaßschule für Hunde". Da ist etliches drin, was du zuhause mit ihm machen kannst, ohne ihn zu überfordern.


    Dass er so viele Tricks abspult ohne Sinn und Verstand, zeigt ja, dass er viel zu viele Energien hat, sich selbst nicht regulieren kann und ihm keiner aktiv dabei hilft, das zu tun. Aber offenbar nicht im Kopf, denn da knallen alle Sicherungen raus. Sondern eher im Körper. Und wenn der mal 1-2h mittags bei einem ausgedehnten Spaziergang mit Pausen unterwegs war, wette ich, dass der erst mal viele Stunden pennt und auch am Tag danach deutlich entspannter ist.


    Mit 9 Monaten waren wir auch mittags 1h, morgens und abends je 30-40min draußen, mit vielen Wechseln zwischen schnüffeln, entspannt traben, auch mal flitzen und fetzen und dann wieder gemütlich und so weiter, sonst wäre der wie der Fly im Kopf völlig hohl gedreht. :) Geistig war mit dem mit 10-11 Monaten auch nix anzufangen, da haben wir teilweise 3 Wochen am Stück gar nichts gemacht und Sitz nur eingefordert, wenn es nötig war etc.


    Und eben: ganz dringend rausfinden, was ihn beruhigt, insbesondere draußen.

  • Der Hund ist also seit seinem 5. Lebensmonat (und seit 4 Monaten) völlig gebremst, ist das korrekt?

    Seit 3 Monaten wird reduziert. Also seit er 6 Monate alt ist geht das Programm wieder nach unten. Angefangen hat es mit ein paar Minuten weniger täglich. Mittlerweile sind wir eben bei diesem Programm angekommen und stehen geblieben, weil ich gegen eine weitere Reduzierung war, weil es mir halt auch krass wenig vorkommt.

    Machst Du das eigentlich schon? Gezielt Ruhe bestätigen?

    Ja, wir trainieren gerade das Ruhekommando "easy". Aber noch mit mäßigem Erfolg. Er hat schon eine Verknüpfung hergestellt und es klappt auch, wenn er nur leicht gereizt ist, aber sobald er richtig überdreht gibt es kein Durchkommen mehr. Da hilft wirklich nur ihn packen und mich mit ihm Schlafen legen :tropf: Oder es eben aussitzen, aber das kann dauern und er tut mir richtig Leid, wenn er nicht weiß wohin mit sich.

  • Dein Hund hört sich krank an. Nach meinem belesenen Wissen ist es hier wirklich wichtig, auf eine erfahrene Person zu hören, die sich nicht nur mit der Rasse sondern auch mit der problematik auskennt.

    Hat deine trainerin so eine erfahrung?


    Irgendetwas zu probieren halte ich für fatal.


    War das durchdrehen im freilauf auch vor dem sparprogramm der fall?

  • Nein, sie selbst hat nicht viel Erfahrung mit dieser Problematik. Klar, sie kann schon mit überdrehten Hunden und laut ihr funktioniert eine Programmreduzierung normalerweise auch schnell und zuverlässig. Aber da es bei Fly bis jetzt nicht viel hilft hat sie eben einen Verhaltenstierarzt vorgeschlagen.


    Ja, vor dem Sparprogramm war es wirklich extrem. Es begann nach etwa 10 Minuten und dann hat es sich immer mehr gesteigert. Zuerst war es nur ein im Kreis laufen und bellen, dann begann er durch die Gegend zu springen, Bäume anzuknabbern, er hat sogar versucht Bäume hochzuklettern. Irgendwann hat es dann damit geendet, dass er sich selbst angeknabbert hat.


    Deshalb auch die Aussage vom Anfang. Er hat gefühlt nichts von längeren Spaziergängen, weil er einfach gar keine normalen Hundedinge mehr tut.


    Aber was @Dobby13 sagt klingt auch irgendwie schlüssig. Deshalb würde es vielleicht wirklich Sinn machen die geistige Auslastung runterzufahren/wegzulassen und ihn körperlich wieder mehr auszulasten. Hmm.

  • Ich bin ein ziemlicher Fan von Stress-durch-gleichförmige-Bewegung-abbauen (Ausdauerlaufen). Würde ich beim Border Collie aber nie versuchen, ohne dass ein rasseerfahrener Trainer danebensteht und sagt, "jo, bei DIESEM Hund ist das ma echt angebracht". Bei manchen Rassen ist der aufputschende Effekt von Bewegung viel schwieriger in den Griff zu kriegen.

    Dein Hund zeigt schon selbstverletzendes Verhalten. Da würde ich nur Ratschläge von jemandem annehmen, der die Rasse kennt und dich und den Hund zu Hause besucht.

  • Ja, vor dem Sparprogramm war es wirklich extrem. Es begann nach etwa 10 Minuten und dann hat es sich immer mehr gesteigert. Zuerst war es nur ein im Kreis laufen und bellen, dann begann er durch die Gegend zu springen, Bäume anzuknabbern, er hat sogar versucht Bäume hochzuklettern. Irgendwann hat es dann damit geendet, dass er sich selbst angeknabbert hat.

    Der reinste Stresswahnsinn.


    Deshalb auch die Aussage vom Anfang. Er hat gefühlt nichts von längeren Spaziergängen, weil er einfach gar keine normalen Hundedinge mehr tut.

    Die er nicht tut, weil er völlig im Stresswahn steckt.


    Die Frage ist halt, woher der kommt. Stressen ihn Autos? Fußgänger? Hundedamendüfte? Eine zu kurze Leine? Das kann so vieles sein.


    Kommt er zb mit Menschen nicht zurecht, weil ihn das stresst (immerhin laufen die alle kreuz und quer und macht man seinem Hütehund nicht klar, dass die das dürfen und er darauf nicht aufzupassen hat, kann das stressen), man läuft nun aber Wege, auf denen immer wieder oder gar viele Menschen unterwegs sind und er kann die aufgrund seiner Leine nicht "einsammeln", dann explodiert der Stress im Kopf. Da bringt es nichts, ihn von diesem Reiz fern zu halten, denn er muss lernen, dass das weder seine Aufgabe ist noch dass ihn das stressen muss. Allerdings wohldosiert und mit Sinn dahinter.


    Ist er zb wegen den Mädchendüften gestresst, dann laufe ich nicht zuhause los ins Feld, wo alle mit ihren Mädels laufen, sondern ich pack den direkt ins Auto und fahre an einen Feld-/Waldrand, wo wenige Leute unterwegs sind mit ihren Hunden, da ist die "Duftdichte" einfach viel geringer. Gehe ich aber in den stark frequentierten Naherholungsbereich, dann drehen da in 3 Minuten die Sicherungen durch, weil alles duftet, er aber nirgends hin kann und kaum findet er mal eine Duftstelle, muss er ja schon wieder da weg - die 10min Gassi sind ja vorbei, weißt du?

  • Ich finde was @Dobby13 sagt klingt sehr vernünftig.


    Offensichtlich funktioniert der Weg der Trainerin ja nicht, also würde ich definitiv mal etwas anderes ausprobieren, bevor du ihn wirklich nur zu 5 Minuten Runden verdammst.


    Wie verhält er sich denn an der Schleppleine? Kennt er die, oder gehst du nur an kurzer Leine oder ganz ohne Leine spazieren? Vielleicht könnte ihm eine Schleppleine ein Stück Sicherheit geben und ihn regulieren.

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