Sind manche Hunde(rassen) nur mit "Leistungssport" zu halten?

  • Anlässlich eines etwas ausufernden Threads, in dem es um die Anschaffung eines AL- Labradors ging, möchte ich mal folgende Frage in den Raum stellen: Gibt es tatsächlich Rassen, die man nicht halten kann, wenn man nicht vorhat, auf höherem Level Hundesport oder eine ähnliche Art der Auslastung zu betreiben?

    Dabei geht es mir nicht darum, ob der Hund die Anlagen dazu mitbringt und ob er bei entsprechendem Training sehr gut darin ist. Mir geht es darum, ob es tatsächlich unmöglich ist, den Hund zufrieden, unauffällig und händelbar durch den Alltag zu führen, wenn man nicht ernsthaft Hundesport betreibt.

    Meine reichlich naive Meinung war ja bisher, dass kein Hund unbedingt "Leistungssport" braucht (wobei ich AL- BC und "Sport-Malinois" vielleicht ausschließen würde.) Ich gehe dabei von einem interessierten und durchaus engagierten HH aus, der halt keine Sportambitionen hat. Darf der sich dann bestimmte Rassen einfach nicht holen, wie z.B. einen AL- Labrador, einen DK oder einen LZ- Dsh?

    Was sind eure Meinungen dazu?

    Jeder, der sich einen Hund zulegen will, sollte überlegen, was er mit dem Hund machen möchte.

    Es gibt massenhaft Leute, die wollen einfach spazieren gehen, irgendeinen netten Freizeitsport mit Hund im Verein machen, nette Leute kennenlernen. Mit dem kuscheln, all sowas.


    Und gibts Viehhalter, die für ihren Bedarf einen Hund wünschen. Jäger. Dann gibt es Leute, die schon in den Hundesport dein sind und zum Beispiel fürs AGI einen Hund wünschen, oder eben in Obediece, Dummysport Trialsport oder IPO. Ich habe meinen 2. Hund für die Rettungshundearbeit angeschafft.


    Es ist halt sinnbringend für einen „hundeverrückten“ Menschen, mit Hund gemeinsam die Freizeit zu verbringen.


    Und jetzt kommt die Krux. Wer nie ernsthaft zumindest eine Einsicht hat vom Aufwand einer solchen Freizeitgestaltung, vom finanziellem Aufwand und vom zeitlichen, aber große Augen bekommt, wenn er solche Hunde/ Mensch- Teams sieht, und wer dann denkt: juchuh, Kauf ich mir Rasse xy und davon mindestens auch Leistungslinie, dann Bischof auch so, der ist einfach, sorry: dumm.


    Man geht auch nicht los und kauft sich ein Dressurpferd und stellt das hinters Haus und meint, jetzt lerne ich erstmal reiten.

    Man kann in alle Sportarten reinschnuppern.

    Aber aufgepasst: nicht in Den üblichen Hundeschulen. Vereinsarbeit ist eine ganz andere Liga!


    Der Trainingsaufwand ist nicht zu unterschätzen und bedarf viel Fleiss und eben, das Quentchen „Hundeverrücktheit“, was man dazu benötigt. UND, die Partner müssen das mit tragen. Genauso, wie manche Fussballverrückt sind und das WE ist immer dominiert von dem Sport, findet jeder Hundesport und auch die RH Arbeit mindestens an einem WE-Tag statt und mindestens 1 mal bis nachmittags bis abends.


    Und dann kommen Seminare hinzu, Tuniere, Prüfungen……


    Da gehen nicht wenige Partner auf die Barikaden.

    Und es gibt halt Hunde, mit denen kann man aus Lust und Laune locker leichte lustigen Sport machen und ansonsten, eben einfach Gassie gehen und kuscheln.


    Es ist immer das selbe, die zentrale Frage ist:

    Was will ich mit dem Hund gemeinsam tun? Das nächste Jahrzehnt.

  • Nefelee


    Ich denke, das beschreibt es recht gut, was passieren kann, wenn man einen Spezialisten vorwiegend als begleitenden Kumpel möchte: Es wird andere Dinge geben, die er einfach nicht gut kann. Im schlimmsten Fall eine Woche ganz normales Familienleben (eventuell noch mit Gang ins Einkaufszentrum und ins Café). Wofür er entweder seinen Job braucht, um gut gerüstet dafür zu sein, oder auf die er lieber ganz verzichtet.


    Wer das eh nicht will, sondern für wen die entsprechende Arbeit selbst das ist, wofür er brennt, hat damit wahrscheinlich nicht das Thema. Aber jemand, für den diese Anforderung nur eine von mehreren gleichrangigen oder sogar wichtigeren Forderungen ist. Und sehr viele Menschen machen sich nicht klar, dass ihr „ganz normaler Alltag“ schon eine Forderung an den Hund ist.

  • Ich sehe an der Sache 2 Probleme...


    1) ein Anfänger unterschätzt den Aufwand bzw ÜBERschätzt seine eigene Fähigkeiten gerne. Grundsätzlich kein Problem, man lernt ja dazu. Aber "ich find den so hübsch" ist jetzt nicht die beste Basis dafür in Zukunft 3x/Woche + jeden zweiten Samstag auf dem Platz zu verbringen


    2) die Plätze für versaute Hunde sind rar. Keiner der noch halbwegs denken kann bindet sich nen 2-3 Jahre alten, total versauten Hund ans Bein. Kein Jäger, Hirte, Viehbesitzer oder Sportler nimmt so nen Hund für seine ursprüngliche Aufgabe. Warum auch wenn man einen ebenso guten aber nicht versauten Welpen bekommen kann?



    Ich kenne einige Gebrauchshunde (Jäger, Hüter, Herdenschützer,..) in Privathand- und ich sag es frei heraus. 80% von denen würde ich nicht mal nehmen wenn ich noch Geld dafür bekommen würde.

    Da musste es der "hübsche" Weimaraner sein.. der nun seine Mannesschärfe ausgepackt hat und nur noch mit Maulkorb und Mehrfachsicherung zu bändigen ist.

    Oder der "knuddelige" Owtscharka der über jeden Zaun geht und Spaziergänger und deren Hunde verdreschen würde.

    Der "superschlaue" BC der Lichtflecken hütet und zum runterkommen in eine 100% lichtlose Box gestopft werden muss weil er sonst wahrscheinlich bald nen Herzkasper erleidet.

    Der LZ-DHS der inzwischen nur noch bei absoluter Dunkelheit und mehrfach gesichert Gassi geht weil er sich sonst auf alles stürzt das Puls hat.



    Sind die Hundebesitzer dazu unfähig? Nö, würd ich nicht sagen. Einige mehr, andere weniger ambitioniert. Was aber allen diesen Menschen gefehlt hat war ein Gefühl für die Eigenarten ihrer Rasse. Das Wissen um die Grundlegenden Verhaltensweisen und was daraus werden kann.


    Hätte man das vermeiden können? Ja, indem man sich einen Hund anschafft der nicht von 0 auf 100 in unter 1 Sek geht. Einen Hund der gemäßigt im Verhalten ist, dessen reine Genetik ihn nicht zu solchem Verhalten zwingt. Denn "herausstreicheln" kann man das nicht.

    Man kann es nur mit Wissen in die richtigen Bahnen lenken. Und dafür ist auch die artgerechte, passende Auslastung nötig.


    Oder anders- ein Mali könnte sicherlich auch lernen mal Schafe zu treiben. Schlau genug sind sie. Aber das ganze Thema was einen Mali AUSMACHT, das wird damit nicht bedient. Und genau DAS sucht sich irgendwann nen Weg raus.

  • Wenn ich einen gemäßigten, vielseitigen "Normal"hund habe, kann ich seine Talente in jede Richtung fördern und viel Spaß mit ihm haben. Wenn ich einen hochgezüchteten Spezialisten, aber keinen echten Job für ihn habe, kann ich nur beten, daß er Ersatzbefriedigung annimmt. Falls nicht , bin ich vermutlich hauptsächlich mit deckeln und managen beschäftigt und das macht weder Hund noch Halter Freude.


    Man steckt natürlich nicht drin in den Leuten, aber ich persönlich habe immer Zweifel, wenn jemand sich im vorhinein darauf festlegt, daß Dummysport, Gebrauchshundesport oder Ähnliches der persönliche Lebensmittelpunkt (abgesehen von der Erwerbsarbeit) für die nächsten 10 oder mehr Jahre sein soll. Und das ohne eigene Erfahrung in diesem Bereich. Nur weil man denkt, es könnte Spaß machen. Was, wenn der Spaß sich doch abnutzt? Wenn nicht gleich, dann vielleicht nach einigen Jahren, wenn der Reiz des Neuen verflogen ist und man den Betrieb kennt? Oder wenn sich die Lebensverhältnisse ändern? Mit einem gemäßigten Hund ist und bleibt man dann flexibler. Und kann sich trotzdem an Erfolgen freuen, es ist ja nicht so, als ob das Nieten wären im Hundesport.


    Dagmar & Cara

  • Ich denke, dass das Pensum, das ein AL- und ein SL- Labbi braucht, so unterschiedlich nicht ist

    Das ist es bei keiner Rasse. Es geht bei Arbeits und Gebrauchshunden nicht darum diese stundenlang zu beschäftigen. Die Arbeit muss vernünftig sein, Rassegerecht und ist deshalb automatisch Zeitintensiver als jeder Hobbysport, den man so nebenbei machen kann.


    Du kannst mit einem SL Labbi easy laienhaftes Dummytraining machen, was dann eher unter die Kategorie Apportierspiele fällt. Der Hund macht da voller Freude gerne mit und ist zufrieden.

    Du kannst mit ihm aber auch ernsthaften Dummysport betreiben.


    Ein AL Labrador wird jedoch niemals mit Apportierspielen glücklich sein. Dieser braucht eine vernünftig aufgebaute Arbeit, mit extra Training ohne dieses auf den Alltagsspaziergängen mit einzubeziehen.


    Der Aufwand ist zeitlich einfach ein anderer, da die Zeiten anders aufgeteilt werden müssen.

  • Das ist es, was mir nicht so recht in den Kopf will. Ich denke, wir sind uns einig, dass man seinen Hund bedürfnisgerecht beschäftigen soll. Dass das schwierig bis unmöglich wird, wenn man sich einen Herdenschützer holt, der das ernsthaft tun will, sehe ich ein. Ich kauf mir ja jetzt nicht ne Ziegenherde, pferch die auf der Wiese ein und setz den Hund dazu (salopp gesprochen , ich weiß, dass da mehr dazu gehört).

    Aber auch ein AL- Labby hat ja erstmal das Bedürfnis zu apportieren, evtl. noch zu fährten, aber wie unterscheidet der, ob das laienhaft oder professionell betrieben wird? Verschiedene Aufgaben, in verschiedenen Schwierigkeitsgraden kann ich doch auch erarbeiten, ohne mir eine professionellen Dummytrainer zu holen. Ich hab nicht viel Ahnung von professionellem Apportieren, aber Variationen, dass es dem Hund nicht langweilig wird, kriege ich hin. Und was genau ist das Problem, das in den Spaziergang einzubauen? Man kann doch ein klares Start- und Stoppsignal etablieren und z.B. die Halsung wechseln, so dass der Hund nicht in ständiger Erwartung ist. Mit Kaya klappt das, aber als oberambitioniert würde ich die nicht unbedingt bezeichnen.

    Ich persönlich hätte vielleicht irgendwann wieder gern einen Dsh und steh nicht auf die Schläge bei der Hochzucht. Aber nach den vielen Diskussionen hier im DF müsste ich eigentlich davon Abstand nehmen, weil ich nicht unbedingt in den Hundesport wollen würde.

  • Das was ich schon bei meinem Curly feststelle (und der ist bei weitem keine Arbeitslinie) ist, dass er ohne eine Arbeit, die den Titel auch verdient, wesentlich schlechter im Alltag zu händeln wäre. Die Zusammenarbeit die im Dummytraining nötig ist, die geforderte Impulskontrolle, die körperliche und geistige Auslastung haben maßgeblich dazu beigetragen, dass er hier nicht jagen geht, easy kontrollierbar mit anderen Hunden ist, leinenführig ist usw.


    Bei ihm oder einem anderen nicht speziell auf Leistung gezogenen Hund, hätte ich das wahrscheinlich über die Zeit auch mit weniger anspruchsvoller Arbeit hinbekommen.

    Bei einer Arbeitslinie kann das aber wirklich anders aussehen. Ich kenne ein paar Arbeitslabbis, die jagen wie der Teufel und sind nicht abrufbar und sich auch ansonsten nicht wirklich alltagstauglich benehmen. EInfach weil sie nicht ausreichend "gearbeitet" werden. Ein bisschen Dummy auf dem Spaziergang reicht da halt einfach nicht. Bei den Hundeführern fehlen auch die Ideen wie sie ihre Hunde wirklich fordern können. Viel zu lang werden viel zu einfache Sachen geübt und gleichzeitig Basics vernachlässigt.


    Wenn man als Hundehalter leidensfähig ist, dann nimmt man den Hund halt an die Leine, weicht anderen Hunden aus und lebt mit den übrigen Macken. Ich denke nicht, dass den Hund das großartig stört, die wissen ja nicht um die anderen Möglichkeiten, aber die Frage ist doch dann wirklich berechtigt, ob es das braucht?


    Also kann man sie ohne Leistungssport halten? Ja klar, können tut man alles.
    Ist es sinnvoll? Nein. Es hat einen Grund warum diese Hunde auf Leistung gezogen wurden und nur weil man sie nicht fördert, vergessen die Gene das nicht einfach. Das wiederum führt zu Problemen im Alltag, die jemand der den Hund nicht intensiv arbeiten will tendenziell auch schlechter händeln kann.

  • Aber auch ein AL- Labby hat ja erstmal das Bedürfnis zu apportieren, evtl. noch zu fährten, aber wie unterscheidet der, ob das laienhaft oder professionell betrieben wird? Verschiedene Aufgaben, in verschiedenen Schwierigkeitsgraden kann ich doch auch erarbeiten, ohne mir eine professionellen Dummytrainer zu holen. Ich hab nicht viel Ahnung von professionellem Apportieren, aber Variationen, dass es dem Hund nicht langweilig wird, kriege ich hin.

    Was meinst du denn mit laienhaft und professionell?

    Ich denke nämlich, dass man das eben nicht hinbekommt, dass es dem Hund nicht langweilig wird. Es geht ja auch darum, dass der Hund sich entwickeln kann, man muss die Aufgaben also auch immer wieder neu an den Leistungsstand anpassen.


  • Nein man bekommt nicht den gleichen Anspruch hin wie mit professionellem Trainer und Gruppe. Es fehlen die Helfer, das wechselnde Gelände, die anderen Hunde, die deutlich mehr Impulskontrolle vom Hund fordern als wenn man mit ihm alleine trainiert. Man kann sich sicherlich viel alleine behelfen, aber nicht in gleichem Ausmaß und wenn man nicht schon mehrjährige Dummytrainingserfahrung hat, dann gehen einem irgendwann mit Sicherheit die Ideen aus. Am Anfang mag ein strukturierter Aufbau noch möglich sein, aber später wird das knackig und lass dann mal ein Problem auftauchen, was du selbst nicht gelöst bekommst.

    Typisches Dummytraining läuft über mehrere Stunden am Stück. Viel Wartezeit, es wird viel Konzentration benötigt um dann auf Knopfdruck die entsprechende Leistung zu bringen.


    Ich merke es gerade in unserer Trainingsgruppe, kaum einer bekommt es hin zuhause kontinuierlich zu üben, ohne vorgegebene Aufgaben o.Ä.

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