Für mich ist es wirklich schwierig gegen all die Meinungen aus meinem Umfeld anzureden. So oft höre ich, das was ich vorhätte sei „pervers“(!). Ich solle mir doch kein Lebewesen „produzieren lassen“, sondern einen Hund der benachteiligt wurde „retten“!
Soweit ich das einschätze habe ich jedoch weder die Kapazitäten noch die Erfahrung, um einen nicht gut sozialisierten Hund zu erziehen. Ich denke das wird mit einem Welpen vom Züchter schon anspruchsvoll genug!
Das Umfeld hat eine etwas merkwürdige Einstellung; lass dich nicht verunsichern, du hast schon das richtige Bauchgefühl.
"Gerettete" Hunde sind die, mit denen ich im Tierheim oft zu tun bekomme, und da wir Pflegestelle für die Rückläufer einer Tierschutzorganisation sind, bekommen wir live mit, was passiert, wenn das "Retten" schief geht. Das sind nämlich die Schätzchen, die ich dann im Training habe, bis sie vermittlungsfein sind und eine zweite Chance auf ein Zuhause bekommen. Dass du dir das als Anfänger nicht zutraust, finde ich sehr vernünftig.
Im Tierschutz gibt es auch supertolle, einfache Anfängerhunde, aber das Problem ist, dass du als Anfänger eben nicht einschätzen kannst, welche das sind.
Immer wieder höre ich auch, dass dieses „reinrassige“ Denken daneben sei. Wieso dürfte der Hund nicht gemischt sein?
Ja, da habe ich mir dann immer wieder gefragt wie die Mischlinge zustande kommen. Und so wie ich das verstehe sind eben die da gemeinten Mischlinge aus einem UPS-Wurf oder aus dem Tierschutz.
Und da beisst sich jetzt die Katze in den Schwanz ...
Hunde dürfen gern gemischt sein, ich hatte eine rumänische Allesdrin und habe jetzt einen Ups-Mischling, der der allerbeste Hund auf der ganzen Welt ist. Ohne Hundeerfahrung wär das mit seiner Mischung aber vermutlich gehörig schief gegangen. Er kam mit drei Jahren zu mir, wurde also erst gerade so erwachsen, und er ist ein Mix aus Hovawart (Wach- und Hofhunderasse mit starkem Wach- und Schutztrieb, die im Zweifel Unsicherheiten und Konflikte eher nach vorn auflöst, d.h. gegen die Bedrohung gehen würde, statt wegzulaufen) und Kurzhaarcollie (neigt zu Unsicherheit). Ich hab also eine Mischung, die einerseits dazu neigt, unsicher zu reagieren und andererseits dann eher der Bedrohung entgegen zu gehen - zur Not auch mit den Zähnen. Ein Anfänger wäre damit überfordert gewesen, ich habe zum Glück viele Jahre Hundeerfahrung und konnte mit seiner Genetik umgehen und ihn stärken, so dass die Unsicherheit verschwand und er der coole, souveräne Begleiter in allen Lebenslagen wurde, der er jetzt ist.
Man darf nicht vergessen, dass es bei Mischlingen neben dem Problem der kommerziellen Vermehrung noch andere Baustellen gibt: Gesundheitlich weiß man nicht, was durchkommt, es kann sein, der Hund ist supergesund, aber er könnte auch die gesamten Erbkrankheiten der Rassen bekommen, die mitgemischt haben. Wesenstechnisch kann man auch Glück haben und einen Hund bekommen, dessen Ursprungsrassen charakterlich zusammenpassen, aber es kann auch was rauskommen, das man nicht wirklich haben möchte. Labrador-Aussie wäre so eine Katastrophenmischung, wobei es auch da sicher tolle Hunde gibt. Aber Hunde, die Menschen toll finden und eher zum Fiddeln neigen mit solchen kreuzen, die von Natur aus reserviert sind, auf Fremde (Menschen und Hunde) verzichten können und das auch deutlich klarstellen, ist nicht gerade der Traum eines Hundeanfängers.
Von daher finde ich deine Einstellung richtig und gut, es dir mit einem gut gezogenen Begleithund vom seriösen Züchter für den Anfang etwas leichter zu machen. Denn ja, Welpe ist ne Hausnummer, die allein schon mal viel Umstellung und Lernen erfordert.
Ich habe beides hier, den Großen aus dem Tierheim und den Kleinen, einen Langhaarcollie, vom seriösen Züchter. Ich würde beides jederzeit wieder machen, sowohl Tierheimhund mit Baustellen als auch Züchterwelpe, aber ich habe eben auch die Erfahrung der jahrelangen Tierheimarbeit und Hundehaltung im Rücken.
Wenn du erst mal weißt, wie "Hund" funktioniert, kann immer noch ein Tierschutzhund einziehen, dagegen spricht ja nichts.
Übrigens ist auch der Kauf eines Züchterhundes aktiver Tierschutz: Du sorgst dafür, dass dieser Hund mit ziemlicher Sicherheit nie im Tierheim landen wird und somit bleibt ein Platz für einen Hund frei, der wirklich in Not ist und sein Zuhause verliert.