Pinscher aus dem Tierschutz mit argen Defiziten

  • Hallo zusammen,


    wir haben inzwischen den dritten schwer bis nicht vermittelbaren Hund aufgenommen. Bei ihm handelt es sich um einen etwa 9jährigen, ca. 3,5kg leichten Pinscher, den wir gestern auf den Namen Gonzo tauften, Er ist aus einem Tierheim in Bulgarien. Wir haben ihn nicht von dort direkt erhalten, sondern er ist vom Tierschutz Velbert, mit dem wir in Verbindung stehen. Er ist wohl vor etwa 3 Wochen aus einer Tötungsstation in Bulgarien gerettet worden. Außer dass er wohl mal ein Frauchen hatte, die verstorben ist und dass er dann beim Entrümpeln des Hauses in der Mülltonne vor Ort entsorgt sein soll, wissen wir nicht viel. Wir haben ihn dann am Samstag erst mal aufgenommen. Einen Jack Russel Terrier-Rüden, welcher schon 11 Jahre alt ist, lebt seit seiner 12. Lebenswoche auch bei uns.


    Folgende Probleme gibt es:


    1. Er ist nicht stubenrein - d. h. er markiert in der Wohnung primär alles was er so markieren kann. Für sein großes Geschäft versteckt er sich hinter einer Türe etc. Er meldet sich nicht. Aktuell muss er in der Wohnung oder im Büro Windeln tragen. Er macht NICHT in sein Körbchen oder auf Bett und Couch. Er hatte lt. der letzten Pflegestelle einen Platz an den der immer wieder pinkelte... Er ist auch nicht kastriert.

    2. Er hat wohl einen Herzfehler - Narkose wird hier evtl. nicht möglich sein.

    3. Er hat keine Zähne, bzw. die letzten Stummel wurden hier in Deutschland entfernt (Ursache unbekannt). Der Unterkiefer sieht hier sehr zurückgebildet aus. Fressen kann er Nassfutter aber sehr gut und auch kleines Trockenfutter nimmt er gut auf.

    4. Er zeigt uns zwischendurch ein agressives Verhalten. Insbesondere wenn er etwas nicht möchte, wie z. B. wenn wir ihn von der Couch verweisen und wir mit den Händen behutsam nachhelfen müssen, da er nicht hört.

    5. Er zeigt unserem Jack-Russel schon bei seiner Annäherung ein agressives Verhalten. Selbst wenn unser Jacko nur vorsichtig schnüffeln kommt, knurrt Gonzo und geht sogar ab und an auf Angriff. Dass unser Jacko hier noch so gechillt darauf reagiert ist ein Grund mit, dass Gonzo überhaupt bei uns bleiben kann.

    6. Gonzo hatte scheinbar mal viel Übergewicht. Das vermute ich wegen des Hautüberschusses.

    7. Er kann lt. der letzten Pflegestelle NICHT alleine bleiben.

    8. Bis auf das Kommando "komm" oder "hier" kann er rein garnichts... weder Fuß noch Sitz etc. auch Zeichensprache versteht er null. Ich vermute er war bisher ein Hofhund.


    Nun auch mal zu den positiven Dingen:


    1. Gonzo ist körperlich sehr fit. Er rennt und läuft 1a. Man könnte locker noch mit ihm joggen gehen.

    2. Gonzo sucht viel menschliche Körpernähe. Er schmiegt sich gerne an und entspannt dann total

    3. Er ist vermutlich Autofahren gewohnt. Sobald ich meine Türe öffne, will er hinein hüpfen.

    4. Wenn er den Haustürschlüssel hört, dreht er sich vor Freude im Kreis und möchte mit hinaus.

    5. Ich kann ihn super mit zur Arbeit nehmen. Er ist hier sehr ruhig. Auch wenn jemand in mein Büro kommt.

    6. Er bleibt bei Wald-Spaziergängen auch jetzt schon ohne Leine super bei uns und hört sofort wenn man ihn ruft.

    7. Draußen gibt es null Probleme mit unserem Jack-Russel. Beide laufen ohne artgenössische Beachtung nebeneinander her. Auch mit Leckerlis füttern lassen sich beide nebeneinander.

    8. Sein Gehör ist 1a



    Ich habe nach Gonzo´s Übernahme am Wochenende erst mal mitgeteilt, dass wir uns alles anschauen müssen. Wir möchten Gonzo gerne eine Chance geben und sind auch bereit hier Arbeit und Geld zu investieren. Habt ihr erste Tipps, wie wir hier möglichst erfolgreich agieren können. Ich sehe auf jeden Fall professionelle Hilfe unabdingbar und habe den Tierschutz nach Unterstützung gefragt. Wirtschaftlich ist hier wohl nichts möglich, aber zumindest konnte ich erwirken, dass ein Tiertrainer, welcher für den Tierschutz Velbert ehrenamtliche arbeitet, uns am Freitag Mittag einen Besuch abstattet. Auch seinen Gesundheitszustand wollen wir vollständig ermitteln um hier evtl. Hilfe leisten zu können.


    Wunschziele sind:


    - Stubenrein

    - Grundkommandos

    - Agression loswerden


    Wenn das einigermaßen klappt ist er sicher ein toller Hund für viele schöne gemeinsame Jahre :-)


    Auf euere Feedbacks bin ich gespannt.


    Grüße - Christian

  • Er hat wohl einen Herzfehler - Narkose wird hier evtl. nicht möglich sein.

    Darf ich fragen, wie ihr darauf kommt?

    Bei berechtigtem Verdacht, würde ich vor allem anderen das bei einem Kardiologen abklären lassen, weil die Erkrankung und auch die Behandlung - wenn es sich denn bestätigt - sehr wohl Einfluss auf das Verhalten und auch die Probleme nehmen kann.

  • Ich muss ehrlich gestehen - ich weiß gar nicht so genau, was Du eigentlich fragen möchtest? Liegt vielleicht an der etwas forschen Schreibweise, aber hört sich ja ziemlich so an, als hättest Du schon genaue Vorstellungen und einen festen Plan :smile:


    Ansonsten wäre mein Rat: Alles Gesundheitliche genau abklären lassen und den Hund erstmal richtig ankommen lassen. Ich würd jetzt erstmal gar nicht groß Kommandos trainieren - oder abfragen - sondern ihn zur Ruhe kommen und sein Plätzchen finden lassen und an der Stubenreinheit arbeiten.


    Meinst Du mit markieren, dass er wirklich gezielt einzelne prominente Stellen mit Duftspuren versieht? Oder pinkelt er einfach rein?

  • Schön, dass ihr einem älteren und etwas schwierigem Hund ein Zuhause geben möchtet dog-face-w-one-eye-open-blowing-heart


    Ich habe hier auch einen Zwergpinscher aus dem Tierheim sitzen. Speedy kam mit ca 8 Jahren zu uns, kannte offensichtlich kaum etwas, Angst vor anderen Hunden, fallenden Blättern, Regen, Mülltonnen....usw


    Das positive war für uns war auch, dass er uns/mir gefallen wollte.


    Erstmal brauchten wir ganz viel Geduld und Ruhe. Damit meine ich Monate.


    Stubenrein

    War Speedy auch nicht. Haben wir geübt wie bei einem Welpen. Wenn es dann draußen klappte, gab es Lob und Leckerchen. Er hat es in ca 2-3 Wochen gelernt. Allerdings kann er nicht die ganze Nacht aushalten und weckt uns einmal nachts.


    Grundkommandos

    Speedy war anfangs sehr aufgeregt und nervös. Da war er nicht in der Lage zu lernen. Wir haben ganz langsam und mit vielen Wiederholungen angefangen. Da er uns unbedingt gefallen wollte, ging es- nachdem er etwas ruhiger wurde- recht schnell.

    Auch Leinenführigkeit hat er schnell gelernt, nachdem wir das Halsband durch ein Geschirr ersetzt haben.


    Aggression

    Das war und ist mit Abstand der schwierigste Punkt.

    Bei unserem Pinscher fehlt offensichtlich die grundlegende Sozialisation. Er hatte einfach Panik vor allen anderen Hunden und bellte schon, sobald in der Ferne ein Hund auftauchte.

    Im Freundeskreis gibt es eine kleine, sehr liebe Spanielhündin. Die hat er nach einiger Zeit akzeptiert. Wir sind immer wieder zusammen gelaufen, ohne dass sie sich ihm genähert hat. Irgendwann war es okay, dass sie näher kam und sich neben ihn setzte und mal kurz an ihm schnüffelte. Jetzt spielen sie sogar mal zusammen und schlafen gelegentlich auch zusammen in einem Korb.

    Alle anderen Hunde findet er nach wie vor doof. Da haben wir viel mit Zeigen und Benennen, Bögen laufen und viel Belohnung beim Ruhigbleiben gearbeitet. Das ist mittlerweile so, dass wir an den meisten Hunden relativ ruhig vorbei kommen. Bei einigen Typen (groß, schwarz, sehr lebhaft) bellt er noch, regt sich aber sehr schnell wieder ab. Wir üben das seit drei Jahren.

    Da werden wir lebenslang dran bleiben müssen.


    Seit wir Speedy haben, bin ich ein absoluter Pinscher Fan geworden. Das sind so tolle Hunde heart-eyes-dog-face


    Wir wünschen euch viel Erfolg bei der Eingewöhnung eures kleinen Pinscher.


    Liebe Grüße

    Chrissi mit Speedy

  • wowowow... jetzt mal gaaaanz langsam.


    Der Hund ist 9 Jahre alt, vor 3 Wochen aus Bulgarien gekommen nachdem er sein Zuhause verloren hat und im Müll entsorgt wurde und ist jetzt seit Samstag bei euch.

    Und ihr setzt ihn mit eurem Rüden zusammen, fahrt Auto, testet Kommandos, nehmt ihn mit ins Büro ....und und und.


    Wooow!


    Schaltet bitte 16 Gänge zurück. Der Hund ist traumatisiert. Er hat alles verloren was er kannte, er war vom Tod bedroht und hat einen sehr strapaziösen Transport hinter sich.


    Auch bei uns ist am Samstag ein neuer Pflegling angekommen und wir machen.... nix. Sie läuft erstmal einfach nur mit und darf beobachten was die anderen Hunde so machen und wie wir leben.


    Bitte gebt dem Hund Zeit und Ruhe!

  • Probleme auf der Couch, mit dem Ersthund, mit...

    was neue Hunde hier dürfen: in einem abgegrenzten Bereich ihren Platz kennen lernen. Dabei werden sie in Ruhe gelassen.

    Sofa oder gar Bett fiele mir mit einem Hund, von dem man noch nix weiß, im Traum nicht ein. Auch wenn er keine Zähne mehr hat.


    Hier gibt es nicht gleich die ganze Wohnung, die ganze Welt, sondern alles Stück für Stück.


    Althund belästigt Neuhund nicht, Neuhund belästigt Althund nicht und wenn das anfangs separieren bedeutet.


    In der Wohnung markiert oder auch richtig gepinkelt haben bei mir bisher alle Auslandstierschutzrüden. Von 1x und nie wieder bis 2 oder 3 Wochen lang die Schlafzimmerwand anpinkeln. Hauptsächlich aus Stress plus Wohnungsleben nicht gekannt. Wahrscheinlich.

    Nur der Rüde aus reiner Wohnungshaltung, der jahrelang im Bad und aufs Bett gepinkelt hatte, wurde nie vollständig stubenrein. Zwar besserte es sich nach "Programm wie beim Welpen", trotzdem urinierte er auf bestimmte Gegenstände. Keine Plastiksäcke zb liegen lassen war aber eine relativ leichte Übung, dann war er meistens dicht.


    Jetzt schon frei laufen lassen ist gewagt bis saugefährlich. Der kennt Euch nicht, die Gegend nicht. Dass er sich momentan an Euch orientiert - was soll er denn sonst machen? Grad frisch verschleppt, sonst ist da keiner, natürlich halten sich Hunde dann meist an die Menschen oder Hunde, die da sind (Ich bin mir zb sehr sicher, dass die Neuankömmlinge sich anfangs hauptsächlich an meinen anderen Hunden orientierten. Zb bei Freilauftests in abgesichertem Rahmen). Bindung braucht Zeit. So frisch angekommen und schon wieder umplatziert, funktionieren viele Hunde auf Autopilot im Unauffälligmodus.

    Irgendwie will Hund den krassen Scheiß, der ihm da grad widerfährt, ja auch überleben, woher soll der wissen, dass das jetzt "seine Chance" und "der Lottojackpot" ist.

    An der Folgsamkeit zb kann sich, mit mehr Vertrauen in die Dinge noch einiges ändern. Muss nicht. Weiß man aber erst später. Die ersten Wochen, bei sehr ängstlichen Hunden auch viel länger, sind hochriskant, dass der da doch mal erschrickt und panisch abhaut. Ein entlaufender Hund denkt nimmer klar, erkennt einen nicht mehr in diesem Panikzustand. Der ist weg. Oder tot.


    Wieviele sicher sitzende Kommandos sollen ihm denn in 3 Wochen ins Hirn gehämmert worden sein? Selbst wenn er bei Vorbesitzern minimal was gelernt hat, der lernt auch grad neue Sprache. Also tatsächlich auch ne neue Sprachmelodie usw.


    Woher soll er Handzeichen kennen, wenn ihm die keiner beigebracht hat oder nicht die, die ihr nutzt. Oder andere Gesten. Ein bulgarisches Nein ist zb ein deutsches Ja-Nicken. Kopfschütteln ist ein bulgarisches Ja.


    Meine Spanier hatten sehr lange Schwierigkeiten mit Fingerzeig (Liegt einerseits am Hundetyp, dessen optischer Wahrnahmung, aber hauptsächlich: Die ham das ihr Leben lang nicht gebraucht. Wer hätt denen irgendwas mit dem Finger zeigen sollen? Mit viel Übung und ihnen viele Leckerli zeigen, reagieren sie nun relativ gut drauf, aber nie so fix, wie ein Hund, der das von Anfang an lernte. Selber Hundetyp, von Welpe an da: checkte es sofort. Die anderen haben Wochen bis Monate gebraucht).



    Aktuell kriegt Euer Hund schon ordentlich was um die Ohren gehauen.

    Plädiere auch für runter vom Gas. Eher Vollbremsung und dann laaangsam wieder anfahren.

    Im Idealfall lebt der Kerl noch ein paar Jahre bei Euch, der muss und kann nicht morgen fertig sein.

  • Trägt er aktuell eine Höschenwindel oder eine Rüdenbinde? Letztere ist um Welten angenehmer zu tragen für den Hund. Aber halt kein Kotfänger.


    Wenn er wirklich Hofhund war, (wobei so wenig wetterfeste Zwerge ja durchaus auch drinnen gehalten werden. Ist auch nicht jeder bulgarische Hund Straße- oder Kettenhund gewesen) wird er halt auch das volle Stubenreinheitslernprogramm brauchen. Und das dauert je nach Hund unterschiedlich lange. Manchen Kleinsthunde bleibt das Thema aber.


    Reines Markieren kann man theoretisch auch verbieten. Und muss anfangs einfach schneller sein, als der Hund.


    Wenn ihr mit ihm raus geht - löst er sich dort, oder ausschließlich drinnen? Kann er draußen nicht pinkeln oder erst nach längerer Zeit, is ihm auch alles zuviel.


    Manche Hunde können sich nur auf bestimmten Untergründen lösen, weil so gelernt. Viele können auf Asphalt nicht und brauchen Wiese, manche können nur auf Asphalt (mein mutmaßlicher Zwingerhund zb brauchte anfangs Asphalt).

    Manche Hunde haben nie gelernt, sich zu lösen, wenn sie angeleint sind, andere wollen dabei nicht beobachtet werden.


    Kann man sich alles anschauen, sind alles mögliche Bausteine zur Stubenreinheit.


    Oh und natürlich: gestresste Hunde müssen öfter pinkeln oder kacken.


    Theoretisch können auch organische Gründe vorliegen, aber ich behaupte einfach, häufiger hat der Hund das Konzept Stubenreinheit noch nicht verstanden und je nach Haltung vorher, die man oft nicht kennt bzw nach langer Zeit im Tierheimzwinger ist "eigenes Nest nicht beschmutzen" etwas, dass Hund notgedrungen verlernen musste. Zumal Eure Wohnung noch nicht unbedingt "eigenes Nest" ist.

  • Kira ist ein Zwergpinschermix aus Spanien.

    Anfangs hat sie immer nach dem Spaziergang ihr Geschäft in die Wohnung gemacht, draußen war alles zu aufregend.

    Das gibt sich mit der Zeit.

    Bleibt ruhig. Und lasst dem Hund mehr Zeit.

    Lasst ihn nicht auf die Couch, oder hebt ihn nicht runter, sondern werft von der Couch aus ein super Leckerlie runter, dann hüpftcer automatisch runter.

    Schützt ihn vor eurem Hund! Lasst nicht zu, dass er euren Hund weg knurren muss - ruft euren Hund zu euch, bevor er so nah kommt, dass Gonzo knurren muss. Durch die gemeinsamen Spaziergänge werden sie sich schon aneinander gewöhnen.

    Denkt dran, Gonzo ist noch überfordert.

  • Ich bin mir noch nicht sicher, was du möchtest.


    Du hast doch geschrieben, dass ihr schon vorher zwei "unvermittelbare" Hunde hattet. Da habt ihr doch Erfahrung, oder nicht?


    Ich würde das arme Tier erstmal in RUHE ankommen lassen und einen ruhigen, entspannten und nicht von tausend neuen Eindrücken gespickten Tagesablauf erstmal leben lassen, dass der Stress aus dem Körper geht.


    Wie ihr als erfahrene Tierschutzhundehalter ja wisst, kann ein Hund genau wie ein Mensch im Stress weder lernen, noch etwas erlerntes abrufen.

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