Wozu täglicher Kontakt mit anderen Hunden?

  • Zitat

    find ich nicht, estandia... wieso ist das eigentlich nicht normal? und kann das belegt werden? :|


    Was ist schon "normal"? Die verschiedenen Hunderassen wurden im Laufe der Jahrhunderte auf bestimmte Charaktereigenschaften hin selektiert. Hunde, die in der Meute leben, mussten eben verträglich sein und auch Neuankömmlinge nicht gleich nieder machen. Danach wurde selektiert. Hunde, die im Rahmen ihrer Arbeit immer wieder auf fremde Hunde treffen, weil sie viel unterwegs sind mit ihren Menschen, sollten sich durch den Anblick fremder Hunde nicht aus der Ruhe bringen lassen. Hunde, die für Arbeit auf Farmen oder zum Schutz gezüchtet wurden, brauchen weniger ein "ich hab alle lieb"-Sozialverhalten. Das wäre in vielen Fällen sogar eher hinderlich.
    Dann ist es so, dass durch die Zähmung von Wildtieren auch oft eine begleitende "Verkindlichung" eintritt. Dazu gehören bestimmte äußere Merkmale, aber z.B. auch weniger Mißtrauen Neuem gegenüber und Verspieltheit im Erwachsenenalter. Das ist allerdings bei den verschiedenen Hunderassen ebenfalls sehr unterschiedlich ausgeprägt.
    Und es ist sicherlich so, dass unsere deutschen Haushunde quasi im Schlaraffenland leben. Sie bekommen einen warmen, sicheren Schlafplatz, genug zu fressen... Wenn man sich erwachsene (!) Straßenhunde ansieht, die sehen in fremden Hunden häufig in erster Linie Konkurrenz und spielen meist nur noch mit ausgewählten anderen Hunden, wenn überhaupt. Und wenn du dir tatsächlich erwachsene Wildhunde anschaust, die werden defenitiv mit keinem Rudelfremden Hund ein lustiges Spiel anfangen.


    Meiner Meinung nach kann man weder sagen, ein erwachsener Hund ist sozial gestört oder unnormal, wenn er keinen Wert auf Kontakt zu fremden Hunden möchte, noch, wenn er mit jedem Hund spielen will.


    Ein Problem ist, als Halter eines, ich sag mal "ernsthafteren" Hundes, steht man da immer ein wenig in der Position desjenigen, der sich rechtfertigen muss. Wer einen "ich liebe alle Hunde, spiiielen!!!" Hund hat, lebt ja erst mal prima damit, wären da bloß nicht all die "gestörten" Hunde, die wenig erbaut reagieren auf die stürmischen Annäherungsversuche des eigenen Hundes.


    Wichtig finde ich in einem dicht besiedelten Land wie Deutschland, dass jeder Hund lernt, mit Artgenossen klar zu kommen. Also zumindest die Anwesenheit zu ertragen, hündisch kommunizieren zu können und nicht überzureagieren. Wobei da auch zu gehört, dass ein Hund einen anderen durchaus zurecht stutzen darf, wenn dieser sich in "Spielabsicht" allzu respektlos nähert...

  • Sozial unverträglich ist für mich ein Hund, der mit jedem oder vielen Hunden sofort Streit sucht, denn das ist mit Sicherheit nicht im Sinne der Arterhaltung.
    Etwas anderes ist es, wenn der Hund Ressourcen verteidigt (oder auch beansprucht), dann hat er einen guten Grund sich selbst zu gefährden, sollte dies aber auch im Sinne der Erhaltung der eigenen Unversehrtheit überlegt tun.
    So viel zur Natur des Hundes.


    Für mich heißt das, je weniger Ressourcen mein Hund behüten muss, desto gelassener kann er den Kontakt mit fremden Hunden pflegen und dabei ist es mir völlig egal, ob er dann den Kontakt meidet oder sucht, ob er spielt oder nur kommuniziert.
    Wobei ich schon denke, dass eine regelmäßige Kommunikation mit anderen Hunden das Leben eines Hundes bereichern kann, wenn er denn möchte. Vielleicht sind es manchmal auch einfach die falschen Hunde, auch ich würde nicht sagen, dass der Kontakt mit jedem Menschen mich bereichert oder mir angenehm ist. :D


    Also Kontakt um jeden Preis, ganz sicher nicht. :D Aber grundsätzlich sehe ich Kontaktmöglichkeiten schon als Bereicherung, nur müssen es die richtigen sein ... ;)

  • Ich denke auch, man kann nicht beurteilen, was als "normal" oder "unnormal" zu betrachten ist. Bei meinen Hunden gab es tatsächlich auch immer "Favoriten", "Egalos" oder "Magichnichtse". Meine Dicke hatte einige Hunde, da hat sie jedes Mal ihren zweiten Frühling erlebt und ist, wenn sie sie gesehen hat, zu völlig neuem Leben erwacht... Und da muss ich sagen, es ist eine Bereicherung, die auch zu sehen war.


    Man muss und kann vielleicht nicht jeden Hund mit jedem spielen lassen und es ist eben auch sehr unterschiedlich, wieviel Bezug ein Hund zu Artgenossen hat. Es ist sicherlich nicht lebensnotwendig für ihn. Aber ich bin mir auch sicher, wenn es unter den richtigen Umständen geschieht, ist es absolut bereichernd und auch sozial fördernd für den Hund. Denn Lernerfahrungen durch das Sozialspiel lehren dem Hund auch Selbstsicherheit eben durch die Erfahrungen, die hier "durchgespielt" werden (z.B. wechselnde Rollenspiele).


    Und - eines ist ja tatsächlich aus Forschungen hervorgegangen: Hunde können lachen! Durch die Züchtung auf den Menschen haben Hunde tatsächlich immer stärker auch "menschliche" Züge bekommen bzw. diese auf gewisse Art und Weise zur Kommunikation übernommen. Dieses Lächeln gibt es bei Wölfen z.B. gar nicht. Oder das Bellverhalten, das sich ja tatsächlich auch oft durch die bestimmte Höhen-/Tiefenlage der jeweiligen Situation anpasst und dadurch vom Menschen ja auch eher "verstanden" wird. Aber das soll natürlich nicht heißen, dass wir aus einem Hund einen Menschen machen sollten...


    Ich denke, dadurch, dass wir eben nicht mit ihnen sprechen können, werden wir ihnen trotzdem immer mehr unseren subjektiven menschlichen Stempel aufdrücken...
    Oh Mann, wär das schön, wenn ich mal ein Wörtchen mit meinen Stinker reden könnte, das würde ja echt einiges erleichertn :D

  • Zitat

    Und - eines ist ja tatsächlich aus Forschungen hervorgegangen: Hunde können lachen! Durch die Züchtung auf den Menschen haben Hunde tatsächlich immer stärker auch "menschliche" Züge bekommen bzw. diese auf gewisse Art und Weise zur Kommunikation übernommen. Dieses Lächeln gibt es bei Wölfen z.B. gar nicht. Oder das Bellverhalten, das sich ja tatsächlich auch oft durch die bestimmte Höhen-/Tiefenlage der jeweiligen Situation anpasst und dadurch vom Menschen ja auch eher "verstanden" wird. Aber das soll natürlich nicht heißen, dass wir aus einem Hund einen Menschen machen sollten...


    Ich denke, dadurch, dass wir eben nicht mit ihnen sprechen können, werden wir ihnen trotzdem immer mehr unseren subjektiven menschlichen Stempel aufdrücken...
    Oh Mann, wär das schön, wenn ich mal ein Wörtchen mit meinen Stinker reden könnte, das würde ja echt einiges erleichertn


    Stimmt. Bei meinem Hund merkt man auch schon sehr gut was der von einem möchte und er versteht meine Mimik und Gestik auch wenn er will :D

  • Zitat

    er versteht meine Mimik und Gestik auch wenn er will :D


    Das sollte bei einem Lebewesen, dessen Kommunikation mit Artgenossen zum weitaus grössten Teil über Körpersprache, Gestik, Mimik geschieht, auch verständlich sein.
    Dass man das als:

    Zitat

    Durch die Züchtung auf den Menschen haben Hunde tatsächlich immer stärker auch "menschliche" Züge bekommen bzw. diese auf gewisse Art und Weise zur Kommunikation übernommen


    bezeichnet :hust:


    Würden unsere Hunde nicht lernen, was unsere Körpersprache, Gestik, Mimik ausdrückt - könnte man sie schlicht und ergreifend als völlig verblödet und lernunfähig bezeichnen.


    Es ist eine weit grössere Leistung, dass unsere Hunde unsere GESPROCHENEN Signale verstehen lernen. Das aber bedenken wir Menschen idR nicht, weil wir v.a. über das gesprochene Wort miteinander kommunizieren. Und wir unsere Hunde dahingehend vermenschlichen, dass wir unbewusst davon ausgehen, dass Hund das gesprochene Wort als Hauptkommunikationsmittel übernimmt.


    "Lächeln" unter Wölfen ...... seien wir ehrlich, was bedeutet das Entblössen der Zähne? Im menschlichen Sinne nichts anderes als wenn Crocodile Dundee in der Szene, in der er in der Stadt mit nem Messer bedroht wird, sein eigenes, sehr viel grösseres Messer zieht. Auf gut deutsch - ZEIGEN DER WAFFEN.


    Unsere Hunde haben im Laufe der Zeit gelernt, dass das "Entblössen der Zähne" beim Menschen eine andere Bedeutung hat - nämlich Freude, Begeisterung, gute Laune.

  • Wenn ich von "normal" oder "natürlich" spreche, dann meine ich damit mehr die noch recht ursprünglich lebenden Hunde, deren Verhalten von Coppinger, Ziemen und anderen recht gut beschrieben wurde. Es gibt Gegenden, da wird recht wenig Einfluß auf Zuchtauslese und/oder Erziehung genommen, so daß die Hunde eben ein recht unverfälschtes "Sozial"verhalten zeigen. So wurde beobachtet, daß eben erwachsene Hunde sich nicht freiwillig zusammen schließen. Daß sie nicht zusammen spielen, nicht zusammen kuscheln oder ähnliches. Jeder Hund beansprucht ein gewisses Territorium und setzt dies mehr oder minder durch.
    Natürlich wurde bei unseren Haushunden durch Auslese großen Einfluß auf das Verhalten genommen. Aber in wieweit ist das noch sinnvoll??? Sind diese "spring-ins-Feld-Labbis", die wirklich überhaupt jegliche Höflichkeit und Distanz abgezüchtet bekamen, besser oder netter als z.B. mein ACD, der sehr auf höfliches Verhalten besteht und das dann auch zeigt???? Warum muß ich mich ständig rechtfertigen, der Labbi-Besitzer aber läßt seinen 45 kg Wauz einfach wie ne Dampflok drauf los stürmen, weil der will ja nur spielen... Und meiner will eben NICHT spielen, aber das wird nicht wirklich anerkannt.
    Es wäre halt schön, wenn dieses Wissen um die Unterschiede im Verhalten der unterschiedlichen Rassen und Individuen mal um sich greifen würde und nicht gleich immer geurteilt würde. Es nervt halt... (sorry an die Labbi-Halter, sind nur meine eigenen Erfahrungen mit hauptsächlich dieser Rasse in meinem Umfeld, sind nette Hunde, uns leider zu aufdringlich und die Besitzer hier bei mir oft zu ignorant!).

  • Zitat


    find ich nicht, estandia... wieso ist das eigentlich nicht normal? und kann das belegt werden? :|


    Weil Spielen keinen Vorteil für das Überleben bringt... ausgelassenes
    toben ist allenfalls Energieverschwendung. Ressourcen (z.B. Körperfett)
    sind kostbar, warum sie also sinnlos verschwenden? Wobei... in Zeiten
    von Überfluss spielen auch Erwachsene hin- und wieder.
    Es ist wohl so, dass es das Erbe der wilden Vorfahren unserer Hunde
    ist, warum sie im Regelfal als erwachsene Individuen nicht mehr spielen.
    Wobei es natürlich auch die durch die Zucht selektierten "Kindsköppe"
    gibt... die immer spielen...


    Zitat


    Dann ist es so, dass durch die Zähmung von Wildtieren auch oft eine begleitende "Verkindlichung" eintritt. Dazu gehören bestimmte äußere Merkmale, aber z.B. auch weniger Mißtrauen Neuem gegenüber und Verspieltheit im Erwachsenenalter. Das ist allerdings bei den verschiedenen Hunderassen ebenfalls sehr unterschiedlich ausgeprägt.


    Diese Verkindlichung nennt man auch Neotonie und beschreibt die
    abgeschlossene sexuelle Reifung bei Beibehaltung der typischen
    juvenilen Verhaltenseigenarten. Sag ich doch.... "Kindsköppe" :smile:


    Interessant ist Dein Hinweis auf die unterschiedlich ausgeprägten Rassen.
    Man vergleiche die HSH oder im krassen Gegensatz dazu die Golden und
    Labrador Retriever oder auch den DS.

  • Zitat

    Wenn ich von "normal" oder "natürlich" spreche, dann meine ich damit mehr die noch recht ursprünglich lebenden Hunde, deren Verhalten von Coppinger, Ziemen und anderen recht gut beschrieben wurde. Es gibt Gegenden, da wird recht wenig Einfluß auf Zuchtauslese und/oder Erziehung genommen, so daß die Hunde eben ein recht unverfälschtes "Sozial"verhalten zeigen. So wurde beobachtet, daß eben erwachsene Hunde sich nicht freiwillig zusammen schließen. Daß sie nicht zusammen spielen, nicht zusammen kuscheln oder ähnliches. Jeder Hund beansprucht ein gewisses Territorium und setzt dies mehr oder minder durch.


    Dem gegenüber stehen Beobachtungen, die ich im Süden Portugals machen durfte: Ich saß auf dem Dorfplatz des Ortes (und das sehr oft)und beobachtete das Treiben um mich herum. Am frühen Abend gingen dort überall die Türen auf und die Hunde kamen heraus, alleine und ohne Leine, trafen sich am Dorfplatz, zuerst große Begrüßungszeremonien, dann ging das ganze Rudel ab zum Strand, um dort gemeinsam den Abend bis in die Nacht hinein zu verbringen.
    An der Algarve käme wohl kein einheimischer Hundehalter auf die Idee, mit seinem Hund an der Leine gassi zu gehen.
    Tagsüber liegen die Hunde im Schatten und dösen. Abends geht's gemeinsam auf Erkundungstour und niemand hat's gestört. Ich habe auch nie gesehen, dass es dort Hundebeißereien o.ä. gab.
    Der Nachteil: unerwünschte Hundebabies gab's en Masse, weil die Hündinnen auch dann heraus gelassen wurden, wenn sie läufig waren. Die Portugiesen im Allgemeinen machen sich halt keinen Kopp um ausgefeilte Hundehaltung.

  • Aruna


    Aus Hundesicht ist das ja ein Traum. Man hat ein sicheres Zuhause, wo man versorgt wird und zur gleichen Zeit ein frei streunendes Rudel! Perfekt. Mein Hund würde es lieben.


    Da es hier nicht geht, treffen wir uns wenn es geht jeden Tag mit unserem Hundetreff. Die Hunde kennen sich schon fast ein ganzes Jahr, viele davon sind unter meinem Hund und seiner Anleitung (unter anderem natürlich) groß geworden. Unter unseren Hunden kommt es momentan schon mal zum Kräftemessen, bei dem dann sehr laut miteinander gerangelt wird (Leute die sich nicht auskennen denken, die beißen sich) und die meiste Zeit wird gespielt.


    Mein Hund spielt nicht (muss er auch nicht, auch wenn ich mich freue wenn er es tut) die ganze Zeit mit und wenn, dann ab und zu und dann mit allem was dazu gehört.


    Warum ist in meinen Augen das regelmäßige Treffen mit anderen Hunden so wichtig?


    Weil er es braucht. Er möchte gern artgleichen Kontakt und nutzt diese Treffen immer ausgiebig, mit seinen Hundefreunden beim Spaziergang herum zu streifen und mit ihnen zusammen zu schnüffeln. Manchmal agiert er auch als Schlichter, wenn es zu heftig wird. Dann geht er knurrend dazwischen und es ist minutenlang Ruhe, bevor wieder zaghaft angefangen wird zu toben.
    Da wir uns immer so gegen 16 Uhr treffen, merke ich auch ohne auf die Uhr zu schauen, dass es auf diese Uhrzeit zu geht, weil mein Hund dann nervös wird und freudig wartet.
    Er hält es natürlich auch aus, wenn er mal eine Woche nicht an diesen Treffen teilnimmt, aber für mich ist er einfach zufriedener, wenn er sich in einem Hunde"rudel" (ist ja kein echtes) bewegen darf und einfach seiner hundischen Kontaktaufnahme nachgehen kann.

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