ANTI-JAGD-TRAINING oder Dr. Jekyll und Mr. Hyde

  • Haben Deine Hunde Jagdtrieb? Also richtig viel Jagdtrieb?!

    Bei uns war es unmöglich, dem irgendein Kommando zu geben. Der konnte ja nicht mal ein Leckerlie nehmen, so HEISS war der auf die Jagd.
    Die Grundkommandos gab es ja auch erst zu lernen. Der kam mit 1 1/2 Jahren aus ner Tötungsstation und kannte nichts!
    Das waren wie zwei verschiedenen Hunde, wenn man den so erlebt (z. B. auch im Haus) und wenn der Reh, Hase, Katze usw sieht!! Da sind bei dem sämtliche Sicherungen durchgebrannt.

    Wir laufen auch echt oft über Wiesen. Weil da wo wir wohnen, gibt es nur so Traktorwege, also nichts gekiestes oder geteertes. Da kann der Hund ja nicht Weg und Wiese unterscheiden.

    Ich hör mir gerne Wege und Tipps an, wie es andere hinbekommen haben. Oft zeigen die was auf, was man selber gar nicht wahrnimmt. Hast ja vorhin gesehen!!!! ;)

  • Ein Wahrnehmen von Kaninchen und Co und einfaches ignorieren ist bei Missy zb absolut nicht drin.

    Eichhörnchen auch nicht. Bei Kaninchen ists schon der Geruch und, ich denke, die Geräusche, die son Vieh im Busch macht... bei Eichhörnchen ists die unglaublich schnelle Bewegung...

    Da ist nichts mit Wahrnehmen und Weitergehen... da musste ein Alternativverhalten völlig neu aufgebaut werden.

    U.a. auch durch Versuch und Irrtum.

    Und selbstverständlich macht ein in die Schlepp Rennen (es sei denn es handelt sich um ne 20 Meter Schlepp, wo der Hund beim Schleppende schon den absoluten Adrenalinschub hat) dem Hund deutlich: So komme ich nicht zu Erfolg.

    Ein Ausharren hingegen wird mit dem alternativen Ausleben des Triebs belohnt.

    Etwas, was man nicht sofort im Alltag bei Viehchern machen kann, das Verhalten, bzw die Erkenntnis, wie Hundi zu Erfolg und Beute gelangt muss in der Trainingssituation erst erarbeitet werden... aber das Ende vom Lied ist, dass Hund gelernt hat, einem Reiz zu widerstehen.

    Wenns einfach nur ausbaufähiger Gehorsam in dem Moment ist, kann man natürlich auch über ein Abbruchsignal arbeiten, ich find es aber generell ganz schön, wenn Hundi lernt, dass es von Vorteil für ihn ist, sich an mir zu orientieren in solchen Momenten.

    Und, wie der eine oder andere vielleicht schon mitbekommen hat, finde ich die "Prophylaxe" immer angenehmer, als alles über Abbruch zu machen.
    Auch wenn das bedeutet, dass ich ein Auge auf meinem Hund haben muss.

    Ziel ist es ja nicht, das ganze Leben lang ein Verhalten über alle Maßen zu belohnen, wenn es "nur" um nen gewissen Gehorsam höheren Niveaus geht.
    Mit der Zeit - das ist ja der Clou an positiver Verstärkung, können Belohnungen abgebaut oder variiert werden.

    Ich arbeite sehr gern so :)

  • Zitat


    Der Unterschied ist, daß ich darauf hinaus will, daß der Hund sich seine Umwelt anschaut, auch ein Reh, einen Vogel sieht, dann aber einfach weiter läuft.
    Ich möchte kein "stehen bleiben, setzen, zum Halter kommen, ...." haben, kein Verhalten belohnen müssen, einfach kein Aufhebens darum machen. Der Hund soll die Umwelt wahrnehmen können, ohne bei Reh -> zurück zum Halter, bei Jogger -> Sitz, ....


    DU möchtest kein Aufhebens drum machen, aber ein Hund mit hoher angeborener jagdlicher Motivation wird nie ein Reh, Fasan usw registrieren und dann so gleichgültig wie an einem Müllsack daran vorbeitrotten. Für den Hund ist das ein superwichtiges Ereignis, egal ob der Mensch es bemerkt oder wünscht oder nicht. Eventuell lässt er sich durch ein Abbruchsignal von weiteren Aktionen abhalten, aber kommt das Signal nicht, wird er ohne ein erlerntes Alternativverhalten das tun, was ihm richtig und angebracht erscheint! Ein generalisiertes Tabu als einzige Massnahme einzuarbeiten ist je nach Hund mit vertretbaren Methoden sehr sehr schwer und hält uU nicht sehr lange, wenn man den Hund nicht ständig "unter Kommando" laufen lässt.

    Ich benutze auch manchmal ein Nein, wenn mein Hund eine Katze fixiert und gleich lossprinten möchte, aber erst seit ich das Katzenkino als lohnendes (!) Alternativverhalten zum Katzenhetzen positiv trainiert habe, ist das Erregungsniveau gesunken und der Hund bleibt dadurch viel ansprechbarer. Das Ziel ist ja, dass der Hund auch ohne Kommando, wenn ich eben nicht die Gegend scanne, weiss was er tun soll. Beim Verbieten muss ich rechtzeitig reagieren, und der Hund wird bestrebt sein durchzustarten, bevor der Abbruch kommt. Statt mehr Reaktionszeit hat man immer weniger....

    Verbieten alleine ist mir einfach zu unzuverlässig und es deckelt den Wunsch zu jagen nur, anstatt das Problem grundsätzlicher anzugehen.

  • Zitat

    naijra und AuraI

    Verstehe ich euch richtig, dass ihr dieses Alternativverhalten bzw die alternative Triebauslebung per try and error also über die Reizangel aufgebaut habt?


    Jein. Ich arbeite zwar mit der Reizangel, aber das Verharren, bzw. Hinsetzen und Jagdobjekt (zB Katze) angucken habe ich an der normalen Leine mit Clicker bestätigt. Und dann sehr hoch belohnt mit einer separat auftrainierten "Jagdsequenz". Inzwischen akzeptiert Rhian in vielen Fällen sogar Futter als Belohnung - das wäre früher undenkbar gewesen, da die Reizlage einfach zu hoch war.

    Die Ersatzbeute habe ich zwar an der Angel beliebt gemacht, aber ich laufe nicht ständig mit Angel durch die Gegend - da wird dann von Hand geworfen mit Hetzerlaubnis.

  • Teils teils.

    Ich kann Missy nicht lang anhetzen lassen - oder konnte es nicht (inzwischen sieht das etwas anders aus), denn das war Belohnung genug für sie, führe die Variante aber gern auf für Hunde, die aufgrund ihres Erbguts zum Vorstehen neigen.

    Allerdings ist es schon so, dass die Beute an der Angel unerreichbar gemacht werden kann, wenn sie gegen mein Kommando losflitzen wollte.
    Dadurch hat sie durch Versuch und Irrtum gelernt, sich nach mir zu richten.

    Vorstehen/ Ausharren antrainiert hab ich ganz simpel an der Schlepp mit Dummys und mit positiver Bestärkung.
    Ichhab sehr lange mit Dummies und Bällen gearbeitet, ehe ich mit der Reizangel den Reiz verstärkt hab.

    An der Angel kann man wirklich absolute Höchstleistung abverlangen, zu toppen fast nur durch einen übberaschenden "jumping Rabbit"

    Manchmal hab ich die Angel auch unterwegs mit für Überraschungsimpulskontrolle.

  • Ich hab ja echt schon viel erlebt...aber heute...das hätte so dermaßen in die Hose gehen können...

    Ich war heute mit 5 Hunden unterwegs und mir ist ein suizidgefährdeter Fuchs MITTEN DURCH die Gruppe gelaufen.
    Der wurde versehentlich von zwei Reiterinnen aus seiner Deckung getrieben und schoss in unserer Richtung...leider hat er viel zu spät realisiert auf was er da eigentlich zurennt... :schockiert:

    Das ging alles so verdammt schnell. Ein Hund hats gar nicht mitbekommen, zwei haben nur ganz verdutzt geguckt und zwei Hunde...auch Janosch...haben zum Spurt angesetzt...da ging es wirklich nur noch um Meter...dann hätten sie ihn gehabt...und dann wärs ein richtiges Drama gewesen.
    Glücklicherweise war das ein sehr flinker Fuchs... ;) ....der sofort die nächste Deckung angesteuert hat und als er darin verschwunden war liessen sich auch die beiden Hunde anstandslos abrufen.

    So 100% optimal ists nicht gelaufen, aber ich war auch einfach viiiiiiieeeeel zu langsam um das im Vorfeld abzuwenden...als ich die Situation realisiert hatte, da war der Fuchs schon fast wieder in der Deckung...
    Im ersten Moment hab ich ihn für einen ziemlich verrückten Hund gehalten... :ops:

  • Da fällt mir auch eine Begebenheit zu ein, als ich mal Joggen war: Ich komm um die Ecke und meine Teak, die immer recht weit vor läuft, weil sie 100%ig nicht jagd und daher recht viel Freiheit hat, schnuppert grad einem Fuchs, der an so einem Misthaufen mit Allerlei werkelt, am Hintern.

    Der hat sich erst rumgedreht als er mich gehört hat wie ich Bobby zurückdirigierte. Der war ganz schön geschockt :D

  • Zitat

    Beim Verbieten muss ich rechtzeitig reagieren, und der Hund wird bestrebt sein durchzustarten, bevor der Abbruch kommt. Statt mehr Reaktionszeit hat man immer weniger....

    Verbieten alleine ist mir einfach zu unzuverlässig und es deckelt den Wunsch zu jagen nur, anstatt das Problem grundsätzlicher anzugehen.

    Das klingt wieder so nach entweder oder !
    Ich würde mit dem Hund ja auch entsprechend arbeiten, der bekäme schon seine "alternative Beschäftigung". Nur gäbs die nicht FÜR das Wild links liegen lassen, sondern unabhängig davon.

    Sprich: Spiel, Spaß, Spannung gibts dann, wann ich das gerne möchte, Zeit und Nerv dazu habe. Die Katze nicht zu hetzen betrachte ich als Grunderziehung, das gibts einfach nicht.
    Läßt mein "Schüler" ein Reh wirklich stehen und trabt weiter, käme bei mir anfangs auch ein Superlob, aber ich fang nicht damit an, Wildsichtungen als Auftakt für ein Jagdspiel, eine Alternative etc. zu nehmen.

    Und klar kann auch ein Jäger lernen, Wild nicht zu verfolgen, auch ohne daß etwas "Tolleres" winkt.

    Gruß, staffy

  • Ich muss heut auch mal von meinem Erfolgserlebnis berichten :D

    Heute wars ja relativ mild, das hab ich aber irgendwie vorher nicht mitbekommen und hab mich wie sonst auch, schön dick eingepackt. Naja, dann hab ich nach 10 Minuten schon geschwitzt wie ein Affe und hatte auch relativ schnell nasse Füsse, weil ich einen totalen Matschweg ausgesucht hatte... :gott: War also schon leicht angenervt und wollte deswegen die Runde kürzen. Bin dann querfeldein gelaufen und hab schon an Nalas Körperhaltung gemerkt, dass wohl in der Nähe Wild sein muss. Sie war ja an der Schlepp und ich war dann sehr aufmerksam.
    Wir kamen dann schon fast wieder auf den Weg, da seh ich so 200 m von uns entfernt am Abhang zwei Rehe stehen, die uns beobachten. Ich hab die Schlepp fest in beide Hände genommen, Nala hat erst gar nichts gesehen und so bin ich langsam auf die Rehe zugelaufen. Als sie dann losgerannt sind, hat Nala sie erblickt, blieb stocksteif stehen, Schlepp blieb locker, ich "ja fein" und was macht da meine Fellnase????
    SIE DREHT SICH ZU MIR UND KOMMT AUF MICH ZU!!!! :ua_clap:
    Mensch, ich war platt!! Da flogen natürlich gleich die ersten Leckerlies, hinter denen sie herrennen konnte und es gab bisschen Leberwurst zum schlecken. Zwischendurch blickte sie immer mal wieder in Richtung der Rehe (die aber schon weg waren) und war natürlich noch deutlich angespannt und steif.
    Ich weiß natürlich, dass das nur ein klitzkleiner Erfolg ist und dass das nächste Mal auch wieder anders aussehen kann. Trotzdem bin ich sowas von megahappy. Gerade nach den letzten deprimierenden Tagen, wo sie mir öfters mal losgesprintet ist...
    Normalerweise braucht sie erst mal ein paar Sekunden, bis sie überhaupt anpsrechbar ist, auch bei so einer Entfernung, von daher war das heute wirklich klasse!
    Bin echt gespannt, wie die nächste Wild-Begegnung wird. Gehen morgen wieder auf Bambi-Suche. :smile:

    staffy: Was du in deinem letzten Beitrag geschrieben hast, dass der Hund ein Reh einfach ignorieren und weitergehen soll, kannst du vielleicht von einem Hund erwarten, der nur einen ganz leichten Jagdtrieb hat. Aber bei passionierten Jägern kommst du, meiner Meinung nach, damit nicht weit.
    Meine Hündin hat anfangs nicht mal Leberwurst genommen, so "drauf" war sie, wenn sie ein Reh gesehen hat und das ist sie auch heute noch teilweise, wenn das Reh 5m vor uns aus den Büschen aufspringt.
    Ignorieren, wird sie Wild nie! Da bin ich mir sicher!

    Liebe Grüße, Kerstin

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