Die große kleine herbstliche DF-Leserunde

  • Wobei das Schlimme ja ist, egal, wie eine Gesellschaft organisiert ist, da kann man ja überallhingucken, ob hierzulande oder Frankreich oder Mexiko oder Japan oder Afghanistan - sexuelle Gewalt gibt es immer und überall. Ein globales Übel, und ich tue mir emotional schwer damit, dafür Erklärungen zu finden - irgendwas mit Macht, patriarachalen Strukturen, Verfügbarkeit, und der Tatsache, dass die Scham leider viel zu oft bei den Opfern bleibt (wie Gisele Pélicot sagte, die Scham muss die Seite wechseln).

    Nochmal spezifisch zum Buch:

    Spoiler anzeigen

    Ja, das mag gut sein, dass man die handelnden Figuren eher als Symbole sehen sollte. Dass es weniger um sie geht als um die gesellschaftlichen Umstände, in die sie gebettet sind. Dennoch fällt mir persönlich diese Lesart schwer, weil ich von einem Roman doch irgendwo emotional abgeholt werden möchte, weil ich den Wunsch nach Identifikation oder zumindest einer winzigen Portion Hoffnung habe. (In "Saison der Wirbelstürme" scheint es etwas Trost, etwas Gutes ja erst mit dem Tod zu geben, wenn ich an das letzte Kapitel denke, in dem der alte Mann porträtiert wird, der die Leichen vergräbt).

    Und ja, Armut, mangelnde Bildung und Perspektivlosigkeit führen zweifellos häufiger zu diesem Strudel aus Gewalt, Betäubung, Ohnmacht und Verbitterung, wie er in diesem Roman beschrieben wird, bei mir setzte hier schnell eine Art Abstumpfung ein, so ein "Augen zu und durch"-Gefühl beim Lesen. Was irgendwie gut zu der Hoffnungslosigkeit und dem Elend passt, das die Autorin hier für uns zeichnet, und dennoch erschwerte es mir irgendwie den Zugang zu dem Berichteten, weil eben alles so völlig alternativ- und ausweglos schien.

  • Ich muss gestehen, dass ich auch froh war, dass ich recht schnell lese und es so einigermaßen zügig hinter mich bringen konnte

    Ich auch, aber das geht für mich bei diesem Buch nicht.

    Aber gerade deshalb spannend, weil es halt lohnend ist, da hinzuschauen, wo es wehtut.

    Weil ich eben darum immer wieder Pausen zum verarbeiten brauche. Erinnert mich ein bisschen an diese Reizüberflutung vor Migräneanfällen. Man weiß was kommt, man weiß es wird schlimm sein und man kann es trotzdem nicht verhindern. So ein bisschen der Zuschauer von außen, der doch mitten drin steckt.

    Nicht schwer zu lesen. Auch nicht super komplex, für mich aber vielleicht gerade deshalb schwere Kost.

  • Ich hatte ja überlegt, bei der Herbstleserunde mitzumachen, wollte aber abwarten, welches Buch und bin froh, mich dagegen entschieden zu haben...

    Jemand vielleicht Interesse an einer großen kleinen winterlichen Leserunde? =

    Klar, immer :smile: Also auch mit Winter als Thema, oder Weihnachten?

    Wäre ich dann auch dabei, wenn es nicht in die Richtung geht, wie das herbstliche Buch.
    Für mich eins der Weihnachtsbücher überhaupt (halt von Kind an und es ist ein Kinderbuch): "Hilfe, die Herdmanns kommen". (Und als Winterbuch: "Frederick" von Leo Lionni). Erwachsenen-Weihnachtsbücher kenne ich gar nicht. Bin gespannt auf die Vorschläge =).

  • Guten Morgen, ich kann mich nicht so überwinden, das Buch zu lesen. Auch weil ich gerade noch the bread the devil knead zu Ende lese und dann kommt das nächste Buch mit Gewalt gegen Frauen in roher Sprache :see_no_evil_monkey:

  • Und ich habe völlig überraschend einen Arbeitsauftrag reinbekommen und bin noch nicht mal dazu gekommen, das Buch zu kaufen. Aber nächste Woche sollte ich das endlich schaffen und ich bin schon sehr neugierig aufgrund der Erzählungen hier. Dass es nicht 100%ig meins ist, habe ich mir schon gedacht. Aber eigentlich stelle ich es mir nach Alchemised auch wohltuend vor, ein Buch zu lesen, in dem Gewalt nicht romantisiert wird. Bin dann also definitiv dabei.

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