Die große kleine herbstliche DF-Leserunde

  • ich fühle mich irgendwie super unwohl bei dem Buch. Ich kann das gar nicht beschreiben...diese derbe Sprache ist für mich sehr schwer zu lesen und damit ist das dranbleiben auch echt schwer und das Interesse schneller weg :frowning_face: mal schauen, wie weit ich komme

  • Aktualisiert:

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    Phonhaus - Gelesen

    Quittentier


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    Ich kann mich der Rezension von Phonhaus vollumfänglich anschließen. Bessere Worte kann ich dafür absolut nicht finden.

    Eine Kleinigkeit möchte ich aber doch noch ganz persönlich sagen:

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    Für mich war das Lesen dieses Buches eine absolute Ausnahmeerfahrung, die mich überwiegend verstört zurücklässt, aber irgendwie auf eine Art auch dankbar. Aus den auch von Phonhaus genannten Gründen.

    Dennoch komme ich nicht umher zu sagen, dass ich auf manches, was ich da gelesen habe, gern verzichtet hätte. Für mich waren da beispielsweise ziemlich am Ende die pornografischen Fantasien sehr heftig und schwer zu ertragen. Ich kriege solche Bilder nur schwer aus dem Kopf (Stichwort Mädchen und Hund) und für solche Szenen hätt ich tatsächlich gern ne Triggerwarnung gehabt oder was in der Art. Das Buch bereitet einen zwar schon darauf vor - denn, ich habe nach dem Beenden nochmal die ersten Seiten überflogen und festgestellt, die Sprache war zwar von Anfang an grob, aber es wurde doch immer heftiger mit den weiteren Kapiteln - dennoch kann ich als Fazit nur sagen: Ich weiß nicht ob ich mir rückblickend diese Erfahrung nicht doch lieber erspart hätte. Empfehlen werde ich dieses Buch tatsächlich niemandem, da es mich einfach so nachhaltig in negativer Art und Weise berührt hat. (Was sicherlich u.a. auch das Ziel der Autorin war, ungeschönt auf die Missstände aufmerksam zu machen)

    Ich bin gespannt auf eure Einschätzungen!

  • Gefühl

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    Mir geht es so, dass dieses Übermaß an Derbheit und Negativem es mir irgendwann sogar einfacher gemacht hat, mich vom Gelesenem zu distanzieren. Die Sprache allein hat schon dafür gesorgt, dass ich mich nach wenigen Seiten emotional distanziert habe, weils mich geekelt hat.

    Wäre da irgendwas an Momenten „unschuldiger Freude“ gewesen, an das ich mich gerne mitempfindend gehängt hätte, dann wäre es mir vermutlich emotional noch deutlich näher gegangen. Weiß nicht, Szenen wie ein gemeinsamer Kinogang von Jugendlichen, zärtliche familiäre Zuwendung, die für einen Moment das Elend ausblendet, gemeinsames Lachen, das nicht Verachtung für Andere als Grundlage hat. Das gibts real ja auch im größten Elend. Aber die Figuren in diesem Roman bekommen keine solche Atempause.

    Oder wäre da ein Moment gewesen, der den Gedanken zugelassen hätte, dass die Figur es aus dem Elend rausschafft, irgendwo hin, wo es besser für sie wird. Irgendeine Chance. Doch so wurde noch nicht mal eine Hoffnung zerschlagen.

    So habe ich mich nach dem Lesen zwar erstmal gefühlt, als hätte ich Hals über Kopf in etwas sehr, sehr Unangenehmen gesteckt. Aber es ist mir mehr im Kopf stecken geblieben als im Empfinden. Im Kopf dafür sehr. Ich bin aktuell zu müde bzw. ohnehin andauernd fassungslos und zornig, um nochmal wirklich wütend bewegt auf diese Lektüre zu reagieren. Aber es macht wütend.

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    So. Muss jetzt auch mal einen Tag drüber grübeln, bevor ich ein paar Sachen niederschreibe. Das war auf jeden Fall nicht das, womit ich gerechnet habe :tropf:

  • Mein Fazit

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    Ich hatte das Buch als englische Version schon einige Zeit auf meiner Wunschliste, ein Interesse daran muss ich also schon lange vor unserer Wahl gehabt haben – das hat gereicht, um meine Stimme dafür abzugeben :ugly: Durch den Klappentext glaubt man zu wissen, was einen erwartet, was man bekommt ist aber dann doch sehr anders bis gewöhnungsbedürftig. Ich glaube, Trigger Warnings wären sinnvoll, gerade weil sie sich mannigfaltig durch das ganze Buch ziehen und eher einen endlosen Zustand als eine isolierte Situation beschreiben.

    Rein technisch kann sich das Buch easy zu meinen anderen gelesenen Büchern gesellen, nur die explizite, unbarmherzige, schroffe und vulgäre Art ist jetzt nicht meins, passte aber für mich in den Rahmen der Geschichte. Unangenehm ist es bis zum Ende geblieben, ich hatte nicht das Gefühl über Zeit abgestumpft zu sein. Ich hatte auch nicht den Wunsch abzubrechen oder eine Pause einlegen zu wollen. Dass die Kapitel- bzw. Satzstruktur einem Wirbelsturm gleichkommen soll kann ich nachvollziehen, persönlich hatte ich aber dieses Gefühl nicht beim lesen, dafür lese ich glaube zu langsam.

    Themen sind: Gewalt und Misogynie – Armut, Korruption und soziale Ausgrenzung – Aberglaube, Identität und Schuld – Sprache als Ausdruck von Verzweiflung.

    Es wird nicht nur jede Form von Gewalt gegenüber Frauen thematisiert, obwohl erstrangig, sondern gegenüber allen Personen, speziell auch Minderjährigen. Die Figur der Hexe fungiert als "Sündenbock" und "Wundergestalt" zugleich. Sie wird für allerlei Übel verantwortlich gemacht und ist Projektionsfläche für die Ängste und Hoffnungen der Dorfbewohner – das Dorf La Matosa ist von Armut geprägt, es gibt Drogen, Prostitution, organisierte Kriminalität. Scham und Gier zählen zu den diversen Haupttreibern von Gewalt gegen die Hexe. Hinzu kommen politische und wirtschaftliche Machtverhältnisse, Korruption, fehlende Rechtsstaatlichkeit, ökonomische Ausweglosigkeit durch Land und Infrastruktur, jedem Charakter scheint eine fortwährend schwelende Perspektivosigkeit innezuwohnen.

    Der Tod der Hexe ist keine einfache Täter-Opfer-Geschichte. Soziale Verzweiflung, Aberglauben und Machtstrukturen wirken hier zusammen, so dass alle Beteiligten (zum Teil) mitschuldig sind. Die Frage nach (alleiniger) Verantwortung bleibt diffus. Melchor zeigt, dass es nicht nur einen Täter gibt, sondern ein gesellschaftliches Geflecht aus Gewalt, Gerüchten und Macht.

    Vor diesem Hintergrund fand ich das Buch dann doch besser als anfangs erwartet, keine einfache Lektüre, aber ich kann diesen ungeschönten Blick auf diesen sehr problematischen gesellschaftlichen Mikrokosmos dann doch sehr wertschätzen.

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