Kind mit geistigen und motorischen Beeinträchtigungen und Hund?

  • Guten Tag,


    wie bereits erwähnt ist mein Name Andrea, ich bin 40 Jahre alt und wohne in Berlin. Ich habe einen 12 Jahre alten Sohn der geistig schwer beeinträchtigt ist und auch seine motorischen Fähigkeiten sind eingeschränkt.


    Er kann sich nur schwer verständigen, er ist auf einen Rollstuhl angewiesen und braucht ständige Betreuung.


    Aber er liebt Hunde, über alles.


    Ich habe zwei Freundinnen, die mich sehr unterstützen und beide haben einen Hund. Eine hat einen Schäferhund (Jamie) und die andere einen Golden Retriever (Medusa).


    Seit einigen Jahren spukt der Gedanke nach einem eigenen Hund in meinem Kopf herum, aber es hat irgendwie nie gepasst, war nie der richtige Zeitpunkt.


    Die Frage die sich mir stellt ist einfach ob es einem Hund gegenüber fair wäre?


    Mein Sohn ist sehr liebevoll, die meiste Zeit. Aber das Problem ist, dass er auch ziemlich grobmotorisch ist. Man kann es sich wie bei einem Kleinkind vorstellen. Er greift fest nach Dingen, packt auch mal zu.


    Ich beobachte ihn nun seit Jahren mit Jamie und Medusa. Die beiden sind Goldstücke, sehr geduldig und freundlich. Wenn er mal fester am Fell oder Ohren zieht gehen sie weg, anstatt zu knurren oder zu schnappen.


    Genau so etwas suche ich. Aber diese Hunde sind nur stundenweise hier, können dann wieder in ihr ruhiges Zuhause. Wie wäre es mit einem Hund, der immer hier lebt?


    Ein paar Eckdaten, die wichtig sind:


    Mein Sohn neigt zu Tobsuchtsanfällen. Das bedeutet er schreit und schreit und schreit.

    Mein Sohn versteht oft nicht bzw. nur eingeschränkt was richtig und was falsch ist. Ich sage ihm jedes Mal, dass man nicht an Fell oder Ohren zieht, aber er merkt es sich bis zum nächsten Mal nicht.

    Er sitzt im Rollstuhl.

    Er kuschelt fest und streichelt fest.

    Er "spricht" ungewöhnlich, bzw. macht ungewöhnliche Geräusche, meistens sehr laut.

    Er kommuniziert viel mit den Armen, er macht also oft übertriebene Bewegungen.


    Was mir daher sehr wichtig ist:


    Der Hund darf in keinster Weise ängstlich sein, gar nicht.

    Er darf kein bisschen aggressiv sein.

    Er muss sich Dinge gefallen lassen, bis zu einem gewissen Grad bzw. auch entscheiden einfach wegzugehen.

    Er muss robust sein.

    Er darf nicht zu sensibel sein.


    Natürlich war mein erster Gedanke sofort dass entweder ein Schäferhund oder ein Golden Retriever einziehen sollte, aber meine Freunde haben mir den Zahn ganz schnell gezogen. Besonders der Schäferhund ist wohl gar nicht geeignet, aufgrund von oft gesteigerter Aggression und einem hohen Aktivitätslevels.


    Der Golden Retriever könnte wohl passen, weil sie oft als Assistenzhunde eingesetzt werden. Aber hier ist die Frage ob sie ohne spezielle Auslastung glücklich wären? Ich habe keine Zeit für Hundesport oder ausgedehnte Auslastung.


    Was ich bieten kann:


    Viel Liebe, Spaziergänge und eine echte Aufgabe.


    Aber reicht das? Ist mein Hundewunsch egoistisch?


    Welche Rassen kämen denn in Frage? Es darf kein kleiner Hund sein, also schon so um die 30 kg, damit mein Sohn ihm nicht versehentlich weh tut.


    Würde es hier Sinn machen einen ausgebildeten Assistenzhund zu holen, oder kann ein normaler Familienhund hier auch glücklich werden?


    Ich hoffe ihr habt ein paar Antworten auf meine Fragen.


    Liebe Grüße

  • Mit einem passenden Hund, kann das durchaus funktionieren.


    Wenn der Hund das passende Gemüt hat, ihr das Zusammenleben moderiert und der Hund ausreichend Möglichkeiten hat, sich zurückzuziehen und auch mal Auszeiten von deinem Sohn zu nehmen. Auch ohne spezielle Ausbildung.

    Ist mein Hundewunsch egoistisch?

    Hundewunsch ist immer egoistisch, Wir alle haben Hunde, weil wir es wollen und nicht weil es der Allgemeinheit oder einem höheren Zweck dient. Die Kunst der guten Hundehaltung ist es, diesen egoistischen Wunsch durch die Wahl des richtigen Hundes so umzusetzen, dass alle zufrieden sind.


    Allerdings würde ich mich an deiner Stelle auf keinen Fall alleine auf die Suche machen. Wie gesagt, es muss kein ausgebildeter Assistenzhund sein, aber vielleicht habt ihr Trainer für solche Hunde in der Gegend, die auch Beratung bei Ankauf und Auswahl von Begleithunden anbieten und euch bei der Suche unterstützen können. Denke jemand mit Erfahrung im Umgang mit Kindern mit solchen Beeinträchtigungen und Hunden wird auch vor Ort deutlich besser einschätzen können, ob ein Hund für euch in eurer speziellen Situation machbar ist.

  • Ich denke mit all den Dingen wie ungewöhnliche Geräusche oder Bewegungen wird ein Hund schnell kein Problem mehr haben,wenn er vernünftig daran gewöhnt wird.


    Womit ich allerdings ein Problem hätte,ist das er dem Hund weh tut.Egal wie gut ein Hund ausgebildet ist,kann soetwas doch zu Abwehrverhalten ( zb schnappen) führen.Das wird schwierig.

    Meine Hunde ( Leonberger und Germanischer Bärenhund) sind zb sehr geduldig. Trotzdem schütze ich sie vor zu groben Kindern um solche Dinge zu verhindern und auch um die Hunde zu schützen.


    Mit dem 'normalen Familienleben sind beide Rassen gut zufrieden.Das heißt :Als Begleithund dabei sein,ausgedehnte Spaziergänge ect

  • Hallo,


    prinzipiell finde ich, dass gerade für deinen Sohn ein Hund sicherlich sehr gut wäre. Oft haben beeinträchtige Menschen -egal, ob Kind oder Erwachsener- noch einmal ein ganz anderes Verhältnis zu Tieren und es tut ihnen in der Entwicklung gut.

    (Habe ich selbst innerhalb der Familie erlebt)


    Versuch doch mal, über Einrichtungen die Therapiehunde ausbilden an Informationen zu kommen.


    Auf jeden Fall kannst du nicht jede x-beliebige Rasse wählen - den Hinweis zum Schäferhund durch die Halter empfinde ich als sehr wichtig und richtig - und solltest dich/euch auf den ersten Wegen durch einen fähigen Trainer begleiten lassen.


    Allein diesen Weg zu gehen, finde ich sehr wagemutig, es kann gaaanz viel falsch laufen und das würde dann zu Lasten euch dreien gehen (Du, dein Sohn und dem Hund).


    Vielleicht kannst du auch über deine Krankenversicherung an weitere Informationen kommen? Versuch macht klug ...

  • Ist mein Hundewunsch egoistisch?

    Ein Hundewunsch ist nahezu immer egostisch motiviert :-)



    Wie wäre es mit einem Hund, der immer hier lebt?

    Du scheinst sehr empathisch zu sein und zu verstehen, dass die Hunde deiner Freunde ggf "nur" so geduldig sind WEIL sie danach wieder in ihr ruhiges Zuhause können und mit "frisch aufgeladenen Batterien" zu euch kommen. Das find ich persönlich schonmal super, dass du das erkennst. 😊


    Ich halte es in diesem Fall (und auch sonst eigentlich) für essentiell, dass man ihm einen Rückzugsort im Haus etabliert auf welchem er niemals nicht gestört wird und lernen kann "hier ist mein Bereich, hier kommt niemand und grabscht plötzlich nach mir, hier kann ich immer hin". Das kann ganz verschieden aussehen und natürlich wäre hier trotzdem das oberste Ziel dem Kind verständlich zu machen, dass der Hund an diesem Ort nicht gestört werden möchte.


    Ansonsten wirst du hier sicher noch ganz viele Anregungen und Hinweise bekommen 🍀

  • Ich denke es wäre auch wichtig dass der Hund in dem Fall einen festen Rückzugsort hat, einen Platz wo dein Sohn nicht heran kann.

    Wenn es ihm zuviel wird, kann er sich da bedenkenlos hin zurück ziehen.


    Ich weiß nur noch ob ein Welpe geeignet wäre.

    Auf einer Seite, denke ich mir : Er würde damit aufwachsen aber Charakterlich kann man einen Welpen mM auch nie zu 100% abschätzen.

    Und auch so, gibt es da einige Sachen die mit Bauchweh in dem Zusammenhang machen.


    Ich würde mich vermutlich probieren im regionalen Tierschutzverein umzusehen.

    Dort sind auch manchmal Hunde aus Privater Hand zu vermitteln. Eventuell gibt es ja einen Hund der viel Erfahrung mit (Klein)kindern hat und sowas von klein auf gelernt hat.

    Bei solch einem Hund könntest du den Charakter gut abschätzen, er ist dann schon erzogen. Am besten einen Hund, den ihr öfter Besuchen könnt und gegebenfalls auf Probe nehmen könnt.

    Eventuell gibt es auch einen Verein in eurer Nähe der mit Therapiehunden arbeitet und noch einen Tipp hat?

  • Ich bin der Meinung, dass die Variante wie es jetzt läuft, hundgerechter ist. Heißt, Besuchshunde, die dann in ihr ruhiges Zuhause zurückgehen und der Situation nicht mehr ausgesetzt sind.


    Klar schlucken Hunde das irgendwie. Aber mir wäre es zu viel verlangt vom Tier.

  • Ich finds erst einmal toll, dass du dich um dein Kind kümmerst, obwohl das bestimmt gut anstrengend ist!


    Der richtige Hund hat damit kein Problem. Ich würde vielleicht eher bei Züchtern suchen, die Assistenzhunde züchten. Nicht, weil der Hund einer werden soll, sondern weil die Wahrscheinlichkeit, dass ihr dort einen passenden Hund mit toller Zuchtbegleitung findet, vermutlich höher ist. Vielleicht können wir hier ja sogar welche empfohlen werden.


    Ich würde mir da denke ich auch von Anfang an nen Trainer mit dazu nehmen und ich würde an deiner Stelle in mich hören und schauen, ob du das stemmen kannst. Nicht, weil ich an dir zweifle, sondern weil ich mir vorstellen kann, dass dein Alltag schon gut anstrengend ist und ein Hund da natürlich noch mehr Arbeit ist.


    Edit: eine Sache, die man auch einfach im Hinterkopf haben muss bei der Gewichtsklasse: wenn der Hund mal verletzt ist (was schnell passieren kann) muss man den teilweise tragen. Einfach nur, damit das mal gehört wurde

  • Ich schicke jetzt zwei mMn wichtige Fragen hinterher:


    Bist Du berufstätig?

    Gibt es ein Backup wenn Du krank bist?

    Ist Dir bewusst, daß ein Hund definitiv eine Aufgabe und Arbeit ist? Erziehung und Anpassung an Euren Alltag tun sich bei (k)einem Hund von allein.

    Hast Du einen Garten oder mußt Du für jedes Lösen (muß manchmal recht schnell gehen) mit Deinem Sohn raus?

  • Mein Sohn ist sehr liebevoll, die meiste Zeit. Aber das Problem ist, dass er auch ziemlich grobmotorisch ist. Man kann es sich wie bei einem Kleinkind vorstellen. Er greift fest nach Dingen, packt auch mal zu.

    Wenn er mal fester am Fell oder Ohren zieht gehen sie weg, anstatt zu knurren oder zu schnappen.

    Da sehe ich das Hauptproblem. Kommt das extrem selten vor? Dann ist es je nach Hund vertretbar. Kommt das regemäßig vor? Dann aus meiner Sicht nicht sofern du das nicht verhindern kannst.


    Ganz allgemein gesehen finde ich die aktuelle Konstellation aus Sicht des Hundes vermutlich auch besser. Besuchshunde die auch wieder in ihr ruhiges Zuhause zurück können. Ich sehe es aber mit dem wirklich passenden Hund nicht als aussichtslos an dass du deinen Hundewunsch auch realisieren kannst.

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