Tierschutzgesetz vs. Vibrissen kürzen

  • Entweder tierschutzkonform damit leben oder versuchen, mit viel Geduld darum herum zu schneiden. "Mumpitz" ist die Regelung zumindest nicht und "es geht ja gar nicht anders" setzt meiner Meinung nach an der falschen Stelle an. Denn Hunde, die gar nicht tierschutzkonform gepflegt werden können, dürfte es gar nicht erst geben.

    Spannend, das von jemandem zu lesen, der seinen Hund mutwillig Wildtiere töten lässt, damit er dadurch angeblich händelbarer wird. :pfeif: Ist ja nicht tierschutzkonform (oder überhaupt gesetzeskonform, abgesehen davon), dürfte es den dann nicht auch nicht geben?


    Anyways...


    Tja, mein Pudel hat eine chronisch laufende Nase durch leicht nach innen gedrehte Augenlider, eine OP macht hier aber keinen Sinn. Spricht, wenn ich die Schnauze nicht ausschere, ist da vorne ständig alles feucht, und durch die IBD entstehen dann richtig schöne Hautreizungen und Hefepilzinfektionen.


    Ich habe schon ein paarmal versucht, einen Bart stehen zu lassen, aber jedes Mal läuft es darauf hinaus, dass der Hund sich daran stört und stinkende Reizungen entstehen. Die Tasthaare über den Augen sind verkorkst und stehen nicht, sondern fallen irgendwann in die Augen und pieksen.


    Wenn man uns also verwarnen würde, würde mein persönlicher Weg zum Tierarzt führen für eine entsprechende Bescheinigung. :ka: Mir wäre der Bart ja egal, aber nicht dann, wenn der Hund leidet, weil er einen hat.

  • Ich will den Vibrissen selbst ihren Nutzen gar nicht grundsätzlich absprechen. Habe es hier an anderer Stelle auch schon geschrieben: Mit Lilly habe ich einen Hund, der seine Vibrissen sichtbar nutzt. Ist von meinen 5 bisherigen Hunden und den Hunden, die ich im Tierschutz betreut habe, aber der Erste. Sie kommuniziert damit und sie tastet damit auch ein wenig unvertraute Gegenstände ab.


    Nur sehen die halt auch völlig anders aus, das kann man mit dem, was ich bei Momo sehe, überhaupt nicht vergleichen. Und Lilly ist ein hochempfindlicher und ängstlicher Hund von der Straße, ihre Sinne sind prinzipiell sehr schnell und konzentriert angeknipst. Das spielt sicher eine Rolle.


    Hier relativ (relativ weil draußen) entspannt, so sehen sie meistens aus (am Kinn sieht man, wie viele das eigentluch sind und wie fein die teils werden):


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    Hier ist - leider unscharf - eine empörte Lilly in mittlerer Alarmbereitschaft, da kann man sehen, wie da mit Spannung draufkommt:


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    Beim Genießen wischt sie auch ab und an mal mit ihnen, das habe ich leider nicht einfangen können. Aber auch hier sieht man die Spannung drauf:


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    Im Vergleich dazu Momo mit länger nicht frisiertem Gesicht: Man sieht ein paar Flusen. Die tin genau nichts, egal ob sie nun angespannt ist oder nicht:


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    Nein, das heißt für mich auch nicht, dass man sie gedankenlos abrasieren darf. Aber wenn ich sämtliche Vor- und Nachteile gegeneinander abwäge und meine Naus hier beobachte: Sie fühlt sich mit frisiertem Gesicht sichtbar wohler und muss weniger Dinge mitmachen, die ihr unangenehm sind. Wenn ich hier also strikt vom Tierwohl ausgehe, dann kürze ich weiter.


    Das Argument, dass Hunde dann halt nicht so gezüchtet werden sollen, das will ich auch gar nicht wegwischen. Aber: Von meinen Hunden, die ich bisher gehabt habe und von meinen Schützlingen her geurteilt habe ich noch keinen Hund erlebt, der so perfekt an das Leben mit seinen Menschen angepasst ist wie die Kleine. Die bringt eingebaut das mit, was die allermeisten Menschen schlussendlich doch wollen: Unkomplizierter Familienbegleiter. Was insgesamt dem Vernehmen nach ein Kennzeichen dieser Rasse ist. Von „Qualzucht“ ist das Äonen entfernt.

  • Ich finde die Thematik total interessant!



    Aktuell bin ich nicht betroffen, kann aber sehen wie der Wolfsspitz die Vibrissen bewusst einsetzt - etwa wie bei Lilly, der Schäfi auch aber weniger/anders.

    Tessi mag es sehr, wenn man sie da sanft anfasst und streichelt, sie drückt sich manchmal auch gegen die Hand und schubbert mit so viel Druck, wie sie mag. Auch gegen den Strich, mag sie auch, gerne etwas deftiger.

    Das Schäfi hingegen ist suuuperempfindtlich, erträgt es kaum wenn es gegen den Strich geht und am schlimmsten sind die Stoppeln beim nachwachsen. Das ist ihr sichtlich unangenehm wenn etwas drankommt.


    Meine Perserkatze wiederum hatte kein spezielles Verhältnis zu ihren Schnurrhaaren, die meisten waren sehr dünn.
    Das Argument von Qualzucht (im rechtlichen Sinn) sehe ich da schon. Es ist ja (von gesetzes wegen) ein Organ, durch Zucht teils verkümmert.

    Das Augenmerk bissel auch darauf zu legen, das nicht zu fördern kann so falsch nicht sein :ka:


    Ich habe mich bissel durch die Texte gelesen die man so schnellschnell ergugeln kann.

    Das da zum Beispiel:

    https://www.tierschutzbund.de/fileadmin/user_upload/Downloads/Positionspapiere/Heimtiere/Tasthaare_kuerzen_bei_Haustieren.pdf


    Der Text klingt doch recht vernünftig, nicht?

    Was ich auch sehr interessant finde, wie kann man gegen die Abmahnungen angehen?

    Bei uns gibt's das zum Glück bis anhin ja nicht, in Deutschland kann das ein Riesenproblem sein, kenne ich aus andern Zusammenhängen.
    Gruselig ist das!


    Wie wehrt man sich dagegen?

    Argumentieren reicht ja nicht aus.


    Wäre genügend finanzielles Potential vorhanden, würden sich intelligente Schermaschinen entwickeln lassen, diese könnten die Tasthaare erkennen und schlich und einfach diese nicht abschneiden.
    Wird aber kaum passieren weil es da zu wenig zu verdienen gibt dran. Möglich wärs und das wäre auch gar keine so grosse Sache.



    Und aus Sicht des Künstlers: wenn Ihr Vibrissen findet, die ausgefallen sind - es gibt kaum was besseres zum malen als eine Vibrisse :nicken: also immer schön weglegen, sammeln und irgendwann jemandem schenken :smile:

  • Versteht mich nicht falsch, mir geht das Thema schon im Kopf um. Zeigen ja unsere "Bartversuche".


    Aber gerade viele Scherrassen gehören schlicht, wie Phonhaus schon sagte, zu den dem Menschen mit am engsten verbundenen und am besten angepassten Hunden. Es ist jetzt auch nicht so, dass es (im Gegensatz zu Kurzschnäuzigkeit) aktuell Trend wäre, jedem Hund die Vibrissen abzuschneiden. Im Gegenteil, Bart beim Hund ist "in".


    Mein Chow nutzt seine zahlreichen Vibrissen an der Schnute aktiv zum Abtasten von Dingen. Nie käme ich drauf, die einfach abzuschneiden.


    Mein Pudel kann seine Vibrissen anspannen, macht das aber eigentlich nur, wenn er sich streckt. Er ist da schon etwas empfindsamer an diesen Stellen, aber er fühlt sich mit freigeschorenem Gesicht schlicht wohler. Er ist kein Fan vom Ausscheren, aber beim letzten Bartversuch, als ich schließlich aufgegeben habe, kam er sofort angerannt, um das Gefluse loszuwerden. Ich bin niemand, der sagt "das haben wir schon immer so gemacht", aber es gab nun auch noch nie vorher Bedenken und noch nie habe ich jemanden sagen hören "seit mein Hund (einer Scherrasse) wieder Vibrissen hat/keine Vibrissen mehr hat, ist er ganz anders". (Falls jemand solche Erfahrungen gemacht hat, bin ich natürlich absolut offen und interessiert.)


    Bevor man also ein Verbot erwirkt, das vielleicht auch viele Menschen einfach dazu verleiten könnte, die Pflege an der entsprechenden Stelle aus Angst/Sorge/etc. einfach komplett "einzustellen" (man beachte die Zahl der Scherrassen-Hunde, die ohnehin schon alle drei Monate total verfilzt beim Groomer aufschlagen), sollte man also vielleicht erstmal ordentliche Studien durchführen, um festzustellen, ob bei den entsprechenden Rassen durch Abscheren der Vibrissen tatsächlich Tierleid entsteht, das den Pflegefaktor überwiegt.


    Bart einer gewissen Länge muss auch gepflegt werden. Wenn wir jetzt dann bei einer "Mindestlänge" anfangen, könnte das für manche Hunde echt unschön werden.

  • Uni Salzburg


    Tröti


    Ich habe oben nochmal das Gutachten verlinkt, auf das sich die Einschätzung beim Hund stützt. Und nein, es klingt leider nicht vernünftig, das ist einer der Punkte, die mich an dieser Debatte so stört. Während es bei den genannten Referenztierarten wissenschaftliche Untersuchungen dazu gibt, gibts die beim Hund nicht. Was auch damit zusammenhängt, denke ich, dass diese Tierarten ihre Vibrissen auch für den Laien sichtbar so deutlich einsetzen und auf sie angewiesen sind, dass es wissenschaftliches Interesse auf sich gezogen hat. Was beim Hund nicht dee Fall war. Obwohl es schon langjährig Hunde mit geschorenen Schnauzen gibt.


    Der Artikel überträgt Erkenntnisse ohne genaue Untersuchung, stellt unbewiesene Thesen auf und bläht das Ganze mit redundantem Geschwätz über ethische Aspekte auf. Das ist schlicht und einfach schlampig, meine Profs hätten mir das um die Ohren gehauen. Gerade für den Hundehalter, der es nun auch wirklich wissen möchte, ob er seinem Tier schadet und sich viele Gedanken macht, ist das schon fast eine Beleidigung.


    Zu Abmahnungen kann ich nix sagen, die dürften, wenn überhaupt, eher im züchterischen/gewerblichen Bereich auftauchen. Das ist nicht meine Baustelle. Privatpersonen müssen mit Auflagen vom Vet-Amt und ggf. Bußgeldern rechnen, gegen die kann man Einspruch erheben und klagen.


    Das dürfte aber schwer durchsetzbar sein. Es sei denn, man verhängt die Auflage, jegliche notwendige Pflegemaßnahme, die das Kürzen der Haare im Gesicht beinhaltet, tierärztlich absegnen zu lassen. Unsere Tierärzte dürften sich bedanken. Das sehe ich aktuell noch nicht am Horizont stehen.

  • Danke für den Link, Phonhaus.

    Was mir beim Durchlesen auch auffiel: daß kein Wort über die vermutlich doch höchst eingeschränkte Funktionsfähigkeit von Tasthaaren im "Bartwald" verloren wird, es wird stilschweigend davon ausgegangen, daß die Vibrissen bei allen Hunden frei stehen.

  • Danke für den Link, Phonhaus.

    Was mir beim Durchlesen auch auffiel: daß kein Wort über die vermutlich doch höchst eingeschränkte Funktionsfähigkeit von Tasthaaren im "Bartwald" verloren wird, es wird stilschweigend davon ausgegangen, daß die Vibrissen bei allen Hunden frei stehen.

    Das hab ich mich auch schon gefragt. Bei Theo gehen die tasthaare in Bart völlig unter und ich hab die noch nie abstehen gesehen

  • Ich sehe hier übrigens Unterschiede zwischen den Vibrissen, obwohl beide Bart Träger sind.


    Beim Zwergi sieht man wie sie sich bewegen wenn der Hund schnüffelt.

    Bei Lilo tut sich da garnix, und auch bei Susi tat sich nix.


    Allerdings hat er deutlich dünnere Barthaare und noch dickere Vibrissen.

    Dennoch ist die Bewegung eingeschränkt. Und man weiß auch nicht wie das ganze aussieht wenn der Kleene ausgewachsen ist.

    Nimmt man bspw eine ausgefallene Vibrisse in der Hand ( die hier teilweise übrigens stark gebogen sind), und tipp dran, sieht man wie sie bei minimalster Berührung oder einem seichten Windzug durch schwingt.

    Bei dem Bubi is. Davon nix zu sehen weil diese Schwingungen durch den Bart gebremst werden. Man sieht nur wie sich die Sinushaare am Ansatz auf und ab bewegen.



    Und dann wäre nochmal interessant zu wissen - weil es sich in 90 Prozent der Fälle rein um die Vibrissen an der Schnauze dreht :

    Wie nutzen Hunde eigentlich die anderen Vibrissen?

    Die am Kinn, am Mundwinkel, Augenbraue und an den Wangen?



    Fakt ist auf jeden Fall dass die hier so gut versteckt sind, dass man die kaum aussparen kann.

    Wenn Interesse besteht, kann ich ja gern mal ein Suchbild einstellen :p

  • Ich bin ja sozusagen ein "alter Hase" in Sachen Hundehaltung. Ich bin immer noch der Meinung, dass der Hund seine Nase, sein Gehör und eher weniger seine Augen als Orientierungshilfen einsetzt. Nase, Gehör zu verlieren stelle ich mir beim Hund sehr dramatisch vor. Das Augenlicht können viele Hunde in gewohnter Umgebung sehr gut kompensieren. Sie orientieren sich mit Nase und Gehör!


    Bei Katzen sind Vibrissen wohl eher ein weitaus größerer Verlust. Da kenne ich mich aber so genau nicht aus und gehe diesbezüglich nicht weiter darauf ein!


    Warum macht man bei Hund so ein Aufrieb wegen den Vibrissen? Wenn doch die Nase, der Geruchssinn sehr viel ausgleichen kann. Schließlich wurden Hunde seit zig Jahren entsprechend geschoren und man hat sich darüber keine Gedanken gemacht. Und ja, auch diese Hunde irrten nicht ziellos durch das Leben und alt wurden sie auch. Warum also jetzt das ganze Gedöns?


    Ich bin der Meinung, das das TSchG sich um weitaus andere Belange, weitaus tiefergreifende Dinge kümmern sollte!

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