Probleme mit Hündin aus Tierschutz / Angst und Unsicherheit

  • Benutz doch eine Kamera um zuschauen wie sie sich so verhält wenn du weg bist? Gibt's schon ganz günstig ab 30 Euro.

    Wenn du siehst, dass sie sowieso nur schläft kannst du ebenfalls entspannter sein und dieser Abstand kann beiden Parteien sehr gut tun.

  • Was hätte dir denn die Info genützt, dass sie ohne Leine auf einem Bauernhof gelebt hat? Das hat ja erstmal nicht zu sagen. Ich habe einen Hund von der Straße, der all das entspannt mitmacht, was du gerne hättest. Bereits nach kurzer Zeit. Was ich damit sagen will- die Info hätte nichts gebracht. Ich finde auch, dass es so nicht toll klingt hinsichtlich Verein, aber naiv warst du schon auch.


    Jetzt ist sie ja da. Ich würde, wenn sie damit so entspannt ist auch deutlich mehr alleine lassen. Viele Hunde profitieren davon einfach unglaublich.


    Was ist denn negative Belohnung?


    Ich würde auch die Eindrücke reduzieren und durchaus auch mit Konsequenzen arbeiten und nicht nur mit Ablenken, gerade auch bei so einer Mischung. Da ist aber jeder anders.


    Leinenaggression die du beschreibst gibt es übrigens häufig, egal wo der Hund herkommt. Aus ganz unterschiedlichen Motivationen.

  • Zum Thema Alleine bleiben:

    Hailey braucht ihre Auszeiten und genießt es, am VM alleine Zuhause zu sein, wenn die Mädels in der Schule sind und ich in der Arbeit bin.

    In den Ferien sucht sie nach einiger Zeit gezielt leere Räume in der Wohnung, um in Ruhe schlafen zu können.

    Ich nehme Hailey nur dorthin mit, wo ich weiß, dass sie etwas davon hat, bzw. es gut aushalten kann, ohne Stress zu haben.

    Sie kann inzwischen z.B. ohne Probleme mit uns essen gehen (kommt sehr selten vor), der Weg bis zum Tisch ist das größte Problem, dann legt sie sich hin (ich nehme immer ein Handtuch mit) und döst, bis wir wieder gehen.

  • Erstmal ich verstehe Dein Leid sehr gut! Aber ich möchte Dich auch mit einem Positiv-Beispiel aufmuntern!


    Ich habe mich nach dem Tod meiner ersten Hündin (Rottimix) für eine blinde Dobidame entschieden, die im April bei uns eingezogen ist. Ich bin also mit Hundeerfahrung an die Sache rangegangen und im Bewusstsein, dass die ersten Monate schwer werden könnten - und es wurde trotzdem härter als erwartet. Auslandsadoption habe ich übrigens bewusst nicht gemacht, weil mir das zu riskant war, da ich ähnliche hohe Ansprüche wie Du an meinen Hund habe (nicht böse gemeint, nur realistisch!). Ich habe mich mit den Vorbesitzern eine Woche intensiv ausgetauscht über ihre Fähigkeiten und Grenzen. Sie kam ursprünglich aus einer Beschlagnahme mit extremem Untergewicht und lebte dann 2 Jahre bei ihren direkten Vorbesitzern, die sich aber etwas übernommen hatten. Stadt kannte sie nicht, regelmäßiges Gassi nicht, Hundeplatz nicht, Fremdhunde nicht (hat aber immer mit anderen Hunden gelebt) etc. pp. Aber eben ein gelehriger, aufgeweckter, aktiver, erwachsener Hund, wie ich es mir wünschte.


    Bei uns Zuhause und uns als Menschen fühlte sie sich sofort wohl, aber draußen hatte sie extreme Angst. Die zwei Straßen zum Park waren eigentlich zu viel für sie. Extreme Geräuschangst, besonders bei Autos und Radfahrern, aber auch Kirchenglocken, unerwarteten Geräuschen etc. Die Geräuschangst war jedoch bereits nach schätzungsweise 3 Wochen fast komplett weg. Ich habe jedes unheimliche Geräusch benannt und belohnt. Wir haben unsere Gassiwege ganz langsam aufgebaut und erstmal war da nicht so viel Abwechslung drin. Aus dem Haus, zum Park, Leckerlisuche, mit Frauchen/Herrchen an der Schleppe toben, Leckerlisuche, zurück nach Hause. Hunde waren anfangs noch nicht so ein großes Thema, aber seit sie ihre Angst verloren hat, ist sie extrem auf andere Hunde fixiert. Wir meiden Hundebegnungen auf der Straße, aber haben Kontakte zu einzelnen Hundehaltern aufgebaut und das klappt sehr gut. Mittlerweile kennt sie eine Hand voll Hunde und zwei davon sieht sie wöchentlich. Einzeltraining hatten wir kaum, da die Trainerinnen hier so ausgebucht sind. Ich habe schnell mit Hundeplatz angefangen, nach 5, 6 Wochen?, und auch verschiedene Angebote ausprobiert. Wir machen 2 - 3 x Gruppentraining die Woche. Das ist ein straffes Programm, da muss man gucken, was funktioniert. Teilweise gibt es auch Angebote in sehr kleinen Gruppen. Wir machen z. B. einen Junghundkurs außerhalb vom Hundeplatz, wo wir insgesamt drei Hunde sind. Wir können mittlerweile kleine Runden durch die Innenstadt gehen, ins Auto steigt sie mittlerweile freiwillig ein, sie bleibt derzeit bis zu zwei Stunden alleine, sie hatte schon Hundebesuch Zuhause, sie kann eine Stunde auf dem Hundeplatz arbeiten und bellt dort immer weniger rum, Freilauf in sicheren Gegenden bzw. zu sicheren Zeiten. Beschäftigungen bauen wir parallel auf. Busfahren, Café, Tagesausflüge, das steht auch irgendwo in der Zukunft und wir tasten uns ran Stück für Stück.


    Auch wenn das alles so positiv klingt, muss ich auch zugeben, so richtig Freude macht sie mir erst seit ca. einer Woche, davor war es hauptsächlich harte Arbeit. Nun, nach 5 Monaten, kommt endlich der Teil, wo es auch viel Freude macht.

    Falls Du Dich entschließt, sie abzugeben, dann bring sie in ein deutsches Tierheim (oder vielleicht kann Dir die Trainerin bei der Suche einer geeigneten Privatperson helfen), aber nicht zu dem Verein. Und falls Du dann nochmal das Projekt Hund wagen willst, dann kann ich Dir nur dringend raten entweder von Privat oder einer Pflegestelle, da erlebst Du den Hund nämlich in einer realistischen Wohnsituation! Das wäre mein Tipp.


    Aber für mich klingt es eher so, als würdest Du weiterkämpfen wollen, auch wenn Du gerade auf dem Zahnfleisch gehst. Dazu wurden schon einige tolle Tipps gegeben, einen Gang runter schalten mit dem Hund (was kann ich wann, wo, wie, wie lange mit dem Hund unternehmen?) und eigene Unternehmungen ohne Hund aufbauen.

    Alles Gute weiterhin!

  • Wir waren leider auch zu naiv und haben/hatten eine ähnliche Situation.

    Unsere Hündin ist seit knapp 9 Monaten hier und hat schon tolle Fortschritte gemacht. Wir haben aber noch viel vor uns.


    Uns haben zwei Dinge geholfen. Erstens: eine Trainerin, die in kleinen Schritten voran geht und uns geraten hat, erstmal 2-3 Wochen (fast) gar nichts mit dem Hund zu machen. Kein Training draußen, lieber mehrmals am Tag ganz kurz raus, öfter mal nur schnell Pipi machen und einmal am Tag rausfahren und einen längeren, entspannten Gang machen. Nach Hause, bevor die Situation kippt!

    Das hat uns alle drei wahnsinnig entspannt. Das war wie so eine kleine Pause von allem und danach war auch die Hündin viel entspannter und lernfähiger (sie nimmt übrigens draußen immer noch nie ganz selten Futter an, nur wirklich außerhalb von allem).


    Das zweite war: unsere Erwartungen anpassen. Vielleicht wird das irgendwann mal ein Hund, den man entspannt mitnehmen kann. Wahrscheinlich eher nicht. Wir arbeiten verstärkt am Alleinebleiben, was gut klappt. Wir haben auch eine Kamera, lassen die aber öfter bewusst aus, um uns nicht damit zu stressen.


    Ich kann sie im Moment mit zur Arbeit nehmen und hatte ursprünglich die Vorstellung, dass wir da gemütlich hinlaufen. Das haben wir zweimal probiert, seitdem fahre ich den einen Kilometer eben mit dem Auto, wenn sie dabei ist.


    Was uns ansonsten geholfen hat bzw hilft: souveräne Hundekumpels. Wir haben zum Glück tolle Hundebekanntschaften geknüpft und deren pure Anwesenheit reicht oft schon, dass unsere Hündin weniger Angst hat. Aber wir trainieren auch das im Moment sehr dosiert und mit viel Entspannungs- und Verarbeitungspausen.


    Inzwischen haben wir auch draußen immer mehr tolle Erfolgserlebnisse. (Einzelne) Autos und Fahrräder sind gar kein Problem mehr, Walkingstöcke auch nicht. Viel Verkehrslärm stresst sie noch sehr, aber den meiden wir eben so gut es geht.


    Achso, als Ergänzung: wir machen das immer noch so, dass wir zweimal am Tag mit ihr in Gebiete fahren, wo sie möglichst stressfrei sein kann. Da trainieren wir dann mal ein bisschen Rückruf oder laufen einfach etwas vor uns hin, sie darf mal rennen (nur an der Schlepp) oder so. Ansonsten sind Tricks/„Grundgehorsam“ hier nur relativ rudimentär vorhanden, sie ist mit dem Alltag noch immer genug ausgelastet.


    Viel Erfolg dir weiterhin. 😊

  • viel Erfolg!


    Wenn du einen Garten hast, kannst du den evtl einzäunen?

    Und sie zumindest jetzt für die erste Zeit in den Garten lassen, statt abends und mittags kurz raus gehen?


    Mein ehemaliger Hund war draußen im städtischen Umfeld sehr gestresst, wollte sich am Schluss immer verkriechen, wenn es raus ging.

    Zum runter kommen war er ein paar Wochen bei meinen Eltern mit Haus mit Garten in ruhiger Lage.

    Dort ist er nur 1x täglich spazieren gegangen. Und durfte so viel/ oft wie er wollte in den Garten.

    Das hat ihm sehr geholfen, sich zu entspannen.

    Der Garten gehörte für ihn zum sicheren Bereich u er musste sich nur noch 1x täglich mit der für ihn stressigen Umwelt auseinander setzen.

  • Ich habe jetzt den 4ten Tierschutzhund.

    Von deutschem Angsthund - vom Amt eingezogen, weil nur an der Heizung angebunden bis zu aktuell zwei ungarischen Straßenhunden.


    Ich finde Deine Lebensumstände bieten die besten Vorrausetzungen für das Leben mit so einem Hund und das hat der Verein vielleicht auch so gesehen.


    Aber 3 Monate sind wirklich gar nichts und nach dem was ich lese macht ihr viel zu viel.

    Einfach da sein in unserem Alltag, der Transport, der Wechsel der Lebensumstände (auch wenn zum Positiven) ist wahnsinnig viel für so einen Hund.


    Der Hund ist nicht zwangsläufig ein Angsthund.

    Sie kennt nur all das, was Du ihr präsentierst gar nicht und hat vermutlich in der Entwicklungsphase nichts kennengelernt.

    Das ist zweimal schwer.

    Weil zum Einen muss sie alles jetzt erst lernen (und alles auf einmal) und dann hat sich das Lernvermögen auch einfach nicht so entwickelt,

    wie bei Hunden die altersgerecht mit immer neuen Alltagserfahrungen aufwachsen.


    Aber wenn Du Euch beiden viel Zeit lässt, wird das besser.

    Ich rede hier von Monaten bis hin zu Jahren.


    Manche Sachen werden vielleicht nie gehen und vermutlich wird jede grundlegende Änderung sie neu aus der Bahn werfen.


    Ich lebe sehr ruhig und entspannt mir den Hunden, wir fahren in der Nebensaison an die Ostsee in den Urlaub.

    An den Strand gehe ich aber trotzdem nur früh oder spät.

    Restaurantbesuche, Innenstadt und Freunde besuchen, würde nach 3 Jahren mit Stress aber grundsätzlich gut funktionieren.

    Aber wieso sollte ich uns das antun. Die Hunde bleiben entspannt zu Hause und ich bin entspannt unterwegs.


    Also es wird besser werden, aber lange dauern und Anpassungen deinerseits erfordern.

    Das muss aber nicht dauerhaft Deine Lebensqualität einschränken, sondern einfach mehr und andere Planung erfordern.


    Das Einzige was ich aktuell ganz kleinschrittig üben würde, ist Alleine bleiben, gerade weil Du soviel zu Hause bist.

    Nach Möglichkeit auch im Auto.

    Denn das ermöglicht Dir am Ende wirklich Bewegungsfreiheit und für den Hund viel weniger Stress.

  • Vielen Dank für die ganzen Rückmeldungen und die Kritik. :) Das hat mir wirklich extrem weitergeholfen. Ich nehme mir das alles zu Herzen und fahre mit ihr einen Gang runter.

  • Doch, es gibt wirklich gute Orgas, wo man sich auch als Anfänger einen Direktimport holen kann, aber die zu finden, ist halt schwer. Nicht der Direktimport ist das Problem, sondern das Kaufverhalten ('adoptieren') nach Foto und es gibt halt genügend Verkäufer, die die Ware liefern. Platt ausgedrückt. Mit Emotionen und dem Wunsch zu helfen wird heutzutage viel Geld gemacht. Und die vermeintliche Rettung wird zum Disaster für den unverstandenen Hund.


    Was mir allgemein so auffällt, wenn Menschen Hunde vom Tierschutz aufnehmen, daß die Frage, wie mache ich den Hund passend für mein Leben, immer sehr präsent ist. Es wird das menschliche Leben beschrieben, wo der Hund hineinpassen muß und man stellt sich überhaupt nicht die Frage, wieviel dem Hund genommen wurde, indem er seinem vertrauten Leben entrissen wurde.

    Vielleicht hat der Hund in seiner Heimat gar nicht so schlecht gelebt, Menschen im Ausland sind nicht allesamt Tierquäler und Verbrecher, aber wir Deutschen fühlen uns halt einfach immer soviel besser.

    Ich bin nicht gegen Auslandstierschutz, mir widerstrebt nur, wie er praktiziert und vermittelt wird. Ich nehme aus Prinzip nur deutsche Hunde, weil es hier so unsagbares Leiden und Elend gibt und das Wegsehen so unerträglich ist und das Schweigen.


    Also habe ich hier Bonnie sitzen, einen klassischen "Angsthund" mit Deprivationssyndrom. Ich habe mich bewußt für sie entschieden und ich denke, das wichtigste bei einem Angsthund ist das ehrliche sich Eingestehen, ob man den Hund so nimmt, wie er ist, wie man ihn im Augenblick erlebt, oder ob man ihn nur erträgt in der Hoffnung, daß er irgendwann "besser" wird.


    Es gibt Hunde aus dem Ausland, die sind nur durch den Kulturschock, dem Verlust des Vertrauten, der Heimat, dem Diebstahl ihres gesamten Lebens erst mal völlig "durch den Wind" und werden normal, also was man als Hundehalter so als normal bezeichnet: Mitnehmbar, freundlich, folgsam.

    Es gibt Hunde, die schaffen das nicht. Die werden immer 'schwierig' bleiben.


    Vielleicht wäre ein erster Schritt, dem Hund zu vermitteln: Zeig mir Dein Leben und ich höre Dir zu. Ich stelle meine Wünsche und Forderungen hintenan und lasse Dich erst mal ankommen und orientieren.

    Sie bleibt gut alleine? Super, dann kann sie sich erholen. Von Dir, von der Nähe, von den ganzen Eindrücken, vom Funktionieren müssen. Schenk ihr die Zeit.

    Gib ihr den Raum, sich zurechtfinden zu können, und respektiere ihre Signale die Dir sagen, daß es ihr alles zuviel ist.


    Du passt Dich dem Hund auch nicht an, indem Du zurücksteckst. Ihr geht den Weg gemeinsam und der sollte so gegangen werden, daß er beide Seiten bereichert.

    Lebensfreude, positives gemeinsames Erleben, das sind die Zauberworte. Der Mensch, der im Internet Ware Hund bestellt, bringt keine Opfer für seine nicht richtige Entscheidung. Die Opfer werden vom Hund verlangt.


    Bonnie wird nie normal sein. Sie ist eben so wie sie ist. Und dennoch hat sie so eine unbändige Kraft zu leben und Lebensfreude zu verbreiten und Lachen.

    Das Leiden für solche Hunde beginnt eigentlich dort, wo der Mensch meint, den Hund in ein Schema pressen zu müssen in das er nicht passt.

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