Hund aus dem Ausland ist schwierig. Was kann ich tun?

  • Zitat

    Ich meine auch nicht dankbar wie es ein Mensch wäre. Aber auf Youtube gibt es tausende von Videos in denen Hunde gezeigt wurden, die gerade adoptiert wurden und die sich total freuen und richtig lächeln. Ich habe mir einfach erhofft, dass Lily das irgendwie spürt das es ihr jetzt besser geht.

    Das ist halt auch wieder so eine Werbemasche. Das vermeintliche Freuen ist oft auch einfach Übersprunghandlung. Und aktuell geht es ihr einfach auch nicht besser. Aus deiner Sicht ist das Leben hier viel toller. Für einen Hund, der das alles nicht kennt, leider nicht.


    Zitat

    Es ist nicht viel bekannt über ihre Vorgeschichte. Sie wurde, zusammen mit 2 weiteren Hunden, auf einem Müllplatz aufgesammelt und war dann 3 Wochen im Shelter bevor sie zu mir kam. Sie wurde als zurückhaltend aber offen und neugierig beschrieben. Ich habe dem Verein gesagt, dass ich viel Besuch empfange und mir wichtig ist das mein Hund keine Angst vor Menschen hat. Deshalb bin ich jetzt schon ein wenig enttäuscht.

    Das ist natürlich vom Verein auch echt bescheiden gelaufen, nach drei Wochen im Shelter ist der Hund ja überhaupt nicht vernünftig einschätzbar. Aber generell sind Leben im Shelter und in einem Haus halt auch was ganz anderes, da kann es immer Überraschungen geben.


    Zitat

    Ich mag Lily aber ich habe mir das Leben mit Hund ganz anders vorgestellt. Es ist ... einfach alles viel nüchtener als ich dachte. Keine schönen Spaziergänge, weil sie zieht wie ein Ochse, kein Kuscheln auf der Couch, keine Ballspiele, kein toben. Sie wirkt einfach unglücklich.

    Das bringen aber die wenigsten Hunde einfach mit , vieles davon muss man sich halt erst 'erarbeiten'. Das kann aber wahnsinnig viel Spaß machen,wenn man sich darauf einlässt.


    Deine Hündin klingt sehr ähnlich wie meine Leia. Leia wird nie ein Hund werden, mit dem man einfach losspaziert, aber sie ist inzwischen eine absolute Schmusebacke, lernt wahnsinnig gerne kleine Tricks im Haus und genießt Freilauf auf einem sicher eingezäunten Hundefeld, dass wir zwei Mal die Woche mieten . Ja, ich könnte sie niemals mit in ein Café nehmen und Urlaub fällt auch aus, weil sie dafür viel zu stressanfällig ist. Macht aber nichts, dass Strahlen in ihren Augen wenn ich Zuhause oder auf dem Feld Zeit mit ihr verbringe, macht es wett. Ich wollte ursprünglich auch gerne Mal Agility im Verein machen. Klappt mit unseren dreien nicht, Leia ist viel zu ängstlich, Trip und Gigi zu reaktiv gegenüber fremden Hunden (obwohl das inzwischen auch viel besser ist). Egal, auf unserem Hundefeld sind Agility Hürden, dann machen wir das halt alleine. Und über Stock und Stein krachseln Sonntag morgens um sieben wenn noch keiner am See unterwegs ist, so dass auch Leia sich hin traut, ist auch wahnsinnig toll.

    Das spielt sich alles irgendwie ein, wenn man bereit ist, Kompromisse einzugehen und den Hund so zu akzeptieren wie er ist. Dann gibt es in meinen Augen auch eine gewisse 'Dankbarkeit' in Form eines Hundes, der es liebt mit dir zusammen zu leben.

  • Hallo erstmal,


    das du dich von den Videos verabschieden sollst wurde ja schon geschrieben, wahrscheinlich hast du auch da deine romantischen Vorstellungen her.

    Hast du dich denn im Vorfeld nicht ein bisschen mit Hundehaltung auseinander gesetzt, gerade mit Hunden aus dem Ausland wo alles kann und nichts muss?

    Wenn ich so lese was ihr schreibt, dass dass das Jahre, vielleicht sogar ein Leben lang, anhalten kann, dann bin ich etwas demotiviert.

    Das wirst du aber ablegen müssen, das überträgt sich unter anderem auch auf sie.

    Findest du nicht, dass das eine schöne Aufgabe ist, mit diesem Hund einen gemeinsamen Weg zu gehen, Sachen gemeinsam zu meistern und ihr zu Zeigen, das die Welt und Wohnung gar nicht so gruselig ist? Ja, das dauert halt.

    Aber Geduld ist nicht meine Stärke.

    Auslandshund oder nicht, Geduld brauchst du bei jedem Hund. Beim einen mehr, beim anderen weniger.

    Drinnen bewegt sie sich wie gesagt kaum und ich glaube sie wäre gerne unsichtbar. Sie zuckt jedes mal aus dem Schlaf wenn ich mich bewege und sie beobachtet mich als wäre ich ein Tierquäler und würde sie jeden Moment überfallen

    Mach dir bitte bewusst, dass eine Wohnung ihr total fremd ist und sie bei dir zum ersten Mal eine betreten hat. Ja, sie zuckt bei Geräuschen aus dem Schlaf, denn auf der Straße und im Shelter ist auch nicht sicher und da ist Wachsamkeit angebracht, sowie nun in der gruseligen Wohnung. Dich kennt sie ja auch noch nicht richtig. Sie muss erstmal lernen das sie bei dir sicher ist und sie Vertrauen zu dir haben kann. Aber das dauert, da sind zwei Monate nix!


    Und btw.: Lass sie doch erstmal an- und zur Ruhe kommen, bevor du ihr gleich diversen Besuchern in beliebiger Anzahl vorstellst. Das läuft nicht weg…..

  • Erst mal finde ich es gut dass du dir hier Hilfe suchst. Hier sind viele erfahrene Hundemenschen - auch mit Hunden aus dem Auslandstierschutz unterwegs, die dir gute Impulse geben können. Es kann zumindest mal ein Anfang sein.


    Leider bist du einigen Irrtümern aufgesessen, die gesellschaftlich stark verbreitet sind unter Menschen, die noch keine Erfahrung mit Hunden haben.

    Es ist ein bisschen schade und für die Hunde die es betrifft wirklich bitter, dass hier kein realistischeres Bild im Vorfeld geschaffen wurde. Zum einen durch die Tierschutzorga, zum anderen schon auch durch dich als Halter. Bei jeder Waschmaschine liest man seitenweise Bewertungen aber beim Hund reicht ein Bild aus dem Internet. Der Fehler ist passiert, Haken dran. Die Frage ist was du jetzt draus machst.


    Du kannst entweder dich jetzt richtig rein knien und dir möglichst viel Wissen über solche ängstlichen Hunde zulegen. Das Buch das schon empfohlen wurde wäre ein guter Anfang. Außerdem einen Hundetrainer zurate ziehen der Ahnung von Angsthunden hat - Achtung, hier gibt es große Unterschiede. Von allem was dir sagt 'da muss der Hund halt durch' würde ich Abstand nehmen.


    Zudem müsstest du dich auf eine völlig neue Denkweise einlassen. Nicht 'was erwarte ich alles vom Hund' sondern 'wie kann ich dem Hund helfen, seine ganz eigene Persönlichkeit, die im Moment noch unter der Angst verdeckt ist zu entfalten' Was braucht der Hund dafür? Dann kommst du vermutlich automatisch immer weiter dahin wo du hin möchtest.


    Oder aber du gestehst dir ein, dass du nicht so viel von deinen Vorstellungen für den Hund opfern möchtest. Es ist Einschränkung, das sollte man nicht beschönigen. Und man muss selbst entscheiden, ob man darin aufgeht den Hund langsam schrittchenweise sich entwickeln zu sehen. Oder ob man gern ein möglichst gut funktionierendes Ergebnis hätte. Dann ist man eventuell in der Hundehaltung generell falsch - darüber kann man vielleicht noch streiten (Übernahme eines erwachsenen Hundes aus guter Haltung vereinfacht den Aufwand zu deinem Optimalbild, trotzdem bleibt es ein Tier mit Bedürfnissen, Krankheitsphasen und Co...), ganz sicher ist man aber in der Haltung von ängstlichen Hunden falsch.


    Zu den einzelnen Themen wurde schon viel gesagt. In Summe würde ich mir merken - lobe alles was du gut findest mit freundlicher Stimme. Alles was du nicht gut findest ignorierst du. Alles was du an Training machst immer nur in mini kleinen Schritten. Wenn du merkst der Hund geht nicht drauf ein dann lass es einfach. In ein paar Monaten wird das automatisch an ganz vielen Stellen Klick machen, wo du jetzt noch nicht durchdringst zum Hundeköpfchen.


    Mein Auslandshund war quasi im ersten halben Jahr nicht aufnahmefähig. Erst danach konnte man langsam immer mehr Sequenzen zu Rückruf und Alltagsdingen die man gerne hätte einbauen.


    Ich wünsch euch viel Erfolg!


    LG Betty mit Lino

  • In Summe würde ich mir merken - lobe alles was du gut findest mit freundlicher Stimme.

    Ich finde die Ausführungen von Benji05 toll - nur hier noch die Ergänzung: Evtl. überfordert sogar schon das deinen Hund. Da musst du ihn halt genau beobachten. Du sprichst ihn mit freundlicher Stimme an - und er knurrt. Auch das wäre nicht unnormal für den Zustand, in dem die Hündin offenbar gerade ist.

  • evtl. könnte ja jemand so kompetentes wie @Murphy123 mal der TE schreiben wie man mit Angsthunden so umgeht.

    Mein lieber Thor Du siehst doch selbst, dass hier genug Leute schreiben. Warum sollte ich mir da die Mühe machen. xD Und das kompetent ist mal wieder Deine eigene Interpretation. Ich suche mir meine Tierschutzhunde sorgsam aus und ein kompletter Angsthund ist mit meinem Lebensumfeld nicht kompatibel.. :winken:

  • Hallo!

    Wir haben Hailey vor fast 2 Jahren aus dem Tierheim geholt. Dort war sie 2 Monate, nachdem sie irgendwo in Wien ausgesetzt worden ist.

    Sie war so ängstlich am Anfang (und ist es teilweise immer noch), ich konnte nicht einmal eine Straße mit ihr überqueren, weil sie so große Angst vor Autos hatte.

    Sie hat die ersten Tage nur einmal in 24 Stunden gepinkelt, weil sie so großen Stress hatte, dass sie einfach nicht konnte.

    Sie hat nicht gegessen.

    Unsere Trainerin hat gesagt, dass "normale" Tierschutzhunde 3-6 Monate brauchen, um an zu kommen, Angsthunde noch viel länger.

    Nach 6 Monaten ist sie freiwillig ins Auto gestiegen, sie hat aber immer noch Stress in allen Fortbewegungsmitteln.

    Wir können bis jetzt nicht in die Innenstadt, weil Hailey zu viele Menschen um sie herum stressen.

    Seit kurzem gehen wir in die Hundeschule, war vorher einfach nicht möglich, sie war so sehr beschäftigt, ihren Alltag halbwegs zu leben, da war kein Platz für zusätzliche Aufgaben.

    Sie trägt draußen IMMER ein Sicherheitsgeschirr und einen GPS Tracker, ich habe zu große Angst, dass sie Panik bekommt und wegläuft.

    Sie hat aber auch sehr viel gelernt und ist ein ganz besonderer Hund, den ich auf keinen Fall tauschen möchte.

    Ich würde das Programm komplett runterfahren, so wenig Eindrücke wie möglich, Besuch würde ich auf ein Minimum reduzieren und anweisen, dass der Hund komplett ignoriert wird!

    Unsere Trainerin (von der TÄ abgesegnet) hat uns außerdem Sedarom empfohlen, das hat Hailey gut geholfen.

    Liebe Grüße

  • Hallo...

    Ach Mensch, das liest sich als ob es sehr anstrengend für euch alle ist...

    Bei Angsthunden ist wohl der erste Pfeiler : Geduld!


    Aber auch die Pfeiler 2-56 heißen genauso! Geduld, Geduld, Geduld, Geduld....

    Bis ein ängstlicher Hund vertrauen fasst, können Monate oder Jahre vergehen...zwei Monate sind da ein nix!

    Aber ich hätte die kurze Frage:

    Du schreibst, du hast im Fragebogen der Orga angekreuzt, keinen aggressiv Hund haben zu wollen. Wusstest du denn dass er so ängstlich ist?


    Ich drücke Euch die Daumen dass ihr zusammen findet!

  • evtl. könnte ja jemand so kompetentes wie @Murphy123 mal der TE schreiben wie man mit Angsthunden so umgeht.

    Mein lieber Thor Du siehst doch selbst, dass hier genug Leute schreiben. Warum sollte ich mir da die Mühe machen. xD Und das kompetent ist mal wieder Deine eigene Interpretation. Ich suche mir meine Tierschutzhunde sorgsam aus und ein kompletter Angsthund ist mit meinem Lebensumfeld nicht kompatibel.. :winken:

    Ach dankeschön meine allerliebste Murphy123, dass du deine wahnsinns Kompetenz bezüglich Angsthunden der TE hier zur Verfügung gestellt hast.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!