Bedürfnisorientierte Hundeerziehung. Kann das funktionieren?

  • Mein Bedürfnisse nicht gebissen zu werden, auch nicht im Spiel, kollidiert direkt mit dem Bedürfniss meines Hundes, es doch zu tun.


    Und nu? Mich ankauen lassen und Leckerchen werfen, wenn er kurz aufhört? Dann lernt er nur, wenn ich beisse und dann Pause mache, bekomme ich was. Das, was wirklich geholfen hat war ein ganz deutliches "Grenzen setzen "meinerseits und zwar ziemlich unnett. Vielleicht habe ich auch zu wenig Ahnung um zu erkennen, wie man es anders hätte machen können, für uns hat es so aber funktioniert. Und das war ziemlich bedürfnisorientiert, nur halt nicht auf das Bedürfniss des Hundes bezogen, sondern auf meines. :ka:

    Warum denkst du ist das Bedürnis deines Hundes in dem Moment Leckerlis geworfen zu bekommen oder nur auf dir rum zu kauen ist?

    Es geht doch glaube ich eher um eine übersprungshandlung im Spiel, oder verstehe ich das falsch?

  • Vielleicht fand er es auch einfach nur gut, dass Du angefangen hast über Belohnung statt Strafe zu trainieren.

  • Das Problem bei solchen Ideen ist halt immer, dass in der Regel zwischen Theorie und Praxis Welten liegen und es sich am Ende nur um ein Etikett ohne Inhalt handelt.


    Mag sein, dass ich voreingenommen bin, einfach weil ich durch Verwandte und Bekannte die im Bildungs- und Betreuungssektor arbeiten die leidliche Erfahrung gemacht habe, dass "bedürfnisorientiert" bei Kindern fast ausschließlich ein Synonym für "mein verzogener Schrazen darf alles und ich werde mich hüten, zu versuchen, es ihm zu verbieten oder erzieherisch in irgendeiner Form einzugreifen".


    Auch scheitert es schon sehr schnell daran, die zu Grunde liegenden Bedürfnisse des individuellen Hundes bzw von Hunden im generellen zu definieren. Ich habe da zB eine komplett andere Ansicht zum Thema, welche Bedürfnisse bestimmte Rassegruppen haben, als viele der selbsternannten "modernen" Hundetrainer.

    Ist ein hübsches Konzept und klingt in der Theorie ideal. In der Praxis kommt es aber erfahrungsgemäß nicht einmal in die Nähe seiner eigenen Ideale.

  • Ich würde jetzt gerne das Wort "bedürfnisorieniert" definieren. An wessen Bedürfnisse soll sich orientiert werden? An denen des Hundebesitzers oder an die Bedürfnisse des Hundes selbst?


    Ich glaube nämlich, dass hier etwas ganz falsch angesprochen wird. Bedürfnisorientiert ist (meiner Meinung nach) doch eigentlich das, was der Hund mir von seiner Art und seinem Charakter anbietet und wo Mensch darauf aufbauen kann; wo man den Hund erziehungsmäßig lenken kann.


    Wenn ich von meinen eigenen Bedürfnissen und Wünsche ausgehe, dann nützt das dem Hund - wenn er meine Bedürfnisse und Wünsche von seiner Veranlagung her erst gar nicht erfüllen kann - doch gar nichts. Er kann meine Bedürfnisse nicht erfüllen, weil seine "Art" das eben nicht hergibt.


    Stelle ich mich als Hundehalter aber auf die "Bedürfnisse" meines Hundes ein, erkenne seine "Art" an, dann kann daraus eine echte und gute positive Entwicklung entstehen. Für beide Teile: für den Hund und für mich!

  • Mein Bedürfnisse nicht gebissen zu werden, auch nicht im Spiel, kollidiert direkt mit dem Bedürfniss meines Hundes, es doch zu tun.


    Und nu? Mich ankauen lassen und Leckerchen werfen, wenn er kurz aufhört? Dann lernt er nur, wenn ich beisse und dann Pause mache, bekomme ich was. Das, was wirklich geholfen hat war ein ganz deutliches "Grenzen setzen "meinerseits und zwar ziemlich unnett. Vielleicht habe ich auch zu wenig Ahnung um zu erkennen, wie man es anders hätte machen können, für uns hat es so aber funktioniert. Und das war ziemlich bedürfnisorientiert, nur halt nicht auf das Bedürfniss des Hundes bezogen, sondern auf meines. :ka:

    Warum denkst du ist das Bedürnis deines Hundes in dem Moment Leckerlis geworfen zu bekommen oder nur auf dir rum zu kauen ist?

    Es geht doch glaube ich eher um eine übersprungshandlung im Spiel, oder verstehe ich das falsch?

    Ehrlich gesagt ist mir das auch total egal warum er das macht. Ich will es nicht, Punkt. Wenn er kauen will, kann er seine Kausachen nutzen, wenn er spielen will, kann er Spielzeug holen. Er hat verschiedene Optionen. Wenn er sich aber dafür entscheidet, in meine Füsse zu beissen ist mir sein Bedürfnis gelinde gesagt egal. Und mit zwei Kindern muss er auch recht schnell verstehen, daß Zähne an Mensch hier alles andere als eine coole Idee sind.


    Mit meinen Hündinnen hatte ich das Thema nie, die haben einfach nicht in uns gebissen, nie.

  • Für l'eau s gruppenfotosituation wäre zb ein bo Ansatz zu sagen, ok sitzen hast du keinen Bock drauf, ich nehm auch nen Steh, nen Platz oder nen Hasen.


    Ich habe da zB eine komplett andere Ansicht zum Thema, welche Bedürfnisse bestimmte Rassegruppen haben, als viele der selbsternannten "modernen" Hundetrainer.

    Ist ein hübsches Konzept und klingt in der Theorie ideal. In der Praxis kommt es aber erfahrungsgemäß nicht einmal in die Nähe seiner eigenen Ideale.

    Kannst du das etwas näher ausführen. Klingt spannend.

  • Für l'eau s gruppenfotosituation wäre zb ein bo Ansatz zu sagen, ok sitzen hast du keinen Bock drauf, ich nehm auch nen Steh, nen Platz oder nen Hasen.

    ähm, Jin hätte nichts davon gemacht. Sie wollte einfach lieber am Rand schnuppern. Jedes Kommando, was sie daran gehindert hat, war also grad an ihrem Bedürfnis vorbei.


    Es ging mir bei dem Beispiel aber auch gar nicht darum, dass Jin und ich da grad unterschiedliche Bedürfnisse hatten, sondern um die unterschiedliche Reaktionen von Jin und dem Border auf meine Korrektur - die eindeutig an Jin gerichtet war, bei ihr nur als Erinnerung des Kommandos ankam, derweil der Border, obwohl ich ihn nicht anschaute, sich davon bestraft fühlte.

  • Kannst du das etwas näher ausführen. Klingt spannend.

    Schlicht und simpel:

    Ich habe Gebrauchshunde und bin der Meinung, dass da eines der Bedürfnisse schlicht lautet, arbeiten zu dürfen und zwar so nah am original Einsatzgebiet, wie nur möglich. Ist das im Privatleben nicht möglich - was es bei vielen Rassen einfach nicht ist - gehört für mich da die sportliche Auslastung her.

    Ich sehe wenig bis keinen Sinn darin, zu versuchen bei Hunden mit den entsprechenden Anlagen zu versuchen, die rassetypischen Eigenschaften mit allen möglichen Ersatzhandlungen zu befriedigen und kleinzutrainieren, was jedoch - je nach Rasse und Einsatzgebiet - bei vielen "modernen" Trainern das Hauptaugenmerk ist, weil die Sportart im speziellen oder Sport generell verpönt ist.

    Da wird dann sehr schnell jegliche Genetik geleugnet und mit dem Argument angefangen, dass alles nur Prägung, Erziehung und Geduld sei, was man bräuchte.


    Bedürfnissorientiert funktioniert meiner Meinung nach nur, wenn man den Hund inklusive seiner Genetik betrachtet und da auch individuell nochmal stark differenziert und nach über 20 Jahren in der Branche sehe ich eine Entwicklung, die zwar von vielen positiv aufgenommen wird, weil sie weg von der Dominanzvorstellung und "der will es mir zeigen" Denke geht, sich aber in eine ebenso emotional fehlgeleitete Sicht der Hundes entwickelt, die mehr von der eigenen Philosophie als von der Realität geprägt ist. Der Ausgangspunkt und der emotionale Standpunkt dem Hund gegenüber haben sich verändert, weg vom Gegner hin zum Partner, doch am Ende verfehlt man das Ziel, nämlich die Erkenntnis über das reale Wesen des Hundes, ebenso wie bei der veralteten Denkweise. Man schießt halt nur von der anderen Richtung her komplett am Ziel vorbei.


    Und das ist für mich die denkbar falsche Ausgangslage für einen bedürfnisorientierten Ansatz.

  • bei vielen "modernen" Trainern

    Und wer soll das nun sein?


    Also hier wird freundig immer über die anderen diskutiert. Ich frag mich dann immer wer das sein soll, weil ich so arbeitende Trainer eigentlich nicht kenne.

    Die gibts bestimmt - keine Frage. Extreme in irgendeine Richtung sind immer abzulehnen.


    Aber gerade Bedürfnisorientiert zu arbeiten, heisst ja nun nicht absolute Bedürfnisbefriedigung, es wird nirgendwo gesagt das ausschliesslich positiv in einer rosa Welt gearbeitet wird, noch das es keine Grenzen gibt.



    Wo ich mir eh immer Frage wieso rein positives Arbeiten mit Training ohne Grenzen gleich gesetzt wird? Ich kenne keinen positiv arbeitenden Trainer der keine Grenzen etapliert. Das wird halt anders gelöst. Aber Regelfrei? Anarchie? Erleb ich da eigentlich nicht.

    Aber das ist ein ganz anderes Thema.

  • Helfstyna versteh ich das richtig das dein Gedankengang auf die Einstellung zum Hund zeigt als 'besserer' Mensch ohne jegliche egoistische Ader, bester Freund des Menschen, immer friedfertig ausser etwas ganz ganz schlimmes ist in der Vergangenheit passiert?

    Also nicht das du das denkst sondern das du das kritisierst.


    Ich würde jetzt gerne das Wort "bedürfnisorieniert" definieren. An wessen Bedürfnisse soll sich orientiert werden? An denen des Hundebesitzers oder an die Bedürfnisse des Hundes selbst?

    ich würde es so definieren als Lösungsansatz wo die Bedürfnisse aller Individuen in der Rechnung mit einbezogen werden.

    Ich finde it's_xenia hatte das am Jagdbeispiel für mich ganz schön aufgedröselt.


    Ehrlich gesagt ist mir das auch total egal warum er das macht. Ich will es nicht, Punkt. Wenn er kauen will, kann er seine Kausachen nutzen, wenn er spielen will, kann er Spielzeug holen. Er hat verschiedene Optionen. Wenn er sich aber dafür entscheidet, in meine Füsse zu beissen ist mir sein Bedürfnis gelinde gesagt egal. Und mit zwei Kindern muss er auch recht schnell verstehen, daß Zähne an Mensch hier alles andere als eine coole Idee sind.


    Mit meinen Hündinnen hatte ich das Thema nie, die haben einfach nicht in uns gebissen, nie.

    Ist es nicht etwas widersprüchlich zu sagen das es Hunde gibt für die dieser Ansatz nicht funktioniert, seinen eigenen Hund anführt, es aber dann sowieso egal ist welche Motivation hinter einem bestimmten Verhalten stecken könnte.

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