Problem mit Hund in der Uni

  • Hallo liebe Community,


    seit Ende Dezember 2020 wohnt Toni aus dem ungarischen Tierschutz bei mir.

    Toni ist mittlerweile 2 Jahre alt und hat sich soweit recht gut eingelebt.

    Als ich ihn übernommen habe, konnte man ihn nicht an der Leine führen, er sprang in die Reifen fahrender Autos, versuchte Passanten in die Schuhe zu zwicken und bellte alles an was sich bewegte.

    Mittlerweile können wir relativ entspannt spazieren gehen (Leinenführigkeit ist in manchen Situationen noch ausbaufähig), Autos sind nur noch in absoluten Ausnahmesituationen ein Problem und Menschen zwickt er nicht mehr, sondern will sie maximal abschlecken :grinning_face_with_smiling_eyes:


    Leider ist es so, dass er in Stresssituationen sehr in seine alten Muster zurück fällt. Das war jetzt lange nicht der Fall, doch seit der Präsenzunterricht an der Uni wieder begonnen hat, haben wir damit natürlich einen neuen Unruhepol in unserem Alltag.

    Ich studiere Veterinärmedizin und wir dürfen unsere Hunde in die Vorlesungen mitnehmen.

    Vor und während der Vorlesung ist er wirklich brav, gibt keinen Mucks von sich und döst vor sich hin. Das Problem beginnt dann, wenn alle auf die Tische klopfen und ihre Sachen einpacken und es dadurch natürlich etwas unruhiger wird und der Geräuschpegel steigt. Dann beginnt er zu fiepen und extrem hoch und laut zu bellen. Er ist dann auch nicht mehr ansprechbar und meistens versuche ich dann so schnell wie möglich aus dem Hörsaal zu verschwinden. Auf dem ganzen Weg nach draussen geht das so weiter und wenn ihm dann noch ein Hund eines Kommilitonen in die Quere kommt, wird der erst Mal richtig angefahren.

    Er braucht auch draussen einige Zeit um sich zu beruhigen und reagiert dann sehr empfindlich/agressiv auf andere Hunde und aber auch zum Beispiel auf vorbei rennende Studenten.

    Meine Mitstudenten, lassen dann meist ihre Hunde frei laufen und das macht ihn dann nochmal komplett verrückt, weil ich ihn da nicht dazu lassen kann.

    Ich gehe dann so schnell es geht aus der Situation, weil ich merke wie viel Stress er dort hat. Er ist dann auch an der Leine wieder extrem ungestüm und springt Kopflos vor meine Füße, sodass ich ihm heute sogar ordentlich auf die Pfoten gestiegen bin...


    Es gibt auch noch andere Hunde bei denen das so ist, aber die sind dann oft eben sehr klein und da fällt das dann eben nicht so auf, wenn mal einer am Rad dreht.


    Ich habe versucht ihn ab dem Zeitpunkt, wo zum Abschluss der Vorlesung auf die Tische geklopft wird, mit Leckerlies abzulenken aber das hat nur verhindert, dass er bellt. Gestresst ist er natürlich trotzdem extrem und das gebelle fängt natürlich sofort an, sobald der Abstand zwischen den Leckerlies zu groß wird... War bestimmt nicht die beste Idee, aber ich bin grade echt verzweifelt, was ich machen könnte um ihm den Stress in dieser Situation zu nehmen.


    Habt ihr einen Lösungsansatz, was ich versuchen könnte?


    Lg Julia und Toni

  • Gibt es eine Alternative ihn Zuhause zu lassen? Anders zu betreuen? Damit du ihm erstmal ein Entspannungssignal antrainieren kannst? Das geht nämlich nicht, wenn er immer wieder in der Situation ist, die Stresshormone müssen runterkommen. Und das dauert ein paar Tage. (aber das hattest du wahrscheinlich schon in deinem Studium)


    Wenn dein Hund "kleiner" ist, könnte man auch eine SoftBox, Buggy oder ähnliches antrainieren. Und den mitnehmen


    Wo sitzt ihr denn? Strategisch mit zwei Wänden im Rücken, hinten? Würde da definitiv nicht mittendrin oder vorne sitzen. Hast du da mal verschiedene SitzOrte ausprobiert?


    Es liest sich nach Unsicherheit durch Krach und unkontrollierte Bewegungen und sobald der Modus erst gestartet ist, dann läuft der eben. Panik, Kopfloses Überleben. Und jeder weitere Reiz ist einer zuviel.


    Also ich würde meinen Hund in dem Falle nicht mehr mit in die Uni nehmen. (hab so einen Hund hoch 100) Zumindest temporär. Zuhause und draußen ein Entspannungssignal trainieren (am besten mit Hilfe von einem Trainer, der die Möglichkeiten einschätzen kann), wahrscheinlich sogar einen Buggy oder ähnliches (der Buggy ist bei uns ein Wundermittel, safe space) antrainieren. Und dann den Seminarraum erstmal mit nur zwei Leuten und Krach antrainieren und langsam steigern. Ich würde auch nicht im Getümmel oder mit innerlichen Stress den Raum verlassen. Deine Stimmung ist wahrscheinlich schon durch die bloße Vorahnung was gleich passiert, etwas gestresst. Das spiegelt dann. Also akzeptieren, dass der Hund laut/gestresst ist. Angehende TAs und ähnliches sollten ja mit sowas zurecht kommen. Der Hund macht kein Drama, der hat seine guten Gründe. Das muss man aushalten, um helfen zu können.


    Aber auch wenn dein Hund dann vielleicht keine Stresssignale mehr zeigt, kann es trotzdem in ihm brodeln. Die Frage ist warum der Hund da unbedingt dabei sein muss. Gibt es keine Alternativen? Bißchen unangenehm, dass auch noch weitere gestresste Hunde unbedingt mit in die Uni müssen...

  • Die Situation muss sowohl für dich als auch für deinen Hund wirklich unangenehm sein. Aber es ist toll, dass ihr schon so viele Fortschritte gemacht habt.


    Die offensichtliche Lösung wäre natürlich, den Hund daheim zu lassen und ihm den Stress zu ersparen. Wäre das möglich? Oder ist es dir sehr wichtig, dass er das kann? Es ist ja schon eine sehr spezielle Situation, die nach dem Studium nicht mehr auftreten wird, das wäre mir persönlich nicht so wichtig, dass mein Hund das lernt (anders als zB Restaurantbesuch oder so).


    Was du noch versuchen könntest: Dich ganz hinten hinsetzen und ein paar Minuten früher rausgehen. Damit dein Hund lernt: Ah, Vorlesungen sind ganz entspannt. Wenn das klappt, dann erst wieder bis zum Ende bleiben. So könntest du eventuell einen Fuß in die Tür kriegen.


    Alternativ: Bis zum Ende bleiben und die Leckerlinummer weiter durchziehen. Also wirklich solange sitzen bleiben, bis praktisch alle weg sind und es dem Hund schön füttern. Nicht gleich gehen. Ich denke, du könntest das Ende der Vorlesung so positiv verknüpfen und erstmal an dieser Baustelle arbeiten, sodass ihr den Raum entspannt verlassen könnt.

  • Hallo Julia

    Wie reagiert Toni denn darauf wenn du zuhause auf dem Tisch rumklopfst?
    Eventuell kannst du die Situation nachstellen und so schrittweise üben.

  • Hast du mal getestet, bis zum Schluss im Hõrsaal zu bleiben und als letzte raus zu gehen? Er verbindet das Klopfen natürlich mit der eigenen "Flucht", wenn du dann schnell versuchst rauszulaufen.

  • Ach wie schön, von anderen Unihunden zu lesen. :cuinlove: :D

    Ich würde es folgendermaßen probieren: Ein paar Minuten eher den Hörsaal verlassen, einfach um die Situation zu vermeiden. Wenn das stressfrei klappt, würde ich als nächstes gucken, welche Nähe er vor der Tür bei dem Trubel erträgt. Möglichst bis ganz nah an die Tür stellen, wenn das Klopfen losgeht. Währenddessen schön füttern. Wenn er das ganz entspannt mitmacht, mal die Türe auflassen und sich mit ihm in die Tür stellen. Dann mal probieren, wie er reagiert, wenn ihr im Raum hinten seid. Dann hinten hinsetzen bis zum Ende.

    Keine Ahnung, ob das bei ihm klappt, aber so würde ich's probieren.

  • Kann es sein, dass in deinem Hund auch Vizsla steckt? Sieht auf dem Mini Avatar etwas so aus. Da wäre dann auch Mühe mit solchen Reizen nicht grad aussergewöhnlich, die Rasse soll ja auf Arbeit auf kleinste Reize anspringen.


    Sowieso: dein Hund hat nur eine bestimmte Anzahl Löffel pro Tag. Heisst, jeder Reiz, jeder kleine Stress braucht Löffel. Und irgendwann sind da keine mehr. Offenbar ist ihm das in der Uni noch zuviel. Ich würde das wohl erstmal noch vermeiden und einfach kurz vorher gehen. Und dann mal gucken wie der Alltag ist, wieviel Impulskontrolle er noch hat und was mehr und was weniger Löffel verbraucht. Die meisten Hunde aus dem

    TS werden ja mit der Zeit stresstoleranter, aber das braucht eben: Zeit. Und gezielt Tage, wo das Hunde-System Zeit hat, runterzufahren. Keine Hundebegegnungen, nichts aufregendes, nur Seele baumeln lassen.

  • dein Hund hat nur eine bestimmte Anzahl Löffel pro Tag. Heisst, jeder Reiz, jeder kleine Stress braucht Löffel. Und irgendwann sind da keine mehr.

    Kleines OT, aber die Löffelchentheorie ist wissenschaftlich tatsächlich nicht haltbar. Das damit beschriebene Phänomen hat mehr damit zu tun, dass das Erregungslevel eine gewisse Zeit braucht, um auf Normalnull zu sinken und solange es noch erhöht ist, der Hund bei neuen Reizen schneller wieder auf ein hohes Erregungslevel kommt. Klugscheißer-Modus off :lol:


    Ich würde auch unbedingt empfehlen, erstmal eine gewisse Zeit lang (am besten 1-2 Wochen) diese Situation zu vermeiden. Und dann würde ich durch alternierende Szenarien diesen Ablauf durchbrechen wollen. Manchmal länger sitzen bleiben bis alle weg sind, manchmal gehen bevor das Klopfen anfängt und manchmal vielleicht einfach in einen leeren Hörsaal setzen (in einem fortgeschrittenen Trainingsstadium dann vielleicht mit Freunden zusammen, die dann ab und zu klopfen können)?


    Insgesamt muss ich aber sagen, dass die Situation bei euch auf dem Campus sehr stressig klingt, mit den freilaufenden Hunden und so (also selbst wenn das mit dem Klopfen gut klappen würde). Wie viele Stunden am Tag seid ihr denn da? Ich würde bei meinem (recht sensiblen) Hund denken, dass es bis zu 6h für ihn deutlich entspannter wäre, zuhause alleine zu bleiben als in so eine Situation mitzukommen.

  • Hast du mal versucht, so lange sitzen zu bleiben bis alle weg sind und er sich wieder beruhigt hat?


    Könnte mir vorstellen, dass das hektische „schnell weg“ noch mehr Unsicherheit reinbringt.

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