Antibiotika-Verbot für Tiere - neuer Rückert-Artikel

  • Mein Schulenglisch ist nun auch schon sehr eingerostet, aber wenn ich richtig interpretiere, geht es nicht um ein Verbot für "Einzeltiere", aber um sehr strenge Richtlinien für den Einsatz von Antibiotika.

    Leider kenne ich keinen TA persönlich, hätte da sonst gerne mal nachgefragt, was genau der Grund ist, dass der BTM Alarm schlägt.

    Dass die Befürchtungen völlig aus der Luft gegriffen sein sollen, glaube ich immer noch nicht.

  • Auch bei Nutztieren kann es nicht richtig sein ein krankes Tier nicht wirkungsvoll behandeln zu können. Natürlich nur das Einzeltier. Aber auch dem Medikamente zu verweigern kann doch nicht richtig sein.

    Das Tierschutzargument ist hier ausgesprochen zweischneidig. Denn faktisch sind Maßnahmen wie die hier Kommende unter Anderem deshalb erforderlich geworden, weil über viele Jahre hinweg Nutztiere in konventioneller Haltung nur durch massiven Einsatz von Antibiotika unter den (hier beliebiges „Netiquette“-widriges Adjektiv einsetzen, dass in den Sinn kommt) Bedingungen gehalten werden konnten. Der bpt-Präsident Siegfried Moder als Experte für Rinder ist sich dessen ziemlich sicher bewusst.

    Der Vorstoß der genannten Organisationen zur Verschärfung der Regelungen sieht erstmal vor, dass bestimmte (nicht etwa alle) von der WHO als kritisch eingeschätzte Antibiotika künftig der alleinigen Nutzung durch den Menschen vorbehalten sind. Weil die ganz akute Gefahr besteht, dass durch den inflationären Einsatz dieser Medikamente auch beim Tier resistente Erreger für lebensbedrohliche Krankheiten heranwachsen. Das Thema multiresistente Keime steht uns eh schon im Haus und wird uns in der Zukunft möglicherweise bei Weitem mehr „Spaß“ machen als Corona.

    Es handelt sich nicht um eine Initiative, um die Halter von Haustieren zu ärgern, sondern um den Versuch, die Wirksamkeit wichtiger Arzneimittel zu retten. Und mit etwas Glück fällt als Nebenprodukt dabei ggf. noch ab, dass mit der Einschränkung des möglichen Einsatzes für Antibiotika sich die Haltungsbedingungen zwangsweise mehr in Richtung Gesundheitsverträglichkeit bewegen müssen. Hoffe ich. Die Hoffnung stirbt zuletzt.

    Der ursprüngliche Entwurf der EMA sah zwar Einschränkungen vor, aber ließ noch etliche Fragen offen und wurde daher abgelehnt. Nach diesem Entwurf wäre auch in der Nutztierhaltung ein bei Weitem größerer Spielraum möglich gewesen. Und dagegen richtete sich der Entschließungsantrag, so wie ich es gelesen habe. Das wird in der aktuellen Welle galant unter den Tisch fallen gelassen (und das ärgert mich, hier drängt sich mir ein wenig der Verdacht auf, dass die Haltern von Haustieren in Hobbyhaltung dafür instrumentalisiert werden sollen, Interessen der Nutzierhalter mit konventioneller Massenhaltung zu bekräftigen).

    Wie hasilein75 völlig richtig gesagt hat, gibts noch viele andere Ursachen für die Entstehung von Resistenzen. Aber hier gehts halt konkret um die Tierarzneien, dass ist gerade die Stellschraube.

    Natürlich habe ich als Halter von zwei heißgeliebten Hunden ein riesiges Interesse daran, dass die jederzeit mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln bestmöglichst behandelt werden können.

    Dieses Interesse habe ich aber für meine Mitmenschen auch. Auch wenn ich die im Schnitt keineswegs so heiß und innig liebe. Und vor diesem Hintergrund muss ich mich halt fragen, welches Interesse da als übergeordnet zu betrachten ist - zumal es keineswegs erwiesen ist, dass das Verbot für Haustiere überhaupt im Raum steht. Und wer da welche Stimmung für welchen Zweck zu nutzen sucht.

    Bin aber noch nicht am Ende der Recherche, werde mich weiter einlesen. Vielleicht mag sich ja noch jemand den Entschließungsantrag ansehen, nach grobem Überfliegen scheint mir auf der letzten Seite genau das zu stehen, was beruhigen könnte.

  • Heimtierhaltung ist in letzter Konsequenz auch Massentierhaltung.

    Ich sehe natürlich nur meinen Einzelhund und will dafür auch möglichst viel Gutes an Versorgung.

    Morgen habe ich ein Gespräch (Telefon) mit meiner TÄ und, wenn sie nicht gerade arg im Stress ist, frage ich wie sie und ihre Berufskollegen das einschätzen.

  • Die Einschränkung von Antibiotika erlebe ich quasi dauernd hautnah.

    Ich bin allergisch gegen sämtliche Antibiotika, außer Fluorchinolone und Cephalosporine der 3. u. 4. Generation.

    Fluorchinolone darf ich aufgrund meiner Bindegewebserkrankung und Epilepsie nicht nehmen ...

    Und ich hab bei jeder verd.... Blasenentzündung / Mandelentzündung / etc. die ewigte Diskussion mit den Ärzten - trotz verbriefter Atteste, dass ich bei allem anderen einen anaphylaktischen Schock erleide.

    Als Bodo seine Ohrenentzündung hatte, wurde erst mit gängigen Mitteln probiert, nachdem das 3. Antibiotika nicht anschlug und wir drei Antibiogramme machen mussten, fanden wir ein Antibiotikum, das eigentlich für Kaninchen und Katzenwelpen gedacht ist ... weiß der Geier, wie er an den Keim kam. Jedenfalls gibt es das auch nur in Katzengröße und er brauchte eine Flasche (50ml) am Tag ... zehn Tage lang, 60 Euro pro Tag.

    Lucy hatte eine monatelange Augenentzündung und wurde mit Gentamycin versorgt (Standard) und nach zwei Antibiogrammen gab es dann ein anderes Mittel. Aber erst, als das Ergebnis vorlag, der Wechsel des Antibiotikums ist nicht einfach so möglich und der TA muss das dokumentieren.

    Also so aus meiner Erfahrung gehen TÄ da sogar sorgfältiger mit um, als mancher Menschenarzt ... von Massentierhaltung mal nicht zu reden.

  • …Heimtierhaltung ist in letzter Konsequenz auch Massentierhaltung...

    Kommt darauf an, von welcher Warte aus man es betrachtet :smile:

    Ist durchaus ein legitimer Standpunkt. Es sollte halt nur jedem klar sein, dass er mit seiner Unterschrift unter die Online-Petition nicht eine Trennung der Behandlung von Haustier und Nutztier fordert (wie der Blogbeitrag suggeriert), sondern, dass der ursprüngliche Vorschlag der EMA unverändert durchgeht. Der von Organisationen wie Greenpeace, der Deutschen Umweltschutzhilfe, Ärzten gegen Massentierhaltung (von denen ich im Allgemeinen durchaus was halte) … im Detail kritisiert wird. Und das, obwohl noch nicht mal klar ist, ob Haustiere vom Entschließungsantrag überhaupt betroffen ist (laut dem Urheber des Antrags ja nicht).

    Da möchte ich zumindest dreimal hingucken, wer das von mir will und wessen Interessen da am Ehesten oder tatsächlich gedient ist.

  • Phonhaus

    Auf Seite 9/Punkt 5


    (d) daher erheblich von den WHO-Kriterien für die Ausweisung (höchster Priorität) kritisch wichtiger Antibiotika für den menschlichen Gebrauch und den WHO-Leitlinien für die Verwendung medizinisch wichtiger Antibiotika bei der Lebensmittelgewinnung dienenden Tieren abweicht;

    dass die delegierte Verordnung der Kommission:

    4. Betrachtet

    Schutz der menschlichen Gesundheit;

    dass die delegierte Verordnung der Kommission daher nicht ausreichend ist

    5. fordert die Kommission auf, im Einklang mit den Kriterien und den Empfehlungen der WHO einen neuen delegierten Rechtsakt vorzulegen, um antimikrobielle Wirkstoffe mit höchster Priorität nur für den menschlichen Gebrauch zu reservieren;

    6. fordert die Kommission auf, den neuen delegierten Rechtsakt mit einem Legislativvorschlag zur Änderung der Verordnung (EU) 2019/6 zu begleiten, um die Bedingungen für die Behandlung einzelner Tiere mit HRAM abweichend von Artikel 37 Absatz 3 der genannten Verordnung festzulegen ;

    7 Managementstrategien oder verbesserte Tierhaltungstechniken zur Vorbeugung, Behandlung oder Kontrolle der Krankheit sind verfügbar und sollten nur angewendet werden, wenn vor der Behandlung ein Antibiotika-Empfindlichkeitstest erforderlich ist;

    8. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.

  • Danke. Bei welcher der Quellen bist Du da?

    Edit - schon gefunden, es ist der Entschließungsantrag. Da sind ja Ausnahmen definiert. Nur bei den Abürzungen steige ich noch nicht ganz durch, da fehlt mir das medizinische Know How.

  • Wenn da steht:" um antimikrobielle Wirkstoffe mit höchster Priorität nur für den menschlichen Gebrauch zu reservieren" heißt das doch, dass es für sämtliche Tierarten verboten wird?

    Was es mit den Bedingungen für die Behandlung einzelner Tiere auf sich hat :ka:

    Amtsdeutsch überfordert mich...

  • Bin aber noch nicht am Ende der Recherche, werde mich weiter einlesen. Vielleicht mag sich ja noch jemand den Entschließungsantrag ansehen, nach grobem Überfliegen scheint mir auf der letzten Seite genau das zu stehen, was beruhigen könnte.

    Wo ist der denn? Ist es der oder gibt es eine neuere Version?

    https://www.martin-haeusling.eu/images/210706_…obials_2021.pdf

    Das ist er. Kenjada hat den Teil, der die angedachten Ausnahmen betrifft (Seite 9) schon in Deutsch zitiert.

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