Was machen die Unterschiede der einzelnen Rassen aus? Wo ist ein Hund nicht gleich Hund?

  • Stress abbauen tut 90 minütiges Spazierengehen aber garantiert.

    Kommt vielleicht drauf an wo man spazieren geht. Wenn ich 90 Minuten durch die Großstadt mit meinem Zwerg gehe, mit unzähligen Hundebegegnungen, Menschen, Fahrzeugen und so weiter, baut der keinen Stress ab. Der ist danach auch fertig aber weil es zu viel war und nicht weil er jetzt entspannt ist.


    Ich habe einen Hütehund in Light, einen typischen Begleithund und habe festgestellt, dass die Umgebung sehr viel ausmacht. 1,5 Stunden auf unserer Stammstrecke und der Hund ist zum Schluss durch - nicht weil entspannt sondern weil zu viele Gerüche, zu viele Hunde, Menschen, vielleicht die ein oder andere läufige Hündin dabei. Merkt man gut am Gehorsam zum Schluss.


    5 Stunden wandern in reizarmer Umgebung - einsamer Berg mit insgesamt ungefähr 10 Begegnungen - und der Hund ist zwar körperlich kaputt aber geistig noch voll da. Auch gut am Gehorsam zum Schluß zu bemerken.


    Auf beide Arten ist er danach fertig, aber auf zwei verschiedene Weisen. :ka:

  • Ich denke, dass es nicht nur die Rasse, sondern auch die Epigenetik im speziellen bei dieser Verpaarung dann ist, die da einen großen Einfluss spielt.


    Hier wohnen unterschiedliche Hundetypen.

    Zwei Landseer, ein Aussie (Showlinie), zwei Border Collies (aus leistungsorientierten Linien) und ein Mali.

    Keiner der Hunde ist durch einen Spaziergang adäquat ausgelastet. Nicht geistig und erst recht nicht körperlich. Vom Aussie abgesehen sind das wesensfeste Hunde mit einem guten Nervenkostüm (trotz Reizoffenheit bei den Hütis). Denen würde ein größeres Gassipensum als sie es haben nicht schaden. Aber - und da ist für mich der springende Punkt - es würde ihnen auch keinerlei Mehrwert bringen. Sie wären dann halt 2,5h am Tag spazieren gewesen - aber das wärs auch. Das macht sie nicht müde, das lastet sie nicht aus. Kostet aber ggbf Zeit die man sinnvoller nutzen könnte - nämlich um tatsächlich eine angemessene Auslastung anzustreben.

  • bLubb

    Zitat

    Auslastung im Sinne von Sport nicht, Stress abbauen tut 90 minütiges Spazierengehen aber garantiert.

    Nein, nicht in jeder Situation für jeden Hund.


    Auch hier wieder: der Tipp kam jeweils bei Hunden frisch aus dem Ausland, frisch aus dem Tierheimzwinger, frisch von weiß man nicht genau in einer Hochstressphase im Leben.


    Grad bei den Direktimporten aus Land X weiß man nix über den Hund. Auch nicht, ob der je in seinem Leben auf einem Spaziergang war.

    Etliche ausgemusterte Hunde schauen erst mal wie eim Autobus, weil ihnen das Konzept Spaziergang völlig fremd ist. Angeleint an anderen Hunden vorbei müssen. Verschiedene Menschen treffen. Verkehr, unbekannte Geräusche oder auch ganz banal: Untergründe, auf denen der Hund noch nie gelaufen ist.

    Da ist ein potentieller Stressor alle 1,5 Meter.


    Der ängstlichste Rüde hier hat anfangs maxial 10min draußen verkraftet. Nach 1 Minute Freilauf hatte der Schaum vorm Maul und zitterte, komplett abgeschossen. Körperlich, ja da ging der einfach mit, wohl bis zum Umfallen. Psychisch war der mehr als am Limit.

    Das kann sich mit der Zeit alles verändern. Der individuelle Hundecharakter, das Umfeld, man selbst spielt mit rein, aber puh... da draußen gibt es ne Menrlge Hunde, denen der Stresspegel damit eher steigt, als sinkt.

    (Da spielen dann auch noch so meistens völlig außer Acht gelassene Dinge wie Leinenpöbeln mit rein. 1x ordentliche Pöbelbegnung oder Schreckmoment bei ängstlichen Hunden und man fängt oft gleich wieder bei Null an mit "Stress abbauen")

  • Meinen bringst du mit täglich 90 Minuten um. Auch in der Umgebung, die er täglich sieht. Der kommt dann aus seinem Schub nicht mehr raus. Da ist nichts mit "Stress abbauen" . Solche Pauschalisierungen sind verdammt gefährlich. Geht gar nicht.


    Bin da total bei @pinkelpinscher

  • Ist das wirklich bei Hütehunden häufiger so, dass sie durch ihre Reizoffenheit auch beim Spaziergang regelmäßig unter Strom stehen?

    Ja, ist häufiger.

    Nicht alle!

    Und wer solche Hunde nicht kennt, denkt halt, dass alles Erziehung ist. Nö, Erziehung ist, wenn solch ein Hund sich unauffällig verhält.

    Führt wahrscheinlich vom Thema weg....


    Aber wie macht man denn mit solchen Hunden Urlaub? Tag am Meer oder ne große Wandertour.... So wie du das beschreibst können solche Rasse das ein oder zwei Tage hintereinander machen - haben danach aber alle Löffel aufgebraucht.


    Bitte nicht falsch verstehen, dass es solche Hunde gibt - das war mir klar. Dass das aber als "rassetypisch" für reizoffene Hunde gelten kann, überrascht mich jetzt schon.

    Für einen reizoffenen Hund ist Urlaub oft ätzend. Oder man managed auch hier sehr, sehr gut.

    Ist halt anders....


    Wenn man jetzt von hinten das Pferd aufzäumt, also einen Spezialisten kauft, den dann falsch auslastet und on topp, noch Städtetouren mit dem Unternehmen möchte, dann kann das schon nach hinten losgehen.


    Aber mit einem artgerecht gehaltenen Spezialisten, wie den BC, kann man durchaus auch „normal“ leben, wenn, man weiß, was das Tier braucht.

  • Ich habe zwar keinen Mali, aber doch einen "ausgewachsenen, gesunden, langbeinigen (jedenfalls nicht extrem kurzbeinigen)" reizoffenen Hund des Typs Schäfer-/Hütehund.

    • zweimal 1,25 Stunden Bewegung am Tag dem Wesen des Hundes schaden und deshalb unbedingt zu vermeiden sind

    Die Bewegung schadet ihm nicht, wir sind hier aber auch in einer Gegend unterwegs wo ich kaum mal in der Ferne eine andere menschliche Person sehe. In stark frequentierten Gegenden macht der Kopf das einfach nicht mit.

    Und das scheint der Punkt zu sein, den du nicht begreifen willst. Gassi ist nicht nur Beine ausschütteln, es sind Reize und die sind teilweise anstrengend.


    • entspanntes Laufen im Freien während 1,25 Stunden zweimal am Tag als "stumpf" oder „Gaga-Gassi“ erachtet wird
    • zweimaliges nach draußen kommen für je 1,25 Stunden für einen Hund „durch die Pampa schleifen“ bedeutet - also im Grunde etwas ist, was gegen den Willen des Hundes geschieht
    • zweimal 1,25 Stunden Bewegung in der Botanik einem „charakterstarken Hund nix bringen“ und deshalb „Unsinn“ sind

    Nur Gassi ist einfach langweilig. Meinem Hund gibt das auch überhaupt nichts wenn wir länger einfach nur durch die Botanik latschen. Irgendwann hängt er nur noch neben mir, starrt mich an "machwasmachwasmachwas" oder geht dem alten Mann permanent auf die Nerven.

    Am Rad im Freilauf rennen findet er toll, weil rennen. Das Rad ziehen ist toll weil Arbeit und er genießt diese Position an der Spitze. Jegliches Suchen oder Unterordnung beim Gassi ist auch toll. Wald und Wiesenagility auch toll. Aber einfach nur stupide durch die Gegend latschen? Langweilig.

    Es gibt ihm einfach nichts. Diese langsame, gleichförmige Bewegung ist doof. Wild, Hunde, Menschen und was man sonst so draußen erschnüffeln kann, das interessiert ihn alles nicht groß. Was soll er also machen? Er langweilt sich zu Tode.


    Es gibt hier also in erster Linie 3 Gassi-Optionen, die ich mische. Richtig Sport (Radfahren, ZHS, im Gebirge klettern, schwimmen), Gassi+geistige Auslastung (wir laufen zu Wiese xy, machen dort zB eine Dummysuche und laufen wieder heim) oder eben kürzere Runden.

    Ich finde das übrigens teilweise durchaus schade, dass er gar so ungern einfach mitläuft. Ich gehe nämlich sehr gerne wandern und die Natur beobachten, Kanu fahren, angeln usw.


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    Was die Threadfrage angeht. Ich finde, dass sich manche Rassen in ihren Ansprüchen schon sehr unterscheiden und teilweise fast schon gegensätzliche Ansprüche haben.

    Mir persönlich sind deswegen auch Leute suspekt die behaupten, dass sie mit absolut jedem Typ Hund gleich glücklich sind. Denn mMn hatten die entweder nie eines der Extreme oder der Hund wird einfach in eine feste Form gepresst. Ich jedenfalls kann mir nicht vorstellen, dass es so viele Leute gibt die von nichts bis täglichen Wanderungen alles okay finden, die sowohl mit einem Hund glücklich sind der einem täglich sagt, dass er einen nicht braucht, wie auch einem der, überspitzt gesagt, jeden Atemzug vorgesagt haben möchte, der entweder richtig hochqualitativ in den, teilweise sehr verschiedenen Sportarten geführt werden will oder kaum freiwillig im Wohnzimmer für Wurst ein Sitz macht, der führig oder das komplette Gegenteil ist, der alles und jeden liebt oder töten will, der aktiviert oder gebremst werden muss, entspannt/auf Strom, reaktionsschnell oder langsam usw usf...

  • Urlaub geht halt nicht mit jedem Hund so :ka:


    Meine beiden würden niemals mit in die Stadt kommen oder den ganzen Tag am Strand sein. Sehe da keinen Mehrwert für die zwei, ganz davon abgesehen, dass passendes Strandwetter für die zwei MIR zu kalt wäre.


    Also machen wir auch im Urlaub Hundedinge und während der Menschendinge bleiben die Hunde eben im Ferienhaus und schlafen. Dann brauchen sie auch keinen Urlaub vom Urlaub.


    Zu den geforderten Studien usw:

    Ich befürchte, sowas gibt’s nicht. woran sollte man den Bewegungs- und Beschäftigungs-Bedarf für Hunde messen außer an den Erfahrungen der Besitzer?

    Man könnte evtl. den Cortisolpegel messen, aber selbst da bleibt es eher eine schwammige Untersuchung.

  • Ebenfalls ganz nett zu händeln: Hunde, die sich durch das reine Laufen pushen.

    Und damit meine ich einfach nur durch die Gegend traben- von Gerenne und Getobe will ich da gar nicht erst sprechen.

    Gibts oft bei den Hütis. Die fallen dann sehr schnell ins Pendeln, durchs Pendeln fahren sie sich noch mehr hoch, dann rutschen sie ins Hüten, Jagdverhalten oder Hysterie.

    Ja, kann der Dobermann auch sehr gut.

    Ich hatte ja mal die grandiose Idee, wir könnten zum Konditionsaufbau Radfahren. Nach 15 Minuten war Madame dermaßen im Jadgflash, dass sie den Heißuftballon am Horizont jagen wollte. :ugly:


    Bei normalen Gassigehen an der langen Leine kommt der Punkt von dem es aus Schlendern und Welt checken ins Jagen kippt im Schnitt bei rund 50 Minuten, ohne Wildsichtung.


    Ich denke, man kann es sich einfach nicht vorstellen, wenn man es selbst am eigenen Hund noch nicht erlebt hat, woran die Hunde sich aufziehen können. Bei anderen Hundehaltenr tut man das halt gern als mangelnde Erziehung oder schlechte Sozialisation ab. Dass bei manchen Hundetypen aber eben Reize die Festplatte "zumüllen" die andere Hunde nicht einmal wahrnehmen, ist vielen gar nicht bewusst.

  • Ich denke, man kann es sich einfach nicht vorstellen, wenn man es selbst am eigenen Hund noch nicht erlebt hat, woran die Hunde sich aufziehen können.

    Danke, danke, danke dafür.


    Ich beneide jeden, der nie so einen Hund hatte, wirklich.

  • Hab nicht alles gelesen...sorry wenn’s nicht komplett passt.


    Mein Ex ist ja Hundeführer bei der Bundeswehr. Während wir zusammen waren, hatte er einen Mali und einen deutschen Schäferhund. Wir haben entweder bei mir gewohnt oder ich mit in der Kaserne geschlafen. Und jetzt muss ich schmunzeln. Ich kann mich nicht daran erinnern jemals mehr als eine Stunde mit denen (Hundeführer und Hund) unterwegs gewesen zu sein. (Die dürfen eh nur im menschenleeren Ort spazieren). Im Urlaub am Arsch der Welt gabs kein ewiges spazieren. Dafür ein paar bestimmte Trainings mit Beute.


    Deshalb bin ich mir unsicher, ob ein Mali unbedingt 3h auf der Wiese rumstacksen braucht. Die Beiden hatten ihren Job (und da gabs auch viel warten und Pausen und im Anhänger sitzen), spazieren war da weniger gebraucht.


    Ist vielleicht nicht genau auf den Wohnungsmali zu übertragen. Aber selbst Jagdhunde sitzen manchmal Monate im Zwinger mit 20min Tür offen pro Tag.

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