Kastration/Chip - danach eigentlich das 'bessere' Leben?

  • Irgendwas muss in der Zucht bzw. bei den Ansprüchen falsch laufen, wenn unkastrierte Hunde, als nicht zumutbarer Zustand für den Hund selber und den Besitzer empfunden werden.

    Ich glaube, bei unserer heutigen Zeit läuft etwas schief.


    Ich glaube nicht, dass die Hunde alle anders geworden sind. Ich hatte bisher 4 Hunde (2 DSH, 2 Pudel), allerdings waren meine DSH Einzelhunde. Keiner davon war bisher kastriert. Und wie Du glaube ich nicht, dass das immer glückliche Zufälle waren.


    Aber so hoch die Ansprüche an die Menschen heutzutage sind, so hoch sind sie ebenfalls an die Hunde geworden. Jeder hat zu funktionieren, also auch die Hunde und zwar möglichst schnell, möglichst früh und möglichst perfekt.


    Zeit ist doch heute ein absolutes Luxusgut. Hat keiner mehr. Also auch nicht für die Entwicklung von Hunden.


    Und die Hundedichte ist natürlich auch ein erheblicher Faktor. Meine erste Hündin bekam ich 1977, meinen zweiten Rüden 1989. Da gab es deutlich weniger Hunde als jetzt. Und damit auch weniger Probleme, dass gleichgeschlechtliche Hunde zwingend miteinander klar kommen müssen. Weil sie sich einfach weniger begegnet sind.


    Und dann kommt auch noch dazu, dass heutzutage mehr Menschen arbeiten. Grad aus meinen ländlichen Bereich kenne ich das noch so, dass ein Ehepartner zuhause ist und der andere arbeitet. Und dann war halt jemand zuhause, der auch den Hund betreuen kann.


    Heutzutage wird auch für tagsüber häufig eine Betreuung benötigt, weil beide arbeiten oder man als Single einen Hund hat. Und wie ich selber feststellen durfte, ist es quasi unmöglich für einen oder gar zwei unkastrierte Rüden eine Betreuung für tagsüber zu finden. Mir sind wegen zwei unerwarteten Todesfällen in der Familie zwei Betreuungsstellen für meine Hunde weggebrochen. Die brauche ich im Moment nicht, aber wenn meinem Mann mal etwas passieren sollte, bräuchte ich die. Und so habe ich mal prophylaktisch letztens gesucht, wer im Notfall die Hunde nehmen könnte. Und nichts gefunden. Unkastrierte Rüden? Nimmt niemand. Es war auch völlig ohne Belang, ob diese beiden Rüden vielleicht unkomplizierter als andere kastrierte Rüden sind. Alleine das Merkmal "unkastriert" hagelte Absagen.


    Und zum Thema "die Zeit regelt vieles"..... Tim war so mit pi mal Daumen ab dem 10. Monat eeeetwas problematisch. Das problematisch bitte in Anführungszeichen. Er war jung, hatte entdeckt, dass es die Damenwelt gibt und die Welt aus vielen Gerüchen besteht. In der HuSchu ging nix mehr. Seine Nase war untrennbar mit dem Boden verbunden, er war komplett im Tunnel und über Monate hinweg kaum noch ansprechbar. Ich habe monatelang in der HuSchu pausiert, weil es einfach keinen Sinn mehr machte. Mir ist allerdings nie in den Sinn gekommen, ihn deswegen kastrieren zu lassen.


    Und was ist jetzt? Er ist immer noch nicht kastriert. Aber halt älter. Ich habe ihn ganz normal weiter erzogen. Dieser Tunnel hat sich im wesentlich von allein wieder gegeben, das ist ganz bestimmt nicht meinen tollen Erziehungskünsten zu verdanken. Er ist heutzutage immer ansprechbar, auch wenn die Damenwelt rund um ihn tobt. Er ist natürlich auch weiterhin ein Rüde und Gerüchen nicht abgeneigt. Lässt sich aber ansprechen und gerät in keinen Tunnel. Und nein, natürlich geht das nicht bei jedem Hund so einfach und bei manchen vielleicht auch gar nicht. Medizinische Problemfälle sind sowieso außen vor. Aber manchmal wird auch zu früh aufgegeben.


    Ich finde aber schon, dass sich in der letzten Zeit im Denken etwas verändert. Als ich mit Tim 2013 in meiner HuSchu angefangen habe, hat da noch fast jeder Trainer zu einer frühen Kastration von Rüden geraten. Inzwischen haben dieselben Trainer umgedacht und raten von frühen Kastrationen ab und raten generell dazu das Thema Kastration zu überdenken.

  • Zum Chip zurück, auch wenn ich die Diskussion total spannend finde:


    Balou ist seit 10 Wochen oder so gechippt. Vielleicht auch 1, 2 Wochen länger. Jetzt sind hier Hündinnen läufig und er ist wie ohne Chip. Finde ich äußerst interessant. Bei uns bringt der gar nichts xD
    Ich würde mal behaupten, dass er 10-20% weniger gaga ist, aber das war's auch. Wenn niemand läufig ist, ist er deutlich anders, schnüffelt kaum, aber bei Läufigkeiten scheint ihm der Chip nicht zu helfen.
    Ich habe ja sowieso schon entschieden, dass ich ihn nicht kastrieren lasse und den Chip auslaufen lasse, aber finde sowas doch immer interessant :ka:

  • Ein Rüde, der bereits über Jahre unkastriert läufige Hündinnen "mitbekommen" hat wird sein Verhalten i.d.R. nach einer Kastration nicht verändern, denn der ist ja nicht doof und weiß plötzlich nicht mehr, was dieser Geruch bedeutet.

  • Ich lebe in einer Kleinstadt mit einer recht großen Hundedichte rund um die Stadt. Bei mir lebt jetzt mein fünfter unkastrierter Rüde. Als Zumutung für mich und den Hund fand ich deren Verhalten nicht. Klar, der junge Rüde muss seine Persönlichkeit entwickeln, das dauert manchmal, gehört für mich halt dazu.
    Vielleicht liegen die großen Probleme auch etwas an den Rassen? Ich weis es nicht. Meine Rüden waren alles Jagdhunde. Ein Jagdhund, der auf Freiersfüßen nicht mehr ansprechbar ist, wird wahrscheinlich nicht in der Zucht eingesetzt.
    Die Mädels stammen und stammten alle aus dem Tierschutz und sind deshalb bereits kastriert eingezogen. Es hätte mich schon interessiert, wie sie sich unkastriert entwickelt hätten.
    LG Gila

  • wann fing das mit dem nicht mehr ansprechbar sein bei euren Rüden denn ungefähr an?
    Ares ist jetzt fast 14 Monate alt und trainiert zb neben standheißen Hündinnen noch ohne Probleme.

  • Gibt's denn jemanden mit Hund hier, der viell. die ersten drei Jahre echt anstrengend war und auch für sich selbst anstrengend - und dann richtig souverän wurde?



    Oder haben Hunde in der Großstadt evtl. nicht die Chance so gut zu 'reifen', wie welche auf dem Land, da sie unter Dauerbeschallung von Gerüchen stehen(?).

    Liam ist jetzt 3 1/2 Jahre alt. Vor dem 3. Lebensjahr hätte ich nicht kastrieren lassen, er ist zwar gereift und jetzt wirklich fertig, aber an dem "Problem" hat sich nichts geändert.


    Definitiv spielt es eine Rolle wo man wohnt. Wir wohnen in der Haupstadt, zwar in einem Randbezirk mit ganz ganz ganz viel Grün in direkter Umgebung, aber die Hundedichte ist eine ganz andere, als iwo aufm Land. Die Hündinnen werden nicht alle gleichzeitig läufig, sonst würde ich sagen 2x im Jahr Augen zu und durch, wenn der Rest des Jahres entspannt wäre, es war ein Dauerzustand, der das ganze Jahr anhielt, natürlich mal verstärkt, mal abgeschwächt, aber völlig entspannt und "normal" gab es nicht.

    Dazu muss man sagen - wenn der Hund nie zur Ruhe kommen kann, kann er vermutlich auch nicht viel lernen, da die Ansprechbarkeit nicht da ist.




    Da kann ich mir schon vorstellen, dass ein Hund nur gestresst ist und sich nicht 'von selbst' daran gewöhnt, bzw., dass man schwer zu ihm durchdringen kann, wenn er immer im Tunnel ist.
    Ob sich das allein mit dem Alter geben würde(?)... .

    Genau so ist es. Ich komme nicht zu ihm durch, klar kann ich ihn anmotzen, aber er versteht überhaupt nicht wofür, dazu ist er sehr sensibel, meine durchgehend negative Stimmung kriegt er natürlich mit. Er leidet, er ist gestresst, er ist nicht er selbst, also wird er jetzt kastriert, die Entscheidung ist mir nicht leicht gefallen, aber meinen Hund leiden lassen; nein das kommt nicht in Frage.
    Ich denke mit 3 1/2 Jahren ist das auch ein guter Zeitpunkt, wie gesagt viel früher hätte ich ihn nicht kastrieren lassen, außer es wäre medizinisch notwendig gewesen.

  • Wir treffen nicht so häufig läufige Hündinnen, aber in der Pubertät war Bjarki schlimm, was da Gerammel betrifft. Er hatte ausgewählte Kandidaten, denen er nur hinten dran hing, oft kastrierte Rüden. Da musste ich sehr hinterher sein und viel eingreifen.


    Ab 2,5 / 3 Jahren hab ich ihn als erwachsen empfunden. Seitdem spielt er auch nicht mehr groß mit Fremdhunden. Es gibt immer noch mal einzelne Hunde, die scheinbar gut riechen, inzwischen reicht aber meist ein Räuspern von mir, dass er Ansätze vom berammeln oder verfolgen unterlässt.


    Nur beim Basset meiner Cousine muss ich ihn ständig runter pflücken, das ist aber wohl nicht sexuelle motiviert sondern mehr einschränken wollen.


    Klar reagiert er auf läufige Hündinnen, dann muss ich ihn anleinen, wie gesagt wir hatten da nicht viele Gelegenheiten den Umgang mit zu üben, aber er steigert sich da nicht rein, fiept dann etwas wenn wir gehen, aber wenn wir außer Sicht sind, ist es auch wieder gut. Dass er nicht frisst oder zuhause jault oder fiept, kam zum Glück nie vor.


    Wenn viele Hündinnen läufig sind, kann es sein, dass er sich draußen mal festschnuppert und etwas unansprechbarer ist, finde es aber absolut normal und im Rahmen.

  • Definitiv spielt es eine Rolle wo man wohnt. Wir wohnen in der Haupstadt, zwar in einem Randbezirk mit ganz ganz ganz viel Grün in direkter Umgebung, aber die Hundedichte ist eine ganz andere, als iwo aufm Land. Die Hündinnen werden nicht alle gleichzeitig läufig, sonst würde ich sagen 2x im Jahr Augen zu und durch, wenn der Rest des Jahres entspannt wäre, es war ein Dauerzustand, der das ganze Jahr anhielt, natürlich mal verstärkt, mal abgeschwächt, aber völlig entspannt und "normal" gab es nicht.

    Hier muss ich mal einhaken: bei uns ist es genau andersherum. Plattes Land, die Hunde in der Umgebung kann ich an zwei Händen abzählen und der Großteil sind Rüden oder kastriert.
    Nero tat trotzdem so, als würden die heißen Damen vor unserer Tür Samba tanzen. Und das über Wochen. So lang kann niemand läufig sein :lepra:
    Ich hatte bei ihm gar nicht so das Gefühl, dass es einen direkten Zusammenhang mit einer Hündin in der Nachbarschaft hat. Der war einfach pauschal liebesbedürftig :hust: Dafür musste gar kein direkter Kontakt bestehen.


    Als ich das mal hier erzählte, war das Argument genau andersrum: dadurch dass er sich nicht (wie ein Großstadthund) ständig damit auseinandersetzen muss und sich dran gewöhnen kann, legt er dieses Verhalten an den Tag :???:

  • wann fing das mit dem nicht mehr ansprechbar sein bei euren Rüden denn ungefähr an?
    Ares ist jetzt fast 14 Monate alt und trainiert zb neben standheißen Hündinnen noch ohne Probleme.

    Das ist unterschiedlich und kann man nicht pauschal festlegen. Maxe war in dem Alter ballaballa im Kopf, dafür mit Punkt 2,5 Jahren durch mit dem Thema. Bei Geordy ging es in dem Alter noch sehr gut, aber mit 3 war der so ballablla im Kopf, dass ich kurzzeitig dachte, ich müßte den mindestens chippen. Fin war nie so richtig ballaballa im Kopf, aber wenn seine Lieblingshündin auftaucht, dann ist er heute noch ziemlich bekloppt, wenn er absolut frei agieren darf. Arbeitet man mit ihm, dann juckt ihn das aber nicht. Dann kann die sogar mit dem Hintern vor ihm rumwackeln.

  • wann fing das mit dem nicht mehr ansprechbar sein bei euren Rüden denn ungefähr an?
    Ares ist jetzt fast 14 Monate alt und trainiert zb neben standheißen Hündinnen noch ohne Probleme.

    Gar nicht - aber neben Hündinnen in der Standhitze wäre er in dem Alter wohl nicht so brav geblieben. :ugly: Impulskontrolle war für ihn extrem schwierig in seiner Sturm- und Drangzeit, unabhängig von leckeren Hündinnen. Ich wohne städtisch mit grosser Hundedichte, aber mit läufigem Hündinnen gehen die Leute eher abseits spazieren (mache ich ja auch so), besonders in der Standhitze. Nicht ansprechbar war Splash ein einziges Mal bei einer Boxerhündin, welche aber nicht läufig war (hatte evt. einen Entzündung). Hab ihn runtergepflückt, bin weiter und da war er auch schon wieder ansprechbar. Ansonsten verliebte er sich ab und an spontan in junge Springerhündinnen, da blieb er aber immer ansprechbar. Trailen über die Spur läufiger Hündinnen ging immer. Bei Wildgeruch lässt er auch seine Angebetete stehen - der Kerl hat als Jagdhund seine Prioritäten korrekt sortiert. :gut:

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!