Nachdenkliches über Tierschutz und die Freiheit...

  • Lieber Patrick,
    ich glaub Verona hätte kein besseres zuhause finden können als bei dir!


    Seltsamerweise hatte ich in den letzten Wochen aber auch immer wieder diese Zweifel, was wir Menschen überhaupt mit Tieren machen.


    Es fing ja schon vor ewigen Zeiten an überhaupt damit, dass sich die Menschen Tiere zu ihren Untertanen, Sklaven, Arbeitern machten.

    Allerdings geht es vielleicht heimlich, evolutionstechnisch manchmal auch von den Tieren aus, die aus dem Zusammenleben mit dem Menschen ja auch Vorteile haben um weiter existieren zu können.


    Bei uns in der Nachbarschaft ist eine ältere Dame, die selbst nicht mehr gut zu Fuß ist. Nachdem ihr Hund gestorben war, hatte sie einige Wochen darauf eine neue Hündin. Aus Griechenland.
    Ca 2-3 Jahre jung, wild, unbändig bei der ersten Begegnung sprang sie in die Leine und bellte unseren Hund ängstlich an, meiner genauso.- schnüffeln, kennenlernen und gut war.
    Jetzt ein Jahr später ist die Hündin eine ziemliche Tonne geworden, zuckt nur noch etwas an der Leine, wenn sie meinem begegnet. Ich habe der Dame mehrmals angeboten, dass beide sich mal im Auslaufgebiet frei begegnen könnten um zu spielen, da die Hündin immer Spielaufforderungen an der Leine machte.
    Die Dame sagt nach einem Jahr immer noch, sie können ihre Hündin nicht frei lassen da sie Angst habe, dass sie abhaut.
    Sie kann aber auch keine längere Leine oder Schlepp nehmen, da sie die Wucht dann nicht halten kann.
    Seit die Hündin in Deutschland ist läuft sie also an einer 1,5 Meter langen Leine neben einer Frau, die selbst nur ganz langsam laufen kann. Und wird doch von der Dame geliebt aber ist das fair???


    Ähnliche Gedanken hatte ich als ich mit meinem Hund am Meer war und seinen Blick in die Ferne sah und er genauso verrückt nach Hasen war und daher nur an die Schlepp durfte. Diesen sehnsüchtigen Blick in die Ferne und diese unbändige pure aufrichtige Energie, wenn er jagen möchte tun mir dann weh und ich frag mich ob es grundsätzlich richtig ist mit einem Tier nicht als freier Partner wild, sondern zivilisiert zu leben.
    Aber wild sind wird ja nicht und Raum für wilde Tiere ist ja auch kaum noch.


    Und im nächsten Moment liegt er langgestreckt auf der Couch mit einem Grinsen und seufzt selig vor dem einschlafen.


    Schwierig....





    mein Freund erzählt mir, dass früher die Hunde auf dem Dorf früh gefüttert wurden, sich herumtrieben und abends zum füttern wieder nach hause kamen.
    Es wurde nicht extra mit ihnen gearbeitet, keine Agilitykurse oder Fährtenarbeit oder so, manchmal kamen sie mit aufs Feld ansonsten stromerten sie umher immer der Nase nach. Heute wird so ein Hund als vernachlässigt angesehen und allein aus Sicherheitsgründen darf man einen Hund heut gar nicht mehr so ohne Aufsicht lassen.
    Ich bin echt zwiespältig, da damals Hunde ja auch manchmal eher als Viehzeug angesehen wurden und nicht aus einem höheren Verständnis so frei gelassen sondern weil man andere Sorgen nach dem Krieg hatte...und dann sehe ich unseren Kater wie er aufgeblüht ist seit er aus der Stadtwohnung an den Stadtrand zeihen durfte und nun Freigänger ist.


  • Diese Hündin vielleicht, wenn sie denn wirklich komplett ohne Menschenkontakt und unsozialisiert aufgewachsen ist und das Leben in einer zivilisierten Umgebung Stress für sie ist.
    Ander Hudne die im Süde oder sonstwo auf der Straße rumlaufen, haben mal wem gehört, sind mit mehr oder weniger positivem Menschenkontakt aufgewachsen. Die Südhunde sind ja keine echten pariahunde, wie man sie in Asien oder Afrika noch findet, das sind komplette Haushunde oder Mixe daraus. Jagdhunde, Schosshunde, Wachhunde, Hütehunde... menschenhunde. Hunde sind Haustiere, sie sind keine Wölfe. Sie sind domestiziert. Sie gehören ebensowenig in die frei Wildbahn wie Kühe und Schafe.



    Ich glaub du romatisierst das. Hunde sind flexibel, sie können sich allen möglichen Umständen anpassen und amchen stets das beste draus.
    Sie denken (meiner Meinung nach) auch eher nicht in Kategorien von gestern, heute, morgen - besser, schlechter, schlimmer.
    Muss es denn perfekt sein? Das leben als Streuner hat seine Nachteile, das Leben als Haustier hat seine nachteile... so lange am Ende die Vorteile überwiegen, ist es doch gut, leider hat niemand das Recht auf leben im Paradies, auch Hunde nicht.


    Zitat

    Ist eine Hand die streichelt und schützt nicht abscheulich, wenn sie auch
    in der Lage ist Stromhalsbänder umzulegen?


    Naja, aber das macht ja nun nicht jeder so, ne? Du stromst Verona ja nicht nieder, oder? ;)
    Abgesehn davon weiß der Hund grade bei Strom eh nicht, woher es kommt und wird dafür auch den Menschen nicht "verantwortlich mache". Ist deswegen natürlich noch lange nicht ok. Die Assoziation damit passt aber für mich halt nicht, eben weil der Hund sie so nicht macht.




    Naja, du hast also nen Jagdhund.
    Der ist ja nicht in der Pampa vom Himmel gefallen und in der Wildnis ohne Menschenkontakt aufgewachsen.
    Sondern ist ein Produkt von Jahrhunderten sorgfältiger, gelenkter Zucht (grade Meutehunde, Bracken und Laufhunde sind ja ein recht alter Hundeschlag).
    Enge Zusammenarbeit mit dem Menschen war vielleicht nicht das No. 1 Ziel, zumindest nicht so eng wie bei Vorstehhunden oder Hütehunde. Aber nichts desto trotz musste ein großer Menschenbezug da sein.
    Wenn sie den Jagdablauf kennegelernt hat, wird sie auch in ihrer Jugend jemandem gehört haben und wenn sie nur im Zwinger gelebt und den Menschen nur zum füttern gesehen hat.
    Auf jeden Fall waren auch diese Hunde schon lange nicht mehr dafür gedacht, sich selbst zu versorgen und haben es genetisch fixiert in sich, gern mit Menschen zusammen zu sein.
    Das sind keine Wölfe und keine Dingos.


    Zitat

    Ist es da richtig, sie im Haus zu halten, mit ihr spazieren zu gehen und
    stets gut auf sie zu achten?
    Ist sie dabei glücklich?
    Oder ist sie eine Gefangene?


    Ein Begriff wie "Gefangene" ist für einen hund sicher zu abstrakt, das ist was, worüber man sich als Mensch den Schädel zermartert. Hunde verstellen sich nicht (zumindest nicht dauerhaft...). Wenn sie im Alltag den Eindruck eines glücklichen, ausgeglichen Tieres macht, dann wird sie auch glücklich sein.
    Dass sie völlig ekstatisch wird, wenn sie die greifbare Möglichkeit vor sich sieht, das zu tun, was Gene und Erfahrung von ihr verlangen und was sie wohl auch ausfüllen würde, das sit klar. das ist wie mit jedem Arbeitshund:
    Am glücklichsten sind sie, wenn sie ihren Job machen können. Für Verona wärs wohl das größte, wenn sie tagsüber mit dir jagen könnte und abends auf dem Sofa mit vor der Glotze liegen.... was sie wählen würde kannst du nicht wissen. Aber da sie ein Hund ist, muss sie auch nicht wählen, das machst du ja. Und ich denk solange sie im Alltag nen zufriedenen Eindruck macht... siehe oben.
    Wobei es schon schade ist, wenn der Hund nicht seinen Anlagen entsprechend arbeiten darf.


    Zitat

    Nach wie vor, ist es für mich eine Verpflichtung, mich für Hunde in Griechen-
    land und Spanien einzusetzen. Denen zu helfen, die gequält werden. Die
    man verhungern lässt. Die man aufhängt, verstümmelt...
    Aber ist es denn immer nur richtig, was wir tun?
    In jeder Konsequenz?
    Im Sinne der Hunde?


    Nix ist immer perfekt. Mancher Hund wird vielelicht in Deutschland nie glücklich. Aber die überwiegende Mehrzahl der Auslandshunde die ich kenne sind nach meiem Augenmaß glücklich und zufrieden. Unglückliche Hunde gibts auch mit deutscher Herkunft genug, nur die Probleme si d andere.



    Die Rudel die es in Südeuropa auf der Straße gibt, sind nicht das gleiche wie ein Wolfsrudel, das muss man bedenken. Ein Wolfsrudel ist ein über mehrere Generationen gewachsener Familienverband, Zweck dieser Gemeinschaft ist es ua, sich gegenseitig das leben einfacher zu machen und somit die Fortpflanzung von verwandten tieren zu ermöglichen, um ein Stück des eigenen Genoms, dass man mit engen Verwandten teilt, in die Zukunft zu schicken.
    Ein Rudel Straßenhunde ist ein Zweckgemeinschaft, die tiere sind meist nicht verwandt, Rangkämpfe sind an der Tagsordnung. Hunde haben viel weniger Potential zur Konfliktvermeidung im Rudel, zur vermeidung von Ernstkämpfen.
    "Frei" ist ein Begriff, der für Wildtiere oft überbewertet wird. Wo liegt denn die Freiheit, wenn man täglich ums überleben kämpft?
    Ich kannst nur für die Falknerei sagen, die ich selbst betreibe.
    Da hat man ein Wildtier, welches nicht domestiziert ist und die komplette Palette an Fähigkeiten zum Überleben in der Wildniss/Freiheit mitbringt. Im Gegensatz zum Haushund, der ja doch nur von Müll lebt (die meisten Straßenhunde leben ja nicht ohne Grund in direkter Nähe zum Menschen... wenn sie so toll für sich selbst sorgen könnte, dann würden sie doch aufs Land verschwinden und sich nicht den Gefahren in der nähe der Menschen aussetzen?).
    Trotzdem kann man nach 2-3 Wochen, wenn die erste Scheu überwunden ist, sogar einen wild gefangenen Altvogel frei fliegen lassen und er kommt zurück. Weils Futter ohne Aufwand gibt und ne sichere Bleibe...


    Zitat

    Was ist die grössere Qual?
    Ist ein schnelles, wildes und kurzes Leben nicht schöner, als als 17 Jahre
    alter Hundegreis auf einer Heizdecke dahin zu siechen, voller Rimadyl und
    Cortison?


    Das Mittelding wäre gut. ;)
    Weder in Watte gepackt noch vernachlässigt. nicht beim geringsten Kinkerlitzchen "weggeworfen", aber bitte rechtzeitig Schluss gemacht. Grade letzteres verpassen unglaublich viele Leute.


    Zitat

    Dürfen wir freie Hunde, Jäger in Stadtwohnungen halten?
    Sie wider ihre Natur behüten und reglementieren?


    Darf man nen Deutsch Kurzhaar oder Border in ner kleinen Wohnung halten?
    MMn JA! Sofern man ihn seiner Rasse entsprechend führt/auslastet.
    Wenn man einen Jagdhund hat, egal woher, und nicht jagen kann, dann ist das schade für den Hund. Aber Zwang und Einschränkungen gehören zum Leben dazu, bei Wildtieren wie bei Menschen und halt auch bei Hunden.
    Bei dir hat dein Hund ein Leben wie ne Made im Speck, darf aber nicht jagen. In griechenland würde sie vielleicht in irgendnem Verschlag leben und trockenes Brot fressen und fauliges Wasser trinken. Oder auf der Straße ums Überleben kämpfen und wieder und wieder Welpen werfen, die zum größten teil krepieren, bevor sie entwöhnt sind. Düfte/müsste aber jagen.
    Hat beides Vor- und Nachteile.
    Während es aber in Griechenland für sie nicht die Möglichkeit gegen hätte, sich abends auf dem Sofa zu fläzen, kann sie das hier. UND du könntest Jagdersatzbeschäftigungen machen, z.B. fährten, Mantrailing, Rennbahn, Reizangelspiele.... es ist ein Kompromiss, aber ich glaub damit kann man leben.


    Zitat

    Aber Verona's Verhalten hat mich dafür empfindlich gemacht, macht mich
    nachdenklich.
    Liege ich falsch? -was meint ihr dazu?


    Ich denk das sind genau die richtigen Überlegungen.
    Ich finds ja auch schade, dass ich mit meinen Windigen nicht jagen gehen kann (obwohl sie da sicher nicht mal so unglaublich toll wären... aber Spaß hätten sie wohl). Nur seh ich jeden tag, dass sie GERN leben. Und leben würden sie schon lange nicht mehr, wenn sie nicht hier wären.
    Der eine wäre mit knapp 4 jahren nach Ende seiner rennkarriere eigeschläfert worden, der andere war im Alter von ca. 2 Jahren für einige Zeit auf der Straße, wie lange weiß man nicht... zum Skelett abgemagert, so räudig dass er kaum noch Haare hatte... so menschenfreundlich und luxussüchtig wie der ist, glaub ich nicht, dass er "in Freiheit" (was immer das in Irland auf dem Land heißen mag) besonders glücklich war.
    Hasen hetzten macht nämlich glaube ich mehr Spaß, wenn man nicht drauf angewiesen ist sie zu kriegen.
    Wenn es bitterer Ernst ist, man eh schon vor Hunger fast umkippt und einfach nix kriegt, außer ner Pfütze gefrorener Cola auf nem Supermarktparkplatz... dann ist räumliche Freiheit glaub ich nicht viel wert gegen die Freiheit vom Kampf ums überleben.

  • Hi Patrick,


    ich hab jetzt mal die anderen Antworten alle nicht gelesen, um mich nicht beeinflussen zu lassen in den Gedanken, die mir beim Lesen deines Textes durch den Kopf gegangen sind.


    Ich "hatte" mal einen Hund in Afrika. Dorian lebte frei. Er kam freiwillig zu unserem Haus, leistete mir Gesellschaft im Garten, schlief nachts auf der Terrasse, ging mit mir am Strand spazieren und hörte aufs Wort.


    Ich hätte ihn so gern mit nach Deutschland genommen, doch mein Vater sagte, Dorian ginge es dort besser, wieder auf sich gestellt, wie vor unserem Erscheinen. Wild am Strand in Freiheit.
    Er sagte:"Stell dir Dorian vor, wie er mit dir an einem Ampelübergang auf Grün wartet, oder zu Hause eingesperrt sein muss, weil wir ihn nicht einfach freilassen können, wenn wir ohne ihn das Haus verlassen,"


    Dorina blieb in Afrika, aber ich werd ihn nie vergessen. Heute bin ich aber der Meinung, es war absolut richtig von meinem Papa, ihn dort zu lassen.


    Man muss aber unterscheiden, ob die Hunde wirklich frei gelebt haben und den Menschen aus dem Weg gehen konnten, oder ob sie bei Menschen gelebt haben. Ein gequälter Galgo, der an einer Kette hängt, oder das ganze Jahr hinter Gittern wartet, dass er einmal im Jahr zur Jagd freigelassen wird, dem geht es hier sicher besser. Und dann gibt es ja noch die vielen Hunde aus Spanien und Griechenland, die aus Familien abgegeben werden müssen und die dort im "Tierheim" nur der Tod erwartet.


    Zu Veronas Verhalten:
    Snoop kommt nicht aus Spanien, er ist ein normaler Jack Russell Mix. Aber als ich ihn bekam und er noch keine Erziehung und keine Impulskontrolle kannte, war seine Reaktion auf Kaninchenlöcher, Jagdhunde und Pferde ähnlich, wie die Verona's.
    Ich bin schier verzweifelt, da er sich in Rage gebellt und geheult hat, wenn er Wild oder Pferde gesehen hat. Und er wurde vorher nie zur Jagd eingesetzt.
    Ich vermute mal fast, dass das ein normeles Verhalten ALLER Hunde ist, wenn sie nicht vom Menschen ein Verhalten anerzogen bekommen, das wir in unserer Gesellschaft akzeptabel finden.
    Insofern dürften wir dann ja gar keine Hunde halten.


    Und jetzt noch mal was zu den wildgefangenen Hunden:


    Ich habe immer gesagt, ich würde nie einen Hund nehmen, der von einer sogenannten Tierschutzorga in Freiheit gefangen wurde.
    Aber auch da kommt es auf den einzelnen Hund an (man sollte nie nie sagen ;) )
    Seit ein paar Wochen lebt nämlich Sari bei uns.
    Sari wurde wild in Spanien gefangen, lebte dort von Müll und Essensresten und hatte ständig Babys.
    Sie wurde eingefangen, mit der Absicht, sie zu kastrieren und wieder frei zu lassen. Als man feststellte, dass sie wieder tragend war, bekam sie erst ihre Baby in Obhut und zog sie dort auf, bis diese vermittelt waren.


    Sari genoss die Menschen, sie liebt Menschen, sie schmust gern, begrüßt jeden begeistert. Keiner schaffte es, sie nach der langen Zeit wieder in die ungewisse Freiheit zu entlassen. So blieb sie in der Pflegestelle und zog mit dieser später um nach Deutschland.
    Wo ich sie (oder sie mich) entdeckte.


    Jetzt ist sie hier und ich bin mir sicher (!), dass sie lieber hier ist, als in Freiheit.
    ABER ab und zu mal draussen rumstreunen würde ihr sicher gefallen. Schade, dass es zu gefährlich ist.....


    Zusammengefasst:
    Du machst dir zuviel Gedanken, aber es ist gut, dass du sie dir machst!!!


    So, und nun geh ich mal die anderen Antworten lesen :)

  • Patrick, genau das sind die Punkte, die mich so oft am Auslandstierschutz stören...


    Ich kenne sehr viel Hunde, die hier "glücklich" sind. Und ich kenne genauso viele Hunde, bei denen ich nur den Kopf schütteln kann über ihr Leben hier. Was die Leute geritten hat, diese Hunde nach DE zu bringen, werde ich niemals verstehen. Wir hatten das Thema schonmal, weißte noch? Wo der alte Rüde aus seinem Rudel gerissen werden und nach DE gebracht werden sollte..


    WENN der TS anständig betrieben wird, finde ich ihn gut und vorallem auch wichtig. Richtig heißt für mich aber nicht "wir karren sämtliche Hunde nach DE". Richtig heißt für mich vor Ort zu arbeiten. Kastrieren der Straßenhunde, Aufklärungsarbeit bei den Menschen dort, usw. Hunde nach DE zu vermitteln, sollte dabei eine Ausnahme/Nebensache sein und nicht das Hauptziel (wie es leider so oft ist)..


    Btw. das was Snoop schreibt, war bei uns auch so. Wir hatten in Afrika unsere Hunde und ich wollte sie mitnehmen, als wir nach Deutschland sind. Sie sind dort geblieben (der Welpe kam zu einem Jäger, der "wilde" lebte weiterhin wild auf der Insel) und es war das richtige!

  • genau diese Fragen stelle ich mir auch oft, wenn ich mir Monty anschaue.


    Monty war ja auch ein Strassenhund und kam dann aus der Tötungsstation nach Deutschland.
    Es gab soviel, was ihm suspekt war. Warum durfte er nicht in die Pizzeria und dort nach Futter betteln, warum ließ ich ihn nicht in die Mülleimer klettern, warum gab es Fressen langweilig aus dem Napf, warum erlebten wir viel zu wenig Abenteuer...


    Mittlerweile hat der kleine Mann sich an das "gemütliche" Leben bei uns gewöhnt. Er liebt uns, liebte uns auch direkt als er zu uns kam.


    Und trotzdem denke ich, das erste halbe Jahr, hätte er die Möglichkeit der Wahl gehabt, er wäre wieder auf die Strasse gegangen.


    Das hat mich am Anfang sehr traurig gemacht. Gern hätte ich ihm auch mehr Freiheit geboten, er wollte selbstständiger sein. Schwer zu erklären....
    Besonders, so wie bei euch im Urlaub fällt mir immer wieder auf, was eigentlich in meinem Hund steckt.
    Monty zuliebe geht es mindestens 2x im Jahr nach Frankreich, an einen kleinen Küstenort. Und da blüht mein Hund auf und ist wieder frei. Er kann dort ständig frei laufen, er geht ab und zu auf Tour und besucht Nachbarn, er liebt den Strand und das Meer, wahrscheinlich ähnlich den Ort, wo er aufgewachsen ist.
    Manchmal wünschte ich mir, wir könnten Monty zuliebe an die See ziehen.


    Aber trotz all dem bin ich mir sicher, das er trotzdem glücklich ist. Mittlerweile.
    Er geniesst diese Ausflüge in eine andere Welt, aber er hat noch nie die Chance ergriffen und ist abgehauen. Er ist absolut selbstständig aber trotzdem achtet er darauf, dass er mich nicht über eine gewisse Distanz verliert. Und er kommt trotzdem immer gern wieder mit nach Hause.

  • Ich glaube nicht, daß wir absolut im Sinne des Tieres entscheiden können, denn schließlich sind wir Menschen mit all unserer subjektiven Wahrnehmung.
    Wenn Du von glücklich sprichst Patrick - aus menschlicher Sicht ist dies: angstfrei, gesund, ohne Hunger und Durst friedlich und erfüllt mit anderen zusammenleben.


    Aber was würde ein verlauster, hungernder und ängstlicher Staßenhund dazu sagen? Und was ein gesunder und gerade gesättigter Hund der im Rudel lebt?


    Ich denke da gibt es sehr große Unterschiede und bei aller Tierliebe und allem Tierschutz den wir betreiben, sollten wir ganz genau hinsehen, uns zurücknehmen und versuchen die Situation aus der Sicht der Tiere zu sehen (was uns sicher nicht oft gut gelingen kann) um vielleicht wirklich mehr vorort zu helfen.


    Ich danke Dir für Deine Gedanken-Anregung und bin mir gaaaaanz sicher, daß Eure Maus sich bei Euch pudelwohl fühlt. Wer weiß schon immer was richtig und falsch ist? Wichtig ist, daß wir nicht aufhören kritisch zu sein, auch und vor allem mit unserem eigenen Handeln.

  • Ich bin dafür das ganze mal etwas weniger romantisch und verklärt zu betrachten..


    Wenn man mal ganz realistisch ist, braucht kein Hund ein 100 Euro Spezialhundebett um glücklich zu sein. Er muss auch nicht bei Herrchen im Bett liegen und er muss auch nicht non-stop betüddelt werden. Genau genommen braucht kein Hund den Menschen überhaupt, wenn er ein Hunderudel hat.


    Was natürlich auch Tatsache ist, ist dass ein manchen Regionen (gerade in Städten) die Straßenhunde systematisch eingesammelt und getötet werden, gerade weil viele Menschen ihre ehemaligen Haushunde aussetzen.
    Ebenso ist es aber auch in vielen Regionen der Fall, dass die Hunde in gewisser Weise in entfernter Coexistenz mit dem Menschen leben, allerdings durchaus ihren Abstand halten. Sie bekommen evtl mal nen Eimer hinterhergeworfen oder einen Tritt ab und ja,sie sind oft hungrig und nicht immer klinisch sauber. Allerdings ist das bei jedem anderen, im weitesten Sinne, "wild" oder halbwild Lebenden Tier auch so. Ein Raubtier bekommt mal einen Tritt ab und es ist ganz normal das Tiere in Gefangenschaft länger am Leben erhalten werden( und das formuliere ich ganz bewusst so)können, als in ihrem angestammten Lebensraum. Meine persönliche Auffassung vom Leben ist nicht, dass es um jeden Preis erhalten werden sollte und ich glaube auch nicht, dass es wirkliche Tierliebe ist den Hund tagein tagaus mit harten Medikamenten vollzustopfen, nur weil man es nicht akzeptieren kann das ein großer Hund mit 12 Jahren nunmal sein Leben im Regelfall gelebt hat.


    Durch den Boom mit dem Auslandstierschutz ist es doch nunmal auch einfach so, dass sich nicht darauf beschränkt wird einzelne, leichter vermittelbare Hunde aus Tötungsstationen zu retten und andere Straßenhunde zu kastrieren, sondern die Organisationen fahren teilweise auch in ländlichen Gebieten herum und "sammeln" dort die Hunde auf. Das geht so weit, dass die Bewohner der Gebiete hektisch die Hunde einsperren, wenn es heißt, die Deutschen kommen. Dies ist keine Übertreibung.


    Aber wasfür Hunde vermittelt man denn dann da? gehen wir einmal von einem 1-2jährigen Hund (wir wollen ja nichtmal den Worstcase..) aus. Dieser Hund hat unter Umständen seine Prägungsphase halbwild auf einem Dorf verbracht, wo es keine geteerten Straßen, keine Autoabgase oder Autos überhaupt gibt, wo er einen Sicherheitsabstand vom Menschen halten musste und wo sein geprägter, vorrangiger Sozialpartner andere Hunde waren.
    Nun packt man diesen Hund ein und bringt ihn nach Deutschland. Es ist laut, es ist voll, er wird gezwungen an der 1m Leine neben dem Wesen herzutrotten das er in seiner Prägungsphase gelernt hat zu meiden.


    Es gab bereits in den 50er Jahren Versuche von Wissenschaftlern, in denen ganz normale Rassehunde ohne wirklichen Menschlichen Kontakt im Rudel aufgezogen wurden. Dies tat man nicht mir irgendwelchen "Ur-Rassen" sondern mit eindeutig domestizierten Haushunden wie Collies oder Labradore. Ergebnis der ganzen Geschichte war, dass auch diese doch eigentlich als sehr anhänglich geltende Hunde keinerlei Bezug zum Menschen hatten und ihr Leben lang ihr natürliches Misstrauen dem Menschen gegenüber nicht ablegten.
    Ähnlich ist es doch auch bei halbwild lebenden Straßenhunden.


    Was jetzt kommt ist dann meine persönliche Erfahrung.


    Ich habe bis jetzt noch keinen einzigen ehemaligen "echten" Straßenhund gesehen, der wirklich ohne Einschränkungen hier in der Stadt leben konnte, selbst wenn sie sehr früh als Junghunde/Welpen nach Deutschland kamen. Dafür alles von nur "leicht verängstigt" bis "ständige Todesangst". Mir besonders im Gedächtnis blieb eine Hündin, die schon beim Anblick des Menschen vollkommen verängstigt war, dauernd unter Stress stand und der man die reine Todesangst in den Augen sehen konnte. Diese Hündin kam nichtmal erwachsen nach Deutschland, sondern durchaus noch als Junghund. Trotzdem sind die Verbesserungen nur Minimal und da frage ich mich dann ernsthaft, hat man diesem Hund denn wirklich einen Gefallen getan? Auch wenn sie in ihrer Heimat evtl nicht mehr leben würde, wäre das nicht vielleicht die bessere Wahl, in Vergleich mit permanenter Todesangst?


    Von den Haltern südländischer, ehemaliger Straßenhunde hört man immer wieder, "es dauert eben länger, aber wir machen schon kleine Fortschritte" etc. Aber ob der Hund diese "kleinen Fortschritte" auch als solche wahrnimmt? Ist das nicht ein Hobby das auf den Ängsten und der Überforderung eines Lebewesens aufgebaut wird, die absolut nicht sein müssten?
    Gerade in "Tierschützer"kreisen ist es doch mehr oder weniger In sich soeinen Hund zu holen und je ängstlicher und verschreckter der Hund in seiner neuen Umgebung ist, desto toller fühlt man sich das man einem solch armen Wesen jetzt auch ermöglicht auf einer Plüschcouch zu schlafen.


    Klar könnte man sagen, bei den "richtigen", fachkundigen Haltern wird das alles schon. Aber a) wie oben bereits erwähnt, gewisse Versäumnisse lassen sich nicht mehr aufholen und b) muss ich doch dann als seriöse Organisation dafür sorge tragen das eben nicht das liebe ältere Ehepaar, das zwar nicht unbedingt Einblick in die tiefere Psyche eines Tieres hat, dafür aber ein großes Herz und eigentlich einen Kuschelhund möchte, soeinen Hund bekommt.
    Wenn ich heute eine in der Haltung etwas schwierigere Hunderasse züchte, dann würde mir doch auch jeder zustimmen das ich nicht auf gut Glück einen Wurf machen kann und am Ende kommen von 10 Welpen 2 zu Leuten die damit klar kommen und glücklich sind - der Rest, ist halt dann Pech?
    Wenn die Lage so aussieht, sollte ich dann nicht darauf verzichten diesen Wurf zu machen - übertragen, sollte ich dann als Organisation nicht darauf verzichten massenweise Hunde nach Deutschland zu karren um sie dann an überforderte Gutmenschen zu vermitteln?

  • Zitat

    Ich habe bis jetzt noch keinen einzigen ehemaligen "echten" Straßenhund gesehen, der wirklich ohne Einschränkungen hier in der Stadt leben konnte, selbst wenn sie sehr früh als Junghunde/Welpen nach Deutschland kamen.


    Was meinst du mit "echtem" Strassenhund?


    Ich kann dir nur von meiner Nase berichten:
    Sie wurde in Heraklion auf Kreta gefunden. Sie hat sich dort -zusammen mit ihrem Sohn- bei einer Tierschützerin "eingenistet" und wurde dann über dir Orga vermittelt. Mehr weiß man von ihrer Vorgeschichte nicht.
    Sie lebt jetzt seit 3 Wochen in München - und hat keinerlei Angst vor Autos oder Menschen. Allerdings empfinde ich sie als sehr selbständig. Es ist z.B. toll, dass ich ich sie regelmäßig füttere - aber sie findet auch unterwegs genug. :p


    Ist dann kein echter Strassenhund? Woran erkennt man dann einen solchen? Ich denke generell auch: lieber ein kurzes erfülltes Leben als ein langes Leben, ständig in Angst/Gefangenschaft. Vor allem, da ich glaube, das Tiere generell mehr im "jetzt" leben.
    Aber ich häng eben grad an diesem "echten Strassenhund". Was ist dann ein "falscher" Strassenhund? Einer der ausgesetzt wurde?
    Würde mich einfach mal interessieren.

  • Danke für diesen tollen Thread. Wie viele andere auch finde ich wichtig zu erkennen, dass es nicht "den" Auslandshund gibt. Für manche wird es Rettung bedeuten, nach Deutschland ins Heim / eine Pflegestelle und dann irgendwann ein neues Heim zu kommen, für manche nur unnötiges Leid.


    Als ich in einer südspanischen Großstadt lebte, gab es mitten in der Stadt ein Rudel Straßenhunde. Die Hunde (und auch Katzen) wurden nachts von den Leuten gefüttert, indem Essensreste auf die Straße gebracht wurden, es wurden tagsüber mal im Vorbeigehen ein freundliches Wort mit einem Hund gewechselt -- wenn der den Verkehr behinderte, mal auch ein ärgerliches Wort --, ansonsten gehörten die Hunde einfach zum Stadtbild, wurden weiter nicht beachtet. In vier Jahren habe ich keine einzige Misshandlung mitbekommen, es sei denn, man würde das Vernächlässigen dieser Hunde als Misshandlung bezeichnen.


    Wer weiß, ob / welche unter diesen Hunden hier besser aufgehoben wäre? Ein gequältes Leben war es dort jedenfalls nicht.


    Liebe Grüße
    Kay

  • @ Jimmy:


    Schön, dass das auch endlich einmal anderen klar wird. Bisher war man mit einer solchen Meinung immer nur der "Böse" für den Tierschutz an der Grenze endet etc.

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