ANTI-JAGD-TRAINING oder Dr. Jekyll und Mr. Hyde

  • Ich lese hier auch mal vermehrt mit. Seit ein paar Tagen stehen Vögel ganz hoch im Kurs beim Kleinen und wir üben, sich vom Reiz abzuwenden. Das kennt er aus anderen Situationen bereits und es klappt gut, trotz verhältnismäßig hoher Anspannung. Basics wie Abbruchsignal, "wir bleiben auf den Wegen" und "bleibt mit dem Kopf bei mir" sowie "Entferne dich nicht weit" klappen gut. Gassi dient auch bei uns der Entspannung, "Arbeit" ist bei uns der Hundesport.

    Bewegungsreize sind bei ihm gar nicht das riesige Thema, wenn ich das mit meiner Hündin damals vergleiche, die weitaus stärker auf fliegende Blätter, Insekten, rennende Kinder oder auch fliegende Objekte angesprungen ist. Das lässt ihn alles kalt, aber wenn vor uns Vögel auf dem Weg sitzen, oder im Garten sitzen, dann sieht man seit wenigen Tagen sehr schön, wie er sie gerne jagen würde und sich seine ganze Körperhaltung ändert.

    Nun kommt also erstmal die Schleppleine dran, wir arbeiten weiterhin daran, Reize bewusst wahrzunehmen und sich abzuwenden und ich stöbere mich die Tage mal durch den Thread für neuen Input :-) .

    Meine aktuelle Prognose ist, dass sein Jagdverhalten ernsthafter sein wird, als bei meiner Hündin. Da er aber vom Typ her einfach ausgeglichener und Innenfokussierter ist, erwarte ich, dass er sich zuverlässiger trainieren lassen wird.

  • Also hier ist es schon so, dass ich die Beschäftigung auf den Spaziergängen einbaue. Aber halt nicht als "Dauerbespaßung", sondern konzentriertes Arbeiten mit klarem Start und Ende. Wir haben so unsere festen Orte, wo man idR seine Ruhe hat und es übersichtlich genug ist, dass nicht plötzlich ein fremder Hund ins Training krachen kann. Dort laufen wir hin, dann werf ich meinen Kram ab, wir üben, was ich üben will (meistens mach ich 2 Durchgänge mit Pause dazwischen) und dann pack ich meinen Kram wieder zusammen und wir gehen weiter. Die Hunde wissen genau, dass dann Schluss ist und auch nix mehr passiert für den Rest des Spaziergangs.

    Für uns funktioniert das gut, die machen vor und nach dem Training entspannt ihr Ding und sind nicht in ständiger Erwartungshaltung.

    Das passt so natürlich nicht für jeden Hund, aber nur als Beispiel, dass es nicht zwingend problematisch ist, wenn man das nicht so strikt trennt.

  • Mir kann niemand erzählen, dass Amigo den Hasen nicht auch wahrgenommen hat. Er war aber so fokussiert auf die Beute, auf die er spezialisiert war, dass der Hase ihn einfach nicht getriggert hat, er war uninteressant.

    Das frage ich mich tatsächlich, ob ein Hund soetwas dann tatsächlich wahrnimmt wenn er sehr fokussiert ist. Gerochen hat er den Hasen wohl schon, aber "kam das im Bewusstsein" an? Stelle mir das immer so vor wie wenn ich ganz vertieft in ein spannendes Buch bin und dann von jemandem angesprochen werde, das kriege ich auch ganz oft nicht mit. Ich krieg das dann erst mit, wenn es nicht mehr ganz so spannend ist oder ich z. B. angestupst werde. Weiss allerdings nicht ob Hunde da auch so ticken.

  • Das frage ich mich tatsächlich, ob ein Hund soetwas dann tatsächlich wahrnimmt wenn er sehr fokussiert ist. Gerochen hat er den Hasen wohl schon, aber "kam das im Bewusstsein" an?

    Amigo hat eine Zeit lang extrem auf Knackgeräusche im Unterholz reagiert.

    Später hat er diese zwar wahrgenommen, manchmal, wenn da ein Rascheln war von z. B. einem Vogel, hat er auch einen kurzen Blick dahin geworfen, ist dann aber weiter gegangen.

    Es hat kein Jagdverhalten mehr in ihm ausgelöst.

    Wäre der Hase ohne diese Fokussierung auf Beute direkt vor seiner Nase aus dem Gebüsch gehüpft, hätte ihn das getriggert. Hier war aber das Jagdtraining von Vorteil, wo ich ihn mit einem Signalwort sofort umlenken und auf seine Beute fokussieren konnte.

    Hasen auf den Wegen, oder Rehe auf 20m Distanz hat er interessiert wahrgenommen, aber es hat kein Jagdverhalten mehr ausgelöst. Manchmal bekam er dann zur Belohnung einen Extraapport, manchmal auch nur ein "Weiter". Er geriet dann aber nicht mehr in ein Jagdverhalten, ging entspannt weiter.

    Etwas wahrnehmen, und ein bestimmtes Verhaltensinventar auslösen, sind zwei paar Schuhe.

    Sich auf die eingewiesene Beute zu konzentrieren, und nicht von anderen Reizen ablenken zu lassen, wird beim Apportiertraining speziell geübt - wenn die Ausbildung des Hundes schon weit genug fortgeschritten ist.

  • Theo wolte gestern ins Gebüsch springen, auf verbalen Abbruch hat er aber direkt reagiert und kam dann richtig schnell und freudestrahlend zu mir.

    2 mal hat er danach noch angezeigt und sich aber von sich aus direkt zu mir umorientiert. Ohne leine wäre das zwar sicher nicht so passiert, aber immerhin 😁

    Wenn wir unser Wöchentliches Pensum haben mit Mantrailing und Hupla gibt es beim Spaziergang keine Bespaßung und an diesen Tagen wird ansonsten nur Sparprogramm gefahren.

    Beim mantrail vorher etwa 20 Minuten spazieren und beim Hupla, der mittags ist, morgens ne Runde von etwa 30 Minuten.

    Als er krank war und monatelang nicht durfte, wurde er immer guckiger und außenfocussierter draußen. Da hab ich dann angefangen, Übungen einzubauen, damit wurde es wieder besser.

    Jetzt machen wir so 1 mal die Woche UO-Übungen, da ist er immer Feuer und Flamme und konzentriert sich super, wenn ich das nur alle paar Tage sporadisch und dann nur wirklich 5 Minuten mache und danach geht er weiter ins ruhige schnüffeln. Eine erwdatungshaltung kann er hier nicht aufbauen, weil es da gar keine Regelmäßigkeit gibt.

    Es gibt die wiesen, auf denen mein LG IMMER mit ihm spielt und das merkt man extrem. Daher gehe ich dort eigentlich immer ruhig weiter und ignoriere seine Aufforderung oder nehme ihn ans Bein. Einer muss ja der Spielverderber sein ;-)

  • Am Freitag habe ich Termin bei der Trainerin. Sie meinte wenn alles passt und er verträglich ist, könnten wir dann auch in die gruppe kommen, das wäre alles AJT.

    Und ob er apportieren kennt.

    Naja.. lass ich mich mal überraschen. Noch ein wöchentliches Training möchte ich neben Hupla und Mantrail eigentlich nicht und den Sinn von Gruppe bei AJT erschließt sich mir auch erstmal noch nicht, aber ich lass mich mal überraschen.

  • Ja, ich glaube auch wirklich, dass draußen diese Erwartungshaltung ortsgebunden ist. Ich mache eher immer mal sporadisch Übungen. Immer an unterschiedlichen Stellen, vielleicht hat sich deshalb nichts aufgebaut.

    Aber ich frage mich dennoch ein paar Dinge:

    Fördern Hobbys wie Mantrailing nicht eher den Jagdinstinkt, selbst, wenn man es nur selten und nicht auf den Gassirunden macht?

    Ebenso gehe ich ja ab und zu mit einem Jäger Gassi und der gab zu, dass es gar nicht so einfach ist, den Spagat zu schaffen zwischen beim normalen Gassi den Hund nicht so weit weglaufen zu lassen und während des Reviergangs den Hund ein gutes Stück voraus zu schicken. Scheinbar ist es doch recht schwer dem Hund den Unterschied zwischen Arbeit und Freizeit zu vermitteln, bzw. dem Hund klar zu machen, dass auf genau dem Weg nur bummeln angesagt ist und auf anderen Wegen eventuell Party ist. Theoretisch wäre es ja dann besser immer nur ein paar ganz wenige immer die selben Gassirunden zu drehen, damit der Hund gar nicht erst aufdreht?

    Wenn wir mal eine neue Runde gehen (was im Moment eher selten vorkommt), merke ich allerdings eher, dass mein Hund tendenziell unsicherer ist, mehr in meiner Nähe bleibt, ständig stehen bleibt und sich nach mir umdreht. Meine alte Hündin war anfangs bei neuen Wegen immer aufgeregt, das hat sich aber schnell gegeben. Am Ende lief sie ihr üblichen Runden am liebsten.

    Ich frage, weil ich im Grunde mal vorhatte ins Mantrailing reinzuschnuppern, da meine HuSchu das anbietet. Weiß aber nun nicht, ob das am Ende kontraproduktiv wäre?

  • Also ich kann dir nur von uns berichten:

    Sind wir regelmäßig im Trsining, ist Theo beim Spaziergang viel weniger auf Reize aus. Weil er einfach seine Leidenschsft befriedigt durfte und zufrieden ist.

    Deutlich wurde das als er krank war und monatelang nicht ins Training durfte: er hat draußen regelrecht nach reizen gesucht, ständig mit dem.Kopf Richtung Wald, viel aufgedrehter.

    Beim Mantrail darf er seinem trieb ja nachgehen und danach ist er der zufriedenste Hund der Welt und seine Bedürfnisse sind gestillt.

    Am Tag nach dem Training sind die spaziergänge meistens am ruhigsten und er wackelt entspannt und am wegrand schnüffeln vor sich hin.

    Das ist glaub ich ähnlich wie dass man denkt dann lernt der Hund ja, an der leine zu ziehen. Ne, auch das nicht. Klar darf/muss er das beim mantrail, aber beim Spaziergang natürlich nicht. Kann er ganz klar trennen.

    Wir haben auch eine RR in der Staffel, die das nach startschwierigkeiten mittlerweile sehr gut macht

  • okay, das ist interessant. Ich verstehe schon, dass es den Hunden Spaß macht und sie auch Bock drauf haben, ganz klar, ich frage mich aber auch, ob man damit nicht erst recht ein intensiveres Jagdinteresse auslöst, was vielleicht nie so zutage treten würde, wenn man das Triebverhalten nicht gefördert hätte. Versteht wer, was ich meine?

    Es ist halt leider auch nicht nachprüfbar, weil ja jeder Hund einzigartig ist und man nicht sagen kann, hätte ich das und das nicht so gemacht, wäre das und das nicht daraus entstanden. Ich könnte mir allerdings gut vorstellen, dass ein Hund, der schon von sich aus stark jagdtriebiges Verhalten zeigt, mit Ersatztraining ganz happy ist.

    Ja, ich kenne auch ein paar RR beim Mantrailing. Das können sie schon gut, vorausgesetzt, sie sind gerade in der Stimmung und das Wetter passt 😁

  • Als wir coronabedingt ca 4 Monate kein Staffeltraining hatten, war Greta auch wieder jagdlich viel motivierter.

    Kaum war wieder Training, war sie viel ausgeglichener.

    Ist schon ein längerer Prozess bis der Hund lernt, dass Alltag und Training was komplett anderes ist.

    Eine Ausbilderin in unserer Staffel sagt immer, in der Rettungshundestaffel lernen die Hunde das, was sie im Alltag nicht tun dürfen. Im Wald stöbern, bellen, manchmal auch den Rückruf verweigern, ist im Einsatz wichtig, dass der Hund auch zuverlässig sucht und bei einer vermissten Petson bleibt.

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