ANTI-JAGD-TRAINING oder Dr. Jekyll und Mr. Hyde

  • Wieso trauen so wenige den Retrievern die Wildschärfe zu?


    Immer wieder dieses Erstaunen.


    Der Retriever im Jagdgebrauch beispielsweise auf einem picking up

    muss auch noch lebendes Federwild packen und bringen.

    Damit es sofort getötet werden kann.


    Das ist teilweise eine ziemlich heftige Sache und der Hund muss kompromisslos nachsetzen bis er das Tier hat, im Wasser oder an Land.


    Natürlich sind sie zu jedem nett, meistens ziemlich einfach zu erziehen und der Jagdtrieb lenkbar. Aber es sind immer noch Jagdhunde mit 42 scharfen Argumenten und werden auch immer noch dafür gezüchtet.


    Und die Hunde, die gerne am Wild arbeiten können "Laien" ganz schön überraschen, wie viel Ernshaftigkeit auch in einem supi netten Retrieverchen stecken kann.

  • wildsurf Vermutlich, weil die Leute solche Retriever noch nicht live erlebt haben und von der familienfreundlichen Labbi-tonne ausgehen, der man nur einmal ein freundliches "nein" zusäuseln muss bei Rehsichtung und der sich dann schwanzwedelnd dem Keks zuwendet?

    Ich hab schon soviele Retrieverhalter getroffen, die selbst einen haben, aber dennoch keine Vorstellung davon. Oder meinen, ihr Hund hätte einen wahnsinnig ausgeprägten Jagdtrieb, weil er bei den Hasen mal n Hüpfer hinterher macht und sie dann "du, du, du!" sagen müssen :hust:

  • Ja, da habt ihr schon recht.

    Sind eben auch Jagdhunde, bzw. nur Hunde mit allem drum und dran.

    Da sieht man mal, wie sehr das Bild oft verfälscht wird, wenn bestimmte Rassen so als tolle Familienhunde angepriesen werden, dass man darüber den eigentlichen Zweck und die Aufgabe vergisst oder verdrängt oder durch die rosarote Brille sieht.

    Holt man sich einen Ridgeback wissen wohl hoffentlich die meisten, dass sie mit Jagdtrieb zu rechnen haben. Aber bei einem Retriever rechnen man vielleicht weniger mit so einer Kompromisslosigkeit. Hat mich überrascht, gebe ich zu.

  • Aber bei einem Retriever rechnen man vielleicht weniger mit so einer Kompromisslosigkeit. Hat mich überrascht, gebe ich zu.

    Na der Hund hatte lange genug und oft genug die Möglichkeit, sich zu steigern und sich auszuprobieren.

    Überraschend ist es dann halt nicht, egal bei welcher Rasse.

    =)

  • Massai


    Da bist du nicht alleine. Manch ein Show Golden

    Besitzer wird von dem teilweise wirklich heftigen Jagdtrieb seines Hundes überrascht. Das ist dann leider oft gepaart mit weniger will to please als bei den Arbeitslinien.


    Genetik ist ne spannende Sache.


    Eine mir bekannte Züchterin hat sich zu ihren Golden Retrievern, mit denrn sie arbeitet, eine reine Show Hündin geholt. Ganz Bewusst.

    Und dann schrieb sie vor kurzem: "rate mal, mit wem ich die JAS machen werde, weil sie so auf Federwild abfährt??!"

  • Genetik ist ne spannende Sache.

    Definitiv.


    Jagen is ja nu wirklich breit gefächert, Rasseübergreifend.

    Bei einigen genetisch verankert, bei dem einen mehr und bei dem anderen weniger.

    Der eine hats gar nicht, stolpert über Kitz, packt reflexartig zu - tadaaaa. Erster Kick.

    Der andere hüpft reflexartig - noch- ohne ernsthaftes Interesse hinterher ---- tadaaa. Erster Kick.

    Macht ja immer was im Hirn. Selbstbelohnend und so.

    Das ist also nichtmal die mit Jagderfolg beendete Hatz, die das Ganze entfacht.


    Und in dem Fall gibt's halt die 2 Komponenten: Genetik und erfolgreiche Kicks. Warnungen gab's hier deswegen auch schon.


    Im Ernst: oft hat das Wild das Glück entkommen zu können, bei nem hetzenden Hund, selbst bei "der will nur spielen, der jagt nicht" Hunden.

    Was meint ihr denn, was so nen Hund macht, voll gepumpt mit Hormonen, wenn er das Wild mal stellen kann? Ne Spielaufforderung? Deeskalierendes Verhalten? Markieren?

    =)

  • Aber bei einem Retriever rechnen man vielleicht weniger mit so einer Kompromisslosigkeit. Hat mich überrascht, gebe ich zu.

    Die Meisten Menschen sehen beim Retriever auch keinen Jagdhund, sondern einen, "der halt passioniert Bällchen holt" und ansonsten "eine Seele von Kamel ist".


    Was viele übersehen: Genetik - und die gibt dem Jagdhund eben nicht nur ein einzelnes Gen mit wo ein Bildchen von einem Ball draufsteht, den der Hund dann aufnehmen und bringen soll, sondern IMMER die gesamte Jagdverhaltenskette.

    Die ist bei Jagdhunden einfach näher an der Oberfläche als bei Hunden, die nicht auf Jagd spezialisiert sind.

    Jagdhunde haben einfach ein großes Bedürfnis zu jagen.


    Das heißt aber nicht, Hunde ohne diese Spezialisierung hätten nun gar keinen oder wenig Jagdbedarf.

    Das Gehirn verwirft nichts, und dieses Raubtiererbe, welches die canidentypischen Jagdverhaltenssequenzen beinhaltet, ist in jedem Hundehirn vorhanden - und kann dann auch durch entsprechende Trigger wieder so nah an die Oberfläche geraten, dass auch ein Hund auf jagdliche Anreize typisch reagiert, wenn es rasseentsprechend gar nicht vermutet wird.

  • schon spannend, definitiv.

    Wenn ich bei Retrievern an Jagd dachte, dann eher so an Federvieh aus dem Wasser holen (nee, nicht an Bälle 😁) und weniger an Rehe mit Tötungsabsicht. Aber stimmt schon alles was ihr schreibt. Ich bin da auch wirklich nur semi informiert bei Fremdrassen. Aber gut zu wissen.

  • . Ich bin da auch wirklich nur semi informiert bei Fremdrassen

    Brauchst du auch nicht sein.

    Weil: grundsätzlich ist Jagen erstmal Individuumabhängig. Dazu braucht es keine Rasse und auch erstmal keine Genetik.

    :D


    Gibt tatsächlich auch Hunde, die null jagen. Bis ihnen ein jagender Hund mal zeigt, wie geil das ist.

    =)


    Auch ganz lustig, (Stadt-)Hunde, die in den Parkanlagen bis auf Wasservögel nix anderes zu sehen bekommen, laut Halter jagen die nicht. Bis sie dann auf einer Wanderung im Urlaub dem ersten Reh begegnen. Und zack - weg sind sie....


    =)

  • Danke für eure Einschätzungen.

    Dass ich vorsichtiger sein muss, ist mir schon selbst klar geworden.

    Werd mich mal umhören, ob es in meiner Gegend einen Trainer gibt, der sich mit dem Jagdthema auskennt. Vielleicht können mir da auch bekannte Jäger einen Tipp geben.

    Ehrlich gesagt glaube ich, dass es bei einem so passionierten Jäger, der schon mehrfach (?) erfolgreich und selbstbelohnend unterwegs war, nicht mit dem einen Tipp oder Ratschlag getan ist. Im Gegenteil, da muss man wohl - so bedauerlich es auch sein mag, wenn der Hund deutlich eingeschränkter im Freilauf ist - den Tatsachen ins Auge blicken und ehrlich zu sich selbst sein. Sie wird bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit doch vermutlich das gleiche tun... Was soll denn noch passieren?

    Natürlich ist es schön und wünschenswert, dass der Hund völlig entspannt überall und jederzeit abgeleint laufen kann - aber das ist halt nicht überall mit jedem Hund möglich.

    Ich meinte, an wen ich mich da idealerweise wenden kann.

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