(Zu?) hohe Erregungslage im Hundesport

  • Ich denke, es ist halt auch einfach eine Frage, in welchem Bereich man sich bewegt.

    Die Spanne reicht halt nunmal von "kreischt sich ins Nirvana und schmeißt das Hirn weg" über "atmet laut vor einer bestimmten Übung" bis "gibt keinen Mucks von sich".


    Ja, es gibt Bereiche, wo ich dringenden Handlungsbedarf sehe, sehe es aber eben so kritisch, was teilweise für ein Stress für Hund und HF gemacht wird, um zB die zwei kleinen Quietscher auf dem Weg zum Bringholzständer abzustellen. Da muss man dann einfach in der jeweiligen Situation und beim jeweiligen Team bewerten, ob es den Stress wert ist oder ob man sich da nicht für ein minimales Problem eine andere gewaltige Baustelle aufreißt.

  • Dass es grundsätzlich auch nicht schlecht ist, wenn ein Hund erregt ist und das in seine "Arbeit" einfließt, dass konnte ich anhand der vielen Beispiele hier im Thread gut nachvollziehen.

    Ich denke, in vielen Sportarten ist das sogar sehr erwünscht. Ich mag das auch total gerne, wenn Milo bei der Arbeit richtig on fire ist - sofern ich ihn danach eben auch wieder problemlos runtergefahren bekomme.

    Ich bin mal gespannt, wie es mit den Hunden, wegen derer ich den Thread eröffnet habe, weiter geht. Also ob sich da nachträglich noch etwas machen lässt. Nicht den ganzen Hund "verbiegen", aber die Erregung vielleicht ein wenig kanalisieren.

    Hm also Milo ist von Haus aus ein Kandidat, der extrem schnell richtig hochfährt, aber sich kaum selbst runterregulieren kann. Das ist einfach rassebedingt in ihm drin und das darf er bei der Arbeit selbst auch rauslassen. Wichtig war mir halt, ihm zu zeigen, wann es sich "lohnt" aufzudrehen und wann er wieder entspannen kann. Aber das geht eben nur über die langsame Steigerung der Erregungslagen, in denen der Hund noch aufnahmebereit ist und noch runterfahren kann. Und ich denke, das ist es, was das nachträgliche kanalisieren auf dem Platz so schwierig macht: Anstatt immer unterhalb der Erregungslage zu bleiben, die nicht mehr kontrollierbar ist, und das dann vernünftig aufzubauen, geht man ja schon mit einer für Hund und Mensch unkontrollierbaren Erregungslage rein. Wie soll der Hund da was lernen?


    Ein anderer Ansatz wäre natürlich, dem Hund zumindest eine Möglichkeit zu bieten, seinen Stress anderweitig abzubauen. Manche stehen da auf ruhige Sachen wie kauen oder langsames kraulen, anderen (wie meinem z.B.) hilft es, sich mal ne Runde zwischendurch ausrennen zu können. Mein favorisierter Weg wäre das nun nicht, weil ich wie gesagt einfach keinen Sinn dahinter sehe, mit einem Hund Sport zu machen, der danach erstmal was zum Stressabbau braucht, es soll ihm ja eigentlich gut tun. Aber wenn man nun gar nicht darauf verzichten möchte, wäre es wohl allemal besser als Nichtstun.

  • Bei meinem Ersthund (mit dem ich aber keinen Hundesport mache, insofern egal), hat das nicht mehr geklappt, ihm "Pause" beizubringen. Er kam schon als erwachsener, etwas "verpfuschter" Hund zu uns. Also es läuft gut über Gehorsam, dass er dann z.B. auf seinem Platz bleibt, aber die Erregung bleibt relativ hoch. Der Junghund hingegen hat es quasi nie wirklich erlebt, wie es ist, richtig hohl zu drehen und sich abzuschießen.

    Ich denke, das ist ein gedanklicher Trugschluss. Ein hohes Erregungslevel geht nicht damit einher, dass die Hunde sich abschießen dürfen oder hohl drehen. Genauso wenig geht das mit Lautstärke einher. Meine Hunde laufen ja in hoher Erregung und die sind zu 120% fokussiert und konzentriert. Mein Mali neigt leider zur Lautstärke, also achte ich beim Training haargenau darauf, dass ich ihm vermitteln, dass leise sein Teil der Übung ist. Kleine Trainingsschritte, hohe Belohnungsrate, Negativmarker, sind dafür Werkzeuge. Ich versuche mir immer, ein maximales Verständnis für die einzelnen Übungen beim Hund zu erarbeiten. Dazu gehört auch, dass ich umfangreiche Basics erarbeite. Wenn andere Junghunde schon Fußlaufen, sind meine noch im Aufbau und lernen Basics, Basics, Basics. Eine meiner ersten Übungen ist es immer, dass der Hund den Trainingsrahmen versteht und lernt, sich in kurzen Einheiten nur mit mir auseinander zu setzen. Dass das mega viel spaß macht, sich das lohnt. Das warten ergibt sich im Alltag und auf dem Hundeplatz von ganz alleine. Pause ist keine Übung. Ich übe aber auch, dass wir gesittet auf den Platz gehen, weil ich das später genauso möchte. Oder, dass beim Warten nicht gefrustet wird. Gleichzeitig möchte ich aber dynamische Übungen. Ich investiere im Welpen und Junghundealter bewusst ganz viel Zeit ins "Drumherum". Niemals würde ich hektisch auf den Platz mit dem Junghund, ich übe solche Wege ganz bewusst. Bei der sportlichen Fährtenarbeit belohnte ich die Wege zeitweise sogar mehr und hochwertiger, als die Arbeit selbst.


    Das sieht im Bereich Jagd übrigens ganz anders aus. Da brauchts keine schnellen und exakten Bringübungen. Kein dynamisches Fußlaufen. Der Aufbau erfolgt hier bewusst anders. Aber viele Basics sind trotzdem identisch. Entspannte Pausen, vernünftig an der Leine laufen, passender Grundgehorsam.


    Warten auf einer Decke ist aber oft einfach ein Belohnungsproblem, also wenn die Hunde sich da nicht runterfahren. Man müsste dann schon das Entspannen auch fördern und bei einem Hund, der das nicht frühzeitig gelernt hat auch lange dranbleiben und immer wieder dran üben.


    Ich achte bei der Hundewahl aber auch stark darauf, dass die Hunde voraussichtlich das mitbringen werden, was ich mir wünsche. Laute Linien versuche ich zu vermeiden, weil ich das eigentlich auch nicht leiden mag. Da fängt es bei mir schon an. Ich würde mir für den Hundeplatz auch keine Schlaftablette anschaffen, das ist einfach nichts meins.

  • Ein hohes Erregungslevel geht nicht damit einher, dass die Hunde sich abschießen dürfen oder hohl drehen. Genauso wenig geht das mit Lautstärke einher.

    Ein hohes Erregungslevel muss nicht mit Bellen einher gehen - genauso wenig, wie hohl drehen. Andersrum sagt ein bellender Hund auch nicht zwangsläufig aus, dass der Hund drüber ist - er kann auch einfach nur der Typ dafür sein, bei der Arbeit zu Bellen. Also auch, wenn die Erregungslage eigentlich super passend ist. Da kann man natürlich, wie du z.B., im Training drauf achten, dass Hund leise arbeitet. Bei "meinem" Hundetyp ist mir das zu mühselig und geht mir zu sehr entgegen seinem eigentlichen Wesen. Und trotzdem schießt er sich - trotz Bellen - nicht ab.


    Ich hatte das aber so verstanden, dass es im Ausgangspost eben nicht um Hunde ging, die nur auf einem hohen Erregungslevel sind und deshalb bellen, sondern um Hunde, die auf einem (für sie) zu hohen Erregungslevel sind und deswegen nicht mehr runterkommen/hohl drehen/dauerkläffen. Oder war das anders gemeint Ben_auch_mal_hier ?

  • Ein hohes Erregungslevel muss nicht mit Bellen einher gehen - genauso wenig, wie hohl drehen. Andersrum sagt ein bellender Hund auch nicht zwangsläufig aus, dass der Hund drüber ist - er kann auch einfach nur der Typ dafür sein, bei der Arbeit zu Bellen. Also auch, wenn die Erregungslage eigentlich super passend ist. Da kann man natürlich, wie du z.B., im Training drauf achten, dass Hund leise arbeitet. Bei "meinem" Hundetyp ist mir das zu mühselig und geht mir zu sehr entgegen seinem eigentlichen Wesen. Und trotzdem schießt er sich - trotz Bellen - nicht ab.

    Weiter vorne bin ich darauf schon mal eingegangen. Selbstverständlich gibt es Hunde, welche ihre Arbeit laut verrichten sollen. Ein spurlauter Dackel zum Beispiel. Das ist explizit gewünscht.

    Auch, dass es einem zu mühsehlig sein kann verstehe ich total. Das habe ich ebenfalls bereits geschrieben.

    Die PO nimmt keine Rücksicht darauf, ob ein Hund der Typ dafür ist und mir persönlich gehen da einige Linien mittlerweile auch zu sehr in die Tendenz laut zu sein. Das gilt auch für die Jagdgebrauchshunde.

    Ich bin also froh drum, wenn Richter das vokalisieren in ihre Bewertung einfließen lassen.

    Ist halt mein persönlicher Geschmack, darum weiß ich und das bedenke ich schon bei der Welpenauswahl. Es ist auch immer eine Frage der persönlichen Ziele.



    Ich hatte das aber so verstanden, dass es im Ausgangspost eben nicht um Hunde ging, die nur auf einem hohen Erregungslevel sind und deshalb bellen, sondern um Hunde, die auf einem (für sie) zu hohen Erregungslevel sind und deswegen nicht mehr runterkommen/hohl drehen/dauerkläffen.

    Auch darauf bin ich vor ein paar Seiten eingegangen.

  • Ich hatte das aber so verstanden, dass es im Ausgangspost eben nicht um Hunde ging, die nur auf einem hohen Erregungslevel sind und deshalb bellen, sondern um Hunde, die auf einem (für sie) zu hohen Erregungslevel sind und deswegen nicht mehr runterkommen/hohl drehen/dauerkläffen. Oder war das anders gemeint Ben_auch_mal_hier ?

    Ja so ungefähr.


    Also mir ging es überhaupt nicht um Hunde, die z.B. "während der Arbeit" oder beim Sport vokalisieren, oder kurz bevor es losgeht.


    Mal ein Beispiel, allerdings aus einem normalen Hundeschulkurs: Da hatten wir zwei Hunde (nahezu erwachsen), von denen einer eigentlich die ganze Stunde über gebellt hat, v.a. wenn eben nichts passiert ist (er keine konkrete Aufgabe hatte) und der zweite dauergefiept hat, also so richtig laut.

    Das ist auch nie besser geworden.


    Irgendwie ja auch schade, weil das ja Stress für alle ist, ggf. auch für die anderen Hunde.


    Die Trainerin hat da nie irgendwas an Tipps gegeben, deswegen habe ich eben überlegt, ob sowas überhaupt veränderbar ist.

  • Mal ein Beispiel, allerdings aus einem normalen Hundeschulkurs: Da hatten wir zwei Hunde (nahezu erwachsen), von denen einer eigentlich die ganze Stunde über gebellt hat, v.a. wenn eben nichts passiert ist (er keine konkrete Aufgabe hatte) und der zweite dauergefiept hat, also so richtig laut.

    Das ist auch nie besser geworden.

    Selbstverständlich kann man daran trainieren. Die beschriebene Situation hat aber offenbar nicht wirklich was mit Hundesport zu tun, sondern klingt nach einem wenig zielführenden Hundeschulkurs der mehr Baustellen erzeugt, als er beseitigt.

  • Die Trainerin hat da nie irgendwas an Tipps gegeben, deswegen habe ich eben überlegt, ob sowas überhaupt veränderbar ist.

    Definitiv trainierbar. So ist es ja aktuell bei uns. Wäre aber schon hilfreich wenn der Trainer da Tips gibt und es nicht einfach stillschweigend so hingenommen wird. Hängt halt auch immer von der Motivation dahinter ab warum der Hund das macht. Überforderung? Unsicherheit? Einfach nie gelernt auch mal nix zu machen?

  • Mal ein Beispiel, allerdings aus einem normalen Hundeschulkurs: Da hatten wir zwei Hunde (nahezu erwachsen), von denen einer eigentlich die ganze Stunde über gebellt hat, v.a. wenn eben nichts passiert ist (er keine konkrete Aufgabe hatte) und der zweite dauergefiept hat, also so richtig laut.

    Das ist auch nie besser geworden.


    Wie soll es auch besser werden, wenn man nicht daran arbeitet und einfach alles genau gleich weiter macht? :???:

    So ein Hund wacht doch nicht morgens auf und denkt sich „ach was reg ich mich immer so auf?! Ab jetzt bin ich viel entspannter in der Hundeschule!“



    Ich mag es übrigens hauptsächlich aus einem Grund, meine Hunde hochzufahren: weil wir da dann auch üben können, wieder runter zu fahren.. Ich glaube nicht, dass man es schaffen kann, den Hund in hohen Erregungslagen „abzuholen“ wenn man das einfach nie übt..

    heißt nicht, dass ich meine Hunde ständig über die Uhr drehe, ganz im Gegenteil. Aber ich kann sie bis zur Grenze hoch fahren und dann problemlos da wieder abholen und in einen ruhigen Gemütszustand bringen.

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