Erwartungshaltung senken im Hundesport

  • Das ist wie bei all solchen Problemen: Den Grundaufbau sollte man in meinen Augen jenseits der Situation betreiben und immer auch erhalten - das wird gerne vergessen. Erst, wenn das sitzt, kommt etwas Ablenkung dazu etc ... das muss man natürlich weiter üben.


    Und, wenn es um Arbeit geht, kommt noch hinzu, dass man den Hund in der Arbeit so trainiert, dass er sich nicht wegbeamen kann bzw. da auch in einem vernünftigen Erregungslevel bleibt. Ich weiß, sieht halt nicht so geil aus, wenn der Hund ruhig arbeitet. Tut ihm aber nervlich gut ...

  • --- Ich lese mal mit, weil ich leider das umgekehrte Problem habe: Mein Junghund lässt sich nicht hochfahren. Vielleicht kommen dazu ja noch Tips, weil beides wohl zusammen hängt ---



    Zum eigentlichen Thema nur ein paar Gedanken:

    Meine Trainerin im Hundesportverein meinte mal, man soll, wenn man z.B. mit Agi anfängt, den Hund von Anfang an sofort daran gewöhnen, auf einer Decke zu warten, wenn er nicht dran ist. Weil es eben oft das Problem gibt, dass die Hunde in den Pausen unruhig sind.


    (Ich habe das nicht gemacht, weil er ja eben leider das umgekehrte Problem hat...).


    Allerdings denke ich mir: Fiepen kann man auch auf der Decke, oder?


    Die Frage ist, ob es was bringt, wenn man die Decke gezielt (erstmal andernorts) als Ruheplatz aufbaut und der Hund immer Pause hat und nicht beachtet wird, sobald das Deckensignal gilt?

    Und ob das ggf. auch helfen würde, wenn der Hund bereits auf dem Platz fiept und man dann nachträglich eine "konditionierte Decke" einführt?



    Mein Ersthund (kein Hundesportler) ist leider ein Hund, der sehr nervös ist und in Situationen, in denen er selbstbelohendes Verhalten zeigt, vorher stark vokalisiert. Er hat sich da sein ganzes Leben lang ausgelebt (11 Jahre lang...). Ob Besuch, Hundeschule, Sehen eines Hundekumpels, Sichtung einer Katze im Garten, die man dann schön von Fenster zu Fenster verfolgen und verbellen kann...


    Dieses Jahr habe ich das Deckentraining intensiviert und auf andere Situationen übertragen. Und siehe an: Es bringt wirklich was. Er ist zwar noch immer angespannt, aber über die Wochen ist es immer weniger geworden, die Lautäußerungen haben abgenommen.

    Ich glaube das kommt daher, weil er jetzt genau weiß, was als Nächstes passiert, wenn es z.B. an der Türe klingelt (nämlich NICHTS für ihn!).

  • . Leise sein gut erklären,

    Das klingt alles sehr schön und trotzdem kann man sich ziemlich wenig darunter vorstellen, wie das abläuft.

    So geht's mir und ich meine, ich habe da schon ein bisschen Einsicht drin...

    Ich versuche es gerne nochmal.

    Ich trainiere das übers laut sein. Meine Hunden lernen es, auf Kommando zu bellen. Das brauche ich zum Beispiel für den Aufbau des Verbellens. Im Zuge dessen lernen die Hunde, dass sie auch wieder leise sein sollen. Das brauche ich ebenfalls im Training, zum Beispiel wenn der Hund beim Bewachen bellt, aber eigentlich ruhig sein soll (wir haben lautes und leises bewachen).


    Und das übt man halt viel, in verschiedenen Situationen und so lässt sich das dann auch fürs fiepen verwenden, wenn man es gut trainiert hat.

  • Spannendes Thema.

    Hierzu hätte ich noch eine Frage: Führt dieses Vorgehen dann im Laufe der Zeit dazu, dass der Hund wirklich -ruhig- ist im Sinne einer gesunkenen Erwartungshaltung? Mein Wunsch bei einem sehr schnell hochfahrenden Hund wäre, dass er von sich aus, intrinsisch entspannter wird und gar nicht mehr fiepsen muss. Bei dem von dir beschriebenen Vorgehen hätte ich "Sorge", dass der Hund seinen Fiepimpuls nur unterdrückt, weil er im Kommando ist. Im Ergebnis ja auch ok.

    Oder habe ich da nen Denkfehler? Wird das Ruhigsein irgendwann verinnerlicht?

  • Spannendes Thema.

    Hierzu hätte ich noch eine Frage: Führt dieses Vorgehen dann im Laufe der Zeit dazu, dass der Hund wirklich -ruhig- ist im Sinne einer gesunkenen Erwartungshaltung? Mein Wunsch bei einem sehr schnell hochfahrenden Hund wäre, dass er von sich aus, intrinsisch entspannter wird und gar nicht mehr fiepsen muss. Bei dem von dir beschriebenen Vorgehen hätte ich "Sorge", dass der Hund seinen Fiepimpuls nur unterdrückt, weil er im Kommando ist. Im Ergebnis ja auch ok.

    Oder habe ich da nen Denkfehler? Wird das Ruhigsein irgendwann verinnerlicht?

    Nein, in meinem ersten Beitrag habe ich aber auch geschrieben, dass ich es nicht anstrebe, dass der Hund „runter fährt“.


    Es geht in diesem Thread ja auch um Hundesport. Nicht darum, dass ich einen Hund auf einen Jagdtag mitnehme, wo selbstverständlich andere Anforderungen herrschen können.


    Aber auch da sind die Hunde nicht alle „ruhig und ohne Erwartungshaltung“. Je nach dem geht es dort schon mit ziemlich viel Action und auch gewollter Lautstärke zu.


    Und das meine ich mit Genetik. Eine Rasse, die von sich aus gerne laut ist (Dackel oder Terrier, zum Beispiel), da hab ich es eben schwerer als beim Retriever.

  • Wir machen hauptsächlich Agility auf Turnierniveau und ich arbeite gezielt damit, die Hunde bewusst hochzufahren, wenn sie dran sind, aber auch wieder runter zu fahren, wenn sie nicht dran sind..


    Ich fange damit schon beim jungen Welpen an und das ist ein zentraler Teil jedes Trainings, daher festigt sich das dann recht gut..

    Dazu gibt es vermutlich keine schritt für Schritt Anleitung? :pfeif:

    =)


    Czarek Ich versuche mal, es etwas besser zu erklären.


    Also bei mir fängt es damit an, dass der Welpe lernt, auf „Kommando“ zu ruhen.

    Schon in der Welpenstunde bestand ein großer Teil der Zeit aus rumsitzen auf ner Decke und der Welpe liegt entspannt bei seinem Menschen, obwohl da andere Welpen (=potentielle Spielpartner) sind.

    Ich etabliere da für meine Hunde gerne ein Wort, weil das flexibler ist als eine Decke.

    Bei meinen Hunden ist das „Pause“. Also Welpenstunde, ich sitze auf ner Decke, Welpe an mich dran gekuschelt am eindösen und dann kommt mein späteres Signalwort „Pause“.


    Dann ist es natürlich so, dass meine Welpen mitkommen zu den Turnieren, aber noch laaaange nicht selbst laufen dürfen. Also hängt Welpe mit mir rum und macht Pause.

    Das erste was meine Welpen in diesen aufregenden Turniersituationen lernen, ist rumliegen, dösen, schlafen.

    Wichtig ist aber eben, dass die Welpen auch wirklich entspannt sind. Einmal kurz auspacken, die Atmosphäre aufschnappen lassen und dann womöglich in hoher Erregungslage wegpacken würde ich nie machen.

    Sondern immer so lange warten und den Welpen anleiten, bis er sich eben wirklich entspannt. Quasi ne Art „schlafieren“.

    Auch in diesen Situationen benutze ich, wenn der Welpe wirklich entspannt ist, immer wieder mein späteres Signalwort.


    Wenn der Welpe dann bisschen älter ist und anfängt, was zu arbeiten, bekommt der Beginn des Arbeitens bei mir in anderes Signalwort (bzw ne Kombi). Quasi der Anschalter. Um dem Hund zu sagen „Pause beendet, wir arbeiten jetzt“.


    Wir sitzen entspannt auf dem Hundeplatz rum, Welpe döst an mich gekuschelt, ich stehe auf, es gibt meine Signalkombi für „wir arbeiten jetzt was“, es gibt ne kleine Übung, danach setze ich mich wieder mit meinem Welpen auf unsere Decke und schicke ihn dann wieder über das Signalwort in die Pause. Erst wenn er das wirklich annimmt und entspannt, kann es eine weitere Übungseinheit geben.


    Über diese stetige Verknüpfung von Anschalten und Ausschalten festigt sich das sehr gut, so zumindest meine Erfahrung.


    Ich benutze diese Signalkombi immer. Auch beim erwachsenen Hund. Ich nehme meinen Hund mit „haste Bock?“ am Beginn des Trainings aus dem Auto und schicke ihn mit „Pause“ in die Pause.


    Wie gesagt, wir verbringen oft viele Stunden auf einem AGI-Turnier und bewegen uns natürlich auch übers Gelände, gehen spazieren und sowas. Da finde ich es wichtig, dass Hund weiß, wann er arbeiten darf und wann wir uns nur von A nach B bewegen, aber er eben nicht arbeiten darf und ganz wichtig, wann er eben auch Pause hat.


    Noch was: „Pause“ ist bei meinen Hunden an keine bestimmte Position geknüpft. Die können selbst entscheiden, ob sie sich hinlegen, stehen, sitzen, Position verändern. Es ist eben nur nicht der Arbeitsmodus.


    Wenn wir zwischendurch im Training was besprechen, schicke ich den Hund auch in die Pause. Manchmal liegen sie dann rum, Ares rollt sich gerne auf dem Gras oder auf dem Kunstrasen, oder sie dümpeln einfach über den Platz, aber man merkt ihnen am Verhalten an, dass sie jetzt einfach Pause machen, sie sind auch zb nicht so „auf Empfang“ wie während dem Training. Wenn’s weiter geht, rufe ich sie zu mir und schalte sie wieder an.

  • Danke, dann verstehe ich es jetzt richtig. =)

  • Ich arbeite auch ganz viel von Anfang an mit verschiedenen modi.

    Ich habe ein Pausenwort, Pause Ende, Freizeit, Freizeit Ende, sage tempowechsel an und deren Ende.

    Auch bei mir ist es komplett egal was sie in der Pause machen solange sie chillen.

    Und ich mag einfach keine aus aufregung bellende hunde, wer nicht ruhig ist kommt nicht dran, schon im Alltag nicht. Da mache ich mir dann gerne die Gruppe zu nutze und arbeite dann nur mit den anderen.

    Bei Piero damals hab ich beim agi und im dogdancing dann auch ein schade gegeben und neu angesetzt.

    Aber wir waren nie im hundesport, und mir ist immer ein ruhiges Arbeiten wichtiger als alles andere

  • Kleiner Nachtrag noch: mehr an „hochfahren“ als oben beschrieben, mache ich mit meinen Hunden nicht. Die finden arbeiten so geil, dass diese Ankündigung schon ausreicht, damit sie sich selbst hoch fahren. Und ja, am Anfang fördert man das natürlich auch, in dem es für kleine Übungen ziemlich gute Belohnungen gibt.


    Ich will Hunde, die konzentriert arbeiten, keine Hunde, die sich so abschießen, dass sie nicht mehr zuhören können.


    Bei Kalle sieht das zb so aus:


    Er wartet irgendwo


    8052bf1eec.jpg



    Ich rufe ihn (nach dem warm machen) zu mir, schalte ihn mit „haste Bock?“ an und wir betreten den Platz. Da gibts dann zwei drei kleine Konzentrationsübungen, kleine Kommandos abarbeiten, er springt sich an einer Hürde ein (Sprungkommandos durch checken) und dann geht das Training los.


    Kein exzessives Spiel zum Beginn oder sowas.


    Wenn seine Einheit vorbei ist, laufen wir raus, er kann sich auslaufen und ich schicke ihn in die Pause. Da liegt er dann rum wie zb auf dem Foto oben.

  • Im Obedience führt bellen und fiepen ja schnell zu Punktabzug. Für mich ist es auch wichtig, den Hund aktiv zu entspannen (irgendwie widersinnige Wortkombi, aktiv und entspannen ...).


    Viel liegt m.E. daran dass von den Hunden zu schnell zu viel gefordert wird und sie ihre Aufgabe nicht 100% kennen - also meist zu große Schritte im Training. Also führt nicht unbedingt die Erwartungshaltung zu den Lautäußerungen sondern Unsicherheit in Kombi (v.a. bei bestimmten Rassen) mit "ja, ich machs, jetzt sofort, ich will, für dich ......"


    Ich komme von einem Hundeplatz wo mein erster Trainer immer darauf bestanden hat dass der Hund mit einem perfekten Fuß den Platz betritt und auch wieder verlässt, mit einem kurzen Anhalten vor der Tür. Spielen auf dem Platz - ein no go! Mittlerweile trainiere ich überwiegend mit einer Trainingspartnerin im gegenseitigen Austausch. Die Hunde gehen an der langen Leine auf den Platz, schnüffeln ne Runde während wir was aufbauen, zocken zusammen wenn wir abbauen, liegen gechillt im Schatten wenn wir was besprechen - und sind sofort 100% da wenn es wieder losgeht. Das tut meinem sehr viel besser.

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