Hund lässt sich nicht motivieren

  • Unerwünschtes Verhalten kannst du NUR umlenken, wenn Vertrauen da ist. Und das musst du dir erarbeiten, am besten mit einem erfahrenen Trainer.


    Lass ihn am besten so weit möglich, einfach in Ruhe. Richte ihm einen festen Platz ein an zu dem er sich zurück ziehen und beobachten kann. Wirf ihm immer mal ein Super-Leckerchen hin; Wurst, Käse, Leberwurst. Irgendwann wird die Neugierde siegen.


    Und lass ihn noch nicht allein. Das wird ihn jedesmal wieder zurück werfen, denn diese Erfahrung hat er ja bereits gemacht.

  • Wie arbeitet eure bisherige Trainerin denn mit euch? Also was sind ihre Ansätze, was habt ihr schon versucht, wie sieht so eine konkrete Stunde aus?

    Also anfangs ganz klassisch mit Leckerlies versucht. Dann einfache Kommandos wie Sitz als Bindungsaufbau vorgeschlagen.


    Stunden sind unterschiedlich, aber so ungefähr.


    Wir treffen uns bei mir und nehmen wir mal als Beispiel das Schnappen nach Menschen.


    Wir gehen raus mit Sonic und nähern uns langsam den Menschen. Für jeden Meter, wo er nicht bellt oder knurrt sollte er eine Belohnung erhalten, aber klappt halt nicht. Wir haben null Fortschritte gemacht.


    Beim Möbel zerstören soll ich das Verhalten mit Spielzeug oder Kauzeug umlenken, aber nö, keinen Bock.


    Das einzige dass sich gebessert hat ist das alleine bleiben. Da habe ich wochenlang mit Türe auf und zu, anziehen und ständige Bewegung bis er mir nicht mehr folgt geübt.


    Und ansonsten: was macht Sonic gerne?

    Schnüffeln! Er schnüffelt sich minutenlang wo fest und folgt Spuren. Dinge zerfetzen, also vor Allem Kissen. Lässt sich aber nicht auf Plüschtiere übertragen. Laufen macht ihm Spaß, so richtig schneller Sprint. Autofahren. Er liebt es aus dem Fenster zu gucken und freut sich immer wenn wir ins Auto einsteigen.


    Welche Futterbelohnungen hast du denn versucht bisher? Auch sowas tolles wie Käse oder ein Stück Wurst oder Leberwurst aus der Tube?

    Alles mögliche. Billige Leckerlies, teure Leckerlies, Wurst, Käse, Leberwurst, Katzenfutter, gebratenes Fleisch. Interessiert ihn alles nicht. Dreht sofort den Kopf weg.

  • Alles mögliche. Billige Leckerlies, teure Leckerlies, Wurst, Käse, Leberwurst, Katzenfutter, gebratenes Fleisch. Interessiert ihn alles nicht. Dreht sofort den Kopf weg.

    Das Wegdrehen des Kopfes könnte auch bedeuten, dass er zu unsicher ist, um das Leckerli zu nehmen. Wie bietest Du ihm so ein Leckerli an? Beugst Du Dich über ihn, redest ihn intensiv an, schaust in seine Augen?
    Falls ja, würde ich probieren, ihm das Leckerli völlig nebenbei hinzuhalten oder sogar vor seiner Nase fallen zu lassen. Du selber schaust ihn dabei nicht an. Viele unsichere Hunde ertragen es nicht, wenn man sich zuuuu intensiv mit ihnen befasst und mit ihnen redet.


    Mein sanfter Bongo wird auch heute noch furchtbar unsicher, sobald er intensiv angeredet und angeschaut wird, leckt sich die Lippen und dreht den Kopf weg.

  • Also anfangs ganz klassisch mit Leckerlies versucht. Dann einfache Kommandos wie Sitz als Bindungsaufbau vorgeschlagen.

    Also meiner Meinung nach erreicht man über das Erlernen von Kommandos keinen Bindungsaufbau. Zumindest nicht über ein "Sitz". Also klar baut man Bindung auf, wenn man etwas gemeinsam mit dem Hund macht. Für manche Hunde trägt es sicherlich zum Bindungsaufbau bei, wenn man sich ein Kommando gemeinsam erarbeitet, aber dafür ist halt die Voraussetzung, dass der Hund gerne mit dem Menschen arbeitet. Das fehlt ja noch bei euch.


    Fina war am Anfang auch eine unsichere Kandidatin, nicht ganz so extrem wie bei euch, aber bei ihr hat es auch viel Bindungsausbau gebraucht und sie brauchte ne große Portion Selbstbewusstsein. Was bei uns total geholfen hat:


    • Markerwort (falls dir das nichts sagt, guck mal hier: https://www.easy-dogs.net/das-markersignal-im-hundetraining/) und alles markern, was der Hund toll und in unseren Augen richtig macht
    • Ankündigungen: viele Dinge benennen und ankündigen, so handelt man für den Hund vorhersehbar. Das führt dazu, dass der Hund Situationen besser einschätzen kann, weniger Angst haben muss, weil er weiß was gleich passiert und das führt automatisch dazu, dass man ein verlässlicherer Sozialpartner wird. Ankündigen kann man zB, wenn man am Hund vorbeigehen muss, Geschirr bzw. Halsband anziehen, anleinen, Hund anfassen ... Also alles was den Hund irgendwie betrifft
    • Routinen: Also immer ca. zur selben Zeit rausgehen (nicht auf die Minute genau, aber so in etwa im gleichen Zeitraum und nicht den einen Tag 3x rausgehen und den nächsten Tag 5x zB) , zur selben Zeit füttern, am Anfang immer nur die gleichen Strecken spazieren gehen
    • Strukturierte Spaziergänge: Am Anfang wie gesagt immer nur die gleichen Strecken gehen und damit meine ich auch Strecken. Also keine Runden, sondern den gleichen Weg wieder zurück gehen, den man auch hingeht. Das hat den Vorteil, dass der Hund den Weg und die Reize auf dem Hinweg schon wahrgenommen hat und auf dem Rückweg meist etwas entspannter ist und ggf. dann irgendwann auch ansprechbar ist. Ihr könntet auch immer an derselben Stelle zB 5 min Pause machen und die Umgebung beobachten, an anderer Stelle hat der Hund immer so viel Zeit zum schnüffeln, wie er möchte usw.
    • Viel Zeit für Hundehobbies zum Ausgleich: So ein Umzug in ein komplett fremdes Land ist sooo anstrengend für einen Hund. Diese Hunde erleben so viele neue Reize, das kann man sich gar nicht vorstellen. Um das alles verarbeiten zu können, braucht der Hund viel Dopamin, also viel Zeit für Hundehobbies. Also entspannte Spaziergänge ohne viele Reize (falls das bei euch möglich ist, bzw. ihr könnt ja auch rausfahren, wenn Sonic gerne Auto fährt) an langer Leine (ggf. mit Maulkorb) , viel Zeit zum Schnüffeln usw.
    • Und zuletzt: genug Zeit für Ruhe und Schlaf zur Reizverarbeitung. :smile:


    Wir gehen raus mit Sonic und nähern uns langsam den Menschen. Für jeden Meter, wo er nicht bellt oder knurrt sollte er eine Belohnung erhalten, aber klappt halt nicht. Wir haben null Fortschritte gemacht.

    Hier wird, finde ich, ein bisschen viel auf einmal erwartet. Du müsstest hier mAn schauen, was Sonic's Individualdistanz ist und diese erstmal nicht unterschreiten. Dass man sich Triggern langsam nähert kommt irgendwann, aber erstmal trainiert man aus der Distanz, dass die Trigger desensibilisiert und im besten Fall positiver Verknüpft werden. Also wenn er zB bei 5m Abstand ruhig bleibt, dann versuchst du diese Distanz einzuhalten und lobst ihn dafür, dass er ruhig bleibt.


    Du kannst hier auch ganz toll funktional verstärken über Distanzaufbau. Also wenn ihr zB einen Menschen seht und Sonic bleibt ruhig, dann lobst ihn dafür (oder benutzt euer Markerwort, falls ihr eins aufbaut und das was für dich ist :smile:) und als Belohnung bekommt er dann keinen Keks, wenn er da gerade kein Interesse dran hat, sondern du geht ein paar Schritte zurück und vergrößerst die Distanz zu dem Trigger. Das kannst du auch unter Signal stellen, zB "Distanz".


    Dann wäre der konkrete Ablauf: Trigger taucht auf - Sonic bleibt ruhig - Markerwort - "Distanz" als Belohnung. Damit bringst du ihm auch bei, dass es andere Strategien als "Fight" gibt, nämlich das Ausweichen.


    Beim Möbel zerstören soll ich das Verhalten mit Spielzeug oder Kauzeug umlenken, aber nö, keinen Bock.

    Hat Sonic eine Ruhezone? Vielleicht wäre es sinnvoll ihm einen Bereich mit einem Gitter abzutrennen oder ein Zimmer hundesicher zu machen und mit Kindergitter abzutrennen, dann kannst du ihn dorthin bringen, wenn er etwas kaputt machen will und ihm dort Pappe zum Schreddern anbieten. Falls er die dann nicht nimmt, ist das ja die eine Sache, aber er hätte zumindest die Option. :smile: also wenn er eine nasse space hätte, könntest du diesen mit einem Kaffeeholz und Pappe zum Schreddern ausstatten.


    Ich glaube aber, dass das Kaputtmachen von Dingen viel Stressabbau ist und er deshalb dann auch nicht umzulenken ist. Also wenn ihr insgesamt mehr Ruhe und Struktur reinbekommt, hört das vielleicht auch von alleine auf.


    Schnüffeln! Er schnüffelt sich minutenlang wo fest und folgt Spuren.

    Guck mal, das kannst du super unter Signal stellen. :smile: also einfach, wenn er irgendwo schnüffelt, "schnüffeln" sagen über mehrere Tage und dann kannst du mal ausprobieren, ob er schon verstanden hat und anfängt zu schnüffeln, wenn du das Wort sagst. Das kann auch irgendwann super in Begegnungssituationen eingesetzt werden als Alternativverhalten nach dem Distanzaufbau (aber das hat ja noch Zeit, ich will es jetzt auch nicht zu kompliziert machen :tropf:).


    Falls was unklar ist oder du noch Fragen hast, dann frag gerne! =) toll, dass du dir solche Mühe machst mit Sonic!

  • Danke für deine ausführliche Antwort!


    Markerwort haben wir versucht, genau wie clickern, aber er nimmt ja keine Belohnung an und die Trainerin meinte dass es so keinen Sinn macht.


    Das mit der Ruhezone ist eine tolle Idee! Ich habe ein extra Zimmer, dass momentan eher so Abstellraum für Krimskrams ist. Da könnte ich aufräumen und ein Gitter davor machen.


    Das mit dem Schnüffel Signal werde ich auch versuchen.


    Ich werde mich außerdem nach einer neuen TrainerIn umsehen. Irgendwie klingt es so als hätte sie zu wenig Ahnung.


    Und generell Zeit geben, ich weiß. Aber manche Probleme kann ich nicht aussitzen, bis er angekommen ist. Ich brauche jetzt eine Lösung, bevor es sich festigt.

  • fühl doch mal einen Kong oder eine Schleckmatte, stell sie auf seine Decke oder eben seinen Ruheplatz und verlass den Raum. Nimmt er es dann?

  • Aber manche Probleme kann ich nicht aussitzen, bis er angekommen ist. Ich brauche jetzt eine Lösung, bevor es sich festigt.

    Welche Probleme denn? Also welche machen dir am meisten zu schaffen?

    Für viele Probleme gibt es auch vorübergehende Managementlösungen, bis man an einem Punkt ist, an dem man richtig trainieren kann. Vielleicht fallen uns ja gemeinsam Lösungen für die dringendsten Probleme ein. :smile:


    Markerwort haben wir versucht, genau wie clickern, aber er nimmt ja keine Belohnung an und die Trainerin meinte dass es so keinen Sinn macht.

    Ja, schwierig. Das stimmt. Markerwort funktioniert ja nicht nur über Futter, also du könntest es auch erstmal mit ruhigem Lob versuchen, vielleicht kommt ja ein bisschen was zu Sonic durch.

    Oder nimmt er vielleicht Wurst oder Käse, wenn du dich mal mit dem Rücken oder seitwärts zu ihm setzt und ihm das Futter zu rollst und ihn dabei dann nicht anschaust?


    Und wie gesagt, funktionale Verstärker wie Distanzaufbau oder auch Schnüffeln können auch als Belohnung auf ein MArkersignal folgen. Also vielleicht klappt es hier nicht mit dem klassischen Aufbau und du musst es einfach in den Alltag integrieren.


    Also du ziehst dann einfach trotzdem mal durch, wenn ein Trigger kommt, dass du dann markerst und Distanz aufbaust. Vielleicht versteht Sonic im Sinne von "learning by Doing" dass das Markerwort was tolles ist. =)


    Das mit der Ruhezone ist eine tolle Idee! Ich habe ein extra Zimmer, dass momentan eher so Abstellraum für Krimskrams ist. Da könnte ich aufräumen und ein Gitter davor machen.

    Das klingt super!! Da freut Sonic sich bestimmt drüber =) dann schön gemütlich einrichten, Wasser rein, was zum Kauen (Kaffeeholz oder vielleicht so ein Rinderhuf) und einfach mal schauen, wie er es annimmt! Das Gitter muss ja auch nicht permanent zu sein, aber du könntest eine Hausleine an Sonic befestigen und ihn dann dorthin bringen, wenn er irgendwo etwas kaputt machen will zB.


    Ich werde mich außerdem nach einer neuen TrainerIn umsehen. Irgendwie klingt es so als hätte sie zu wenig Ahnung.

    Magst du sagen aus welcher Ecke du ungefähr kommst? Vielleicht kann ja jemand ein*n Trainer*in empfehlen. =)

  • Sonic hat einfach keinen Bock zu lernen.

    Sag mal, ist Dein Hund eher interessiert an der Umgebumg?

    Hat er lieber diese im Blick, taxiert quasi jeden, der nur in der Nähe vorbei geht?

  • Wieso muss er auf Menschen zugehen? Ich frage für das Verständnis, was ihr da genau übt.


    Weil, es kann sein dass er da so unter Stress steht, dass er genau nichts lernt in der Situation.


    Für mich liest es sich, als wäre es da sehr viel sinnvoller, Abstand reinzubringen. Dem Hund zeigen, dass du auf seine Unsicherheit (wenn es denn das ist) eingehst und ihn da raus nimmst.

  • Sag mal, ist Dein Hund eher interessiert an der Umgebumg?

    Hat er lieber diese im Blick, taxiert quasi jeden, der nur in der Nähe vorbei geht?

    Ja, das kann man so sagen. Ich bin nur ein nerviges Anhängsel an der Leine. Er beobachtet und schnüffelt die ganze Zeit. Beachtet mich null, wenn wir draußen sind.


    Wieso muss er auf Menschen zugehen? Ich frage für das Verständnis, was ihr da genau übt.

    Er muss nicht auf Menschen zugehen, aber er soll sie beim bloßen Vorbeigehen nicht anbellen/knurren oder nach ihnen schnappen.


    wir üben also, dass Fremde egal sind und in Ruhe gelassen werden.

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