Seid ihr wirklich bei (annähernd) 100%?

  • Mir fällt es tatsächlich schwer zu glauben, dass denjenigen, die behaupten, der Rückruf sässe 100% zuverlässig, der Hund noch niemals einen Rückruf ignoriert hat oder doch mal durchgestartet ist.

    Erst neulich habe ich mich mit einer Jägerin mit Jagdteckel unterhalten. In meinen Augen eine erfahrene Hundeführerin, die sorgfältig mit ihrem Dackelchen arbeitet, die Prüfungen ablegt und den Hund ja auch jagdlich führt. Der Dackel ist jetzt zwei. Die hat mir erzählt, dass ihr die Kleine auch mal aus der Hand gegangen ist, weil sie eine Sau gewittert hat, sie auf die Läufe gebracht hat und die hat sie 20 Minuten über den Golfplatz getrieben, bis sie sie wieder einkassiert hat. Das passiert eben auf dem Weg zum " fertigen" Hund. Das hat sie auch nicht gefreut, aber solche Dinge passieren nun mal im echten Leben.

    Bei wild nicht solange er das tut darf er nicht von der Leine und bevor er von der Leine darf werden etliche enge Situationen getestet. Das Risiko würde ich bei Jägern im Ansitz auch nicht eingehen.

  • und wie testest du sowas Samita ?

    Ich bin nämlich jemand von diesen Hin- und Hergerissenen: alles funktioniert soweit solide, da, wo ich es meine, einschätzen zu können, läuft der Hund frei und da, wo ich von vornherein ahne, es könnte nicht gut laufen heut, bleibt Hund an der Leine.

    Bisher klappt das auch gut, aber es kommt trotzdem auch mal vor, dass Hund heute die Krähen auf der Wiese doch spannender findet als sonst und meint, durchstarten zu müssen - Abbruch hilft, aber lieber wäre mir, wir würden uns auf ein "wir hetzen nicht" verständigen.

    Das Gefühl, dass wir zu 100% sicher sind mit irgendwas, werde ich vielleicht nie haben, aber ein gewisses Vertrauen ist trotzdem da. Mir fällt schwer, da die Linie zu ziehen.

  • Meine Meinung/Erfahrung, natürlich ohne Allgemeingültigkeit. Ein Hund weiß genau ob eine Leine dran ist oder nicht. Ich bin immer pro sichern, aber es ist nunmal so das ein Hund Freilauf im Freilauf lernt. Der kann an der langen Leine noch so zuverlässig sein, erst wenn sie ab ist, zeigt sich wie weit der Hund ist.


    Gustaf kann an der langen Leine (10-15m) fahrig und unaufmerksam wirken, auch öfter mal drinhängen (je nach Film im Kopf) aber ist die Leine ab, ist er idR viel mehr bei mir vom Kopf. Es ist so als ob die lange Leine ihm auch das Vertrauen gibt sein Ding zu machen, weil ich bin ja mit 100% Sicherheit am anderen Ende. Ist sie ab, rückt er lieber näher an mich ran.


    Natürlich leine ich nur in einem Umfeld ab das geeignet ist, und wieder an (lieber früh als spät) sobald mir seine Zugewandheit/Umorientierung zu stark nachlässt bzw. Aussenfokus zu groß wird.


    Ich für meinen Teil kenne keinen Hundehalter, egal wie erfahren, dessen Junghund auf dem Weg der Erziehung/Ausbildung nicht mal kurzweilig stiften geht, weil doch irgendwas zu interessant. Da freut sich keiner drüber, aber wie soll ein Hund ausschließlich an der Leine Freilauf üben?

  • Hmm schwierig, ich arbeite ja auch oft mit (wirklich langen) Schleppleinen und obwohl der Hund echt schnell ist beim Verhaltensketten bilden, Verknüpfungen herstellen usw würde ich sagen bei seinem Verhalten (was RR und Jagdmotivation angeht) ist das wirklich egal, ob wirklich frei oder Schleppleine dran. Schwer wirklich zu überprüfen, weil ja jede Situation anders ist und dann nicht zu sagen ist, wie hätte er jetzt mit oder ohne Leine reagiert. Aber hier ist das Thema ja auch nicht, dass der RR nicht so richtig doll funktioniert, sondern auch in grosser Ablenkung ist der echt ok, kritisch sind so Sachen bei denen der Jagdtrieb die Sicherungen rausspringen lässt und da bezweifle ich, dass er sich da noch überlegt, ist ne Leine dran oder ab. In Situationen in denen er noch genug Kapazitäten hat zu denken reagiert er meinem Eindruck nach auch noch auf meinen RR. Hier funktioniert die Schlepp echt prima zum Absichern an Tagen, an denen ich auch ohne 100 % beim Hund zu sein durch entsprechendes Gebiet laufen will oder wenn ich merke er kann das gerade nicht leisten. Aber er fängt trotzdem nicht an einen Unterschied zu machen ob er angeleint ist oder nicht. Wenn er erstmal im Tunnel ist würde er immer wieder so reagieren, wohl selbst wenn ich ihn da dann halb totschlage. Das klappt nur, wenn ich dafür sorgen kann, dass er sich zu mir umorientiert, bevor die Sicherungen bei ihm rausfliegen. (Und ob die rausfliegen oder nicht hat hier bei uns mit vielen Faktoren zu tun, aber wohl nicht damit, ob ne Schlepp dran ist oder nicht)

  • Ich glaube, die Qualität eines Jagdhundes zeigt sich ja gerade im Verhalten am Wild.


    Ein Vorstehhund MUSS ja wohl kontrollierbar am Wild sein, da ist das Anzeigen ja schon züchterisch gewollt, muss dann aber gut raustrainiert werden. (Bevor jetzt wieder die "Vorstehhunde sind einfacher oder nicht Diskussion anfängt wie bei den Gebrauchshunden...)


    Andere Hundetypen zeigen andere Schwerpunkte im Jagdverhalten, müssen daher anders trainiert werden, und werden manche werden auch bei allerbestem Training nie so kontrollierbar.


    Also sind solche Vergleiche meine Hunde - deine Hunde total sinnlos.


    Für mich spielt aber durchaus noch eine Rolle, was der Hund tut, wenn er denn doch mal "durchstartet". Wenn der Vögel aufscheucht und dann wieder abdreht, ist das nicht toll, aber was völlig anderes, als wenn er ausdauernd verfolgt und tötet.

  • Ich würde behaupten wollen, dass ich mit Sina bei 100% bin.

    Rückruf brauch ich beim Gassi nie, daher weiß ich gar nicht, ob der noch funktioniert.

    Sie kann überall ohne Leine laufen, ohne Leine an anderen Hunden vorbeigehen, an Katzen, Krähen, Hühnern, Enten usw..

    Bei Wildsichtung bleibt sie stehen und schaut das Reh oder den Feldhasen nur an weil ich ihr das so gelernt habe, sie geht auch nicht in Felder.

    Sina ist ein 6,5 Jahre alter Rauhaardackel und seit 6 Jahren bei mir und ist mir bisher noch nie abgedüst.

    Die wenigen mir extrem wichtigen Kommandos, die ich von Anfang an immer 100%-ig durchgesetzt habe, funktionieren auch dementsprechend 100%-ig.

    Sie liegt im Restaurant brav unter dem Tisch, kann sehr gut alleine bleiben, usw. usw..

    Das einzige, was manchmal nervt, sie ist seit der Kastra sehr verfressen und ich muss daher draußen immer ein Auge auf sie haben.

  • Diesem Beitrag stimme ich voll zu, und hebe mal die von mir fett markierte Aussage besonders hervor.


    Diese "Wahl des Umfeldes" ist für mich genau die Kunst, die zu einer hohen Sicherheit schon beim Welpen, aber auch beim noch unfertigen Jungspund oder auch beim Pubertierling führt.


    Es ist ein sehr großer Unterschied, ob ich ständig immer wieder in das gleiche Gebiet gehe, obwohl ich weiß, der Hund hört dort noch nicht absolut zuverlässig, und deshalb wird dort mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Fehler gemacht, den ich nicht verhindern kann, oder ob ich mit ihm in ein Gebiet gehe, wo er diesen Fehler gar nicht machen kann, wo dieser Fehler durch die Umfeldbedingungen mit verhindert wird, wo ich mehr an der Sicherheit des erforderlichen Verhaltens trainieren kann.


    Am Beispiel: Meine Hunde sind Jagdhunde, und ich trainiere mit ihnen schon sehr früh an Wild- und Geflügelgehegen.


    Zu Beginn sieht das Training für die Umwelt noch gar nicht nach Training aus - ich gehe da einfach völlig unspektakulär mit dem angeleinten Hund daran vorbei, lass den Hund die Tiere zwar sehen - aber nicht fixieren, und auch nicht länger beobachten, sondern hole mir durch freundliche Ansprache seine Aufmerksamkeit, und setze auch eine "Ersatzbeute" dabei ein.


    Ziel dabei ist, dem Hund zu vermitteln: Die sind da - aber für uns uninteressant.

    Im weiteren Verlauf, wenn ich schon die erforderlichen Basics habe, geht es da im Freilauf vorbei - und sobald ich merke, die Aufmerksamkeit diesen Tieren gegenüber wird höher als ich für gut halte, hole ich mir die Aufmerksamkeit des Hundes zurück, sichere entsprechend, beschäftige ihn (z. B. mit einem Spielzeug, oder ich trainiere "Unterordnung"), mache also alles was ich kann, um ihn von diesen Reizen umzuorientieren und für mich lenkbar zu machen.


    Sollte der Hund in dieser Situation tatsächlich mal lospreschen - prescht er in den Zaun ... und ich kann ihn dann gegebenenfalls direkt korrigieren, ohne das Schaden angestellt wurde.


    Wenn schon Einiges "sitzt", mache ich in genau diesen Bereichen dann Jagdtraining, also Apportiertraining: Du darfst MEINE Beute jagen - und alles Andere ist uninteressant.


    Meine Sicherheit ist der Zaun - und ja, Hunde sind nicht blöd, die sehen auch den Zaun; Aber darum geht es nicht, sondern darum, zu trainieren dass diese Reize kein Jagdinteresse mehr hervorrufen, und ihr Jagdinteresse sich auf die von mir bestimmte Beute fokussiert.

  • 100% nur, wenn ich die Eigenheiten meines Hundes kenne und genau weiß, wann ich ihn gut sichern muss.
    Meine Erst Hündin war, als fertiger Hund bei annähernd 100%. Kleiner Radius um mich. Kein Jagdinteresse höchstens an Mäusen. Kein Interesse daran zu Fremden Hunden oder Menschen zu gehen. Dafür sofort 100% bei mir, wenn ich was mit ihr machen wollte.
    Da wird die ca. 4Jahre oder Älter gewesen sein, als das alles so von selbst lief mit ihr.
    In Straßennähe war sie immer angeleint, da sie auf Schreckreize mit Flucht reagierte und jedes Rufen und darauf reagieren, ja auch mit einer Reaktionszeit verbunden ist und es nutzen keine 100%, wenn der Hund 1m vor schreck auf die Straße hüpft. Wenn in dem Moment ein Auto kommt, ist dieser 1m schon zu viel.

    Bei meinem Rüden(zog als Senior aus dem TS ein) damals, war ich nie irgendwo bei 100%. Der hatte immer mindestens eine Schleppleine dran. Bei sehr übersichtlichen Orten durfte die dann auch mal schleifen. Da er bei Witterung Vorstand, war das auch mit dem Jagdtrieb überschaubar(Das erste Jahr war der ein Kopfloser Hetzjäger und mit zunehmender Ruhe zeigte er das Vorstehen und wir konnten es ausbauen). Aber richtig Rennen fand für den beim Fahrrad Fahren statt.
    Ich bin mir bei dem aber absolut sicher, das der gescheit Erzogen und Ausgebildet, ab Welpen Alter an, ein annähernd 100% Hund geworden wäre.

    Meine Labi Junghündin jetzt, wird immer zuverlässiger. Die könnte in 1 oder 2 Jahren vielleicht auch ein annähernd 100% Hund werden. Auf dem Weg dahin sind bisher schon Überschaubare Fehler passiert und werden vermutlich auch noch ein paar passieren.
    Für diese Überschaubaren Fehler ist meine Junghündin auch Ordentlich Haftpflicht versichert. Sollte sie also mal einen Fußball fremder Kinder Meucheln, wäre sowas nicht schön aber eben auch kein Weltuntergang.
    Verhindern lässt sich sowas aber auch Angeleint nicht, da Bälle jeder Art in der Stadt öfter genau in unsere Richtung rollen. Ältere Stadthunde haben damit schon mehr Erfahrung und können sowas schon besser Ignorieren.
    Im Wald und auf Wiesen kommt mir die Erfahrung mit dem Rüden zu gute. Wenn man ein paar Jahre mit einem Vorsteher unterwegs ist, bekommt man etwas Erfahrung darin, wo sich Wild aufhalten könnte und wie mit einem daran Interessierten Hund dann am besten umzugehen ist. Durch den Rüden hab ich da deutlich mehr gelernt, wie durch meine Erst Hündin.
    Davon Profitiert natürlich meine Labi Junghündin. Unser derzeitiger Status bei Witterung ist, eine enge Zusammenarbeit mit mir. Das sie einspringt sollte etwas direkt vor uns hochgehen, würde ich dem Junggemüse zutrauen. Entsprechend wird mit Leine abgesichert.
    Meine Junghündin darf im Freilauf nicht Fährten gehen, sich nicht an Wild anpirschen, keine Vögel Fixieren oder anpirschen, nicht den Weg verlassen, keinen zu großen Radius haben . Auch muss sie sofort ihren Radius auf Signal verkleinern und auch über längere Strecken nah bei mir gehen können... .
    Wenn das irgendwo wackelt, oder die Erregungslage zu hoch, kommt die Leine dran und gut ist.
    Zudem kommt, sobald klar ist, dass um uns rum Wild ist, oder ich nur die Vermutung hab da liegt irgendwo versteckt was, sofort die Leine dran egal wie toll mein Hund im Gehorsam ist.
    Ich will nicht das Tiere gehetzt werden und das ist mir wichtiger, wie irgendwem zu beweisen, wie toll mein Hund im gehorsam steht.


    Vermutlich werde ich in meinem ganzen Leben niemals einen Hund haben, dem ich 100% zutraue, sondern immer nur annähernd.
    Selbst beim Rüden der ja Hauptsächlich nur die Schlepp hatte und Vorstand, der war auch Weg treu. Und dann stand der mal links vom weg vor und nen Meter entfernt von ihm, hockte da ein noch Flugunfähiger Rabe auf dem Grünstreifen neben dem Weg.(Dem passierte nichts, aber der Rabe war 1m entfernt und die Schlepp hing durch mit 5m länge. Viel Reaktionszeit hat man da nicht, wenn der Hund die Chance wahrnimmt).
    Und obwohl der kein Interesse an Mäusen hatte, lief dem mal eine direkt über die Pfote und wurde schneller aufgehapst, als ich überhaupt reagieren konnte.

    Doofe Dinge können immer passieren und solang ich ein Aktives Lebewesen bei mir hab, der nicht Teilnahmslos und Stumpf durch die Welt trottet, muss ich mit einer Reaktion auf die Umwelt rechnen.

    Selbst diejenigen die von ihrem Abruf 100% überzeugt sind, können mal klein Bambi auf dem Gewissen haben, wenn Bambi im hohen Gras am Wegrand liegt und der Hund zufällig drüber stolpert, weil er grad dort am Wegrand Pinkeln gehen wollte.
    (auch Hunde bei denen so ein extrem Fall nicht gut ausgehen würde, die kann man nicht ihr Leben lang sich mit 1m nähe ans Bein binden. Nen Maulkorb dran vielleicht, aber nicht den Aktionsradius auf 0 reduzieren).

  • 100 Prozent würde ich nie erwarten , wer soll das leisten ?


    Wir hatten zum Thema Reh eine ganz dumme Situation. Hund lief vor mir, freie Fläche, 1 km freie Sicht in alle Richtungen rappel kurze Wiese. Mir erschien Herr Hund doch etwas zu weit vor mir, also kurz mal zurück gerufen. So, ein/ zwei Sekunde gepennt, Hund schaut, schaut rennt auf mich zu, an mir vorbei, weil hinter mir just in diesem Moment ein Reh war. Dass war’s dann mit dem Rückruf :((


    Zwei Tage später mit der Schleppleine durch den Wald, Herr Hund vor mir, zwei Reh drei Meter vor uns den Weg gekreuzt. Kam keinerlei Reaktion von Herr Hund, der verstand glaub selber die Welt nicht mehr.

  • Tatsächlich haben wir die Situation öfter, dass ein Karnickel, Reh oder eine Wildsau unmittelbar am Weg liegt und durch uns aufgeschreckt wird, erst Donnerstag wieder. Weder Ronja noch meine Hunde aktuell sind je ins Hetzen verfallen. Momo lernt es von klein auf, damit umzugehen. Lilly startet einfach nicht durch, obwohl sie, als erster meiner Hunde bisher, tatsächlich reelle Chancen hätte. 100% Garantie gibt das natürlich nicht, aber ich vertraue meinen Hunden da tatsächlich. Momo noch mit Abstrichen, weil sie halt noch sehr jung ist. Aber wir arbeiten dran. Wollte ich sie in Wildnähe nicht ableinen, hätten wir hier Dauerleine.


    Dass ich sie in der BuS nicht über hohe Wiesen rasen lasse ist klar, da ist auch nichts mit schnell mal Pipi erlaubt. Verboten ist auch, Mäuselöcher durchzuprusten, da arbeiten wir gerade sehr aktiv dran (Momo entdeckt das gerade für sich) und Vögel zu hetzen.


    Durchs Hetzen oder beim Stellen verletzte oder getötete Hunde gehen hier in der Hauptsache auf Halter zurück, denen es wurscht ist. Die Kandidaten sind bekannt, nur Beweise zu finden ist halt schwer.

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