Artgenossenaggression: Wie schätzt man ein, ob ein Hund wirklich "Ernst" machen würde?

  • ich bin ja immer wieder völlig verwirrt nach solchen Videos:

    Hunde bauschen sich hinter einem Zaun gern mächtig auf, weil sie sich geschützt fühlen. Fällt der Schutz weg, aktualisieren sie ihre Risikoeinschätzung flexibel und backen dann meist sehr viel kleinere Brötchen.


    Mit meiner Schäferhündin Nuja mußte ich öfters an einem Grundstück vorbei, das von einer jungen Deutsch-Kurzhaar Hündin mit großem Trara verteidigt wurde. (Nuja verhielt sich sehr brav und pöbelte nicht zurück.)

    Eines Tages sprang die Jagdhündin aus Versehen über den eher niedrigen Zaun und fand sich ganz unerwartet auf unserer Seite wieder. Da war sie plötzlich "soo klein mit Hut" und wollte nur winselnd nachhause. Ich hab Nuja dann abgelegt und die Hündin zum Gartentörchen gebracht.


    Meine Cara wußte auch genau, daß Hunde hinter Zäunen nicht an sie rankommen konnten und hat Gebell und Getobe gelassen hingenommen ohne groß auszuweichen, obwohl sie sonst die direkte Begegnung mit großen Hunden eher mied.

  • Hunde können ihr Maul und ihre Kraft sehr genau steuern. Und die wissen genau, wo gehen sie drauf wenn sie es wirklich ernst meinen.

    :denker:

    Deswegen ist ein Loch (keine Abschuerfung!) eben nix was ich als 'passiert halt' hinnehme. Ausser es passiert echt aus Versehen und ist ein Unfall (oder wenn der Hund angegriffen wird und sich wehrt, klar). Das ist kein 'ich mach den unschaedlich', aber es ist eine gezielte Verletzung :ka:

    Ich bekomm deswegen keinen Vogel und es geht auch nicht zum TA (ausser bei Hunden mit A-Loch Halter..), aber es ist fuer mich eben mehr als 'ah joa'.

    Wenn ich mir z.B. anschaue, wie Kalle Schlimm & Schlimmer immer mal wieder auf den Boden der Tatsachen holt, dann ist da niemals in Loch dabei und seine Zaehne sind definitiv im Einsatz.

  • Ein Loch ist bei mir nix ernstes. Wenn der gegenbiss dazukommt, dann ja bewegen wir uns Richtung „ich wollte den beschädigen“, aber ein Loch passiert echt schnell mal. Ist unschön, aber nichts dramatisches.


    Hier merke ich es an der Grundspannung in der Luft und an der ziemlichen Stille. Meine Hunde machen selten ernst, aber wenn sehe ich es am ganzen Hund. Die Spannung und Energie ist dann ganz anders, als wenn es ums „hau ab, zieh Leine“ Geplänkel geht.

    Irgendwie ist dann ein Ernst in der Situation und als Mensch merke ich, dass gerade auf fight gestellt wird im hundehirn. Ich kann dann noch kurz eingreifen und die betreffenden Hunde voneinander trennen, aber die Hunde nehmen nicht mehr gut wahr bevor es richtig knallt. Bis jetzt konnte ich, bei meinen jetzigen Hunden in diesem Moment noch eingreifen, außer bei Hudson 1-2 mal. Ich habe meinen Hund in diesem Moment nicht mehr wiedererkannt und auch nicht mehr erreichen können. Er hätte den anderen Hund kalt gemacht, wenn ich nicht eingeschritten wäre und körperlich getrennt hätte.


    Bei June habe ich diese Ernsthaftigkeit auch 1-2 mal erlebt, konnte aber rechtzeitig vor dem Knall einschreiten. Ree und Nevis neigen nicht zu ernsten Kämpfen. Snow ist noch zu jung, ist aber auch wieder ein Hund, dem ich Ernsthaftigkeit zutraue.


    Lg

  • dagmarjung

    Das Faszinierendste dieser Art war ein Dobermann, der mit äußerst schäumender Wut hinter seinem ca 80 cm hohem Zäunchen, der auch nur die Hälfte der Grundstücks 'abgrenzte', hin und her rannte, wenn man an eben diesem Grundstück entlang lief (öffentliche Straße). Am zaunlosen Ende des Grundstücks machte er einfach kehrt und rannte wutentbrannt an der Grundstücksgrenze wieder zurück.

    100% zuverlässig!

  • Hier merke ich es an der Grundspannung in der Luft

    ...

    Die Spannung und Energie ist dann ganz anders, als wenn es ums „hau ab, zieh Leine“ Geplänkel geht.

    Irgendwie ist dann ein Ernst in der Situation und als Mensch merke ich, dass gerade auf fight gestellt wird im hundehirn. Ich kann dann noch kurz eingreifen und die betreffenden Hunde voneinander trennen, aber die Hunde nehmen nicht mehr gut wahr bevor es richtig knallt.

    Genau das! Danke.

  • Ich fand das mit Koda und Baldur damals im Garten immer sehr interessant. Übrigens ein niedriger Jägerzaun über den die Hunde locker drüber kamen, was sie auch wussten, da sie da sofort drüber gingen wenn mal ein Ball drüber flog oder ich sie "vergessen" habe wenn ich gerade weg gehen wollte.


    Koda rannte am Zaun entlang und hat sich aufgeführt wie blöd. Baldur stand ein ganzes Stück vom Zaun weg und hat nur ganz ruhig geschaut. Kommentare von Postboten und Passanten war immer in die Richtung: "Der da hinten ist so brav, aber vor dem Bösen da (*auf Koda deut*) habe ich Angst." Die waren immer sehr verwundert bis ungläubig, wenn ich meinte, dass "der da hinten" der Hund sei bei dem sie sich Sorgen machen müssten, falls sie einfach so den Garten betreten würden und der "Böse" sie problemlos rein und wieder raus lassen würde.


    Der alte Spruch "bellende Hunde beißen nicht mag nicht" absolut 100%ig zutreffend sein. Aber er kommt schon nicht von ungefähr.

  • Mein Opi wirkt garantiert so richtig aggressiv (auf Laien), wenn er pöbelt. Aber er ist einfach nur laut und wirft sich in die Leine.

    Bei ihm bin ich mir zu 99% sicher, dass er keinen anderen Hund körperlich beschädigen würde, selbst wenn er sich bedroht fühlt. Selbst ein Zähnefletschen oder Knurren habe ich in Begegnungssituationen noch nie gesehen / gehört. Er wurde schon ein paarmal gebissen, hat sich aber nicht gewehrt.


    Die Hunde, die hier andere Hunde "beschädigen", sind nicht die lauten. Sie schnappen ohne einen Ton von sich zu geben einfach zu.

    Also was heißt "einfach", sicherlich passiert da vorher schon was, aber auf jeden Fall war jede Beißerei, die ich mit bekommen habe, tonlos, zumindest auf der Seite des Beißenden.

  • Cheese war leider schon in ein paar Schlägereien in seinem jungen Leben. Hier ist einfach alles voller freilaufender Hofhunde, und so schnell kann man manchmal gar nicht schauen. Also von sich aus, außer das ist jetzt wirklich einer seiner Erzfeinde, geht Cheese dem Kampf aus dem Weg und findet das voll gut, wenn wir die Situation für ihn lösen. Aber auch aus rein opportunistischen Gründen, die greifen meistens zu mehreren an. Wenn er denkt wir gehen jetzt auf die los (einer von uns versucht sie wegzuscheuchen) würde er auch solidarisch mit draufgehen. Deshalb versuchen wir im Normalfall einfach ruhig vorbeizugehen.

    Aber wenn er tatsächlich angegriffen wird und wir waren nicht schnell genug da dann lässt er sich da absolut nicht lumpen, sondern steigt voll drauf ein. Und gewinnt eigentlich immer, selbst gegen mehrere und/oder größere Hunde. Er ist jung, gesund, und ziemlich muskulös. Und hat ein großes Ego. Und lässt auch nicht wieder ab (hat er zumindest noch nie bis ich ihn da wieder rausgepflückt hab). Aber selbst aus den krassesten Schlägereien kommen Hunde hier unverletzt raus. Ich glaube es gibt da einen allgemeinen Code, sich nicht zu verletzen, weil sich kein Hund hier eine Verletzung leisten kann. Ich bin mir sicher, dass das der Grund ist weshalb Cheese in solchen Situationen auch nicht zubeißt, er hat einfach gelernt dass Aggression/Kampf so geht.

    Deshalb würde er von sich aus auch nicht in einem anderen Setting beißen, bin ich mir auch ziemlich sicher. Würde er allerdings mal gebissen, und dann nochmal angegriffen, würde das sicher nicht gut ausgehen.

    Anderes Thema ist jagen, Cheese jagt auch Hunde, und wittert auch schon von weitem ängstliche Hunde und verfällt in einen Jagd/Beutemodus. Bis jetzt hat er die Hunde die er erfolgreich gejagt hat auch wieder gehen lassen, aber da würde ich jetzt nicht meine Hand für ins Feuer legen, dass das so bleibt. Bis jetzt(!) lässt er noch jedes Tier gehen, er will nur hetzen.

    Aber allgemein kann man dazu meiner Meinung nach nie eine verlässliche Einschätzung abgeben. Wie gesagt, bei Menschen versucht man das ja auch sehr ausgiebig. Allein wieviel Forschung und Ressourcen in Straftäter fließen, und am Ende liegt man doch so oft falsch. Hunde haben nunmal ein gewisses Aggressionspotential, genau wie viele Männer (Frauen statistisch seltener) und von psychischen Störungen abgesehen liegt das ganz viel an Sozialisation und Umfeld, ob und wie die ausgelebt wird.

  • Hm... für mich ist ein Loch schon "was Ernstes". Ich glaube auch eher mehr, wenn mein Hund eins verursachen würde, als wenn er eins abkriegen würde.

    Ich frag mich immer, ob Alma einen anderen Hund beißen würde oder nicht. Ob sie bei einem größeren Hund "ein Loch machen" würde oder ob sie bei kleineren Hunden ins Jagdverhalten oder stärker in die Aggression kippen würde.

    Eigentlich glaube ich das nicht. Aber wie die meisten Menschen neige ich möglicherweise auch nur dazu, meinen Hund zu verharmlosen. Und ich merke schon einen elementaren Unterschied zwischen Alma bei Fremdhunden und Bolle und Elsa bei Fremdhunden.

    Bolle würde niemals irgendeinem Wesen ein Haar krümmen.

    Elsa würde tobsuchtsmäßig ausrasten und knurren und drohen wie verrückt, sie würde einen anderen Hund "stellen" und dann drohend warten, bis er geht.


    Aber Alma... pfff. Ich hab da so unterschiedliche Signale wahrgenommen und so unterschiedliche Reaktionen ihrerseits, dass ich es echt nicht weiß. Und ich hab irgendwie nach wie vor keinen Plan, wie ich es herausfinden kann.

  • Hm... für mich ist ein Loch schon "was Ernstes". Ich glaube auch eher mehr, wenn mein Hund eins verursachen würde, als wenn er eins abkriegen würde.

    Ich frag mich immer, ob Alma einen anderen Hund beißen würde oder nicht. Ob sie bei einem größeren Hund "ein Loch machen" würde oder ob sie bei kleineren Hunden ins Jagdverhalten oder stärker in die Aggression kippen würde.

    Ich finde ein Loch auch schon ziemlich ernst und würde schon versuchen einzugreifen, bevor es dazu kommt.

    Das zu erkennen, fällt mir aber auch schwer, deshalb breche ich lieber einmal zu früh ab, sofern das möglich ist.


    Zweiteres finde ich eine sehr gute Frage, die ich für mich auch nicht beantworten kann und die man wohl auch nur mit Risiko testen könnte.

    Hope findet Hetzen ja sehr toll und wenn kleine Hunde flitzen, empfinde ich sie als etwas aufgeregter als wenn größere Hunde rennen.

    Ich habe sie noch nie mit einem kleinen Hund spielen lassen, weil ich wirklich Angst davor habe, dass das kippen könnte.

    Vielleicht tue ich ihr damit aber auch unrecht.

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