"Der Hundeprofi" und "Rütters Team"

  • Es kommt halt immer auf das Individuum und die Motivation sowie die Tagesverfassung drauf an. Snaedis hat die Angstaggression ihres Rüden gegen andre Hunde mit einer Mischung aus Bögen laufen, Zeigen und Benennen und Geschirrgriff in den Griff bekommen - erst, als eine gewisse Basis da war, konnte sie ihn dann auch mal aversiv daran erinnern, dass ein Auszucken in dieser Situation für ihn nicht mehr nötig ist. Wobei tatsächlich der Geschirrgriff bei ihm geholfen hat, einen Fuß in die Tür zu bekommen und ihn aus seinem "Wahn" herauszuholen.


    Wenn die Motivation aber anders liegt, der Hund es z.B. einfach nur geil findet, andre Hunde anzufahren (man hat ja auch immer Erfolg damit, weil der andre Hund dann abzieht - wäre er zwar auch so, aber darum geht's ja nicht ^^), dann wird's halt schwierig ein Verhalten aufzutrainieren, was der Hund noch besser findet. Dann kann ein klares "So nicht, Freundchen!" dem Hund sehr viel beser begreiflich machen, dass sein Verhalten unerwünscht ist.

    Natürlich kommt es immer auf den jeweiligen Hund und die Situation an. Ich hab ja nur von uns gesprochen.

    Das gilt doch bei allen Trainingsmethoden, die es gibt. Den ultimativen Leitfaden für alle Hunde gibt es leider nirgends.


    Mal abgesehen davon, dass ich einen selbstsicheren Pöbler nimmer am Geschirr führen würde.

    Im Alltag tue ich das auch nicht. Aber im Wald ist halt noch immer eine (Rest-)Schleppleine dran und die natürlich am Geschirr. Und auch da kommt einem ab und an ein anderer Hund entgegen. Dann nehme ich die Schlepp halt kurz auf und fasse ggfl. ins Geschirr.

  • Mich würde wirklich interessieren, wie man solche Situationen ohne Strafe auflöst, ohne das Sofa aufgeben zu müssen.

    Wir haben mehrere Wochen mit einer Trainerin trainiert, die uns regelmäßig mit Artikeln von hey-fiffi.com versorgt hat.


    Laut ihr hätte man in dieser Situation einen anderen Ort attraktiver machen müssen. Also in das Körbchen oder auf den Boden Leckerli streuen und immer wieder nachlegen, wenn der Hund doch wieder Anstalten macht, das Sofa zu besetzen.


    Mal ganz davon abgesehen, dass wir in der Zeit einen enormen Leckerli-Verbrauch hatten und dann auch irgendwann mit Trockenfutter belohnt haben, ist das ein enormer Stress für alle Beteiligten. Für uns, weil wir ständig hinterher sein mussten, was unser Hund nun wieder vorhat und dann möglichst schnell dazwischengehen mussten. Für den Hund, weil Regeln nie klar ausgesprochen wurden. Er ist sichtbar ruhiger geworden, als wir auf diesen ganzen Zirkus verzichtet haben und mit konsequentem "Nein" Regeln durchgesetzt haben.

  • Ein wesentlicher Punkt wird gern überlesen.

    Zitat

    Um sicher zu stellen, dass der Hund nicht durch schlechtes Timing oder eine Fehleinschätzung unsererseits doch in den roten Bereich gelangt, kann im Training eine Kombination mit Maßnahmen aus dem Managementbereich durchaus sinnvoll sein.

    Das Beispiel Gitter wurde im Text erwähnt. Kann beim jagdaffinen Hund auch heißen, daß die Leine dran bleibt. Aber vor allem geht es ums Umdenken, nicht erst eingreifen, wenn der Hund Unsinn macht, sondern ihn stattdessen loben, wenn er was gut macht. Das wird wirklich in der Regel übersehen und als selbstverständlich hingenommen.

    Ich bleibe trotzdem mal bei meinem Beispiel.


    l'eau hat ja treffend bemerkt, mein Ziel war ja nicht "Hund darf nicht auf das Sofa", das kann ich problemlos mit Management und positiv aufbauen.

    Mein Ziel war tatsächlich, der böse Herder liegt entspannt mit mir auf dem Sofa xD


    Und nun steht dieser Pups da und droht mit allen vorhanden Zähnen und Milchzähnen, weil er halt nicht teilen will.


    Wann war ich zu spät?

    Wo war der Übergang zwischen springt auf die Couch (grüner Bereich) und droht mir (roter Bereich)? Was hätte ich loben müssen?


    Mich würde das wirklich interessieren.


    Meine Lösung war tatsächlich kurz und einfach aber halt definitiv im Bereich der positiven Strafe.

  • Ich frage mich auch, ob es nicht echt schädlich für die Entwicklung ist, keine aktiv gesetzten Grenzen von einem Menschen (und nicht von Gitter oder Leine) zu erfahren. In der menschlichen Entwicklung ist das absolut problematisch.

  • Ein wesentlicher Punkt wird gern überlesen.

    Zitat

    Um sicher zu stellen, dass der Hund nicht durch schlechtes Timing oder eine Fehleinschätzung unsererseits doch in den roten Bereich gelangt, kann im Training eine Kombination mit Maßnahmen aus dem Managementbereich durchaus sinnvoll sein.

    Das Beispiel Gitter wurde im Text erwähnt. Kann beim jagdaffinen Hund auch heißen, daß die Leine dran bleibt. Aber vor allem geht es ums Umdenken, nicht erst eingreifen, wenn der Hund Unsinn macht, sondern ihn stattdessen loben, wenn er was gut macht. Das wird wirklich in der Regel übersehen und als selbstverständlich hingenommen.

    Dann dürften meine Hunde nie frei laufen. Weil Vögelchen jagen ist lustig - und auf den Wiesen gibt es viele Vögelchen (im Gegensatz zu "echtem" Wild). Da gibt's auch kein Verhalten vorher, was ich loben kann - außer ich lobe alles und geb im Sekundentakt Kekse. Mag bei andren Hunden/Rassen anders aussehen, aber hier sieht das so aus: Hund trabt über die Wiesen (erlaubt), schnüffelt, knabbert Gras, rennt mal zum andren Hund, ein Vogel fliegt auf/es sitzen Krähen am Boden, Hund entscheidet von jetzt auf gleich los zu rennen. Davor gibt es kein großartiges Gucken - Whippets entscheiden idR im Sekundenbruchteil. Der Reiz ist da, also wird durchgestartet. Natürlich kann ich den Hund zurück rufen. Das ändert aber nichts am Verhalten - im Gegenteil: man konnte rennen UND bekam auch noch Super-Leckerchen dafür. Ein aversiv auftrainierter Abbruch hingegen sagt dem Hund, dass ich das Verhalten nicht möchte.


    Wenn der Hund nur Vögelchen guckt, wird das gelobt. Aber natürlich versucht Hund, ob wenn Gucken ok ist, auch ein Schritt weiter zu gehen - das Vögelchen zu scheuchen, auch ok ist. Woher soll es denn auch wissen, dass das nicht ok ist? Beim Shaping geht man schließlich ähnlich vor und markert erstmal jedes Verhalten, was in die richtige Richtung geht - was im ersten Schritt nur Angucken sein kann. Also für den Hund ist es durchaus denklogisch, auszuprobieren, ob nicht etwas anderes das gewünschte Endverhalten ist. Hinzu kommt, dass man die Reizintensität nicht kontrollieren kann - ich kann einem Vogel nicht befehlen, sich nur in Entfernung x und Geschwindigkeit y zu bewegen. Ich hab in der Realität also gar keine Möglichkeit, nur an der Reizstärke zu trainieren, in der das Markersignal noch höherwertiger als der Reiz ist. Ich lobe also das Gucken und in dem Moment, in dem der Hund einen Schritt weiter geht, wird das abgebrochen. Hund guckt wieder. Gibt wieder Lob. Und damit wir da nicht bis zum Sankt Nimmerleinstag stehen und ich den Hund kugelrund füttere, gibt es irgendwann die freundliche Aufforderung, weiter zu gehen. Reagiert er nicht, gibt es einen Abbruch und wir gehen weiter. Mitgehen wird wieder gelobt.


    Ich wage zu behaupten, dass meine Hunde durch dieses gemischte Training deutlich schneller gelernt haben, Vögel nicht zu scheuchen, als wenn ich rein über Markern und unter Absicherung mittels Leine gearbeitet hätte (zumal meine Hunde unterschiedlich auf Vögelchen reagieren, wenn sie an- oder abgeleint sind - die Unterscheiden da schon, ob sie scheuchen könnten oder nicht)

  • Natürlich kommt es immer auf den jeweiligen Hund und die Situation an. Ich hab ja nur von uns gesprochen.

    Das gilt doch bei allen Trainingsmethoden, die es gibt. Den ultimativen Leitfaden für alle Hunde gibt es leider nirgends

    oh, Entschuldigung, ich wollte dir nix unterstellen. Nur hatte ich deinen Post als Aufhänger genommen, um klarzustellen, dass ich den Geschirrgriff (oder andre positive Abbrüche) nicht grundsätzlich für Quatsch halte, sondern er durchaus sinnvoll sein kann. Nur halt aus meiner Sicht nicht zum Setzen von Grenzen

  • Was ich bisher ehrlich nicht verstanden habe: Warum wird positive Strafe (so wie hier davon geredet wird, es geht ja hier nicht um starke Schmerzreize o. Ä. ) als schlecht und vermeidenswert angesehen? Ich habe das Argument, warum es Aversives zu vermeiden gilt, noch nicht verstanden.

    Ich hab bis jetzt im Alltag nur Menschen kennen gelernt die ihren Hund immer wieder in die gleichen unerwünschte Situationen rennen lassen (metaphorisch) und ihn dann zusammen geschissen haben mit genau diesen Begründungen.
    Deswegen hab ich da persönlich eher einen kritischen Blick drauf.

  • Dass du das von dir beschriebene kritisch siehst, verstehe ich. Hat meiner Meinung nach auch nichts mit sinnhafter positiver Strafe oder gar dem (erfolgreichen) Setzen von Grenzen zu tun.

  • Der wesentliche Punkt der übersehen wird ist das in der Theorie das alles schön und gut klingt,im Rahmen von Ausbildung ich auch sehr viel zu meinen Gunsten des gewählten Aufbaus beeinflussen kann um so zu arbeiten dies aber im Alltag schlichtweg nicht gegeben ist weil man die Umwelt nicht beeinflussen kann .

    Ich kann es auch von außen einfach nicht verstehen das Leute jahrelang so viel Stress bei sich und dem Hund zu lassen, den immer weiter ausflippen lassen bei Hundebegegnungen etc statt einfach mal deutlich Grenzen zu setzen und ein Verhalten zu unterbinden .

    Ist für die Hunde auch stressfreier auf lange Sicht.

    Aber nein, man will keine Konflikte niemals.

    Ist halt auch so ein Problem.

    Jeder will nen Hund, aber nicht in aller Konsequenz wenn das heißt dem Fiffi auch Mal klar zu machen das er gewisse Dinge zu unterlassen hat , nicht Mal dran denken sollte und zwar ohne Diskussion.

    Ohne das der Hund ein nein akzeptiert, eine Korrektur annimmt hat man zudem auch weitaus weniger Möglichkeiten für Alternativverhalten.

  • Mir ist es im Endeffekt egal wie andere Menschen ihre Hunde erziehen oder auch nicht erziehen. Aber wenn ich unter dem Strich einen Hund habe, der nahezu überall frei laufen kann und den ich überall mit hinnehmen kann, dann hat mein Hund einfach so viel mehr Lebensqualität als wenn ich an bestimmten Problemstellen einfach nie weiterkomme, weil ich Strafen und gesetzte Grenzen grundsätzlich ablehne. Auch kommt man je nach Hundetyp nur mit positiver Bestärkung da früher oder später in der Regel doch an seine Grenzen oder man fängt an, Dinge zu umschreiben. Und diese Schönrederei nervt mich extrem. Alle wollen ihre Hunde nur partnerschaftlich und konfliktfrei erziehen, aber so funktioniert die Beziehung zwischen Mensch und Hund einfach nicht. Nicht, wenn am Ende ich als Mensch immer den Rahmen vorgeben will und muss, in dem mein Hund agieren darf. Ein bisschen mehr Ehrlichkeit würde der Beziehung Mensch und Hund sicherlich gut tun, denn egal wie wir es nennen oder umschreiben. Das Ziel ist eigentlich immer ein Hund, der gehorcht und zwar mindestens dann, wenn es darauf ankommt und genau dieser Gehorsam bringt am Ende die Freiheit innerhalb der gesetzten Grenzen und die Lebensqualität. Sowohl für den Hund als auch den Halter.

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