Intuition oder Wissenschaft in der Hundeerziehung?

  • Das kann man aber auf alles beziehen.

    Natürlich :ka:


    Nichtsdestotrotz sehen wir im Laufe der Zeit die Dinge mit anderen Augen, weil wir uns selbst weiterentwickelt und verändert haben. Und das ist doch auch schön, wenn man immer wieder sich selbst reflektiert und sieht, wie man selbst reifer oder verantwortungsvoller oder interessanter geworden ist. Dass bei diesem Prozess im Laufe der Zeit die jugendliche Leichtigkeit (um nicht zu sagen manchmal auch der Leichtsinn) auf der Strecke bleibt, gehört wohl dazu.


    Andererseits finde ich Überlegungen wie Momo und Lotte sie anstellt, total wertvoll, weil man vielleicht selber das Gefühl bekommt, wieder mehr Leichtigkeit verspüren zu wollen, hier eben in Bezug auf seine Hunde.

    Zu überlegen, was man damals anders gemacht hat, und das vielleicht neu wieder umzusetzen kann genauso neue positive Impulse geben.

  • Authentizität finde ich auch sehr wichtig, sonst nimmt dich der Hund einfach nicht ernst. Autorität spielen ist unmöglich und versucht man es, verunsichert man den Hund nur.

    Und ja, manchmal sieht es bei anderen super leicht aus, aber man weiß nur selten wie viel Arbeit dahinter steht, bzw. welche anderen Baustellen sie dafür haben. Mein erster Hund z.b. war super leinenführig, den konnte ich in die volle Innenstandt mitnehmen, der hat niemals die Nerven verloren. Außer wenn er allein bleiben sollte. Drama pur (aber das sieht man nicht, wenn man uns schön gemütlich draußen schlendern gesehen hätte).

    Das finde ich zwei super super wichtige Punkte! Man kann noch so viele über verschiedene Theorien wissen, aber erstens ist jeder Hund anders und wenn man sich für die Theorie XYZ entscheidet, das aber nicht authentisch rüber bringt, bringt dir auch die beste Theorie nichts!!


    Und ich glaube das ist ein Punkt was einige Halter unterscheidet. Die Ursula, die bei uns zB Ihrem Yorkshire geht, hat vielleicht so gut wie gar kein Wissen über verschiedene Lerntheorien, geschweige über Körpersprache etc. Das was Sie aber von Ihrem Yorkshire will, bringt Sie authentisch Ihrem Hund rüber. Das würde natürlich nicht mit einem Hund funktionieren, der Führung am anderen Ende der Leine überprüft und alles sehr genau nimmt, aber so kommt es dass Ursula und Bärbel Ihre Hunde täglich ohne Probleme Gassi führen. Und so kommt es auch, dass ich in größter Verzweiflung auf dem Balkon saß und die Welt nicht mehr verstand. Was aber hier einen gehörigen Unterschied macht: Erstens habe ich einen Hund, der jegliche Führungskompetenzen in JEDER Situation abfragt. Bin ich einmal unaufmerksam wenn er mich braucht oder "fragt", gehts nach hinten los. Und zweitens habe ich aber einen Hund, der problemlos bis zu 8 Stunden alleine sein kann(was natürlich kaum bis gar nicht vorkommt), der nicht anschlägt wenn es klingelt, der nichts gegen Besucher hat und der auch nicht futteraggressiv oder ähnliches ist. Ich weiss aber dass es bei Ursula bei mindestens zwei von diesen Punkten hapert...

  • Wie seht ihr das?


    Die meisten Menschen sind durch mediale Beeinflussung viel zu verkopft und haben verlernt bzw. nie gelernt, was Intuition wirklich ist.


    Geht das meiste doch irgendwie intuitiv?


    Ja, sogar sehr gut, wenn man bereit ist, sich darauf einzulassen.


    Oder wird man durch Fachwissen einfach immer besser im Handling?


    Nein, denn wer entscheidet, was "Fachwissen" wirklich ist?


    Oder verkrampft man immer mehr?


    Definitiv.


    Hat man vor dem ganzen Backgroundwissen einfach viele Probleme nicht gesehen?


    Viele Probleme erschafft man sich durch mangelnde Intuition, weil man auf Wissenschaft setzt.

    Beispiel: Viele Kinder von ausgebildeten Pädagogen, Psychologen und weiß Gott was für angebliche Fachkoryphäen sind grässliche Landplagen.

    Und dann gucke ich mir Familien mit 5 und mehr Kindern an, wo die Eltern nicht medial bzw. wissenschaftlich gesteuert agieren, sondern ihre Kinder achtsam, streng und doch gelassen erziehen und sehe wundervolle junge Menschen, die das gewiss auch im späteren Leben so weiter praktizieren werden.


  • Inzwischen mag ich den Begriff der Authentizität in Bezug auf Hundeerziehung wirklich immer weniger. Man kann auch ziemlich authentisch ein Aas ohne Ahnung sein. Daraus speist sich dann keine gute Beziehung zum Tier geschweige denn eine erfolgreiche Erziehung.


    Souveränität - vielleicht für einige Ohren ähnlich schwammig - gefällt mir etwas besser. Bedeutet für mich: ich bin mir bewusst, welche Erwartungen ich für die Situation habe. Ich weiß erstmal was ich will und ich weiß bzw. habe mir Gedanken darüber gemacht, wie ich da hin komme. Und das wichtigste dabei: ich bin durch nichts aus der Ruhe zu bringen. Letzteres ist bei meinem Hund sehr viel wert.

  • Ich frage mich, wie Intuition bei einem artfremden Wesen funktionieren soll, ohne vorher Wissen anzusammeln. Ich schätze, die meisten, die "intuitiv" ihren ersten Hund erzogen haben, hatten vorher schon Berührungspunkte - Hunde in der Familie, Gassigänger, Tierdokus etc. Also hat man durchaus - wenn auch passiv - Wissen angesammelt. Und dann hatte man vermutlich Glück mit dem einzelnen Exemplar oder der Rasse, dass sie eben Fehler verzeiht. Und Stressanzeichen oder kritische Situationen erkennt man dann halt nicht (wie oft wurde ein Kind "aus dem Nichts" gebissen, obwohl Hund und Kind schon ewig zusammen leben?) und hat dann halt Glück, dass sie nicht eskalieren. Wie kann man auch ohne es zu lernen wissen, dass Hunde eine Umarmung eher als Bedrohung ansehen könnten bzw sich dabei unwohl fühlen (intuitiv als Mensch würde man das vielleicht machen, um ihn nach einer OP zu trösten)? Wie ein gestresster Hund aussieht? Wie Mobbing und Fiddeln aussehen? Wann es ein Kommentkampf und wann es echt ist? Wann eine Grenze bei einer Ressource überschritten wird? Da hilft Intuition nicht viel weiter, weil es einfach Verhaltens- bzw Kommunikationsweisen sind, die der Mensch so nicht hat.


    Man sollte Wissen und Bauchgefühl immer paaren, gerade bei artfremder Interaktion. Ohne bzw mit wenig Wissen kann es gut gehen, aber unter Umständen auf Kosten des Hundes.

  • Na klar kann man auch authentisch und ein Aas ohne Ahnung sein. Es geht ja um den Kontext einen Anspruch an Erziehung umzusetzen.

    Nenn es Souveränität, nenn es Ich-Bewusstsein oder von mir aus auch Autorität, Tatsache ist, spielst du dem Hund etwas vor, wohinter du nicht stehst, hinterfragt es der Hund unter Umständen. Sicher nicht alle, aber einige. Und wenn du Pech hast, einen auf Rudelboss fakest und der Hund schlauer und aufsässiger ist als über dem Durchschnitt, bekommt man eventuell Probleme. Es ist eben nicht für jeden jede Methode richtig, weder für Halter noch für Hund. Früher lief ja viel über diese „ich bin Boss und du nix“ Schiene in der Hundeerziehung, notfalls gelöst mit Gewalt. Bin froh, dass sich das geändert hat und nun eigentlich für jeden was dabei ist, um sich selbst authentisch in die Hundeerziehung einzubringen. Wenn es jemand gern über viel Lob und Kekse macht, warum nicht? Hauptsache man steht 100% dahinter.

    Ja, Authentizität heißt für mich auch, dass ich vielleicht auch mal müde und schlecht gelaunt bin und nicht mit dem Hund spiele, wenn er es erwartet. Hunde lesen den Menschen, immer. Auch wenn man gerade nicht mit erziehen beschäftigt ist. Verbiegt man sich für die Hundeerziehung kommt das in Konflikt mit dem Rest des menschlichen Verhaltens. Könnte den Hund verwirren und entsprechende Konsequenzen hervorrufen. Sind aber nur meine Gedanken dazu und keinesfalls allgemeingültig zu betrachten.

  • Intuitiv/Bauchgefühl ist zB für mich persönlich ein ganz wichtiges Messwerkzeug beim Thema Ableinen.

    Wir gehen im Wald, haben viel Wild, der eine oder ist jagdlich passioniert, der eine oder andere hat mit Mensch/Hund ein Thema.

    Wenn mir mein Bauchgefühl, meine Intuition sagt, "hmmmm, Lein mal besser nicht ab" oder "hmmm, Leine mal besser an", ist da in der Regel auch was dran.

    =)

    Von anderen Faktoren wie einen Hund, der auf 180 ist, leine ich nicht ab, mal abgesehen, ist es tatsächlich dieses kurz drauf hören, was sagt mein Bauch.

  • Monstertier : Intuition ist für mich eng verknüpft mit Empathie.

    Das beides funktioniert auch artübergreifend.

    Ich kann ein Tier, mit dem ich bewusst agiere, angucken und spüre, wie es sich fühlt und was es denkt. Das ging schon von klein auf.

    Und dann gibt meine Intuition den Weg vor.


    Nenn das meinetwegen esoterischen Quatsch, aber hier funktioniert es.


    "Der intuitive Geist ist ein göttliches Geschenk,

    und der rationale Verstand ein treuer Diener.

    Wir haben eine Gesellschaft erschaffen,

    die den Diener ehrt und das Geschenk vergessen hat."

    * Albert Einstein

  • Das mag im Einzelfall funktionieren, würde ich aber für die breite Masse nicht unbedingt annehmen (viele schaffen ja schon Empathie bei der eigenen Art nicht...)

  • Weil sie es nie gelernt haben.

    Ich hab meinem Post zuvor noch ein Einstein Zitat hinzugefügt, was das Denken und Handeln vieler gut beschreibt.


    Von der medialen Verwahrlosung, dem Verlust von Souveränität und Eigenverantwortung brauchen wir erst gar nicht anzufangen.


    Aber in jedem von uns steckt diese Gabe.

    Wir entscheiden, ob wir sie nutzen.

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