Einschläfern = Erlösung?

  • Hallo,

    mich bewegt das Thema: wann ist Einschläfern "Mord", wann "Erlösung" im Grauzonenbereich.


    Meine Hündin Duna ist bald 14,5 Jahren alt, seit dem 7 Hundejahr chronisch Herzkrank, seit dem 12 LJ chronische Pankreatitis mit rezidivierend Schübe (ausgelöst wohl durch Schmerzmitteln), hat seit vielen Jahren massive Rückenproblem und jetzt neu seit 4 Monate eine Niereninsuffizienz. Bei dem letzten schweren Schub Pankreatits empfahl meine alte Tierärztin (jetzt Ruhestand) einschläfern, aber Duna erholte sich doch wieder teilweise. Seit fast einem Jahr dümpeln mir auf einem niedrigen Level mit vielen Medikamenten und Duna hat immer wieder gesundheitliche Einbrüche - z.B. Pankreatitisschub mit Durchfall, Kotfressen, Unruhe, Bauchweh, dann wieder Blasenentzündung, dann wieder Futterverweigerung mit Handfütterung , dann fällt sie wieder stocksteif um (Tierärztin meint, schmerzbedingt, sieht aber auf Bilder wie ein sekundenlanger tonischer Krampfanfall aus), ist phasenweise massiv unruhig mit wimmern, steht häufig desorientiert rum, unruhe, tiegern usw. und ist Kot und Urininkontinenz im Haus, wobei sie sich bemüht, aber einfach keine Sekunde mehr warten kann bis die Türe offen ist o.ä. Spaziergänge werden verweigert. Auf diesem Level bewegen wir uns seit 11 Monate, so langsam kann ich aber auch einfach nicht mehr... das ständig auf und ab mit Tendenz zum Bergab. Mein Umfeld meint, der Hund gehört eingeschläfert, meine neue (junge) Tierärztin findet den Hund viel zu gut, aber Duna repräsentiert sich vor Angst in der Praxis nur von ihrer Sonnenseite.. und die Tierärztin empfiehlt zusätzlich Nierenmedikamente neben den Herzmitteln, Schmerzmittel, pankreasmedikation, Spezialnieren und Pankreasdiät. Mein Umfeld meint, dass die Tierärztin nicht auf eine Lukrative Einnahmequelle verzichten möchte, wir sind natürlich alle Naselang beim Tierarzt und ich den Hund endlich erlösen soll nach fast einjährigem Kampf..

    anderseits:

    sie frisst momentan wieder gut (nach erneuter Antibiose), wirkt schmerzfrei bis die Schmerzmedikationswirkung nachlässt, nimmt noch Kontakt zu Mensch und Hund auf, ist zeitweise fröhlich und bemüht sich mit der Stubenreinheit, auch wenn es öfters :thinking_face: Schiefgeht... Sie hat einen Termin zum Einschläfern am Donnerstag, ist aber ein absoluter Grenzfall..

    SEIT fast 1 Jahr zu schlecht zum leben und zu gut zum Sterben... :(/ wieviel gute Momente wiegen die schlechte Momente auf? Ihr Zustand schwankt massiv. Ist das Lebensqualität?

    Was meint ihr: Erlösen oder Weiterleben lassen??

  • Von Mord kann man beim Einschläfern eines kranken (!) Tieres nicht reden. Das geschieht ja selten aus Habgier oder anderen niederen Gründen (wie z. B. Rache) - also ja, für mich ist einschläfern definitiv Erlösung.


    Und ich denke, in diesem Fall ist Einschläfern wahrscheinlich keine schlechte Lösung, die man mit Mord gleichsetzen kann.

    Deine Hündin ist krank und aufgrund des Alters ist es ziemlich sicher, dass sie sich nicht wieder erholen wird. Phasenweise in Form von "guten" Tagen, ja sicherlich gibt's die. Aber es wird keine vollständige Genesung oder Besserung geben, sondern absehbar schlechter werden.

    Ich würde Duna noch ein paar schöne Tage machen und sie dann gehen lassen.


    Du sagst ja auch selbst, dass es für dich eigentlich nicht mehr tragbar ist. Gerade die Kot- und Urininkontinenz ist ja auch wahnsinnig anstrengend und belastend, dem Hund ist das ja auch unangenehm - da hat keiner was von, wenn man den Zustand jetzt noch ewig aufrecht erhält.


    :streichel:

  • Wenn es mein Hund wäre, würde ich mit ihm jetzt den letzten Schritt machen weil ich ihm weiteres Leid ersparen wollen würde. Ich sehe es als Erlösung.

  • Selbst bei einem gesunden Tier gibts den Tatbestand 'Mord' nicht!


    Ob man deine Huendin einschlaefern sollte oder nicht kann dir hier niemand sagen!

    Wenn der Hund sich daheim aber voellig anders zeigt als in der Praxis, wuerd ich sie filmen und es der TAe zeigen..

  • Mord ist es wenn man den Hund einschläfert, weil er lästig ist oder weil man keine Lust hat den TA zu bezahlen (bei kleineren (!) Beträgen).

    In allen anderen Fällen ist es maximal ein Fehler.


    Es gibt da keine festen Grenzen, wann es "ok" ist. Jeder Fall ist anders, jeder Fall eine Einzelentscheidung, jeder hat andere Möglichkeiten und jeder hat auch eine andere Meinung. Für die einen geht Leben über alles, für andere muss ein Leben auch lebenswert sein.

    Das ist nunmal die schwere Last des Tierhalters, dass er diese Entscheidung für ein anderes Lebewesen treffen muss.

    Mein Rat ist triff die Entscheidung mit der DU leben kannst, denn du und nur du musst im Endeffekt damit leben. Zur Not überlege welcher Selbstvorwurf für dich schlimmer wäre, denn Hund zu früh eingeschläfert zu haben oder ihm zu lange Schmerz zugemutet zu haben...

    MMn gibt es in Fällen wie deinem kein klares richtig oder falsch (schon gar nicht via Internet).

  • Es ist nie Mord, ganz einfach. Den gibt's gegenüber einem Tier nicht, aber selbst wenn es so wäre, erfüllt die Euthanasie keine Mordmerkmale. Man kann ein Tier nicht aus niederen Beweggründen einschläfern.


    Das heißt von dem Gedanken der "Schuld" (ich denke, datum geht es Dir) kannst Du Dich frei machen, Mord wird es nie sein.



    Ob man deinen Hund einschläfern sollte oder nicht, kann bzw sollte hier niemand virtuell urteilen.


    Ich mag diese Broschüre hier ganz gerne. Natürlich geht es nicht darum, dass 1:1 abzunicken (ich gehe auch nicht 100% konform damit; muss man aber auch nicht!! es gibt kein Schema F!), aber es sind interessante Gedanken-Ansätze dabei, die man in seine Überlegungen mit einbeziehen kann.


    https://www.tierarztpraxis-moers.de/mediapool/78/781775/data/Brosch_re_Euthanasie_Hund_Druckb_gen_Ablage.pdf

  • Diese Entscheidung ist so unglaublich schwer... Ich habe zum Glück die Erfahrung gemacht, dass alle meine Hunde gezeigt haben, wann es an der Zeit war, zu gehen. Dabei musste ich nur meinen Seelenhund einschläfern lassen - und da genügte ein einziger Blick und ich rief den Tierarzt zu uns. Ich habe auch nie Gewissensbisse gehabt, weil ich weiss, dass es seine Entscheidung war. Übrigens hatte er eine chronische Niereninsuffizient mit aufs und abs 13 Monate lang. Da sind wir bei einem weiteren Problem. Ganze Threads sind hier der Frage gewidmet, ob es zu früh war, den Hund einschläfern zu lassen, schlechtes Gewissen, Albträume. Auch meine anderen Hunde haben mir gezeigt, dass es ihr letzter Tag bei uns war, wir blieben die Nacht auf und sie gingen in unserem Beisein, geborgen in ihrer Familie.

    Ich bin überzeugt, wenn Du gut beobachtest, wird Dir Deine Duna zeigen, wenn es nicht mehr geht. Und Du wirst nie mit Deiner Entscheidung hadern.

  • Vielleicht hilft ein Perspektivwechsel - was würdest Du Dir als Hund wünschen, was Du noch können möchtest, damit es für Dich Lebensqualität wäre?


    Für mich gibt es einen Punkt, wo ich es beendet habe: Wenn der Hund nicht mehr Spazierengehen kann.


    Für mich ist die Teilnahme am Leben ein wichtiger Punkt. Klar, kann man mit einem alten Hund vielleicht keine großen Runden mehr laufen. Aber das tägliche Zeitunglesen und sich zumindest zwei mal eine halbe Stunde bewegen können, gehört für mich zur Lebensqualität.


    Ein zweiter wichtiger Punkt für mich: Ich muss es schaffen für durchgängige Schmerzfreiheit zu sorgen.


    Wie die anderen schon sagten, kann man einen Hund nicht ermorden. Ein Hund hat ja keine Vorstellung davon, dass er unbedingt noch soundso alt werden möchte oder, dass er morgen was verpassen könnte (dafür muss er auch körperlich in der Lage sein, was "erleben" zu können). Er lebt im Hier und Jetzt, daher ist es wichtig, dass es ihm im Hier und Jetzt gut geht. (Hat man eine akute Erkrankung oder OP, wo der Hund nach anfänglichen Schmerzen nach einer absehbaren Zeit wieder seine Lebensqualität wiedererlangt, ist das was anderes.)


    Klingt jetzt ganz schön sachlich, ich weiß. Aber mir hilft das bei meinen Hunden zu entscheiden. Bisher habe ich nur bei einem Hund in meinen Augen einen Tag zu lang gewartet, weil ich nicht loslassen wollte. Das war mein erster Hund, den ich gehen lassen musste.

  • Das was du beschreibst klingt für mich nicht nach einem Grenzfall sondern es klingt sehr fair und als das einzig richtige deiner Fellnase die letzte Ehre zu erweisen.

    Ich verstehe deine Überlegungen ist es zu früh, ist es richtig etc. das gehört bei vielen dazu.

    Deine Maus hat ein tolles Alter erreicht und es ist nur fair sie nicht leiden zu lassen.


    Bei meiner ersten Hündin, habe ich so oft überlegt ich hatte niemanden der es „von außen“ betrachtet hat und im nachhinein sage ich ganz klar ich hätte auch ruhig schon ein paar Tage früher diesen Schritt gehen sollen.

    Als ich im Januar meinen Rüden habe gehen lassen, wäre es sicher vertretbar gewesen noch ein paar Tage zu warten aber lieber einen Tag „zu früh“ als einen zu spät…

    Die Lebensqualität muss einfach gegeben sein und dazu gehört für mich ein täglicher wenigstens kleiner Spaziergang oder jenach Hund zeigt sich hier die Quali zb darin das sie ne Runde durch den Garten flitzen wollen. Fressen und schmerzfreiheit.


    Am Ende muss es jeder für sich feststellen wie viel Quali hat der Hund noch? Wie viel ist noch möglich? Wie viel nicht mehr?

    Von Mord würde ich nie sprechen, vorallem nicht bei einem älteren/kranken Hund.

  • Wir stehen ja auch am Ende der Zweisamkeit mit unserem Hund und genießen jeden Tag, der uns noch geschenkt wird.

    ABER, ich sehe das gehen lassen in keinster Weise als Mord.

    Die Tiere haben, im Gegensatz zu uns Menschen, die Möglichkeit abtreten zu dürfen.

    Ich habe es leider 2x miterleben müssen, wie nahestehende Menschen auf der Intensivstation teilweise nur noch von den Maschinen am Leben erhalten wurden, bzw. sich über Jahre wirklich quälen mussten, bis der Tod sie endlich erlöst hat.

    Es ist logischerweise keine Entscheidung die man mal eben so zwischen Tür und Angel trifft. Ich glaube jedem fällt die Entscheidung sehr schwer und ist bei jedem wohl überlegt. Der Hund hat 11,12 oder noch mehr Jahre mit in der Familie gelebt und ist bei den meisten ein Familienmitglied. Von daher wünsche ich meinen Tier einen würdevollen und friedlichen Abgang und zwar bevor die Schmerzen nicht mehr zu kontrollieren sind.

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