Die Hündin war unsicher, was ich nicht verwunderlich finde für das Alter, und weil sie 3 kalibrigen, "gestandenen" Rüden begegnete.
Was wäre passiert, wenn ich meine 3 auf einmal, ungemanaged hingelassen hätte?
Hätte ich machen können, meine 3 sind lieb, "die tun nix", und es wäre niemand sichtbar zu Schaden gekommen.
Nicht sichtbar wäre dann aber die Schiene des emotionalen Furchtverhaltens, kynologisch als Aversionsverhalten bezeichnet, abgelaufen.
Dermaßen konfrontiert mit meinen 3 Hunden auf einen Schlag wäre diese unsichere Hündin eingeschüchtert gewesen, und Einschüchterung zählt zur Emotion Furcht. Jedes Säugergehirn hat ein genetisch vorgefertigtes Verhaltensmuster, als Antwort auf furchteinflössende äußere Einflüsse, und die sind: Flucht, Erstarren und Wehr.
Erstarren zeigt sich oft in sehr devotem Verhalten, dieses auf den Rücken schmeißen und den Bauch zeigen gehört dazu. Also kein wünschenswertes Verhalten.
Genauso wenig wünschenswert wie Fersengeld geben und abhauen - zumal hier dazu kommt, dass ein Hund der das macht die Erfahrung macht, dass er selber für seinen Schutz sorgen muss, weil sein Halter ihm keinen bietet.
Abwehrverhalten ist absolut verständlich, wenn ein Hund sich von 3 Rüden gleichzeitig bedrängt fühlt - und dieses Gefühl kommt (leider oftmals) schon auf, wenn sich 3 auf einen Streich annähern. Wünschenswert ist so ein Gefühl des Sich-Verteidigen-Müssens aber auch nicht.
Wichtiger ist aber noch die Erfahrung, die ein Hund, der einfach einer solchen Situation überlassen wird, für sich daraus mitnimmt: Dieses Erlebte ist sofort wieder präsent, wenn irgendwann später wieder mal mehrere Hunde entgegenkommen.
Dann wundert es zumindest mich nicht, wenn so mancher Hund schon auf Distanz ein "wildes Gebären und Kläffen" zeigt, wenn andere Hunde nur am Horizont auftauchen.
Meiner Erfahrung nach fällt vielen Hundehalter sowas gar nicht auf.
Auch bei der Hündin bin ich mir nicht sicher, ob deren zu Anfang gezeigte Unsicherheit möglicherweise das Ergebnis einschlägiger Vorerfahrungen ist.
Hier der detaillierte Ablauf, vielleicht wird es ja für den ein oder anderen dadurch etwas plastischer, vorstellbarer, was ich meine:
Die Menschen kamen mir mit Hund entgegen.
Meine Ersteinschätzung: Schlanker, annähernd gleich großer Hund wie meine, aber deutlich leichter, neugierig, aber unsicher, evtl. sogar ängstlich.
Da waren wir noch ca. 30m entfernt, die Halter machten keine Anstalten den Hund anzuleinen. Absolut üblich in diesem Bereich, wir haben dort fast ausschließlich Kontakte zu frei laufenden Hunden.
Mein erstes Fazit: Meine 3 doch recht kalibrigen Hunde sind zu viel auf einmal für diesen Hund. Entsprechend mein erstes Management: Hunde bei mir gehalten, die Halter gefragt ob ich anleinen soll.
Sollte ich nicht, Kontakt war ok.
Nächstes Management meinerseits: Geregelte Kontaktaufnahme, die ich im weiteren Verlauf noch weiter verfeinerte: Ich ließ erst EINEN Hund - meinen ältesten, Vasco, der ein wirklich feines, sehr virtuoses Verhaltensspektrum aufweist, welches er sehr subtil einsetzt, immer mit dem Ziel auf konfliktarmen, freundlichen Umgang - zu diesem Hund hin.
Vasco ging hin, blieb auf Abstand, der Hund näherte sich, war sichtlich freundlich-neugierig, traute sich aber nicht so wirklich an Vasco heran (Der wartete tatsächlich darauf, dass dieser Hund den letzten Schritt zu ihm hin machte). Der Blick des Hundes ging ständig zu meinen anderen beiden Hunden, und gerade Leif, signalisierte begierliches "ich will dich auch kennenlernen".
Die 5-6m Abstand, und dass ich Leif fest und bei mir hielt, reichtem dem anderen Hund nicht, um sich sicher genug zu fühlen, den Kontakt mit Vasco aufzunehmen.
Ich bin mit Leif umgedreht und auf mehr Abstand gegangen - und noch während ich dabei war, traute der Hund sich den letzten Schritt zu Vasco zu machen.
Dieser Kontaktaufnahme ließ ich erst mal Zeit, derweil ich meinen Leif - neben dem ich kniete - um Geduld und Warten bat (er kann Warten, aber seine Geduld ist noch ... ausbauwürdig, und ich mach das lieber mit Vorbrustkraulen, besänftigenden Worten ... und einem Leckerchen, das ihn aber nicht sonderlich in so Situationen interessiert ... aber immerhin, er wartet gemeinsam mit mir, ohne zu bellen oder sich sonst irgendwie unwirsch zu verhalten oder gar in irgendwas reinzusteigern ... also das wird ).
Als das erste Kennenlernen zwischen Vasco und der - wie ich mittlerweile von den Haltern erfahren hatte - Hündin abgewickelt war, und diese ihr Interesse nun den anderen zuwandte, habe ich Vasco gebeten zu mir zu kommen, um dann Leif die Erlaubnis zur Kontaktaufnahme zu geben.
Der machte dann einen schnellen Satz Richtung Hündin, blieb aber auf 2m Abstand stehen, um Abzuwarten, bis die Hündin zu ihm kam, was sie dann auch machte. Den Satz hatte ich genauso bei Leif erwartet (finde ich junghundtypisch, und ist auch typisch speziell für Leif), wie das anschließende auf Abstand bleiben und warten, bis der andere Hund den ersten Schritt zur Kontaktaufnahme macht. So isser - und mir gefällt das gut, so in seiner Gesamtentwicklung.
Den Kontakt zu meinem Amigo hat die Hündin dann "mal eben nebenbei" gemacht. Amigo hat freundlich kurz zurück geschnüffelt, sich aber nicht weiter für die Hündin interessiert.
Dafür hat sie sich dann lieber näher mit Leif befasst - spielerisch, es gab gegenseitige Vorderkörpertiefstellungen, ganz kurze Jagssequenzen, auf die Leif aber nur wenig einstieg, weil die Hündin da noch Unsicherheit zeigte (ja, das kann mein Leif schon lesen und entsprechend angemessen agieren ).
Warum ich das so und nicht anders habe ablaufen lassen, habe ich ja vor dem Spoiler erklärt
Zumindest habe ich so der - noch vorhandenen - Neugier der Hündin einen sicheren Raum verschafft.
Für alle eine positive Erfahrung - bei meinem Leif konnte ich das Warten-Können weiter ausbauen, die Hündin konnte ihre freundliche Neugier ausleben, und deutlich sichtbar ihre Unsicherheit ablegen.
So - fertisch!