Gelassenheit in der Hundeerziehung - Austausch Thread

  • Hallöchen :)

    ich feiere die Erstellung dieses Threads!
    DANKE dafür - richtig gute Idee.

    Gelassenheit ist gerade ein großes Thema für mich.
    Unsere Situation ist nämlich etwas speziell: Das kleine schwarze Monsterchen da links auf dem Bild hatte nämlich mit dem Start ins Leben so ihre Problemchen.
    Ich kürze es mal auf das Wesentliche herunter: 2 große Operationen an den Hinterläufen mit 4 und 7 Monaten waren nötig um ihr zu ermöglichen zu laufen. Wir haben also einen großen, Behandlungs und Schmerzmarathon hinter uns. Durchwachte Nächte und viele Hürden in der Nachsorge und dem Muskelaufbau bewältigt.
    Jetzt wird sie bald 11 Monate alt und wir laufen, spielen, können in Hundekontakt gehen ohne Schmerzerfahrung zu machen. Jetzt wird sich jeder der das liest denken: Klingt doch super, das muss doch reichen.

    Aber meine Nerven liegen echt blank.

    In dem Moment, als wir die zweite OP soweit überwunden hatten, dass wir zusammen spazieren gehen konnten wurde sie das erste mal läufig und seitdem fliegen die Murmeln so richtig. (Ganz zu schweigen von heftigen Angstschüben und heftiger körperlicher Irritation in der Läufigkeit)
    Noch dazu verknüpft sie extrem schnell und leider natürlich auch unpassendes Zeug.
    Sie stand mit mir in der Küche, draußen gab es ein lautes Geräusch und sie, in ihrer Spooky Phase hat sich so erschreckt, dass sie vor lauter lauter Flucht auch noch total gerutscht ist (Bis auf die Küche ist die gesamte Wohnung mit Teppich gepflastert - damit sowas nicht passiert -.- ). Das ist jetzt mindestens 2,5 Monate her und sie betritt die Küche nicht mehr. Gut - andere trainieren dafür :D schon klar, ich mach da auch keinen Wirbel drum, aber dies nur als Beispiel warum unser Alltag immer wieder schwierig wird. Wir mussten zwischendurch alle Holzstellen am Boden, wo kein Teppich war mit Handtüchern bekleben. Da durfte echt gar nichts rutschen. Nach 2 Wochen konnte ich es wieder entfernen und sie hat ihre Panik da drüber zu kommen abgestellt.


    Zum Glück haben wir eine tolle Begleitung durch eine liebe Trainerin mit der wir 1 zu 1 arbeiten.
    Aber gerade diese Woche ist meine Gelassenheit echt flöten gegangen. Sie bietet mit ihrer sehr sensiblen Natur keinen Raum für "Fehler".
    Und dabei bringe ich sie natürlich, weil sie so sensibel ist, mit meiner Stimmung total in Konflikt.
    Ich hoffe eine Badewanne mit viel Schaum und das Wochenende werden es richten ...

  • Schön, dass du den Weg hier her gefunden hast und ich hoffe, es bringt dir etwas ☺️.


    Versuche nicht, zurück zu blicken. Schaue nach vorne! Diese Phase geht vorbei. Und gib ihr gerade jetzt die nötige Sicherheit, die sie braucht. Spooky Phasen hatte meine auch schon und war noch nicht läufig. Versuche es mit Humor zu nehmen, auch wenn sie dir leid tut. Schönen, dass ihr eine Trainerin an eurer Seite habt. Wellness hilft ebenfalls 😉

  • Ich finde es ja oft einfach schon hilfreich zu lesen, dass es anderen auch so geht.
    Zusammen struggled es sich eben doch einfacher :D!

    Ein Satz meiner Trainerin, der mich täglich begleitet und euch vllt auch was hilft:

    Was kann euer Hund gerade? Was ist der kleinste gemeinsame Nenner. Bei uns ist das - Hunde und Vögel anglotzen (Weitergehen unmöglich :D) usw.
    Und das wahrnehmen was sie gut machen: Nara kann zwar nicht weiter gehen, aber sie kann super friedlich glotzen. Kein gepöbel und nichts. Also ist das doch super, wie sie glotzen kann :D

    So als Perspektivwechsel :D

  • Oh ja - ich muss wirklich lernen nicht zurück zu blicken.
    Die vielen Monate voller Schmerzen und intensivster Fürsorge haben mich auch sehr geprägt und das endgültig loszulassen und abzuschütteln habe ich auch noch nicht ganz geschafft, aber ich arbeite daran!

  • Tommy hat mir auch ziemlich deutlich gezeigt dass ich an mir arbeiten muss.


    Er war auch früher ein richtiges Krokodil, ist schnell hochgedreht, hing in meinen Klamotten oder an meinem Schuh. Ich habe mir früher immer eingeredet "Du musst souverän sein! Du musst stark auftreten! Du musst, du musst, du musst!" und mich damit enorm unter Druck gesetzt. Ich habe meine Gefühle versucht zu überspielen um auf ihn nicht so zu wirken wie es mir in diesem Moment tatsächlich ging. Ich war ihm gegnüber nie authentisch.


    Ich weiß nicht mehr genau wie es dazu kam, aber irgendwann ist ein Knoten geplatzt und ich habe es zugelassen ihn auch mal anzuranzen, zu weinen wenn ich nicht weiter wusste oder ihn einfach mal zu beledigen wenn es raus musste. Ich habe angefangen alles ruhiger anzugehen, habe Situationen die mich genervt haben neu bewertet (Ist es gerechtfertigt dass mich die Situation nervt oder liegt es nur an meinen Erwartungen dass ich gernevt davon bin?).


    Tommy ist auch ein Hund der es sehr schnell ausnutzt wenn man keinen guten Tag hat. Anfangs waren solche Tage eine Katastrophe, ständig ein "Machtkampf" (mir fällt gerade kein besseres Wort ein) zwischen uns, keine Entspannung möglich. Nachdem der Knoten geplatzt war, habe ich ihn an solchen Tagen an die Schleppleine gepackt und bin einfach unsere kürzeste und einfachste Runde gelaufen, ohne auch nur ein Mal etwas von ihm zu verlangen. Entspannung pur im Gegensatz zu vorher.


    Um gelassener zu werden hat es mir auch geholfen einfach zu wissen dass es nicht schlimm ist ihm auch mal eine vor den Latz zu knallen, Scheiß drauf was andere HH denken, Scheiß drauf was Freunde/Familie usw. denken, sowas ist authentisch, sowas versteht er, das ist der Weg den er sofort annimmt ohne bei uns beiden Frust zu verursachen.


    Tatsächlich hat es mir auch mehr Gelassenheit gebracht als bei einer Freundin die Labradorhündin Ruby eingezogen ist. Ruby kann absolut nichts. Aber sie ist ein absolut verträglicher, sehr netter und einfacher Hund. Zu sehen welchen Druck sich meine Frendin gemacht hat um den Erwartungen ihrer Mitmenschen gerecht zu werden, hat mir geholfen zu erkennen wie Wurscht einem sowas sein kann. Klar, Ruby kann kein Platz, sie kann nicht zuverlässig Sitz, sie hört nur sehr sporadisch auf ihren Namen oder den Rückruf, sie läuft nicht locker an der Leine, aber wozu auch? Sie ist nett, belästigt niemanden, jagt nicht, läuft nicht weg und ist einfach einfach, wozu muss sie da den Erwartungen irgendwelcher anderen Leute entsprechen? Auch sowas hat mir geholfen einfach Gelassenheit reinzubringen. Feststellen dass der eigene Hund zu mir passen muss und nicht zu den Erwartungen anderer Menschen.


    Ein bisschen mehr Gelassenheit meinerseits wünsche ich mir noch, aber ich denke tatsächlich ich bin auf einem guten Weg. :hurra:

  • Ich glaube, hier muss ich mal nachlesen :D


    Ich war als Finya eingezogen ist super schnell auf 180, aber sie war mir da eine SEHR gute Lehrmeisterin und hat mich was Tiere und ihre Special Effects angeht zu einem sehr entspannten Menschen gemacht. Mich schockt kaum was.

    Finya hatte in den ersten Jahren eine heftige Angstaggression gegenüber fremden Menschen und Hunden. Sie hat also draußen sehr viel und laut randaliert, gleiches wegen Wild, Kindern oder sonst was. Ich hab letztlich angefangen vor mich hinzusingen. Sehr gerne Pippi Langstrumpf oder Abba. Einfache gute Laune Melodien halt.


    Und dann kam Frodo...mein kleines wahnsinniges Genie. Er treibt mich auch jetzt nach 5,5 Jahren noch mit seinem Gekläffe in den Wahnsinn. Ich bekomme es nicht abgestellt, weil er keine richtigen Auslöser hat an denen man trainieren könnte. Er bellt einfach so wegen nichts und allem.

    Er kläfft sich nicht in Rage, aber diese einzelnen Beller von ihm sind so schrill und durchdringend, dass ich jedes Mal zusammenzucke, weil es einfach aus dem Nichts kommt. Klug wie er ist, nutzt er das oftmals um Aufmerksamkeit zu bekommen und so sehr ich mich auch bemühe es konsequent zu ignorieren - es geht nicht. Ihm reicht das kurze Zusammenzucken leider als Bestätigung völlig aus :muede:

    Was ich ihm da manchmal für Flüche an den Kopf werfe, ist jenseits jeglicher Gelassenheit.

    Es ist aber auch einfach unlustig, wenn einem Finya fast vom Arm purzelt, weil Frodo meint, dass er sich jetzt aus dem Nichts mal ordentlich aufregen muss :wallbash:


    Wenn hier also jemand Tipps hat um meine innere Mitte und meinen Buddha in diesen Situationen zu finden - bitte her damit!!

  • Wenn hier also jemand Tipps hat um meine innere Mitte und meinen Buddha in diesen Situationen zu finden - bitte her damit!!

    ...vielleicht helfen temporär ein paar Ohropax 😉. Zumindest in den Situationen, wo man sich eigentlich entspannen will und der Hund aus Langeweile anfängt diese Faxen zu machen. 😉 Damit kann man vielleicht in den Situationen etwas Ruhe reinbringen, wenn er merkt, dass es keine Wirkung mehr hat. Und wenn das funktioniert, kann man das auch mal in anderen Situationen machen. Dann muss man die Dinger nicht permanent drin haben.


    Aber ne andere Idee wüsste ich auch nicht 😉.

  • Finde den Thread auch toll.

    Es gibt ja auch die andere Seite. Manchmal bin ich zu gelassen oder vielleicht habe ich auch ein zu großes Wurschtigkeitsgefühl. Das wirft uns auch manchmal zurück, weil ich dann Dinge laufen lasse und nicht konsequent genug bin. Beispiel Buddeln. Ist mir meistens wurscht und wenn mal nicht, muss ich ihr erst mal verklickern, dass eben heute nicht... Könnte man einfacher haben.

    Weiß ich aber auch, dass ich da selber Schuld bin und nicht der Hund

    Überhaupt mache ich mir nicht tagelang einen Kopf, wenn etwas mal blöd gelaufen ist. Passiert halt.

    Darüber, was andere Hundehalter über uns denken, denke ich nicht nach. Ich bin freundlich im persönlichen Kontakt und solange sie das auch sind, dürfen sie denken, was sie wollen.

  • Ich kann nur ganz pragmatisch sagen, dass ich schon sehr früh entschieden habe, dass Hundehaltung für mich kein Wettbewerb ist. Ich messe mich und meinen Hund an nichts und niemandem.

    Ich habe mich vor der Übernahme des Hundes im Juni 2007 in Form und Umfang so informiert, wie ich es für sinnig gehalten habe und hatte somit einen sehr entspannten Start mit dem Tierchen, das nichts kannte und konnte.

    Seine Ausbildung hat großen Spaß gemacht, vor allem aber auch das Lernen über ihn, weil es einfach stressfrei war.

    Rein faktisch habe ich nach 2010 nichts notwendiges mehr trainiert, weil der Hund "alltagsfertig" war.

    Jetzt mit 16einhalb ist das Tierchen zwar taub und niereninsuffizient aber immer noch für jeden Spaß zu haben, verfressen wie nix gutes und weiß immer noch wie man sich gut benimmt :nicken:

    Ich kann nur den Schluss ziehen, dass ich vieles zumindest grundsätzlich richtig gemacht und in seinem Tempo absolviert habe.

    Eine Herausforderung war und ist das Tierchen allemal, aber eine die viel Spaß macht und an der wir alle (zusammen)gewachsen sind.

  • ...vielleicht helfen temporär ein paar Ohropax 😉. Zumindest in den Situationen, wo man sich eigentlich entspannen will und der Hund aus Langeweile anfängt diese Faxen zu machen. 😉 Damit kann man vielleicht in den Situationen etwas Ruhe reinbringen, wenn er merkt, dass es keine Wirkung mehr hat. Und wenn das funktioniert, kann man das auch mal in anderen Situationen machen. Dann muss man die Dinger nicht permanent drin haben.


    Aber ne andere Idee wüsste ich auch nicht 😉.

    Problem ist, dass Bellen selbstbelohnend ist. Mein Emil ist ja ein bellfreudiges Kerlchen. Ignoriert man ihn, findet er das großartig, ist ja ein Freifahrtschein. Was bei ihm hilft ist der Abbruch der Aufregung. Von mir halt ein deutliches ICH WILL DAS NICHT.

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