Unser Hund beißt Besuch!

@Buttercup99 , korrekt wäre : ich bin enttäuscht von mir, weil ich wieder einmal meinen Hund bedrängt habe, obwohl ich inzwischen weiss, dass er massive Probleme mit körperlicher Nähe hat!

So wird ein Schuh daraus! Jerry war in Panik, und dadurch, dass du ihn zusätzlich bedrängt hast, hast du ihn noch mehr verunsichert.

Beissen ist für Hunde die Ultima ratio, schade, dass es dazu kommen musste.

Ihr habt einen Hund gekauft (retten ist ein Problem im Kopf der Besitzer - für den Hund habt Ihr in bloß gekauft wie ständig und überall welche gekauft werden) und stellt jetzt fest, dass Ihr damit überfordert seid. Da ist es nur fair und ligitim die Reißleine zu ziehen und ein Zuhause mit sachkundigen Händen zu suchen. Oder soll es erst einen Biss geben, der jemanden nachhaltig verletzen wird?

Ihr wisst nicht was ihr tut, wie ihr reagieren sollt und glaubt von eurem Newbie Jerry, der gerade zwei Monate bei euch lebt, dass er von sich aus alles -na okay ziemlich vieles- ertragen wird und kann.

Der Hund ist ebenso überfordert wie ihr!

Deine Naivität '... ich lege die Hand für ihn ins Feuer, dass... usw.', solltest du dir bitte sofort abschminken.

Ich weiß gar nicht, wer sich in eurem Dreiergespann in größeren Schwierigkeiten befindet

In dem du anfängst eine Bindung auf zu bauen und mit dem Hund zu arbeiten. Der Hund weiß nichts von "Ich wurde gerettet" es ist ein Tier.

Zitat

Wie soll ich jetzt wieder uneingeschränkt vertrauen

SOLLST DU NICHT!!

Du sollst endlich lernen, was es bedeutet, einen Hund zu besitzen. Du sollst lernen, seine Körpersprache zu lesen. Du sollst lernen, ihn einzuschätzen. Jerry soll dir vertrauen können, nicht umgekehrt. Du bist der Mensch, er der Hund.

Dann mal ganz deutlich:
Ihr habt den Hund von irgendwo geholt. Vielleicht ging es ihm dort schlechter, vielleicht auch nicht! So wie er jetzt gerade lebt, geht es ihm nicht gut! Ja, diese Aussage wage ich! Ein Hund, der in so kurzer Zeit so oft beissen muss, ist ne arme Socke!! Ja klingt wieder mal sehr hart, aber egal.

Und wenn das so weiter geht, dann wird es eines Tages ne Anzeige geben/Meldung ans Amt gehen und dann war es das zu 99%! Dann heißt es nämlich ab zum Wesenstest und da muss der Hund sowas von sauber geführt werden. Ansonsten gibts ne Einstufung zum gefährlichen Hund! Das heißt dann Maulkorb- und Leinenzwang + ggf. deutlich erhöhte Steuer! Und das ist dann nicht Jerrys Schuld. Da habt ihr ihn hingebracht!

Ihr vermenschlicht diesen Hund. Deshalb:

Wenn du hinten an einem Pferd vorbeigehst, dem auf die Kruppe klatschst und das schlägt nach dir aus, bist du dann enttäuscht vom Pferd? Nein, oder? Es ist schließlich ein Pferd, und Pferde schlagen aus, deshalb stellt man sich nicht dahinter, und erschreckt es von dort aus schon gar nicht.

Du gehst über eine Wiese und siehst eine Kuhherde. Eine Kuh hat gerade ihr Kalb auf die Welt gebracht. Gehst du jetzt hin und kuschelst mit dem Kalb? Nein. Und warum? Weil die Mutter ihr Kalb schützen wird und das gefährlich wäre. Weiß man (üblicherweise).

Und dein Hund ist ein Hund. Man umarmt keinen panischen Hund mit unklarer Vergangenheit, der schon gebissen hat. Ihr verkennt ihn absolut als das, was er ist. Für euch ist er jetzt "Jerry", den ihr gerettet habt, der jetzt bitte ein kunterbuntes Leben mit viel Besuch und als euer allerbester Freund führen soll. Ihr gönnt ihm aber nicht, das zu sein, was er ist: Ein Hund, der schon ein Leben hatte. Der Erfahrungen gemacht hat und entsprechend seiner Natur als Hund reagieren wird. Ein Tierschutzhund ist eine Aufgabe und man muss damit rechnen, dass man sein Leben mindestens eine Weile, wenn nicht sogar dauerhaft umkrempeln muss.

Euer Hund hat sich das neue Leben bei euch nicht ausgesucht und muss jetzt damit klarkommen, dass ihr Erwartungen habt, die er nicht versteht. Und du bist enttäuscht von ihm, weil er die Rolle, die du ihm anerdacht hast, nicht erfüllt? Siehst du, wie extrem unlogisch das ist?

Ihr seid leider auf dem besten Weg, ihn zu einem Problemfall zu machen, wenn ihr nicht endlich aufwacht und umdenkt. Kauf dir ein paar Bücher, schau Videos, macht endlich!

Dieser Hund hat nicht um dieses neue Leben gebeten! Er ist euch nichts schuldig! Ihr seid verantwortlich für alles, was er tut!

Mehr kann ich dazu nicht sagen.

Wir haben 2 "gebrauchte" Hunde, die wir erwachsen aus dem Tierheim übernommen haben. Einer davon hat auch die Neigung, sich übergriffige Menschen mit Beißen vom Leib zu halten.

Situationen wie Festhalten am Geschirr, Einpacken in die Autobox, versehentliches Treten, weil er einfach zu dicht bei einem stand, Hochheben, Abtrocknen, Augen säubern, Impfen beim Tierarzt, haben alle zu Bissen oder Schnappen geführt.

Es wird besser, wenn das Vertrauen wächst. Er ist jetzt 10 Monate bei uns und lässt viele der o.g. Dinge nun über sich ergehen, es wird allenfalls mal gebrummt bzw. geknurrt.

Kürzlich hing er aber wieder einer Freundin, die er sehr gern mag, am Hosenbein, weil die ihn beim Aufstehen übersehen hatte und ihm auf die Pfote getreten ist...

Er ist wirklich ein goldiger, lieber Hund, aber diese Angewohnheit wird er wohl nicht mehr komplett ablegen, fürchte ich.

Es ist ok für uns, der Hund ist wie er ist und wir akzeptieren, so gut es geht, seine Grenzen. Aber ganz ehrlich, zwischendurch habe ich schon mal gezweifelt, ob ich das möchte...

Ich finde es toll, wie offen und lernwillig Du mit der Situation und dem Hund umgehst und hoffe sehr, dass Ihr das schafft.

Frohes Neues!