Leinenaggression bei anderen Hunden - jetzt auch bei Erwachsenen bzw. Kindern

  • Ich fürchte, ohne es irgendwie böse zu meinen, das ist der falsche Hund am falschen Platz. Einer der laut Zuchtziel kontrollieren soll, mit fraglicher Vorgeschichte, in einem total unruhigen Umfeld unter der Führung von Anfängern, von denen eine Bezugsperson - verständlicherweise! - schon total verunsichert ist. Mir würde da auch nichts einfallen als konsequent Maulkorb und Leine, Hilfe holen und noch einmal ganz in Ruhe überlegen , ob diese Kombination wirklich eine gute Idee ist.


    Übrigens: ein Hund beißt nicht "unbewußt" - der weiß auch in Wut sehr genau, wo's geht und wo nicht.

    Ich habe eine Jugendzeit mit einem Jagdterrier verbracht, der auf andere Hunde wirklich wie ein Axtmörder reagieren konnte. Stopptest du den am Geschirr, fuhr er auch erstmal rum wie eine Natter, um hinten zuzufassen - und entschied sich dann in Nanosekundenbruchteilen: Einige Leute, darunter sein Frauchen, biß er tatsächlich, bei anderen schnappte er nur in die Luft.

    Und als ich meinen jetzigen Hund - sehr, sehr dummerweise - während einer Beißerei spontan mit den Händen gepackt habe, fuhr er zwar panisch schnappend herum, nahm aber sofort so viel Druck weg, dass ich den Kiefer kaum gespürt habe - ein blitzschnell korrigierter Irrtum.


    Es ist also eher nicht so, dass sich ein wütender Hund absolut nicht mehr kontrollieren kann - der weiß schon, was er tut. Und in diesem Fall geht es ja nicht um Leben und Tod-Beißereien, sondern "nur" um Leinenpöbeln. Da gibt's eher kein "unbewußt".

  • Ich zitiere immer wieder gerne den klugen Satz von flying-paws:


    "Genetik kann man nicht betrügen."


    Und der passt m. E. auch hier.


    charlesmarquez: So, wie ich Deine Beiträge lese, hat der Hund kein Problem durch mangelne Führung, sondern schlicht und ergreifend dadurch, dass er im falschen Leben gefangen ist, sprich, in der Großstadt mit viel zu wenig Platz und bei Anfängern, die ihn nicht richtig zu lesen wissen.


    Schau Dir Videos an von dem, was Pulis in Ungarn (oder sonstwo, wo viel Platz, Vieh und wenig Menschen sind) tun, dann bekommst Du vielleicht eine Ahnung davon, was ich meine.


    Du kannst nicht unpassende Lebensbedingungen durch Training kompensieren, und die Ratschläge, die hier gegeben werden, finde ich z. T. unpraktikabel. Ich meine, Du und Deine Partnerin, Ihr habt einen ganz "normalen" Vollzeitjob, selbst wenn Du von zu Hause aus arbeitest? So war es doch, oder?


    D. h. Ihr habt dann frei und Zeit für Hundespaziergänge, wenn viele andere Menschen auch frei haben, z B. am Wochenende, und dann kommt bei schönem Wetter alles aus den Löchern gekrochen, was Beine hat, und öffentliche Räume sind einfach voll.


    Auch den immer wieder gerne gegebenen Tipp mit dem "Rausfahren" finde ich angesichts der Verkehrsverhältnisse in den meisten Großstädten nicht auf Dauer praktikabel. Da muss der Hund die Bürozeiten über stillhalten und soll dann erst ins Auto gepackt werden? Wie schnell steht man genauso lange, wie man fährt, wenn man in die Stadt rein oder aus ihr raus will?


    Ich habe kein Problem damit, einen Hund mit Maulkorb und kurzer Leine zu sichern - aber ihn nur in ständiger Hab-Acht-Haltung führen, damit er niemanden schädigt? Das kann doch kein Dauerzustand sein, ihn ständig bedrängen und einengen zu müssen.


    Ich bin da ganz bei flying-paws:


    "Angesichts der Rasse liegt es nahe, dass der Hund die anderen Menschen (in Ermangelung von Vieh) unter Kontrolle halten möchte und bald nicht mehr davor zurückschrecken wird, dafür auch die Zähne zu benutzten. Es ist daher unbedingt notwendig sofort einen gut sitzenden Maulkorb zu besorgen und diesen immer zu benutzen sobald fremde Menschen anwesend sind."


    Für mich sucht sich die Genetik Deines Hundes ein Ventil.


    Caterina

  • Übrigens: ein Hund beißt nicht "unbewußt" - der weiß auch in Wut sehr genau, wo's geht und wo nicht.


    sondern "nur" um Leinenpöbeln. Da gibt's eher kein "unbewußt".


    Würde ich nicht so unterschreiben. Ich glaube es gibt Hunde, bei denen auch bei "nur" Leinenpöbeln sämtliche Sicherungen durchbrennen und die wirklich nicht mehr wissen wo oben und unten ist.

    Deshalb ist es ja oft dann so schwer ein Fuss in das Verhalten zu bekommen.

    Wenn z.B. Panik und Angst das ist, was das Pöbeln auslöst, kann ich aus eigener Erfahrung als Mensch sagen, dass man da ab einem gewissen Punkt, neben sich steht.


    Ob das hier der Fall ist, keine Ahnung.

  • Ich schliesse mich den Vorschreibern an... so hart es auch tönt, aber da sitzt der falsche Hund am falschen Ort bei falschen Besitzern.


    Habt Ihr Euch vorher mit der Rasse des Puli auseinander gesetzt, war Euch vorher bewusst, was Ihr da für einen Hund zu Euch holt? Das ist nämlich die wichtigste Voraussetzung, wenn man neu einen Hund zu sich nimmt, dass man die genetischen Voraussetzungen abcheckt und überlegt, ob die Eigenschaften überhaupt in Euer Leben passt.

    Man kann nicht alles, was genetisch verwurzelt ist seit Jahrhunderten einfach durch "Erziehung" auslöschen und aus einem temperamentvollen, eigenständigen Hütehund einen treuen, braven Stadt-Begleiter machen. An dieser Aufgabe werdet Ihr verzweifeln, ganz abgesehen davon, dass es auch noch gefährlich werden kann für Euch und Eure Umgebung.


    Hier nur grad die erste Beschreibung des Pulis, die ich gefunden habe:


    Zitat

    Selbstständig, willensstark, wachsam, mutig und laut bellend verteidigen diese ursprünglichen Arbeitshunde in ihrer Heimat Ungarn die ihnen anvertraute Herde oder ihr Territorium und sind dabei fremden Menschen und Tieren, auch anderen Hunden gegenüber misstrauisch. Sie sind beweglich, schnell, lernbegierig und ausdauernd. Als Gebrauchshunde arbeiten Pulik als Hütehunde für Kleintiere, Borstenvieh und Geflügel, die Herden in der Größe von Hunderten von Tieren zusammenhalten können. Daher auch das ausgeprägte Treibverhalten mit Fixieren, Beißen in die Fersen und Verbellen. Bei einem reinen Haushund kann diese Bellfreude jedoch gelegentlich zum Problem werden.

    Quelle: Wikipedia


    In andern Quellen findet man die Angabe, dass sich ein Puli nicht für eine Haltung in der Stadt eignet, sondern eine grosszügige Umgebung benötigt, vermutlich so, wie er vorher lebte.


    Es ist sehr hart, auf dem Boden der Tatsachen zu landen, aber ich würde an Eurer Stelle schauen, ob Ihr ihn zurückgeben könnt(?) oder dass Ihr Euch an den Deutschen Puliclub wendet, der Euch hoffentlich bei der Vermittlung behilflich sein kann.

  • du scheinst an einem Ort zu wohnen, wo es sehr viele unerzogene Kinder zu geben scheint. Und "Laissez-faire" Eltern....


    Es ist ja nicht so, das mir keine Kinder begegnen, die gerne zu Samson hin wollen... aber ich lasse es eigentlich nie so weit kommen. In deinem ersten Beispiel, da hätte ich den Hund auf die andere Seite genommen und wäre zügig ausgewichen. Zu deinem zweiten Beispiel, ich hätte vermutlich blitzschnell die Beine zusammen geklemmt.... "upps"... nein, im Ernst, wenn ich weiß, das mein Hund Kinder nicht leiden kann und grundsätzlich eher ein Angsthund ist, dann bleibt er eben öfter zuhause, wenn ich einkaufen gehen muss, wenn ich weiß wie unerzogen die Kinder in meiner Umgebung sind. Oder ich werde einfach deutlich.

    Nicht zwangsläufig, es ist leider mittlerweile so, dass man sehr oft die Kinder anderer Leute mit erziehen muss, weil die Eltern denken, die Herzchen dürfen alles. Wie oft ich mir schon anhören durfte, dass meine "Bestie" nicht in die Öffentlichkeit darf oder gefälligst nen Maulkorb anziehen soll, nur weil ich gewagt habe, ein Anfassen meines Hundes zu verbieten, kann ich nicht mehr zählen. Und DAS NERVT!

    Meine Angsthündin war sehr gut in der Lage, im Zoogeschäft mit mir einkaufen zu gehen. Sie lernte von mir (erst anderthalb Jahre im Tierheim und danach bei mir zu Hause), dass ich sie beschütze, und war später mit erwachsenen, nüchternen Menschen total neutral, weil sie gelernt hatte, diese zu lesen. Kinder und Betrunkene gingen halt nie. Logisch, denn die sind laut, unkoordiniert und schwer zu lesen. Ich bin eher der Meinung, dass jeder seine eigenen Schutzbefohlenen (sei es Hund, Kind, Katze, betrunkener Ehepartner oder Hausente) bei sich zu behalten und dafür zu sorgen hat, dass dieser niemand Fremden belästigt. Angsthündin immer zu Hause zu lassen hätte uns im Training nicht weitergebracht. Und auf die Idee, dass jemand sein Kind zwischen den Beinen einer fremden Person durchfassen und nen fremden Hund streicheln lässt, bin ich ehrlich gesagt nie gekommen.


    Ausweichen ist nicht immer möglich. Und viele Menschen hören nicht, wenn man ihnen sagt, dass sie das lassen sollen. Darum WERD ich ja deutlich. Ist dann auch nicht recht, dann bin ich die blöde Kuh. Damit kann ich leben und meine Hunde auch, die wissen nämlich, dass ich auf sie aufpasse.

    Nur das wollt ich damit sagen: Ich sprech nicht mehr freundlich mit den Passanten, ich geb klare Anweisungen, was mein Eigentum betrifft (und rechtlich sind meine Hunde genau das - oder fasst hier jemand einfach die Handtasche oder das Auto eines Fremden an?), lotse den Hund zur Not mit festgehaltenem Kopf oder ner Faustvoll Futter vorbei und geh meiner Wege.

  • Bezüglich ob ein Hund unbewusst beißt - nein, tut er nicht.

    Es kann im Eifer mal an die falsche Stelle gehen, es kann besonders bei jungen Hunden mal die Kraft überschätzt werden, aber damit ist dann auch genug an Ausreden gefunden.

    Ich kenne einen Hund, der nach dem Ball geschnappt und Frauchens Gesicht erwischt hat, weil er im Flug den Schwung nicht korrekt abgeschätzt hat. Ja, sie hat Narben, aber hätte der Hund das nicht bemerkt was er da schnappt, wäre die komplette Wange weg (und Frauchen imho übrigens selbst schuld, weil sowas von blöd die Aktion).

    Mailo landet beim Versuch, Ball oder Wasserstrahl zu töten gerne mal in meinen Fingern. Und bremst jedes verdammte Mal den Kiefer schnell genug ab, damit nichts mehr als ein winziger Hautratsch oder ein kleines Fleckchen passiert. Meist blutet es nicht mal. Würde er das nicht können, nicht bemerken, nicht wollen - ich hätte keine Finger mehr. Also buchstäblich nicht mehr, der Köter hat Kraft im Kiefer, da möchte ich nicht dran denken.


    Hier gehe ich mit den anderen mit - nicht jeder Hund muss alles können. Mit dem richtigen Halter und der richtigen Ausbildung können viele Hunde fast alles, aber man muss Tierfreund genug sein um zu akzeptieren, dass der eigene Hund vielleicht mit bestimmten Situationen unglücklich ist und das eben so kommuniziert.

    Mailo würde ich zB nie mehr auf Weihnachtsmärkte oder schlimmer noch Kirmes mitnehmen. Besonders abends. Große Horrorvorstellung - Oktoberfest.

    Nervlich packt der Hund das. Vom Gehorsam ebenfalls. Und ich führe definitiv umsichtig genug, dass er niemanden auch nur anatmen kann.

    Meiner mag keine alkoholisierten Menschen, besonders nach Bierkonsum. Sieht man ihm an. Er kann es über Gehorsam deckeln, wenn ich das verlange, aber das muss er doch gar nicht.

    Er mag keine dicht kommenden Hunde mehr. Muss er auch gar nicht, es ist meine Aufgabe, da seinen Abstand zu sichern.

    Genau wie Sunti es auch macht - Ich habe den Hund mit meinem Körper abgeschirmt, notfalls mit Futter oder Ball und wenn gar nichts mehr geht, dann packe ich mir den ganzen Kopf und bugsiere den Blick weg vom Objekt der Begierde. Klappt selbst in geschlossenen Räumen und Bahnen hervorragend.

    Und weil er das weiß, kann er relaxt bleiben. Der geht nicht nach vorne, weil er es schlicht nicht muss.

  • Sollten Kinder meinen Hund absichtlich ärgern, würde ich auch extrem ungemütlich. Aber darum ging es doch hier gar nicht, sondern um Grundschulkinder, die zufällig vorbeikamen und sich selbst vor dem Hund erschreckt haben und ja, sowas kann immer mal wieder vorkommen!

    Zu dem Thema falscher Hund im falschen Umfeld: Mag sein, dass ihr Recht habt. Aber ich finde es etwas hart direkt zu sagen, der Hund sollte zurückgegeben werden. Es kommt halt auch drauf an, wie sehr man bereit ist sich anzupassen.

    In Rage um sich beißen: Ja, hat mein Hund auch gemacht. Es ist eine Übersprungshandlung. Ein Hund kann beim "nur" Leinepöbeln genau so rot sehen, wie in einer richtigen Beißerei.

  • Es kommt halt auch drauf an, wie sehr man bereit ist sich anzupassen.

    Es geht nicht um den Menschen, sondern um den Hund.

    Wenn von einem eigenständigen, wachsamen Hütehund plötzlich verlangt wird, er müsse jetzt in der Stadt leben und sich benehmen wie ein braver, normaler Familienhund, dann ist das halt einfach zuviel "Anpassung" vom Hund verlangt. Wenn er dann nur noch sozusagen "gefesselt und geknebelt" draussen herumlaufen darf, dann ist es einfach egoistisch und unfair dem Hund gegenüber, ihn zu diesem Stadtleben zu zwingen.


    Viele HH vergessen immer wieder, dass ein Hund nicht einfach "Hund" ist, sondern je nach Rasse ganz spezifische Eigenschaften und Verhaltensweisen mit sich bringt, die man berücksichtigen sollte.

  • Es geht nicht um den Menschen, sondern um den Hund.

    ICH spreche aber vom Menschen!

    Wenn von einem eigenständigen, wachsamen Hütehund plötzlich verlangt wird, er müsse jetzt in der Stadt leben und sich benehmen wie ein braver, normaler Familienhund, dann ist das halt einfach zuviel "Anpassung" vom Hund verlangt. Wenn er dann nur noch sozusagen "gefesselt und geknebelt" draussen herumlaufen darf, dann ist es einfach egoistisch und unfair dem Hund gegenüber, ihn zu diesem Stadtleben zu zwingen.

    Ja, eben genau davon rede ich doch.:ka: Man kann umziehen, den Hund so trainieren, dass er möglichst viele Freiheiten hat, ihn rassengerecht beschäftigen usw.. Ist halt die Frage, ob man das will.

  • Das ist zwar jetzt ein bisschen OT bezüglich Kindern, aber

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