Menschen essen, Hunde fressen, ...

  • Warum essen und trinken Menschen, Hunde/Tiere aber fressen und saufen im Sprachgebrauch der Menschen? Weshalb werden tote Menschen Leichen genannt, tote Hunde/Tiere aber Kadaver bzw. auf dem Teller Braten? Manche Menschen benutzen sogar das Wort krepieren, wenn es um das Sterben von Tieren geht. Weshalb diese sprachliche Arroganz der Menschen, wenn es um das Gleiche geht, aber Tiere betrifft?
    Was könnte die Ursache für diese sprachliche Abgrenzung sein? Weil Menschen daran glauben, daß sie wirklich die Krone einer göttlichen Schöpfung sind und nicht nur der "dritte Schimpanse"?
    Man soll Hunde/Tiere nicht vermenschlichen, klar, aber muß das auch in der Sprache abwertend zum Ausdruck gebracht werden? Wie haltet ihr das sprachlich, - bewußt oder unbewußt?

  • Ehrlich gesagt ist das ein Thema, mit dem ich mich wenig beschäftige.
    Unter Reitern gibt es den netten Spruch: „Es trinkt der Mensch, es säuft das Pferd, bei manchen ist es umgekehrt“.


    Beim Thema Nahrungsaufnahme unterscheide ich durchaus zwischen Fressen/Essen. Den Unterschied mache ich anhand der Manier der Nahrungsaufnahme fest. Wenn meine Tiere Futter sehen, gehen sie hin, hauen sich die Backen voll und legen keinen Wert darauf, ob dabei vlt was wieder zurück in den Behälter fällt oder nicht, das wird dann beim nächsten Schub oder am Ende eben mitgegessen. Das ist für mich fressen.
    Den Begriff verwende ich aber ebenso dafür, wenn zB ein Mensch sich über Chips oder Popcorn hermacht, die Krümel links und rechts fliegen und darauf nicht geachtet wird. Würde mein Kind so Nahrung zu sich nehmen wäre das auch fressen. Und manchmal fresse ich auch - wenn ich (wie heute) eine Mahlzeit um 6 und die nächste um 21 Uhr bekomme, dann ist um 21 Uhr kein kultiviertes Essen mehr dran.


    Trinken ist für mich trinken, saufen ist unkontrolliertes Aufnehmen von Flüssigkeit.


    Tote Tiere sind für mich Leichen, so wie Menschen auch. Und da mache ich auch keinen Unterschied beim Essen - wenn ich totes Tier auf dem Teller haben will und einen Clown gefressenen habe, nenne ich das auch durchaus totes Tier auf meinem Teller.


    Und krepieren ist für mich ebenfalls in beiden Fällen, Mensch und Tier, würdeloses, elendes, leidvolles Sterben. Alles andere ist eben Sterben.

  • Warum heißt der Mensch Mensch und der Hund Hund? :ka:

  • Was könnte die Ursache für diese sprachliche Abgrenzung sein?

    Würden wir hohen Wesen das nicht tun, könnten wir keinen Raum für uns einnehmen.
    Wären wir alle gleich, wären wir genau so ...wertlos.


    Oder aber ganz anders :smile:


    Fressen und saufen ist (für mich) die Umschreibung von masslosem konsumieren.
    Manchmal fresse ich Mac-Food. Das muss ich fressen weil wenn ich es langsam und anständig esse, hat nicht alles Platz.
    Also fresse ich es, damit ich schneller bin als mein bitte-hör-auf-ich-bin-voooooll!-Magengefühl.


    Saufen ist für mich entweder schnell viel trinken (eigentlich mehr als gut wäre oder mehr als ich eigentlich aufs Mal kann) aufs Mal oder aber flüssige Dinge masslos konsumieren, die mir halt nicht gut tun, Alkohol zum Beispiel.
    Da sagt unser Dialektwort des Resultats - e Suff - eigentlich auch schon :smile:


    Vielleicht ist es gar nicht abwertend, vielleicht ist es einfach die Umschreibung, dass eine Kuh nicht mit dem Strohhalm vor sich hinzuzelt alle drei Minuten drei Schlückchen, sondern dass sie ihr Bedürfnis nach Wasser inner kürzester Zeit nicht wirklich elegant stillt.
    Dass Hundchen nicht fünf kleinere Mahlzeiten elegant und langsam zu sich nimmt, sondern schlingend runterfrisst, was grad da ist.


    Was helfen kann (zumindest mir oftmals hilft), ist die Worte und deren bedeutungen in andern Sprachen genau anschauen.
    Manchmal gibt einem das eine Inspiration :smile:


    Ich bin ja ein totaler Fan von Redewendungen und Dialekten, Sprache(n) allgemein ist für mich etwas Heiliges.
    Mein Dialekt ist extrem rüde. Beispiel:
    Wir haben keinen Mund, das Wort existiert bei uns nicht, wir haben ein Maul (Muul).
    Sagen wir nun also "tue ds Muul uf!" heisst das nichts anderes als "möchtest du nicht erzählen, was dich bedrückt? Vielleicht geht's dir dann besser."
    Die unhöfliche Variante wär tue d'Schnure abenang!
    Schnure ist einerseits das normale Wort für sprechen (nicht für Sprache...), andererseits unser unschönes Wort für Muul (Mund) :lol:
    Das heisst etwa soviel wie "los, red endlich!"
    Wenn wir "hock ab!" sagen, ist das eine freundliche (!) Einladung, es sich gemütlich zu machen :smile: In andern Kantonen guckt man uns schon fast beleidgt an weil abhocke ist unhöflich :ka:
    Gringweh sagen wir dem Kopfweh und Gring / Grind ist in andern Kantonen ein Schimpfwort für Kopf. Bei uns nicht.
    Mein Schatz kommt aus einem andern Kanton und es ist wundervoll, zusammen bewusst zu be-merken wie unterschiedlich unser Wortgebrauch ist.


    Drum: saufen und fressen sind vielleicht einfach nur genauere Umschreibungen für eine Tätigkeit.
    Nicht wertend, nicht be-wertend.
    Nur erklärend, damit wir besser wissen (könnten) worum es genau geht :smile:

  • Worte haben nur das Gewicht, dass der Sprecher in sie legt.

    Nein, sicher nicht! Warum werden sonst bestimmte Worte heute zB als rassistisch angesehen, früher als "normal" galten? Warum werden in jeder Diktatur Taten beschönigend bezeichnet? Warum gibt es "Sprachwissenschaften"?


    Sprache beschreibt unsere Realität und beeinflusst diese gleichzeitig. Sie beeinflusst unser Denken und unser handeln. Und wird darüber auch wieder beeinflusst.



    Zur Ausgangsfrage:
    Wir bewegen uns hier vermutlich im Bereich des Anti-Speziesmus. Und damit der Frage, sind alle "Spezien" gleich viel wert oder darf es das Recht einer Spezie sein, sich über andere zu stellen. Ich finde das eine spannende Frage. Denn auf der einen Seite, bedeutet mAn das "die eigene Spezie über andere stellen" einen Art-Erhalt. Wenn der Löwe immer sagen würde "Ach du liebes Gnu hast auch recht zu leben" würde er vermutlich bald aussterben. ;)
    Auf der anderen Seite hat das Verhalten des Menschen nichts mehr mit notwendigem Art-Erhalt zu tun.



    Und zu der Frage des umbenennens verweise ich immer gerne auf die Theorie des Karnismus von Melanie Joy.
    Vereinfacht und zusammenfassend sagt sie: Dem Mensch als grundsätzlich empathisches Wesen wäre es -außerhalb von Notzeiten- nicht möglich, Fleisch zu essen, wenn er bei jedem Bissen denken würde, wie süß Kälber auf der Weide spielen oder wie knuffig Ferkel sind. Es ist okay, Nutztiere zu essen - Haustiere sind verpönt. Welche Tierart in welche Kategorie fällt, ist kulturell bedingt unterschiedlich und hat nichts mit der "Verträglichkeit" für den Menschen zu tun. Hundefleisch ist nicht giftig für uns - aber einer Einladung zu lecker Goldie-Gulasch würden vermutlich nur sehr wenige folgen. :pfeif:
    Sie geht weiter davon aus, das diese "Abspaltung" schon sehr früh gefördert wird und durch Politik & Fleisch-Lobby gefördert wird.


    Ich finde die Theorie sehr spannend! Und merke zumindest bei mir, das viele Sachen zutreffen bzw. zugetroffen haben. Beispielsweise "Nicht darüber nachdenken" oder das in ihrem Buch beschriebene "Experiment" mit ihren Studierenden, welche Attribute mir zu Haus- bzw. Nutztieren einfallen.

  • Deine Frage ist nicht eindeutig.


    Warum? - Im Sinne von "wie ist es entstanden", woher kommt das - ist eine kulturhistorische Fragestellung. Da muss man sich mit dem christlich-abendländischen Menschenbild, dem Gedankengut der Aufklärung, der Dichotomie Natur/Kultur auseinandersetzen. Die unterschiedliche Terminologie ist Ausdruck dieser Dichotomie.
    Selbstverständlich ist das Menschenbild, und damit auch seine Abgrenzung, also die Definition des "Anderen", ständig im Fluß und in Bewegung, verändert sich, es ist ein anhaltender Diskurs. Und zu diesem Diskurs gehört auch eine Frage, wie du sie stellst.


    Worauf du abzuzielen scheinst, ist ja eine ethisch-moralische Bewertung - bzw. die Forderung nach einer Neubewertung des Verhältnisses von Kultur/Natur und Mensch/Tier.


    Das ist Gegenstand des anhaltenden gesellschaftlichen Diskurses (siehe oben), da gibt es jede Menge unterschiedlicher Positionen. Da kann jetzt jeder seine eigene Position darlegen; dass es keine für alle gültige Antwort gibt, liegt ja auf der Hand.

  • Hunde sind nunmal keine Menschen.
    Sie essen nicht mit Messer und Gabel.
    Mich nervt diese Wortklauberei insgesamt ziemlich, nicht speziell hier im Thread, sondern bezüglich etlicher aktueller Themen.
    Muss man denn in jedes Wort gleich irgendeine Benachteiligung reininterpretieren???

  • Warum essen und trinken Menschen, Hunde/Tiere aber fressen und saufen im Sprachgebrauch der Menschen? Weshalb werden tote Menschen Leichen genannt, tote Hunde/Tiere aber Kadaver bzw. auf dem Teller Braten? Manche Menschen benutzen sogar das Wort krepieren, wenn es um das Sterben von Tieren geht. Weshalb diese sprachliche Arroganz der Menschen, wenn es um das Gleiche geht, aber Tiere betrifft?
    Was könnte die Ursache für diese sprachliche Abgrenzung sein? Weil Menschen daran glauben, daß sie wirklich die Krone einer göttlichen Schöpfung sind und nicht nur der "dritte Schimpanse"?
    Man soll Hunde/Tiere nicht vermenschlichen, klar, aber muß das auch in der Sprache abwertend zum Ausdruck gebracht werden? Wie haltet ihr das sprachlich, - bewußt oder unbewußt?

    Solange Menschen so sprechen, wird es in den Köpfen bleiben.
    Ich gebrauche diese Worte nicht.


    Ich spreche von essenden und trinkenden Tieren, von schwangeren Tieren usw.
    Wenn man betrachtet, wie ruhig und sanft ein Pferd sein Heu kaut, und dagegen einen Menschen vergleicht, der sein Essen herunterschlingt, dabei Fernsehen schaut und telefoniert, dann muss man sich doch fragen, wer eigentlich isst und wer frisst.

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