MDR-1 Problematik

  • Hallo liebe Foris :winken:


    Ich hab noch keinen entsprechenden Thread gefunden, deshalb dachte ich, er ich erstelle mal einen zur MDR-1 Problematik, für Interessierte, Ängstliche oder Kritiker.


    An alle, die nicht wissen was das ist, hier die vereinfachte Kurzfassung:


    Der MDR-1 Defekt ist eine Mutation an der Blut/Hirnschranke, welche die Aufnahme bestimmter Stoffe (der wichtigste Punkt sind hier Medikamente) ins Gehirn egt verhindern soll. Durch den Defekt wird dieser Schutz eingeschränkt bzw. geht verloren. Das führt bei bestimmten Medikamenten zu verstärkten Nebenwirkungen bis hin zu Vergiftungserscheinungen, die (je nach Dosis) auch tödlich für den Hund enden können.
    Liegt der Defekt doppelt vor spricht man von -/- Hunden, diese Hunde haben keinen Schutz durch die Blut-/Hirnschranke. Ein Träger (+/-) reagiert auf entsprechende Medikamente ebenfalls, allerdings müssen sie dafür 200-300 fach dosiert sein, um die selben starken Symptome zu zeigen.


    MDR-1 kommt in einigen Rassen vor. Am bekanntest ist es durch den Collie (sowohl lang- als auch kurzhaar) aber auch andere Hütehunde wie zB. der Sheltie, Border Collie oder weißer Schäferhund haben das in der Population. Der Verbreitungsgrad in den Rassen variiert jedoch stark:



    Quelle: http://www.tierarzt-nordhorn.de/hunde-katzen/mdr-1-defekt/


    Diese Zahlen beziehen sich auf Hunde, die mind. ein defektes Gen haben, also +/- und -/- Hunde.


    Was bedeutet das für den Hund?
    Es gibt mittlerweile eine ganze Liste von Wirkstoffen, auf die MDR-1 Hunde reagieren. Bekannt wurde der Defekt durch Wurmmittel, welche nicht vertragen wurden. Man sollte bei einen betroffenen Hund immer Medikamente verwenden, welche für ihn verträglich sind, für viele Krankheiten gibt es bereits Alternativen und im Zweifel wird ein Hund, dessen MDR-1 Status unbekannt ist und welcher einer Rasse angehört, welche den Defekt hat, vorsorglich wie ein betroffener Hund behandelt. Für eher seltene oder spezifische Krankheiten gibt es allerdings nicht immer eine Alternative, weshalb ein solcher Hund in der Therapie eingeschränkt sein kann. Dazu wird ihnen ein scheinbar erhöhtes Narkoserisiko nachgesagt.
    Ebenfalls haben -/- Hunde offenbar einen niedrigeren Cortisolspiegel, was den Hund stressanfälliger machen kann und es wurden gehäuft chronische Darmerkrankungen bei betroffenen Hunden beobachtet, worüber es allerdings keine Studien gibt und man deshalb nichts genaues dazu sagen kann.
    Dazu kommt, dass Pferde über ihren Kot Rückstände von Wurmmittel ausscheiden können, was bei dessen Aufnahme natürlich ebenfalls bei einem betroffenen Hund zu Vergiftungen führen kann.


    Was bedeutet das für mich als Halter?
    Will ich einen Reitbegleithund einer dieser Rassen sollte ich die Verpaarung entsprechend wählen und mir keinen möglichen -/- Hund ins Haus holen. Ein guter Züchter wird einen solchen Hund auch nicht an einen solchen Platz vermitteln. Ebenfalls sollte man vor jeder Medikamentengabe dem TA daran erinnern, dass der Hund bitte entsprechende verträgliche Wirkstoffe bekommt. Gerade bei meinem KHC's kann ein TA schon mal vergessen, dass das tatsächlich ein Collie ist. Zur eigenen Beruhigung würde ICH es immer nochmal dazu sagen.


    Das klingt jetzt natürlich wirklich heftig. Man muss aber natürlich immer die Wahrscheinlichkeiten der einzelnen Faktoren bedenken. Versehentliche MDR-1 Vergiftungen kommen doch sehr selten vor, auch wenn es dazu natürlich keine Studien gibt.


    Einige sprechen deshalb von Qualzucht. Warum züchtet man mit solchen Hunden? Die sollten von der Zucht ausgeschlossen werden! etc..


    Ich kann mich ab jetzt natürlich nur auf den KHC beziehen also verzeiht, wenn es bei anderen Rassen anders gehandhabt wird, das kann ich nicht wissen:


    Die kleineren Vereine (cfbrh, DCC) des VDH wollen nur vor der ZZL den MDR-1 Status bestimmt haben, schreiben aber bei der Verpaarung nichts vor. Es ist also erlaubt -/- Hunde zu züchten. Es wurde aber ausdrücklich darauf hingewiesen, das zu vermeiden.


    Nun wurde das die letzten 6-7 Jahre getan. Und was ist passiert? Die ~68% der MDR-1 Träger/Betroffenen wurden nur mit der Minderheit von ~32% der +/+ Hunde verpaart. Resultat: MDR-1 freie Rüden werden vielfach eingesetzt, während fast niemand mehr einen Träger für seine Hündin nehmen möchte, geschweige denn einen -/- Rüden, da die meisten Zuchthündinnen zwangläufig auch Träger sind. Heißt, plötzlich sind viele Hunde miteinander verwandt und es kommen keine neuen Rüden mehr nach, weil es sich sowieso nicht lohnt, einen Träger oder gar betroffenen Hund anzukören. Den will ja sowieso niemand.


    Man hat also massive Einbüßungen bei dem sowieso schon kleinen Genpool und dazu eine noch immer kleiner werdende Auswahl an Deckrüden, weshalb man zwangläufig auf die selben zurückgreifen muss. Dazu kommt, dass aufgeklärte Welpenkäufer natürlich keinen -/- Hund haben möchten und sofort davon ausgehen, dass ein Züchter nicht seriös ist, wenn er solche Verpaarungen durchführt, da wird dann "Kurzsichtigkeit" vorgeworfen etc.


    Jetzt ist die Frage, ob der Hype um MDR-1 und dessen ausmerzen tatsächlich so gut für diese Rasse ist. Ganz klar ist es nicht ok, MDR-1 herunterzuspielen oder zu verharmlosen, gar leichtfertig damit umzugehen. Aber ist das aktuelle Vorgehen wirklich eine Verbesserung? Beim Collie gibt es ja nicht nur MDR-1 sondern diverse Augenkrankheiten, beim KHC muss man den Langhaarfaktor berücksichtigen der noch vielfach vorhanden ist, man ist farbtechnisch eingeschränkt (blue merle darf nur mit tricolor verpaart werden), und dann soll der Hund noch ein nettes Wesen haben und möglichst rassetypisch aussehen (Ohren sind hier ein großes Thema), DM steckt vereinzelt in der Rasse und Importieren ist gar nicht so einfach, da andere EU Länder auf MDR-1 gar nicht erst testen, zusätzlich zu den vor kurzem geänderten Bestimmungen für den Import von Welpen.


    Was ist denn nun richtig und was ist schlimmer - Inzucht oder MDR-1? Kein leichter Spagat für einen Züchter.


    Bei Rassen die diesen Defekt seltener in der Population haben mag das Gott sei Dank so funktionieren, also Träger nur mit freien Hunden zu verpaaren. Beim Collie, insbesondere beim seltenen KHC, wird es dagegen echt eng und das schon nach wenigen Jahren.


    Ich hab jetzt absichtlich nicht überall Quellen angegeben um den Lesefluß nicht zu stören, wenn jmd aber Quellen möchte, einfach nachfragen.

    • Neu

    Hi


    hast du hier MDR-1 Problematik* schon mal geschaut? Dort wird jeder fündig!


    • Dafür den Link hätte ich gerne: "Ein Träger (+/-) reagiert auf entsprechende Medikamente ebenfalls, allerdings müssen sie dafür 200-300 fach dosiert sein, um die selben starken Symptome zu zeigen. "


      Also, ich kann das schon theoretisch mir irgendwie hinbiegen, aber der Hintergrund interessiert mich. So ein Kanal ist ja (vermutlich in dem Fall weiß ich es nicht) aus verschiedenen Proteinen zusammen gebaut (unter anderem) und für die Proteine kodieren Gene. So ganz grob hat man bei Krankheitsbildern auf Grund eines Gendefekts 2 Möglichkeiten: zum einen ist das Protein einfach unbrauchbar, es wird also auch in keinen Kanal mehr eingebaut, das tut einfach nüscht mehr. Existiert nun das gesunde Gen noch (Hund hat da wie Mensch in der Regel doppelt von), übernimmt das einfach den Part im fertigen Protein. Ob da noch ein "krankes" ist, spielt keine Rolle. Zweite Variante: das defekte Gen bringt ein Protein zustande, das tut, was das gesunde täte und dadurch alles falsch macht (so platt ausgedrückt). In dem Fall ist es dann egal, ob das "korrekte" noch existiert, denn das fehlerhafte sorgt durch die falsche Wirkung für das Krankheitsbild. Daher würde mich das wissenschaftliche Paper dazu interessieren. Eine Zwischenvariante in ihrer Ausprägung fände ich interessant zu lesen.

    • Wenn ich das richtig im Kopf habe, ist die "Medikamenten -Unverträglichkeit" (die sich auf Medikamente, die aufgrund natürlicher Produkte z.B. von Pilzen) erstreckt, was bedeutet, dass diese für den positiven MDR-Hund giftigen Stoffe auch unter Umständen in der Natur aufgenommen werden können!) nicht das einzige Problem des MDR 1 Defektes es bestehen auch weitere Probleme, zumindest bei homozygoten Trägern!


      Meiner Meinung nach ist es absolut RICHTIG, das in einer Zuchtordnung insoweit reglementiert wird, dass homozygote Träger nicht mehr möglich sind. So wird dieses Gen über Generationen in den betroffenen Rassen ausgedünnt und wird irgendwann nahezu verschwinden.
      Ganz ausschließen sollte man sie Zucht mit Trägern nicht, da das einerseits zu einer heftigen Verkleinerung des Genpools führen würde (mit alles daraus resultierenden Nachteilen!) und andererseits die dann per Gentest VOR ABGABE an den Besitzer erkannt werden können (Gentest) so dass der Käufer eines Welpen dann weiß, worauf er sich einläßt!

    • @Cattlefan Es ist immer eine Frage der Dosierung. Nur weil ein Stoff in der Natur vorkommt heißt das noch lange nicht, dass der Hund bei zufälligem Kontakt daran sterben kann. Medikamente sind deutlich konzentrierter als es die meisten Pflanzen (oder Pilze) in der Natur und das macht das ganze für die Hunde so gefährlich.

    • Das ist ne schwierige Geschichte, der Genpol bei den Kurzis ist ja doch nicht so groß.
      Ich finde ja es wäre die vernünftigere Alternative mit Langhaaris zu verpaaren. Kontrolliere und von den Zuchtverbänden ausgewählte Kreuzungen um den Genpol zu erweitern. Für mich persönlich habe ich auch ganz klar den Lauf eines MDR -/- Hundes ausgeschlossen. Ich würde glaube ich ständig Panik schieben. Eine Züchterin die mir einen MDR -/- Hund verkaufen wollte erklärte ihre Rüdenauswahl (-/-) übrigens mit "der ist halt schön und ein lieber, mdr ist ja keine Krankheit!" Für mich ein totales Tabu!
      Auf Facebook habe ich letztens über eine solche Verpaarung gelesen, ich meine sogar über den vdh. Aber die Umstände kenne ich nicht.

    • @Cattlefan Es ist immer eine Frage der Dosierung. Nur weil ein Stoff in der Natur vorkommt heißt das noch lange nicht, dass der Hund bei zufälligem Kontakt daran sterben kann. Medikamente sind deutlich konzentrierter als es die meisten Pflanzen (oder Pilze) in der Natur und das macht das ganze für die Hunde so gefährlich.

      MDR1 -/- Hund zeichnet aber aus, dass sie bei extrem geringen Dosierungen Symptome zeigen. Und das ist unnötig, eine derartige Qual für Hunde in Kauf zu nehmen ( Und es IST eine Qual, plötzlich ataktisch zu sein, nichts mehr sehen zu können etc!)


      Zitat aus ClinTox:
      "1.1Minimal toxische Dosis von Ivermectin-Nicht empfindliche Hunderassen: 2.5 mg/kg Körpergewicht p.o.-Empfindliche Hunderassen: < 0.1 mg/kg; zu den empfindlichen Rassen zählen Collies, Longhaired Whippets, Sheepdogs, Australian Shepherds, McNabs, Silken Windhounds, Bobtails und andere Hütehunde."

    • Bei wikipedia wird das ganz gut erklärt.


      "Der Defekt im MDR1-Gen führt zu einer mangelhaften oder fehlenden Synthese des P-Glycoproteins. Dieses Eiweiß spielt eine Rolle bei ATP-abhängigen Transportvorgängen zwischen Blut und Gewebe und ist im Gehirn, in Leber, Nieren, Darm, Plazenta und Hodenzu finden. Neben seiner Funktion beim Transport körperfremder Stoffe, limitiert es den Transport der Hormone der Nebennierenrinde (Cortisol, Corticosteron) in das Gehirn und hat damit Einfluss auf die Hypothalamus-Hypophyse-Nebennierenrinden-Achse. Bei einem MDR1-Defekt kommt es daher zu einem erhöhten Übergang der Nebennierenrindenhormone in die übergeordneten Zentren und aufgrund des negativen Feedbacks zu erniedrigten Kortisolwerten im Blut.[1] Als eine weitere Folge des Defektes wird auch eine höhere Anfälligkeit für chronisch entzündliche Darmerkrankungen vermutet"




      Ein Hund mit dem Genstatus MDR1+/- hat immerhin ein gesundes aber auch ein defektes Gen.
      p-Glycoprotein ist also vorhanden aber nicht in der Menge in der es normalerweise (Mvorhanden wäre.


      sorry für mein wirres Schreiben, mein Ipad kommt scheinbar mit dem Forum nicht mehr klat :verzweifelt:

    • MDR1 -/- Hund zeichnet aber aus, dass sie bei extrem geringen Dosierungen Symptome zeigen. Und das ist unnötig, eine derartige Qual für Hunde in Kauf zu nehmen ( Und es IST eine Qual, plötzlich ataktisch zu sein, nichts mehr sehen zu können etc!)


      Zitat aus ClinTox:
      "1.1Minimal toxische Dosis von Ivermectin-Nicht empfindliche Hunderassen: 2.5 mg/kg Körpergewicht p.o.-Empfindliche Hunderassen: < 0.1 mg/kg; zu den empfindlichen Rassen zählen Collies, Longhaired Whippets, Sheepdogs, Australian Shepherds, McNabs, Silken Windhounds, Bobtails und andere Hütehunde."


      Klar ist die Vergiftung eine Qual, da stimm ich dir zu ;)


      Selbst bei 0,1mg/kg, wie viel müsste da denn ein Collie zufällig aufnehmen? Geh ich mal von meinem Rüden aus, der hat bisschen mehr als 24kg. Der bräuchte also schon 2,4mg Wirkstoff, das wären dann wie viele Pilze? Wahrscheinlich ein paar Kilo.
      Mir ist auch kein Fall bekannt, wo das tatsächlich einfach so in der Natur vorkam. Bis die Wurmmittel populär wurden, wusste man ja auch gar nichts von dieser Problematik. Und die sind eben deutlich stärker dosiert.
      Threoretisch ist dein Einwand also völlig richtig, praktisch aber nicht wahrscheinlich.


      edit: was natürlich keine Entschuldigung sein soll betroffene Hunde einfach so zu züchten!! Nicht falsch verstehen.

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