Wilder & nicht zu bändigender Mischling aus Portugal

  • Sundri: Das ist das Problem, wir wissen nichts. Er ist eben ein portugiesischer Straßenhund und als 4monatiger Welpe irgendwo in einem Waldgebiet ausgesetzt worden, Eltern und erste Monate unbekannt... Also hatte er quasi NUR Reize von außen und konnte von Anfang an machen was er wollte. Er läuft aufgeregt und schwanzwedelnd, kann kaum eine Pfote vor die andere Setzen, ohne vor Aufregung fast umzufallen, weil er endlich losrennen will, wenn er frei ist läuft er mit Rute oben, aber größtenteils rennt er eben als würde er beim Hundewettrennen mitmachen, oft ist er komplett außer sichtweite, wirklich schlimm...

  • Also 1. Tief atmen. Fühl Dich mal gedrückt, Du bist nicht die einzige mit so einem Chaoten an der Leine.
    2. Versuch mal das Runterfahren.
    Meine beste Freundin hat einen Bordercollie-Münbsterländer mix aus dem Tierschutz - auch mit 4 Monaten bekommen, da war sie schon durch zig Hände gegangen. Ein toller Hund - wach, humorvoll, wunderschön, mit irrsinnig viel Ausdruck und Persönlichkeit. Aber leider auch etwas irre und mit unglaublich viel Kraft und Energie. Die zieht wie ein Ochse, weil sie einfach so triebig ist und das andere Ende der Leine komplett vergisst. Leinentrainign wird schon seit drei Jahren gemacht - mit Erfolg, aber eben auch mit Rückschlägen.


    Jahrelang haben immer alle meiner Freundin gesagt, sie müsse den Hunde mehr auslasten und das Resultat war, dass er immer verrückter wurde. Dazu ist der Hund krank (herz-Lungenproblem) also darf sie die Sachen, die sie total toll findet (Hundefrisbee) nicht mehr machen. Bei zu viel Aufregung plus Anstrengung geht sofort das Gehuste los.
    Heute geht meine Freundin einen schmalen Grad - der Hund wird ausgelastet, aber seeeehr sparsam und gezielt. Eine halbe Stunde Sachen bringen lassen, bis der Wuff sich nicht mehr konzentrieren kann. Drei Mal in den Kanal springen und einen Stock holen aber nicht mehr sonst dreht sie durch. Beim Gassi einen versteckten Gummiring suchen, aber auch nicht zu oft, weil der Hund dann wieder überschnappt.
    Mantrailign machen wir auch und das ist fantastisch leider aber auch sehr zeitintensiv und nix was man jeden Tag machen kann.
    Trickdogging/Dogdancing machen die zwei ab und zu, das funktioniert auch ganz gut.
    Arbeit mit dem Futterdummy haben sie nicht wirklich systematisch gemacht, weil der Hund allerdigns dabei auch zu schnell hochdreht - Suchen PLUS Futter ist zu viel Input.
    Im Grunde funtkioneirt alles, wo der Hund seinen Kopf benutzen muss, allerdings muss man sieauch erst dazu brignen den Kopf einzuschalten. Das kann bedeuten, dass sie 15 Minuten angebunden irgendwo warten muss bis sie wieder etwas runtergekommen ist.


    Es wird nix mehr geworfen. Da neben Herz und Lunge auch noch die Pfote halb kaputt ist, darf sie eh nicht so abrupt springen oder stoppen und sie stürtzt sich auf jeden geworfenen Stock oder Ball als sei es ihr letzte Mal. Ausserdem schleppt sie einem das verdammte Dinge danach ewig hinterher und legt es einem vor die Füsse.


    Beim Leinentraining hat eine Trainerin irgendwann eine Grundlage gelegt als der Hund ein paar Tage bei ihr war. Der Hund trägt jetzt Geschirr und Halsband. Am Geschirr darf gezogen werden, am Halsband nicht. Da sich der Hund sich nicht ununterbrochen auf die Leinenführigkeit konzentrieren kann (automatisch wird sie es nie machen), ist das Geschirr eine gute Möglichkeit mal 'Pause' zu machen.


    Meine Freundin macht alles mit dem Hund nur noch seeeehr bedächtig und ruhig. ab und an wird im Garten mal gerangelt (man will ja auch mal Blödsinn machen), aber so richtiges Juchuuu-Halligalli ist gestrichen.


    Immerhin hört der Hund durch den Bordercollie-eigenen 'will to please' sehr gut, man kann sie also ableinen, aber die anderen haben Recht: für Deinen ist das keine Option. Wenn er laufen soll, würde ich ne Runde Fahrradfahren (nicht zu schnell) und ansonsten eben Schleppleine oder eingezäuntes Gebiet.


    Zuhause rumliegen finde ich übrigens den Normalfall. Inspiriert durch das Dogforum fahre ich auch die Schiene: drinnen passiert nix, draussen ist die Action und die geht von mir aus. (Ausnahme ist der Winter, da gibt's hier drin auch etwas Programm)
    Hunde sollen eigentlich eh den grössten Teil des Tages dösen oder schlafen, das ist völlig normal.

  • Ich danke euch für eure vielen Tipps!


    Die Seite mit den Intelligenzspielen hatte ich schon vor einiger Zeit entdeckt, das Problem ist nur, dass er sich dabei so schnell langweilt. Leckerli unter den Becher, er stößt ihn sofort um, ein paar mal gemacht und er hat keine Lust mehr, nimmt den Becher, geht auf seinen Platz und knabbert am Becher rum. Das selbe mit anderen Intelligenzspielen, er hats sofort raus und dann kein Interesse mehr, bzw macht es noch um ein Leckerli abzugreifen aber Kopfarbeit ist es für ihn nach ner Minute schon längst nicht mehr...


    Apportieren macht er im Haus 3 Mal dann nimmt er es und geht auf den Platz und kaut.


    kikt1: ok, noch so eine, aber schlimm, dass sie so viele Krankheiten hat .-( Mein Hund ist zum Glück kerngesund.
    Ich werde auf jeden Fall jetzt runterfahren, nur noch bissl Kopftraining zu Hausew, kein Gerangel oder Zerrspiele, Futter aus der Hand und draußen, Schleppleine und ruhig mit ihm hinsetzen wenn er durchdreht.


    ICh danke euch und werde berichten :-)

  • grPups ist mir zuvor gekommen.


    Zunächst würde ich auch mit räumlicher Begrenzung arbeiten, denn das ständige Laufen pusht den Hund von alleine. Bewegung macht glücklich, nicht nur menschliche Jogger. Das ist also selbstbelohnend. Das Trainieren von Ruhezonen (Decke, Box), ist eine super Möglichkeit, damit der Hund auch in fremder Umgebung entspannen kann, nämlich dann wenn er auf die entsprechende Decke o.ä. geschickt wird.


    Futter aus der Hand / dem Dummy, ist auch eine prima Möglichkeit den Hund zur Mitarbeit und zur Konzentration zu motivieren. So können Übungszeiten aufgebaut werden, in denen der Hund für gute Mitarbeit seine Mahlzeit verdient. Das fördert neben der Bindung (gemeinsames Arbeiten) auch eine gewisse Abhängigkeit, die bei einem solch' unabhängigen Jungspund sicher nicht falsch ist. Falls er nur draußen so schwerhörig und unabhängig ist, gibt es das meiste Futter eben genau da. So wird der Kleine sich dreimal überlegen, ob er das Futter ignoriert.


    Dito die Schleppleine. Wer nicht hören kann, muss an die Leine. Da gibt es keine Kompromisse. Außerdem kann die Schleppleine toll wieder abgebaut werden, da gibt's hier im Forum sicher auch viele, tolle Hinweise zu.


    Fußarbeit und Leinenführigkeit fallen vielen Hunden extrem schwer, es bietet sich also wirklich an diese Dinge in kleinen Einheiten zu üben. Etwa indem der Hund 2-5 min am Halsband gehen muss, mit Futterunterstützung (Stichwort: Verdienen!) und sanfter Korrektur (Zupfen, Weg verstellen, verbal), ehe er dann ans Geschirr kommt und mit einem Auflösesignal (Fertig, Weiter, Sonnenschein ;)) in den Leinen-Freilauf entlassen wird. So schiebt der Hund weniger Frust und ihr erzielt schneller Erfolge. Wenn es dem Knirps ganz schwer fällt, dann fangt ganz klein an - 2-3 Meter mit lockerer Leine, dann wieder Schleppleine - und so weiter. Halsband und Geschirr würde ich wechseln, weil das auch für den Hund ein deutliches Zeichen ist, viel mehr aber noch, weil es ein Neuanfang ist. Er kennt ja das Geschirr, da kann er sich problemlos reinhängen, entwickelt noch mehr Kraft und tut sich nicht weh - perfekt zum Zerren!


    Wir haben hier auch eine ziemliche Rennsemmel, die bei offenen Wiesen gerne ihre hirnlosen Runden drehen würde. Das darf sie auch, manchmal und erst nachdem sie - nach dem Ableinen - eine kleine Weile am Bein gegangen ist (bei uns "Komm"). So verhindern wir, dass sie beim klicken der Leine direkt dicht macht und los sprintet, obwohl wir eigentlich etwas machen wollen. Der Impuls einfach zu rennen ist bei ihr dadurch deutlich gemildert worden - an und für sich darf sie das sowieso so gut wie nie, weil wir es nicht wollen. Hirnloses Rennen & Pushen ist einfach nicht gut und führt bei uns gleich zu einer Reihe anderer Fehlverhaltensweisen.


    Klar ist auch, dass alle pushenden Spiele (Ball, wildes Gerenne, Verfolgungsjagden) erst einmal runter geschraubt werden sollten. Ein so agiler Hund muss nicht zusätzlich gepusht werden. Wenn er soweit ist, dass er mitarbeitet, kann er stattdessen super mit schnellen Spielen belohnt werden.


    Für die Abrufbarkeit und die Aufmerksamkeit während der schnellen Bewegung eignet sich durchaus auch das Training mit der Reizangel. Hier kann der Hund, richtig verwendet, lernen, dass nur die Zusammenarbeit zum Ziel führt und nicht sein eigener Dickschädel. (Allerdings ist das ein sehr schnelles Spiel und muss deswegen moderat und sinnvoll eingesetzt werden!)


    Tja und was am Ende am meisten hilft ...


    ... Geduld. Er ist jung, manches verwächst sich, bei manchen braucht ihr den längeren Atem. :D

  • Zitat

    Das Rumliegen in der Bude ist definitiv nicht sein natürliches Verhalten, wenn er könnte wäre er den ganzen Tag auf den Beinen und am rumflitzen.


    Das wiederum finde ich nicht normal bzw. schon mit Tendenz zu zwanghaftem Verhalten. Es gibt keine Hunderasse, der es gut tut den ganzen Tag herumzurasen.


    Zitat

    Und antrainiert ist das glaube ich nicht, er wurde ja quasi mit 4 Monaten von Portugals Straßen geholt, wo er wohl auch nonstop unterwegs war und war bei uns von Anfang an so.


    Bei vielen Arbeitshunderassen muss man das Pferd andersherum aufzäumen. Sie müssen vor sich selbst geschützt werden, weil ihnen das Gefühl für ein Normalmaß weggezüchtet wurde. Es ist also quasi doch antrainiert, und zwar dadurch, dass Du es nicht geregelt hast ;) Das passiert vielen Hundehaltern, die sich (noch) nicht richtig mit dem Wesen von Arbeitshunderassen auseinander gesetzt haben.


    Zitat

    Er ist definitiv depressiv und nicht entspannt, Pfotenknabbern, jaulen, flach machen, in Ecken oder sogar in der Badewanne verstecken etc. sobald einige Tage ohne Freilauf sind


    Das sind Entzugserscheinungen. Dein Hund ist ein süchtiger, wie ein Alkoholiker. Er muss dringend vom dem Stoff runter, das tut ihm nicht gut.


    Ich denke nicht, dass Du ihn im Augenblick irgendwie "auslasten" musst über Beschäftigung. Wenn der erst Mal von dem Trip runter ist, wird er erst seine Umwelt beginnen wirklich warhrzunehmen. DAS wird ihm soviel zu tun geben, damit hast Du ein paar Wochen mehr als ausreichend zu tun! Meist überfordert noch zusätzliche "Auslastung" den Hund dann eher. Die drei Fitzel Konzentration würde ich auch eher für ein vernünftig aufgebautes Leinenführigkeitstraining über Belohnung nutzen... fände ich wichtiger für den Alltag.


    Viele Grüße
    Corinna

  • Noch kurz zum stundenlangen Herumrennen: Da ich mir schon gedacht habe, dass es nicht gut für ihn ist, habe ich versucht ihn zwischendurch anzuleinen, damit er etwas runter kommt, aber er jault und scharrt dann bis ich genervt nach Hause gehe, mit ihm irgendwo hingehen klappt gar nicht, er bellt und scharrt und jault wenn er nicht frei ist. Aber gut, ich werds mal mit euren Tipps probieren, er ist nur leider wirklich nicht genau so trainierbar wie andere Hunde, von Haltern und Experten bestätigt..

  • Ja, aber vieles kann auch damit zusammenhängen, dass er ein Junkie ist, wie von Flyingpaws beschrieben.


    Wenn er da runter ist, wird er wahrscheinlich aufnahmebereiter sein. Aber ja, mit Entzugserscheinungen wirst du eine Weile zu tun haben ;)

  • Hört sich sehr nach meiner Chaotin an...
    Sie ist ein Border Mix, aus Ungarn. Bekommen habe ich sie erst mit einem Jahr, bis dahin lebte sie erst mit Mutter zusammen, dann im Tierheim. Zwar einem guten, aber eben nicht in einer Familie, sondern in einem Gehege.


    Sie hat Monate gebraucht, um zur Ruhe zu kommen, sogar Nachts war sie oft unruhig.
    Rennen, immer und überall, ich war zwar nicht total uninteressant, aber halt auch nicht das Wichtigste.


    Ich habe sie irgendwann zur Ruhe gezwungen, da es ein Teufelskreis war. Durch mangelnden Schlaf konnte sie sich nicht konzentrieren, war aufgedreht und kam noch schlechter runter.


    Schleppleine ist eine gute Methode, allerdings muss der Hund auch da erst lernen, dass sein Radius begrenzt ist.
    Rückruf muss so belohnt werden, dass es die tollste Sache ist.
    Kopfarbeit ist bei uns das Beste gewesen, ruhige Dinge, Tricks und Fährten findet sie total klasse.
    Wir sitzen auch einfach mal auf einer Wiese und beobachten die Natur.
    Mittlerweile ist sie zu 90% super, am Rest arbeiten wir noch.


    Meist war sie mit sich selber überfordert. Da war ich gefragt.


    Leinenführigkeit ist dank des Unkonzentriertseins bei uns auch immer mal ein Thema, allerdings nicht so schlimm.

  • Zitat

    Ich danke euch für eure vielen Tipps!


    Die Seite mit den Intelligenzspielen hatte ich schon vor einiger Zeit entdeckt, das Problem ist nur, dass er sich dabei so schnell langweilt. Leckerli unter den Becher, er stößt ihn sofort um, ein paar mal gemacht und er hat keine Lust mehr, nimmt den Becher, geht auf seinen Platz und knabbert am Becher rum. Das selbe mit anderen Intelligenzspielen, er hats sofort raus und dann kein Interesse mehr, bzw macht es noch um ein Leckerli abzugreifen aber Kopfarbeit ist es für ihn nach ner Minute schon längst nicht mehr...


    Entweder kann sich dein Hund einfach nicht so lange konzentrieren, was ich eher vermute, länger als höchstens 10min würde ich es eh nicht machen, oder er ist wirklich schlicht gelangweilt von den Spielen. Dann versuch die doch einfach mal schwerer zu machen.
    Z.B. bei dem Hütchenspiel darf der Hund nur auf Kommando den Entsprechenden Becher antippen, ihn aber nicht umwerfen und schon gar nicht wegschleppen! Jetzt weiß ich nicht wie du die Übung aufbaust, aber nehm doch mal drei gleiche, undurchsichtige Becher und verstecke ohne das der Hund es sieht ein Leckerchen/Futter darunter. Dann zeigst du deutlich auf den entsprechenden Becher. Der Hund soll solange auf seinem Platz, in 2meter Entfernung z.B., warten und erst auf ein Kommando den richtigen Becher antippen. Klappt das eben mehrmals gut, zeigst du nicht mehr deutlich auf den Becher, sondern nur noch kurz. Klappt das auch gut, berührst du den Becher nicht mehr, sondern zeigst nur in die Richtung, bis du dann nur noch in die Richtung Blicken muss und der Hund den richtigen unter den drei Bechern antippt. Nimm aber nicht immer den gleichen Becher, sondern wechsle wahllos. Zur Erschwerung kannst du die Becher auch dichter aneinander stellen, mehr nehmen, oder sie zwischendurch mal umeinander drehen oder auch den Hund länger warten lassen nachdem du drauf gezeigt hast. So schulst du nicht nur sein Aufmerksamkeit auf deine Zeichen, sondern auch die Impulskontrolle und er lernt sich etwas längere Zeit zu merken. Du kannst dann auch auf einen Becher zeigen, den Hund dann aber erst mal was anderes ablenkendes machen lassen (u.a. sitz, Platz, dreh). Das ist aber schon schwerer :)

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