Deprivationssyndrom

  • Bei Jules bin ich immer noch am überlegen, ob sie auch davon betroffen ist. Sie geht in die Richtung von Eddie, aber deutlich abgeschwächt. Sie lernt sehr langsam, ist oft zu gestresst dafür, ihr Immunsystem ist nicht wirklich stabil, und sie hat Probleme mit Veränderungen.


    Alles in allem hat sie sich super gemacht aber so frei wie mein kleiner Sheltie wird sie wohl nie durchs Leben gehen.


    ...vom Handy getippt

    • Neu

    Hi


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    • Wir hatten auch mal einen - wie ich gerne sage - "Kaspar-Hauser-Hund". Beardie Rica. Sie verbrachte mit Mutter und drei Geschwistern die ersten fast 9 Monate ihres Lebens in einem Bretterverschlag, mit angrenzender Wiese, auf die sie 2mal am Tag gelassen wurden. Kennengelernt hatten sie nichts. Noch nicht mal ein Halsband. Und das im VDH! Seitdem sehe ich den VDH kritisch. Ist nicht alles Gold, was glänzt. Ja, wir hätten sie nicht nehmen dürfen. Aber wir hatten es getan. Dafür bekam der Rassehundeclub ein Schrieb von mir, wie die Hunde dort gehalten wurden.
      Wie auch immer, als Rica zu uns kam, war sie ein armes Panikbündel, das erstmal apathisch in der Ecke lag. Sie schien sich völlig zurückzuziehen, in ihre eigene Welt, damit sie uns nicht wahrnehmen mußte. Draußen hatte sie vor allem und jedem Angst bzw. Panik, wollte nur weg und war sogar mal aus dem Geschirr geschlüpft.
      Jeden Tag ging ich mit Rica an eine wenig befahrene Straße, damit sie langsam Autos etc. kennenlernte. Stück für Stück wagten wir uns weiter ins Geschehen rein. Ich war so oft am verzweifeln, Rica raubte mir den letzten Nerv. Aber aufgeben? Nein.
      Ungefähr ein Jahr harter Arbeit hat es bedurft, um aus diesem armen Würmchen einen lebensfrohen Kobold zu machen. Es machte mit einemmal "Click" und sie war zum besten Hund der Welt geworden. Rica lernte zahlreiche Tricks, wir machten Agility, sie ging ohne mit der Wimper zu zucken an unserer Hauptstraße entlang. Und sie war so lustig! Kein Vergleich mehr zum Anfang. Zwischen ihr und mir gab es ein dickes Band, wir wuchsen so zusammen, daß wir eins waren.
      Den langen Weg kann man auf Ricas HP lesen http://cailin-rica.jimdo.com/r…/meine-geschichte-teil-1/
      Leider ist dieser Seelenhund vor 2 Jahren mit 14 Jahren gestorben!
      An alle Besitzer solcher Hunde: Nicht aufgeben! Es ist harte Arbeit, aber es lohnt sich!

    • Zitat


      das ist krass, doofes wort, aber hier ganz passend, wie ich finde. woher kommt eddie?


      Eddie ist aus Spanien, spontan und ungeplant bei uns eingezogen. Den Namen der Orga hab ich vergessen. Das war damals eigentlich eine ganz private Geschichte, hab ich schon mal irgendwann gepostet. Wie sein Leben verlaufen ist, bis er nach D kam, ist mir nicht bekannt.


      Wo ich hier so querlese: Eddie orientiert sich Null an anderen Hunden. Als er einzog waren Maxe und Ponda ja da und zumindest Maxe war ein sehr souveraener Ruede. Auch Finlay heute ist ausgeprochen cool und Geordy umweltsicher, wenn auch etwas hektisch und sensibel. Fuer Eddie macht das keinen Unterschied ob die Mithunde da sind oder nicht. Zuhause ist Eddie vor allem mit Fin ganz dicke, Fin benimmt sich da ein bisschen wie ein liebevoller Opa zum Enkel ;)

    • wir haben einen solchen hund.


      die hauptprobleme sind folgende:
      der hund kann erlerntes verhalten nur bedingt wiedergeben. so ist unsere junge hündin der star in der hundeschule. sie macht alles perfekt. zum beispiel üben wir kreuzungen mit kinderwagen. die kleine dreht schön den kopf weg, springt nicht, bellt nicht. macht einen schönen bogen. nun versuchen wirs 10 meter ausserhalb der eingezäunten hundeschule. genau das selbe, genau die selbe person, der selbe kinderwagen. die hündin bellt und droht und zieht.


      anderes beispiel:
      wir sitzen problemlos auf einer vollen gartenterasse eines restaurants. der kellner kommt an den tisch, 40 cm von der hündin weg. sie hebt kurz den kopf, legt ihn dann ganz entspannt wieder hin. kein problem.
      nun versuchen wirs im büro. sobald mein chef da in einen bereich von 4 metern um die hündin kommt, bellen, knurren, durchdrehen.


      anderes thema: das erlernte wird einfach wieder aus dem kopf gelöscht. wir haben mit endlosem üben, viel verständnis erreicht das wir "problemlos" (naja, fast jedenfalls) in der agglo gassi gehen können. danach hefepilz an pfoten: alles vergessen.

    • Zitat

      wir haben einen solchen hund.


      die hauptprobleme sind folgende:
      der hund kann erlerntes verhalten nur bedingt wiedergeben. so ist unsere junge hündin der star in der hundeschule. sie macht alles perfekt. zum beispiel üben wir kreuzungen mit kinderwagen. die kleine dreht schön den kopf weg, springt nicht, bellt nicht. macht einen schönen bogen. nun versuchen wirs 10 meter ausserhalb der eingezäunten hundeschule. genau das selbe, genau die selbe person, der selbe kinderwagen. die hündin bellt und droht und zieht.


      anderes beispiel:
      wir sitzen problemlos auf einer vollen gartenterasse eines restaurants. der kellner kommt an den tisch, 40 cm von der hündin weg. sie hebt kurz den kopf, legt ihn dann ganz entspannt wieder hin. kein problem.
      nun versuchen wirs im büro. sobald mein chef da in einen bereich von 4 metern um die hündin kommt, bellen, knurren, durchdrehen.


      Ich will nicht bestreiten, dass euer Hund unter dem Deprivationssyndrom leidet, aber ALLE Hunde lernen (zum Teil extrem) "ortsgebunden". Es ist ganz häufig so, dass das Verhalten auf dem Platz tadellos ist und draussen geht's rund. ;)

    • Ich hab hier mal eine Frage an diejenigen die sich mit dem Deprivationssyndrom auskennen.
      Es geht um eine Hündin die seit sie 8 Wochen alt ist (oder auch früher) in einem Garten, ohne nennenswerte Sicht auf Reize (Autos, Straße, Menschen etc.), kaum Kontakt zu Menschen und ganz ohne Kontakt zu Hunden lebt. Wie sie die ersten Wochen ihres Leben verbracht hat ist nicht klar.
      Als die Hündin mich das erste mal gesehen zeigte sie sich gar nicht ängstlich und wenn ich ihr neue Menschen über den Balkon "vorstelle" ist sie auch nicht ängstlich oder verschüchtert sondern immer freundlich interessiert. Gegenüber meinem Hund zeigt sie sich auch freundlich interessiert.
      Angenommen sie hatte eine gute Welpenzeit bis zur 8 Woche, ist das Deprivationssyndrom dann quasi ausgeschlossen?
      Und angenommen der Hund dürfte den Garten verlassen, wie würde man einen Hund der eventuell Deprivationsschäden hat das erste mal mit anderen Hunden zusammenlassen? Gesichert mit Maulkorb und dann einfach frei auf einem eingezäuntem Auslauf?

    • Ich bin ja kein Experte, nehme nur mal meine Eddie-Erfahrung als Grundlage.

      Zitat


      Als die Hündin mich das erste mal gesehen zeigte sie sich gar nicht ängstlich und wenn ich ihr neue Menschen über den Balkon "vorstelle" ist sie auch nicht ängstlich oder verschüchtert sondern immer freundlich interessiert. Gegenüber meinem Hund zeigt sie sich auch freundlich interessiert.


      Das klingt sehr positiv und würde mir Mut machen. Eddie z.B. ist heute noch so, dass er um sein Leben schreit, wenn vorm Zaun jemand anhält, der nicht der direkte langjährige Nachbar ist.

      Zitat


      Angenommen sie hatte eine gute Welpenzeit bis zur 8 Woche, ist das Deprivationssyndrom dann quasi ausgeschlossen?


      Weiß ich nicht. Aber die Beschreibung oben klingt in meinen Ohren zumindest nicht nach ausgeprägten Symptomen.

      Zitat


      Und angenommen der Hund dürfte den Garten verlassen, wie würde man einen Hund der eventuell Deprivationsschäden hat das erste mal mit anderen Hunden zusammenlassen? Gesichert mit Maulkorb und dann einfach frei auf einem eingezäuntem Auslauf?


      Eingezäunter Auslauf, ja. Aber ich würde Eddie trotzdem erstmal mit einer Leine sichern, was er natürlich kennt. Wenn die panisch werden, bekommt man sie sonst auch in einem eingezäunten Bereich ja kaum wieder. Eddie jedenfalls, hört in Panik nix mehr... den muß man dann einfangen. Einen Maulkorb würde ich bei Eddie nicht nötig finden, aber der ist auch nicht so, dass er beschädigen will.


      Wenn Du solche Dinge wie Leine und/oder Maulkorb verwenden willst, mußt du die aber auf jeden Fall vorher bekannt machen. Würde man beim normalen Hund ja schon machen und bei solchen Tieren erst recht.

    • Zitat

      Ich hab hier mal eine Frage an diejenigen die sich mit dem Deprivationssyndrom auskennen.
      Es geht um eine Hündin die seit sie 8 Wochen alt ist (oder auch früher) in einem Garten, ohne nennenswerte Sicht auf Reize (Autos, Straße, Menschen etc.), kaum Kontakt zu Menschen und ganz ohne Kontakt zu Hunden lebt. Wie sie die ersten Wochen ihres Leben verbracht hat ist nicht klar.
      Als die Hündin mich das erste mal gesehen zeigte sie sich gar nicht ängstlich und wenn ich ihr neue Menschen über den Balkon "vorstelle" ist sie auch nicht ängstlich oder verschüchtert sondern immer freundlich interessiert. Gegenüber meinem Hund zeigt sie sich auch freundlich interessiert.
      Angenommen sie hatte eine gute Welpenzeit bis zur 8 Woche, ist das Deprivationssyndrom dann quasi ausgeschlossen?
      Und angenommen der Hund dürfte den Garten verlassen, wie würde man einen Hund der eventuell Deprivationsschäden hat das erste mal mit anderen Hunden zusammenlassen? Gesichert mit Maulkorb und dann einfach frei auf einem eingezäuntem Auslauf?


      Nein, so einfach ist das nicht. Das Gehirn entwickelt sich eigentlich immer, am stärksten in den ersten Wochen und im ersten Lebensjahr. Wobei natürlich eine einigermaßen gute Aufzucht in den ersten acht Wochen schon für ordentlich Entwicklung beitragen kann. Außerdem gibt es ja auch unterschiedliche Typen Hund - extrovertierte, introvertierte...


      Deprivationsschäden zeigen sich nicht immer sofort, sondern oft erst später. Das ist ja auch die Krux beim Welpenkauf - in dem jungen Alter zeigen sich viele Welpen für den unbedarften Käufer noch scheinbar normal und altersgerecht. Das ist wie beim Hausbau. Ein beschissenes Fundament sackt Dir erst zusammen, wenn Du schon oben fleißig gemauert hast ;)

    • Über Ellys Deprivation habe ich ja schon einiges geschrieben, du findest es in meinen Beiträgen.
      Ich finde es immer wichtig zu beachten, dass Deprivation (wie schon beschrieben) meist aus verschieden Faktoren entsteht. Bei Elly war wohl ein entscheidender Faktor die Haltung der Welpen im Stall, ein weiterer ganz wichtiger aber auch das völlige Desinteresse der Mutterhündin.
      Durch meine Ausbildung bei ATN habe ich sehr viel über Deprivation erfahren, gerade im Bereich der hormonellen Prozesse von Welpen. Brutpflegeverhalten wirkt sich direkt auf die Stressresistenz der Welpen aus. Hätte Elly da einen optimalen Hintergrund gehabt, wäre sie vielleicht besser mit dem Umgebungswechsel klar gekommen. So war sie aber dermassen im Stress, dass ihr die Bildung von neuen Synapsen gar nicht möglich war. Heute, wo ich das weis, versuche ich immer noch diese Phase etwas nachzuholen, indem ich intensiven Körperkontakt anbiete, den sie gerne annimmt.
      Wenn man so einzelne Risikofaktoren kennt, kann man sie bewusst angehen.
      Nun zur Frage nach dem Alltag:
      Elly ist (genau heute! :smile: ) 3 Jahre alt. Wir können unterdessen gut ca. 1 Stunde spazieren gehen im Alttag. Aber nur bekannte und sehr oft gelaufene Wege, je näher beim Wohnort desto besser. Ist viel los, blockiert Elly schneller, je nach Tagesform auch sehr unterschiedlich. Ich laufe also nicht einfach eine Runde ab, ich reagiere immer flexibel auf ihre Tagesform und die Umwelt. Und meine Tagesform spielt natürlich auch eine grosse Rolle! ;)
      Sehr hilfreich ist auch zu wissen, wo der Hund relativ entspannt ist und ihm dieses Erlebnis möglichst oft zu ermöglichen.
      Als Elly zu Beginn das Badezimmer nicht verlassen wollte sind wir über Monate nur 5 Minuten zum Fluss runter, an eine schwer erreichbare Stelle, wo wir immer alleine waren. Das hat ihr sehr geholfen überhaupt einen lernbereiten Zustand zu erreichen.
      Das Verhältnis ist heute pro Woche ca. 2 Tage etwas Aufregendes, sonst nur Spass und Entspannung.
      Ferien haben wir bisher nur im Ferienhaus der Familie gemacht. In fremder Umgebung kann Elly nicht alleine sein, in den Trubel eines Restaurants kann ich sie aber auch nicht mitnehmen. Ich müsste also ca. den ganzen Tag mit ihr auf dem Zimmer sein. Bereits das Autofahren ist für sie sehr sehr sehr aufregend und anstrengend.
      Unser Plan ist dieses Jahr ein Wohnmobil. Wir wollen wieder einmal Ferien machen und wollen Elly deshalb an ein Wohnmobil gewöhnen, wo sie auch alleine bleiben kann für eine Weile, so dass wir auch kleine Ausflüge unternehmen können. Mal sehen wie es klappt..
      Grundsätzlich braucht das Leben mit so einem Hund aber immer ein gewisses Mass an Management und Kompromissbereitschaft. Gerade zu Beginn, als ich noch Erwartungen an das Zusammenleben hatte empfand ich es manchmal als sehr anstrengend. Gewisse Vorstellungen los zu lassen tat weh, danach wurde es aber immer besser. Wir können heute sogar wieder halbwegs entspannt Besuch empfangen, ein Riesen Fortschritt!
      Elly neigt zu Durchfall, Übersäuerung, Magenentzündungen und Ausschlägen, wenn sie zu viel Stress hat oder sich der Alltag ändert.
      Liebe Grüsse, Katrin

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